Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.04.2003, Az. VIII ZB 100/02

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 3290

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[X.]/02vom30. April 2003in dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: [X.] § 91 Abs. 1 Satz 1Waren Streitgenossen in einem Prozeß, in welchem ein Streitgenosse obsiegt [X.] ein anderer unterlegen ist, durch einen gemeinschaftlichen Anwalt vertreten, sokann der obsiegende Streitgenosse grundsätzlich nur den seiner Beteiligung amRechtsstreit entsprechenden Bruchteil der Anwaltskosten von dem [X.]erstattet verlangen (Aufgabe von [X.], Beschluß vom 12. Februar 1954 - [X.], [X.] 1969, 941).[X.], Beschluß vom 30. April 2003 - [X.]/02 -OLG [X.] [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 30. April 2003 durch [X.] Richterin [X.] und [X.] Hübsch, [X.], Dr.[X.] und Dr. Frellesenbeschlossen:Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluß [X.] des [X.] 12. August 2002 aufgehoben.Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die [X.] Beschwerdeverfahrens, an das [X.] zurückver-wiesen.Der [X.] wird auf 1.000 Gründe:[X.] Kläger hat die Beklagte zu 2 gemeinsam mit einem anderen [X.] auf Zahlung in Anspruch genommen. Beide Beklagte waren im [X.] denselben Anwalt vertreten. Gegenüber dem [X.] zu 1 hat der Klä-ger obsiegt, die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Klage ist abgewiesen [X.]. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der [X.] hat das Landge-- 3 -richt entschieden, daß der Beklagte zu 1 diese selbst zu tragen hat, währenddie außergerichtlichen Kosten der [X.] zu 2 dem Kläger auferlegt wurden.Mit [X.] vom 2. Juli 2002 hat das [X.] die der [X.] zu 2 entstandenen und vom Kläger zu erstat-tenden anwaltlichen Gebühren mit jeweils 10/10 festgesetzt. Die hiergegen ge-richtete sofortige Beschwerde hat das [X.] mit Beschluß vom12. August 2002 zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelasse-nen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger sein Ziel weiter, daß die Kosten le-diglich in Höhe des auf die Beklagte zu 2 entfallenden Bruchteils der [X.] gemeinsamen Anwalts der [X.] festgesetzt werden.[X.] Beschwerdegericht hat im wesentlichen ausgeführt: Dem [X.]tehe keine Teilhabe an dem Kostenvorteil zu, der sich daraus ergebe, daß diebeiden [X.] sich durch einen gemeinschaftlichen Rechtsanwalt hättenvertreten lassen. Da es den [X.] freigestanden hätte, sich jeweils einzelnvertreten zu lassen, sei nicht einzusehen, weshalb der Verzicht hierauf sich zuGunsten des [X.] auswirken solle. Vor allem aber schulde die Beklagte [X.] ihrem Prozeßbevollmächtigten Vergütung in der angemel-deten Höhe. Die unter Umständen gegebene Möglichkeit eines internen [X.] gegen ihren Streitgenossen ändere daran nichts. Die Klärung der [X.], ob ein solcher [X.] im Einzelfall rechtlich möglich und tatsächlich durch-setzbar sei, überfordere die beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des [X.] -1. Die Erwägungen des [X.]s halten der rechtlichen Über-prüfung nicht stand. Der [X.] zu 2 steht nur ein Anspruch auf [X.] ihrer wertmäßigen Beteiligung entsprechenden Bruchteils an den [X.] gemeinschaftlichen Anwalts zu.2. Die Frage, ob der obsiegende Streitgenosse unabhängig von [X.] im Innenverhältnis gegen den Gegner die vollen Kosten, die durch [X.] eines gemeinsamen Anwalts entstanden sind und für die er [X.] als Gesamtschuldner haftet, festsetzen lassen kann, oder ob ihm [X.] nur in Höhe seiner wertmäßigen Beteiligung an [X.] zusteht, ist allerdings seit langem umstritten.a) Nach einer Ansicht sind einer [X.] die Anwaltskosten "erwachsen"im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO bereits mit dem Tätigwerden des Anwaltsim Rechtsstreit und nicht erst damit, daß die [X.] ihrem [X.] die entsprechende Gebührenschuld tatsächlich gezahlt hat. Das gelte [X.] einzelnen Streitgenossen. Dem Kostenschuldner seien [X.] der materiellrechtlichen Beziehung zwischen dem Kostengläubiger und sei-nem Prozeßbevollmächtigten wie Erlaß oder anderweitige Erfüllung der [X.]