Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2011, Az. XII ZB 691/10

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 5338

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 691/10

vom

29. Juni 2011

in der Familiensache

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 29.
Juni 2011
durch die [X.] Richterin Dr.
Hahne, die Richterin [X.] sowie [X.]
Klinkhammer, Schilling und Dr.
Nedden-Boeger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 16.
Zivilsenats -
Senat für Familiensachen
-
des Oberlandesgerichts Karlsruhe
vom 8.
Dezember
2010 wird auf Kosten der Antragsgegnerin
ver-worfen.
[X.]: 30.000

Gründe:
I.
Die [X.]en sind getrennt lebende Eheleute. Mit einem am 28.
August 2009 beim Familiengericht eingegangenen [X.] hat der Ehemann Schei-dungsantrag gestellt. Im weiteren Verfahren haben die [X.]en über die Wirk-samkeit eines zwischen ihnen vor der Ehe geschlossenen
notariellen [X.] gestritten. Durch Zwischenurteil vom 20.
August 2010 hat das Amtsge-richt die Wirksamkeit des Ehevertrages festgestellt.
Das Zwischenurteil wurde der Antragsgegnerin zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten
am 25.
August 2010 zugestellt.
Mit einem rechtzeitig beim Berufungsgericht eingegangenen [X.] hat die Antragsgegnerin Rechtsmittel eingelegt
und dieses mit einem am 29.
Oktober 2010,
somit verspätet eingegangenen [X.] begründet.
1
-
3
-
Auf richterlichen Hinweis vom 2.
November 2010
hat die Antragsgegne-rin am 15.
November 2010 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Berufungsbegründungsfrist beantragt. Der
sachbearbeitenden Rechtsanwältin sei die Handakte erst am 29.
Oktober 2010 durch die ansonsten zuverlässige Kanzleiangestellte
vorgelegt worden, obgleich die Rechtsmittelbe-gründungsfrist sowie
eine auf den 18.
Oktober 2010 datierte [X.] korrekt im [X.] eingetragen gewesen seien.
Diesen Sachverhalt haben die Prozessbevollmächtigte und die Kanzleiangestellte eidesstattlich versichert, wobei sie zunächst den 19.
Oktober 2010 als Vorlagedatum
versichert, dieses später jedoch als ein [X.] bezeichnet und durch korrigierte eides-stattliche Versicherungen
schließlich den 29.
Oktober
2010 als Vorlagedatum
versichert haben.

Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Die Klägerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass sie die Berufungsbegründungsfrist schuldlos versäumt habe (§
236 Abs.
2 Satz
1 ZPO).
Nach der ersten Glaubhaftmachung sei die [X.] noch innerhalb der laufenden Berufungsbegründungsfrist am 19.
Oktober 2010 vorgelegt worden, so dass [X.] nicht ersichtlich seien. An der Richtigkeit der zuletzt abgegebenen, korrigierten
eidesstattlichen Versi-cherungen
bestünden erhebliche Zweifel. Weder sei das [X.] nachvollziehbar noch sei plausibel, weshalb die im [X.] auf den 18.
Oktober notierte [X.] dann am 29.
Oktober erfolgt sei.

2
3
-
4
-
II.
Die gemäß §§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, 522 Abs.
1 Satz
4, 238 Abs.
2 Satz
1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Vorausset-zungen des §
574 Abs.
2 ZPO nicht erfüllt sind.
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.]. Der angefochtene Beschluss verletzt die Antragsgegnerin
weder in ihrem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvol-len Rechtsschutz (Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG). Danach darf einer [X.] die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von
Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den [X.]en den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten In-stanz in unzumutbarer, aus
Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 11.
Juni 2008 -
XII
ZB 184/07
-
FamRZ 2008, 1605
Rn.
6 mwN).
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener [X.] rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Rechtsanwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristen-kalender führen. Die Fristenkontrolle muss gewährleisten, dass die fristgebun-dene Maßnahme rechtzeitig ergriffen wird. Ist dies geschehen, darf die fristwah-rende Maßnahme im Kalender als erledigt gekennzeichnet werden.
Die Erledi-gung fristgebundener Sachen ist am Abend eines jeden [X.] anhand 4
5
6
-
5
-
des [X.]s zu überprüfen ([X.] Beschluss vom 12.
April 2011 -
VI
ZB
6/10
-
juris mwN).

Die zuverlässige Fristenkontrolle muss
der Prozessbevollmächtigte
selbst
organisieren. Er muss
sicherstellen, dass
die im [X.] ver-merkten Fristen erst gestrichen oder in anderer Weise als erledigt gekenn-zeichnet werden, wenn die fristgebundene
Maßnahme durchgeführt, die Hand-akte also anlässlich der [X.] vorgelegt bzw. der
fristwahrende [X.]
bei Ablauf der Notfrist
postfertig gemacht worden ist. Dabei muss
der Prozessbe-vollmächtigte auch Vorkehrungen treffen, die geeignet sind, versehentliche Er-ledigungsvermerke im [X.] zu verhindern ([X.] Beschluss
vom 10.
Juli 1997 -
IX
ZB 57/97
-
NJW
1997, 3177
mwN).
3. Nach diesen Maßstäben hat die Antragsgegnerin die Fristversäumung
nicht ausreichend
entschuldigt. Denn nach ihrem eigenen Vorbringen waren sowohl der 18.
Oktober -
als
[X.] für die Vorlage der Handakte
-
als auch
noch einmal der Tag des eigentlichen Ablaufs
der
Berufungsbegründungsfrist korrekt im [X.] eingetragen.
Dass diese Eintragungen
gleichwohl
nicht dazu führten, dass die Handakte tatsächlich rechtzeitig vorgelegt und die Rechtsmittelbegründung rechtzeitig gefertigt worden sei, ließe
nur den Schluss zu, dass
entweder im Laufe
beider
Tage die Frist
im Kalender
als erledigt [X.] worden wäre, ohne dass die zu veranlassende Maßnahme [X.] ergriffen war, oder am Ende beider Tage
versäumt worden wäre, die Erledigung aller fristgebundener Sachen
anhand des [X.]s zu über-prüfen. Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, welche dieser möglichen Fehler tatsächlich ursächlich war, geschweige denn hat sie den Fehler genügend ent-schuldigt.
Die schlichte Angabe,
die Handakte sei, und zwar gleich zweimal, von der sonst zuverlässigen Bürokraft nicht zu den im [X.] notierten Terminen vorgelegt worden, genügt ohne eine in sich geschlossene Darstel-7
8
-
6
-
lung, durch welche Umstände
es
zu den
Fehlern
kommen konnte, welche [X.] zur Vermeidung der
Fehler der Prozessbevollmächtigte zuvor ergrif-fen hatte und warum diese
Vorkehrungen
in dem
konkreten Fall gleich zweimal nicht
gegriffen
haben, nicht.

Hahne

[X.]

Ri[X.] Dr. Klinkhammer

ist urlaubsbedingt
ver-

hindert zu unterschreiben

Hahne

Schilling

Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.08.2010 -
6 F 239/09 -

OLG Karlsruhe, Entscheidung vom [X.]
-
16 UF 179/10 -

Meta

XII ZB 691/10

29.06.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2011, Az. XII ZB 691/10 (REWIS RS 2011, 5338)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5338

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