Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2016, Az. VIII ZR 46/15

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 12232

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:270416UVIIIZR46.15.0

BUN[X.]SGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VIII ZR 46/15
Verkündet am:

27. April 2016

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 133 [X.], § 157 Gg
Zur Änderungskündigung eines [X.] durch das Gasversorgungs-unternehmen mittels eines an eine Vielzahl von Kunden gerichteten standardisierten Schreibens.

[X.], Urteil vom 27. April 2016 -
VIII ZR 46/15 -
KG Berlin

[X.]

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 27.
April 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, die
Richter Dr.
Achilles und Dr.
Schneider, die Richterin Dr.
Fetzer sowie [X.] Kosziol

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 28. November 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin, ein regionales Energieversorgungsunternehmen, versorgte die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft
auf der Grundlage des Son-dertarifs "Vario"
seit dem 1. Mai 2001 leitungsgebunden mit
Erdgas. Die dem Vertrag zu Grunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten unter anderem folgende Bestimmungen:
"§ 1 Geltungsbereich

2.

Die Vorschriften der [X.] gelten, soweit diese [X.] nichts anderes vorsehen,
für Kunden mit [X.] bzgl. der Preisangebote "G.

-Vario"

1
-
3
-
§ 2 Vertragsabschluss und Vertragsbeendigung

2.
Kündigungen haben schriftlich zu erfolgen.
3.
Alle notwendigen Erklärungen können elektronisch unter Zuhil-fenahme einer digitalen Signatur abgegeben werden, sobald und soweit hierzu gesetzliche Regelungen vorliegen.

"

Nachdem die Klägerin Anfang November 2006 eine zum 1. Januar 2007 geänderte Tarifstruktur im [X.] und in der [X.] Tagespresse veröffent-licht hatte, teilte sie der Beklagten
-
für die nach der neuen Tarifstruktur bei [X.] Mindestabnahmemenge von 96.000 kWh/Jahr ein

galt -
mit Schreiben vom 11. November
2006, das inhaltsgleich an eine Vielzahl von Sonderkunden versandt wurde,
unter
anderem
folgendes
mit:
"Alles wird einfacher -
das neue G.

-Preissystem

Der Gesetzgeber hat die Rahmenbedingungen
für die [X.] in [X.] grundlegend geän-dert, um für mehr Wettbewerb und bessere Verbraucherrechte zu sorgen.
In Folge
dieser
Gesetzesänderungen müssen wir Ihren Erdgaslieferungsvertrag zu den bisherigen Bedingungen zum 31.12.2006 beenden.

Aber keine Sorge, wir versorgen Sie übergangslos ab 01.01.2007 in gewohnter Zuverlässigkeit auf Basis unseres neuen [X.] "G.

-Komfort", das alle neuen gesetzlichen Vorgaben [X.]. Sie haben dadurch viele Vorteile: Mit der neu einge-führten "Bestabrechnung"
werden Sie immer in der günstigsten G.

-Komfort-Preisvariante abgerechnet. Durch die freie Wahl des [X.] und ohne Mindestvertragslaufzeit bleiben Sie jederzeit flexibel.

Was ändert sich am Preis?

Zum 01.01.2007
hat der Gesetzgeber eine Erhöhung der [X.] von 16 % auf 19 % beschlossen. Nur aus diesem Grund zahlen Sie für den G.

-Komfort im Vergleich zu Ihrem 2
-
4
-
bisherigen Preisangebot etwas mehr. Mit anderen Worten: Ohne die Mehrwertsteuererhöhung wäre Ihr Preis gleich geblieben.

Was müssen Sie jetzt tun?

Nichts -
Ihre Vertragsumstellung funktioniert automatisch. Sollten Sie uns eine Einzugsermächtigung erteilt haben, werden wir diese weiterhin nutzen.

Gibt es noch ein anderes Preisangebot?

Ja -
der neue "G.