. Das weitere "rechtliche Schicksal" dieser Gebührenschuld kön-ne im Festsetzungsverfahren nicht erörtert werden (so [X.], Beschluß vom12. Februar 1954 - [X.], [X.] 1969, 941 mit [X.]. [X.]. [X.] wird - teilweise gestützt auf weitere, vom Hanseatischen[X.] Hamburg in dem angefochtenen Beschluß [X.] - von verschiedenen Obergerichten vertreten (z.B. [X.],[X.] 1988, 1182 und 1689, [X.] 1994, 476; [X.], [X.] 1994,102; [X.], [X.] 1988, 484).- 5 -b) Die in der Rechtsprechung überwiegende und in der Kommentarlite-ratur einhellig vertretene Gegenmeinung billigt dem obsiegenden [X.] grundsätzlich nur einen Anspruch auf Erstattung eines seiner [X.] entsprechenden Bruchteils an den Kosten des gemeinsamen [X.] zu. Sie geht von der Kostengrundentscheidung nach der von der Recht-sprechung übernommenen [X.]‚schen Formel aus, die nicht dadurchunterlaufen werden dürfe, daß der obsiegende Streitgenosse die vollen [X.] gemeinsamen Anwalts vom Gegner liquidiere. Der Begriff der "erwachse-nen Kosten" müsse im Zusammenhang mit der Einschränkung auf die Notwen-digkeit der erstattungsfähigen Kosten einer [X.] in § 91 Abs. 1 Satz 1 [X.] werden; notwendig in diesem Sinne seien aber nur die Kosten, mitdenen der Streitgenosse auf Dauer in seinem Vermögen belastet werde. [X.] führe die Gegenmeinung zu dem unbilligen Ergebnis, daß der [X.] entgegen der Kostengrundentscheidung die vollen Anwaltskosten derStreitgenossen tragen müsse und der ihm gegenüber unterlegene [X.] keinen Anteil an diesen Kosten zu übernehmen brauche (so [X.], [X.] 1990, 625; [X.], [X.] 1992, 546; [X.], [X.] 1993, 355 mit zust. [X.]. Mümmler; [X.], [X.]1993, 804 und 1994, 215; [X.], [X.] 1994, 416; [X.], [X.], Rpfleger 1994, 316; [X.], NJW-RR 1999, 293; Münch-Komm-ZPO/[X.], 2. Aufl., § 91 Rdnr. 90; [X.]/[X.], ZPO, 23. Aufl., § 91Rdnr. 13, Stichwort "Streitgenossen" unter 3).3. Der Senat schließt sich der letztgenannten Meinung an; er hält sie so-wohl in der Begründung als auch im Ergebnis für zutreffend. An dieser Ent-scheidung ist der Senat nicht durch den Beschluß des [X.] des [X.] vom 12. Februar 1954 ([X.], [X.] 1969, 941) ge-hindert, weil der [X.] Senat auf Anfrage erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffas-sung nicht mehr festhält (§ 132 Abs. 3 Satz 1 GVG).- 6 -a) Der Wortlaut des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO steht dem nicht entgegen.Insbesondere der Begriff der "erwachsenen Kosten" ist mehrdeutig und läßtsich zwanglos im Sinne einer dauerhaften Vermögensbelastung verstehen. [X.] solche liegt aber erst und nur dann vor, wenn feststeht, daß die [X.] dieseKosten tatsächlich bezahlen muß oder daß sie, wenn sie über ihren Anteil hin-aus gezahlt hat, von ihrem (oder ihren) Streitgenossen den ihr an sich zuste-henden Ausgleich nicht erhalten kann. Vor allem aber darf der Begriff nicht iso-liert, sondern nur im Gesamtzusammenhang einschließlich von Sinn und Zweckder Vorschrift ausgelegt werden. Danach sind zu ersetzen nur die Kosten, dieeiner [X.] erwachsen sind und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgungoder Rechtsverteidigung notwendig waren. Soweit es um die Kosten für einengemeinsamen Anwalt geht, folgt daraus, daß eine Leistung, die im Innenver-hältnis zwischen den Streitgenossen "freiwillig", d.h. ohne rechtliche Verpflich-tung erfolgt, im Verhältnis zum [X.] nicht als notwendig anzuerken-nen ist.Dem kann auch nicht, wie das [X.] meint, entgegen-gehalten werden, die Streitgenossen hätten sich von vornherein jeweils eineneigenen Anwalt nehmen