-Online"
verbindet ein reines [X.]-Angebot unseres
Online-Services mit einem attraktiven Festpreis. Nach kurzer Registrierung unter [X.].

.de können Sie sich für den G.

-Online entscheiden.

[

Mit besten Grüßen
Ihre G.

A.

P.

H.

W.

Vorstand Vertrieb und Technik

Leiter Handel/Vertrieb"

Das Schreiben trägt vor den gedruckten Namen
zwei Unterschriften.
Die Beklagte bezog ab dem 1. Januar 2007 weiterhin Gas von der Kläge-rin. Mit Schreiben vom 22. November 2007 teilte sie der Klägerin mit, dass sie mit der Umstellung auf das neue G.

-Komfort-Angebot ab 1. Januar 2007 keinesfalls einer -
im Übrigen von ihr als unbillig beanstandeten
-
Preiserhöhung zustimme. In der Folgezeit glich die Beklagte die von der Klägerin geforderten Abschlagszahlungen nicht in voller Höhe aus.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass das Vertragsverhältnis mit der [X.] aufgrund des als Änderungskündigung zu wertenden Schreibens vom 11. November 2006 zum 1. Januar 2007 in ein Tarifkundenverhältnis überführt worden sei, da die Beklagte auch nach der Beendigung des Sonderkundenver-3
4
5
-
5
-
trags zum 31. Dezember 2006 weiterhin Gas von ihr bezogen habe. Für in den Jahren 2009 und 2010 liegende Verbrauchszeiträume
berechnete die Klägerin auf der Grundlage des am 1. Januar 2007 geltenden [X.] von

einen Zahlungsrückstand der Beklagten in Höhe von insgesamt eltenden Preises der Berücksichtigung zwischenzeitlich erfolgter Preis-senkungen errechnete die Klägerin einen Zahlungsrückstand der Beklagten in

Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Zahlung "hilfsweise"

s nebst Zinsen, in [X.]. Das [X.] hat der Klage,
unter deren Abweisung im Übrigen,
in Höhe der letztgenannten Summe nebst Zinsen stattgegeben. Die Berufung der Beklagten zum [X.] ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungs-gericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr
Klageabweisungsbe-gehren
weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Die Klage sei aus § 433 Abs. 2 [X.] begründet.
Der ursprünglich zwi-schen den Parteien bestehende Normsonderkundenvertrag sei durch das Schreiben der Klägerin vom 11. November 2006 wirksam zum 31. Dezember 6
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-
6
-
2006 gekündigt worden. Da es
an eine Vielzahl an Kunden gerichtet
sei, sei das Schreiben
nach seinem erkennbaren Sinn einheitlich auszulegen. Diese aus der Sicht eines objektiven Empfängers vorzunehmende Auslegung ergebe, dass der Wille der Klägerin, den seit dem Jahr
2001 bestehenden (Sonderkun-den-)Vertrag zum 31. Dezember 2006 zu beenden, für einen verständigen und redlichen Kunden eindeutig erkennbar sei.
Zwar deute die Überschrift "Alles wird einfacher -
das neue G.

-Preissystem"

lediglich auf eine Änderung im Preissystem hin, die im Folgenden
mit einer Gesetzesänderung begründet werde. Damit habe die Klägerin auf das Inkrafttreten der [X.] zum 8. November 2006 und die in deren Folge ge-mäß § 115 Abs. 3 Satz 3 [X.] notwendig gewordene Anpassung von [X.] mit Haushaltskunden hingewiesen. Auch wenn sich der einzelne Kunde hierfür nicht interessieren möge, erkenne er jedoch aus dem nächsten Satz des Schreibens
"In Folge dieser Gesetzesänderungen
müssen wir Ihren Erdgaslieferungsvertrag
zu
den bisherigen Bedingungen zum 31.
Dezember 2006 beenden", dass die Klägerin das Vertragsverhältnis mit ihm in Konsequenz
dieser Änderungen zum 31. Dezember 2006 beenden wolle, da das Wort "beenden"
seinem Inhalt nach eine Kündigung bedeute.
Aufgrund dieses eindeutig erkennbaren [X.]s
habe die Klä-gerin gegenüber der
Beklagten auch nicht etwa die Gestaltungsmacht
für sich in Anspruch genommen, den bestehenden Sonderkundenvertrag kraft einseiti-ger Erklärung in ein Tarifkundenverhältnis zu überführen.
Denn dem Kunden sei
in den folgenden Absätzen des Schreibens eine Handlungsalternative aufge-zeigt worden, mit der Folge, dass dem Kunden lediglich ein Angebot auf [X.] eines [X.] gemacht worden sei, das die
Beklagten
durch den weiteren [X.] über den 1. Januar 2007 hinaus auch ange-nommen hätten.

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-
So werde dem Kunden durch den Text des Schreibens zum
einen klar, dass
er das als solches bezeichnete "Preisangebot"
der Klägerin für den im beworbenen und aus den Veröffentlichungen im [X.] und der Tagespresse im Einzelnen ersichtlichen Tarif "G.

-Komfort"
annehme, wenn er untätig bleibe.
Bereits die Verwendung des Begriffs "Angebot"
verbinde der Kunde mit der Vorstellung, dass er dieses annehmen oder ablehnen könne. Bereits dadurch sei dem Kunden eine bestehende Entscheidungsmöglichkeit hinrei-chend verdeutlicht worden. Daran ändere auch der Passus "Was müssen Sie jetzt tun? Nichts -
Ihre Vertragsumstellung funktioniert
automatisch"
nichts. Der verständige Kunde entnehme dem nur, dass es keiner ausdrücklichen Willens-erklärung bedürfe, um das Angebot für den [X.] auf der Grundlage des G.

-Komfort-Tarifs anzunehmen. Zum anderen werde
der Kunde dem [X.] Text entnehmen, dass er auch den [X.] der Klägerin
wählen könne,
dessen Geltung allerdings [X.] des Kunden erfordere. Durch die Eröffnung dieser Wahlmöglichkeit habe der Kunde das Verständnis [X.] können, dass die Einstufung in den Tarif "G.