können. Das Kostenrecht, insbesondere in den §§ 91,92 und 100 ZPO, ist geprägt von dem Grundsatz, daß eine obsiegende [X.]nicht mit Kosten belastet werden soll und daß die unterliegende [X.] die ent-standenen Kosten zu tragen hat. Die Bereicherung einer [X.] auf Kosten [X.] läßt das Kostenrecht nicht zu; auch sonst kann eine [X.] nichtKosten ersetzt verlangen, die ihr nicht entstanden sind, deren Erstattung sieaber, wären sie tatsächlich angefallen, ohne weiteres hätte fordern können.Ebenso unbegründet ist schließlich der Einwand, materiell-rechtliche Er-wägungen seien dem Kostenfestsetzungsverfahren fremd. Welche Kosten zurzweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1- 7 -Satz 1 ZPO sind, bestimmt sich häufig nach materiellem Recht. Warum das beider Kostenfestsetzung in einer Fallgestaltung wie der vorliegenden nicht [X.], ist nicht ersichtlich. Im übrigen beschränkt sich diese Prüfung bei der hierzu beantwortenden Fragestellung darauf, wie die materiellrechtliche Regelungdes § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB auf die prozessuale Beteiligung der [X.] zu übertragen [X.]) Die vom Senat vertretene Meinung vermeidet überdies die unbilligenErgebnisse, zu denen die Gegenansicht führen kann, wenn Streitgenossen, wiehier, als Gesamtschuldner verklagt werden und somit bei gleichartiger Beteili-gung an dem Rechtsstreit - von der Erhöhung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 und [X.] abgesehen - auch ihrem Rechtsanwalt als Gesamtschuldner haften(§ 6 Abs. 2 Satz 1 BRAGO). Könnte der obsiegende Streitgenosse, dessennotwendige Kosten der Kläger nach der [X.]™schen Formel selbst beieiner vollständigen Verurteilung des weiteren Streitgenossen zu tragen hat, dievollen Anwaltskosten erstattet verlangen und damit zugleich die Verpflichtungdes unterlegenen Streitgenossen gegenüber seinem Rechtsanwalt erfüllen,ginge dies zu Lasten des [X.], obwohl der unterlegene Streitgenosse nachder Kostenentscheidung für seine eigenen außergerichtlichen Kosten aufkom-men muß. Dieser Nachteil wird durch die Möglichkeit, dem Kläger einen [X.] auf Abtretung des Ausgleichsanspruchs des obsiegenden gegen denunterlegenen Streitgenossen aus dem Innenverhältnis (§ 426 Abs. 1 BGB) zugewähren, nicht ausgeglichen. Es wäre unbillig, den Kläger als außenstehen-den Dritten auf einen [X.]anspruch aus einem ihm fremden Rechtsverhältniszu verweisen.c) Voraussetzung für die Anrechnung des Ausgleichsanspruchs des ob-siegenden Streitgenossen auf seinen Kostenerstattungsanspruch ist allerdings,daß der obsiegende Streitgenosse auf Dauer und vollständig von [X.] 8 -lichen Kosten befreit bleibt. Dies wird im allgemeinen durch den für den [X.] gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleich im Innenverhältnis der [X.] erreicht (§ 426 Abs. 1 Satz 1 BGB). Soweit dieser Ausgleich an [X.] des ausgleichspflichtigen Streitgenossen scheitert, hat [X.] auch nach der herrschenden Meinung der obsiegende Streitgenosse nichtnur in [X.], sondern in voller Höhe einen Erstattungsanspruch gegenden [X.]. Dazu braucht er lediglich glaubhaft zu machen, daß er imInnenverhältnis wegen der Zahlungsunfähigkeit seines Streitgenossen keinenAusgleich zu erlangen vermag, was die Beklagte zu 2 jedoch nicht geltendmacht. Eine unangemessene Belastung des Kostenfestsetzungsverfahrens [X.] nicht [X.] Nach alledem ist der angefochtene Beschluß aufzuheben, und die Sa-che ist zur erneuten Entscheidung an das [X.] zurückzuverwei-sen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).[X.] [X.] [X.]Dr. [X.] Dr. Frellesen

Meta

VIII ZB 100/02

30.04.2003

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.04.2003, Az. VIII ZB 100/02 (REWIS RS 2003, 3290)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3290

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