-Komfort"
nur dann "au-tomatisch"
erfolge, wenn er,
ohne aktiv tätig zu werden, weiterhin Gas von der Klägerin beziehe.
Die Kündigung sei nach der in § 32 [X.] zum Ausdruck gekomme-nen Wertung, die jedenfalls in ergänzender Vertragsauslegung auch auf den [X.] der Parteien
Anwendung finde, fristgemäß erfolgt.
Die mit der Regelung des § 2 Nr. 2 der [X.] der Klägerin vereinbarte Schriftform sei im Schreiben vom 11. November 2006 eingehalten
worden. Denn das Schreiben trage den jeweiligen individuellen Namenszug der in der Unterschriftszeile genannten Personen, die für den Inhalt des [X.] übernommen hätten. Selbst wenn es sich hierbei nicht um Original-unterschriften, sondern um Vervielfältigungen gehandelt haben sollte, ändere 12
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-
8
-
das
nichts; auch in diesem Fall
sei die Schriftform eingehalten worden.
Denn gemäß § 127 Abs. 1 [X.] gelte die Vorschrift des § 126 [X.] nur im Zweifel.
Vorrangig sei die Auslegung, welche Anforderungen die Parteien an die ge-wählte Schriftform hätten stellen wollen. Diese Auslegung führe zu dem eindeu-tigen Ergebnis, dass die Parteien für die Wahrung der Schriftform keine eigen-händigen Unterschriften der Vertreter der Klägerin für erforderlich gehalten [X.]. Die gewillkürte Schriftform solle zu keinen merklichen Belastungen der Ver-tragsparteien führen. Nach der Neufassung des § 127 [X.] genüge für die Ein-haltung der Schriftform neben dem Telegramm, das Fernschreiben, Teletext oder Fax. Dies zeige, dass das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift zur Einhaltung der gewillkürten Schriftform vom Gesetzgeber für verzichtbar gehal-ten
worden sei, sofern der Urheber angegeben werde und die Einhaltung der Schriftform lediglich die Eindeutigkeit und Endgültigkeit der Erklärung dokumen-tieren solle. Da es für die Kündigung der Klägerin im [X.] mit ihren Kunden ersichtlich darum gegangen sei, die Kündigung eindeutig und endgültig gegenüber den Kunden zu erklären, die Schriftform mithin Dokumentations-
und Beweiszwecken habe dienen sollen, führe die Auslegung der Schriftformklausel dazu, dass bei der massenhaften Versendung von Briefen an die Kunden eine eigenhändige Unterschrift der Mitarbeiter der Klägerin nicht erforderlich sei.
Das schriftliche Angebot
der Klägerin
auf Neubegründung eines Ta-rifkundenverhältnisses
zum 1. Januar 2007,
das im Übrigen auch in dem tat-sächlichen Leistungsangebot der Klägerin gesehen werden könne, habe die Beklagte
durch den weiteren [X.] von der Klägerin ab diesem Zeitpunkt angenommen. Da die Klägerin
in ihrem Hilfsantrag bei der
im Übrigen unstreiti-gen Berechnung der Klagesumme den zum 1. Januar 2007 geltenden und [X.] der Beklagten darüber hinaus noch zwischenzeitlich erfolgte [X.] zugute gebracht habe, sei die Klage insoweit
begründet.
15
-
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-
II.
Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin der Anspruch auf Zahlung restlichen [X.] in Höhe verfolgte Gaslieferungen aus § 433 Abs. 2 [X.] zusteht.
1. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Schreibens der Klägerin vom 11. November 2006 ist entgegen der Auffassung der Revision aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
a) Die Auslegung des Schreibens vom 11. November 2006 durch das Berufungsgericht unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nach-prüfung, da bei -
wie hier -
standardisierten, an eine Vielzahl von Kunden ge-richteten Schreiben ungeachtet der Frage, ob sie nur in einem räumlich be-grenzten Bereich versandt worden sind, ein Bedürfnis nach einheitlicher Hand-habung besteht. Derart vorformulierte Erklärungen sind -
ausgehend von den [X.] eines rechtlich nicht vorgebildeten Vertragspartners -
einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspart-nern
unter
Abwägung
der Interessen der normalerweise beteiligten [X.] [X.] werden. Dabei sind sie unabhängig von der
Gestaltung des Einzelfalls sowie dem Willen und den Belangen der jeweiligen konkreten Vertragspartner nach ihrem typischen Sinn auszulegen (st. Rspr.; vgl.
nur Senatsurteil vom 31.
Juli 2013 -
VIII [X.], [X.]Z 198, 111 Rn. 30 mwN).
b) Das Berufungsgericht hat
dem Schreiben vom 11. November 2006 in Beachtung vorgenannter Auslegungsmaßstäbe rechtsfehlerfrei den
für einen verständigen und redlichen Kunden der Klägerin erkennbaren Willen zur [X.] mit der Beklagten zum 31. Dezember 2006 16
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-
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-
entnommen. Soweit die Revision demgegenüber meint, das Berufungsgericht habe den Text des Schreibens, der einen [X.] fraglich erscheinen lasse, nicht hinsichtlich seines gesamten Inhalts
in seine Betrachtung einbezo-gen, jedenfalls
aber rechtlich nicht haltbare Schlussfolgerungen aus dem Schreiben
gezogen, trifft dies nicht zu.
Die textliche Wendung "den bisherigen Bedingungen zum 31.12.2006 beenden"
lässt den Willen der Klägerin zur Kündigung des [X.] zum 31. Dezember 2006 klar und unmissverständlich erkennen (vgl. zur Bedeutung des Begriffs "been-den"
Senatsurteil vom 26. Oktober 2011 -
VIII ZR 108/10, juris Rn. 14). Der üb-rige Text des Schreibens, den das Berufungsgericht ausführlich würdigt,
[X.] diesen [X.] nicht, sondern erläutert dem Kunden lediglich, zu welchen Tarifen
die Kunden der Klägerin ab dem 1. Januar 2007 Gas beziehen können und zu welchem Preis
die Belieferung erfolgen wird, wenn sich ein Kunde dafür entscheidet, bis zum Zeitpunkt der Beendigung des [X.] untätig zu bleiben.
Denn im [X.] an die Kündigungserklärung stellt die Klägerin den von der Vertragsbeendigung betroffenen Kunden zunächst den als "Preisange-bot"
bezeichneten Tarif "G.

-Komfort"
vor und teilt den Kunden sodann mit, dass diese durch die "Bestabrechnung"
sowie einen Vertrag ohne Mindestlauf-zeit Vorteile hätten. Danach erläutert die Klägerin die zu einer Preiserhöhung führende Weitergabe der
(zum 1. Januar 2007 erhöhten) Mehrwertsteuer und erklärt den Kunden sodann, dass diese
für die "Vertragsumstellung"
auf den Tarif "G.

-Komfort"
nichts tun müssten, da letztere "automatisch"
erfolge.
Im nachfolgenden Text wird den Kunden noch ein weiterer Tarif (G.

-online) mit der Erläuterung vorgestellt, dass sie sich nach einer Registrierung im Online-Portal der Klägerin auch dafür entscheiden könnten.

20
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-
11
-
Bereits aus der Bezeichnung des G.

-Komfort-Tarifs als "Preisange-bot"
und den
nachfolgenden Hinweisen
auf die fehlende Mindestvertragslaufzeit sowie den zur Wahl des Kunden stehenden [X.]
wird dem verständigen und redlichen Kunden klar
werden, dass ihm die Klägerin, die im Übrigen in dem Schreiben vom 11. November 2006 ihre Versorgungsbereitschaft über den 31. Dezember 2006 hinaus deutlich zu erkennen gibt
("übergangslos"), ein [X.] zum Abschluss eines neuen Vertrags unterbreitet und ihm die
Entschei-dungsmöglichkeit einräumt, ob und zu
welchem
Tarif er sich beliefern lassen will. Die -
im Schreiben so bezeichnete -
"automatische Vertragsumstellung"
auf den G.

-Komfort-Tarif wird der Kunde bei verständiger Würdigung mithin dahin (richtig) verstehen, dass er nur dann
ab dem 1. Januar 2007 zu dem
G.

-Komfort-Tarif versorgt werden wird, wenn
er bis zu diesem Zeitpunkt keine andere gegenteilige (ausdrückliche) Erklärung gegenüber der Klägerin abgibt. Damit ist dem Kunden aber gleichzeitig auch bewusst, dass er durch den
bloßen, nicht mit einer weiteren (ausdrücklichen) Erklärung verbundenen
Weiterbezug von Gas ab dem 1. Januar 2007 das Angebot der Klägerin auf Belieferung zu
dem G.

-Komfort-Tarif durch schlüssiges Verhalten (vgl.
zum konkludenten Vertragsschluss
Senatsurteil vom 22. Juli 2014 -
VIII ZR 313/13, [X.]Z 202, 158 Rn. 12 mwN)
annimmt
und damit ein neues Vertrags-verhältnis zu dem G.

-Komfort-Tarif geschlossen wird. An diesem Kunden-verständnis ändert die in dem Schreiben der Klägerin fehlende Bezeichnung des neuen Vertragsverhältnisses als Tarifkundenvertrag
nichts, zumal den Kunden mitgeteilt wird, dass der neue Vertrag
keine Mindestlaufzeit und damit eine von dem bis 31. Dezember 2006 bestehenden Sonderkundenvertrag we-sentlich abweichende zeitliche Komponente vorsieht.

2. Das Berufungsgericht hat entgegen der Auffassung der Revision rechtsfehlerfrei angenommen, dass das Schreiben der Klägerin vom 11.
November 2006 die nach § 2 Abs. 2 der von der Klägerin verwendeten All-22
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-
12
-
gemeinen Geschäftsbedingungen für eine wirksame Kündigung einzuhaltende
Schriftform auch in dem Fall wahrt, in dem -
wovon revisionsrechtlich auszuge-hen ist -
es sich bei den Unterschriften der Verantwortlichen der Klägerin nicht um Originale handelt.
a) Die Revision meint, das Berufungsgericht habe nicht bedacht, dass bereits das Gesetz in § 32 Abs. 7 [X.] eine schriftliche Kündigungserklä-rung verlange, so dass hier keine Zweifel im Sinne des § 127 Abs. 1 [X.] an der in § 126 Abs. 1 [X.] zur Wahrung der Schriftform vorgeschriebenen Erfor-derlichkeit eigenhändiger Unterschriften bestünden, zumal keine Anhaltspunkte ersichtlich seien, dass die in § 2 Nr. 2 der [X.] der Klägerin geregelte Schrift-form anders zu verstehen sein könnte als die in § 32 Abs. 7 [X.] normier-te Schriftform. An dem Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts bestünden auch deshalb Zweifel, weil § 2 Nr. 3 der [X.] der Klägerin bestimme, dass alle notwendigen Erklärungen elektronisch unter Zuhilfenahme einer digitalen [X.] abgegeben werden könnten, sobald hierzu gesetzliche Regelungen vorlä-gen; denn daraus ergebe sich, dass nur die digitale Signatur einer eigenhändi-gen Unterschrift gleich stehen solle. Mit diesen Erwägungen dringt die Revision nicht durch.
b) Die Revision
verkennt, dass
vorliegend nicht zu entscheiden ist, ob die für [X.] in § 32 Abs. 7 [X.] (gesetzlich) vorgeschriebene Schriftform eingehalten
ist. Vielmehr geht es um die Bestimmung des [X.] der in § 2 Nr. 2 der [X.] der Klägerin enthaltenen Schriftformklau-sel, mithin einer von den Parteien in dem Sonderkundenvertrag vereinbarten (gewillkürten) Schriftform. Da die Parteien in § 1 Nr. 2 [X.] die Anwendung der [X.] nur insoweit vereinbart haben als die Allgemeinen Geschäftsbedin-gungen keine Regelung treffen, ist § 32 Abs. 7 [X.] für die Beurteilung der [X.] der Parteien ohne Bedeutung.
24
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-
13
-
Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, gelten die für die Ein-haltung der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform in § 126 Abs. 1 [X.] [X.] strengen Anforderungen, insbesondere das Erfordernis der eigenhändi-gen Unterschrift,
bei einer
von den Parteien vereinbarten (gewillkürten) Schrift-form nach § 127 Abs. 1 [X.] nur "im Zweifel", mithin nur dann, wenn sich aus der gebotenen Auslegung der [X.] nichts anderes ergibt
(vgl. [X.], Urteil vom 21. Februar 1996 -
IV ZR 297/94, NJW-RR 1996, 641 un-ter II 2 a; [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2012, § 127 Rn. 21; Münch-Komm[X.]/[X.], 7. Aufl., § 127 Rn. 2). Letzteres hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen.

Die Auslegung, welche Anforderungen die Parteien an die von ihnen vereinbarte Schriftform stellen wollten, hat sich in erster Linie an dem mit der Form verfolgten Zweck zu orientieren, der aus den erkennbaren beiderseitigen Interessen an der Formvereinbarung
abgeleitet werden kann. Das Interesse der Vertragsparteien an der schriftlichen Form der Kündigung eines [X.] erschöpft sich ersichtlich in der verkörperten Verfügbarkeit des Inhalts der Kündigungserklärung
zu Dokumentations-
und Beweiszwecken. Diesem [X.] der Parteien
ist unabhängig davon, ob die Vertreter des kündigenden [X.] die Kündigung eigenhändig unterschrieben haben, allein durch die schriftliche Übermittlung des Kündi-gungsinhalts und die daraus folgende Erkennbarkeit der für die Kündigung ver-antwortlich zeichnenden Personen Genüge getan. Das Berufungsgericht hat in
diesem Zusammenhang zu Recht
hervorgehoben, dass nur dieses Formver-ständnis den bei [X.] zu beachtenden Erfordernissen
des
[X.]s gerecht wird.
Im Übrigen war
den Parteien, wie der in § 2 Nr. 3 [X.] erfolgte Hinweis auf die durch das Gesetz über die Rahmenbedingungen für elektronische Sig-26
27
28
-
14
-
naturen vom 16. Mai 2001 (Signaturgesetz, [X.]l. I S. 876) eröffneten [X.] zeigt, ersichtlich daran gelegen, die Schriftformanforderungen nicht etwa -
wie die Revision meint -
zu erschweren, sondern im Gegenteil an die zur [X.] stehenden technischen Möglichkeiten anzupassen. Deshalb
hätte für die Wahrung der Schriftform
der Kündigung nach §
127 Abs. 2 Satz 1 [X.] auch eine telekommunikative Übermittlung genügt, die unter den Vorausset-zungen des § 126b [X.] neben dem Telefax auch den Versand einer E-Mail umfasst (vgl. [X.],
[X.], 401, 404).
Die Auslegung der in § 2 Nr. 2 der [X.] der Klägerin vereinbarten Schrift-form führt mithin zu dem Ergebnis, dass eine eigenhändige Unterzeichnung des Kündigungsschreibens der Klägerin vom 11. November 2006 zur Wahrung der Schriftform nicht erforderlich war, so dass die Zweifelsregelung des § 127
Abs. 1 [X.] nicht zum Tragen kommt.
3.
Indem sie von der Klägerin ab dem 1. Januar 2007 weiter Gas bezog, hat -
wie vorstehend unter [X.] bereits erörtert -
die Beklagte das für sie als [X.] erkennbare Angebot der Klägerin, sie zu dem G.

-Komfort-Tarif zu versorgen, durch schlüssiges Verhalten angenommen (vgl. Senatsurteil vom 22. Juli 2014 -
VIII ZR 313/13, [X.]Z 202, 158 aaO). Damit ist zwischen den Parteien ein Tarifkundenverhältnis begründet und der zu Vertragsbeginn gel-, der einer ge-richtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 [X.] nicht unterliegt
(st. Rspr.; vgl. Senatsurteile
vom
22. Februar 2012 -
VIII ZR 34/11,
NJW-RR 2012, 690 Rn.
38, vom 13. Juli 2011
-
VIII [X.], NJW 2011, 2800 Rn. 36). Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der neuerlichen Einwendungen der Re-vision fest. Soweit die Revision zur Überprüfung des Senats stellt, ob an dieser Rechtsprechung auch dann festzuhalten sei, wenn der zu
Vertragsbeginn gel-tende Preis während der Vertragslaufzeit gesenkt werde, bedarf dies im Streit-29
30
-
15
-
fall keiner Entscheidung. Denn die Beklagte hat bei der Berechnung des
Zah-lungsrückstands
der
Beklagten
die nach
dem
1. Januar 2007 erfolgten
Preis-senkungen berücksichtigt; auf der Grundlage dieser Berechnung ist die [X.] zur Zahlung verurteilt
worden.
Dr. Milger
Dr. Achilles
Dr. Schneider

Dr. Fetzer
Kosziol
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.10.2012 -
28 O 131/11 -

KG Berlin, Entscheidung vom 28.11.2014 -
6 [X.] -

Meta

VIII ZR 46/15

27.04.2016

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2016, Az. VIII ZR 46/15 (REWIS RS 2016, 12232)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12232

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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