Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2012, Az. II ZR 171/10

II. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7735

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
II ZR 171/10
Verkündet am:

27. März 2012

Vondrasek

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
GmbHG § 64; GmbHG i.d.F. bis 31.
Oktober 2008 § 64 Abs. 2
a)
Verfügt der Geschäftsführer einer GmbH nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse, die er für die Prüfung benötigt, ob er pflichtgemäß Insolvenzantrag stellen muss, hat er sich bei Anzeichen einer Krise der [X.] unverzüglich unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der [X.] der erforderlichen Unterlagen von einer unabhängigen, für die zu klärenden Fragestellungen fachlich qualifizierten Person beraten zu lassen.
b)
Der Geschäftsführer darf sich nicht mit einer unverzüglichen Auftragserteilung begnügen, sondern muss auch auf eine unverzügliche Vorlage des [X.] hinwirken.
[X.], Urteil vom 27. März 2012 -
II ZR 171/10 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 27.
März 2012 durch
den
Vorsitzenden
Richter Prof.
Dr.
Bergmann
und die Richterin [X.], die Richter
Dr.
[X.], [X.] und Sunder
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 19. August 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der G.

F.

GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Der [X.] war deren alleiniger Geschäftsführer. Im August 2003 beauftragte der [X.] auf Veran-lassung der Hausbank der Schuldnerin die Zeugin E.

als Unternehmensbe-raterin mit der Prüfung der Vermögenslage der Schuldnerin sowie etwaiger Sa-nierungsmöglichkeiten. Die Zeugin überreichte unter dem 9. November 2003 eine gutachterliche Stellungnahme. Am 12. Dezember 2003 stellte der [X.] Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren wurde am 1. Februar 2004 eröffnet.
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-
Der Kläger verlangt mit der Behauptung, die Schuldnerin sei spätestens seit dem 31. August 2003 zahlungsunfähig gewesen, nach §
64 Abs. 2 [X.] Ersatz von Zahlungen in Höhe von 44.245,06

vom 1. September 2003 bis 30. November 2003 aus der Kasse der Schuldne-rin, unter anderem an Lieferanten und Arbeitnehmer, veranlasst hat. Das Land-gericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung zu-rückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden [X.] zugelassene Revision des [X.], mit der er seinen [X.] weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen [X.] und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
[X.] Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Dem [X.] sei nicht darin zu folgen, dass die Schuldnerin in der [X.] vom 1. September 2003 bis zum 30. November 2003 noch zahlungsfähig gewesen sei. Auch unter Berücksichtigung der vom [X.]n behaupteten Stundungen, Stillhalteabkommen und [X.] habe seit September 2003 eine [X.] von erheblich mehr als 10
% bestanden. Die Aussage
des vom [X.] vernommenen Zeugen Ge.

, seit 1987 Vorstand der t-i-tig hätten gegen die
Schuldnerin über Monate hinweg fällige Forderungen in 2
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ganz erheblicher Höhe bestanden, deren Erfüllung von der Hausbank nicht er-mögetwas anderes verstanden habe als fehlende Zahlungsunfähigkeit im [X.] oder dass der Bank nicht sämtliche Verbindlichkeiten der Schuldnerin bekannt gewesen und deshalb nicht beglichen worden seien.
Der [X.] sei trotz Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gleichwohl nicht zum Ersatz der Zahlungen verpflichtet. Ihm sei keine schuldhafte Pflicht-verletzung vorzuwerfen, da er nicht habe erkennen müssen, dass für die Schuldnerin Insolvenzreife schon vor Dezember 2003 bestanden habe. Der [X.] sei seinen Kontrollpflichten als Geschäftsführer durch den Auftrag an die Zeugin E.

nachgekommen, die auf Empfehlung und zugleich im Interesse der Hausbank zur Prüfung der Vermögenslage der [X.] sowie etwaiger Fortführungsmöglichkeiten hinzugezogen worden sei. Nicht erforderlich sei es, einen Fachmann gezielt mit der Prüfung zu betrauen, ob Insolvenzantrag zu stellen sei. Der an die Zeugin E.

erteilte Auftrag habe diese Prüfung zwangsläufig mit umfasst. Die Zeugin E.

als Unternehmensberaterin mit abgeschlossenem betriebswirtschaftlichen Studium und achtjähriger Berufser-fahrung auf dem Gebiet der Bonitätsprüfung und der Erstellung von Fortfüh-rungsprognosen sei auch fachlich geeignet gewesen, das relativ kleine Unter-nehmen der Schuldnerin auf dessen Insolvenzreife hin zu überprüfen. Nach Vorlage der gutachtlichen Stellungnahme der Zeugin E.

vom 9.
November 2003 mit der darin enthaltenen positiven Fortführungsprognose habe für den [X.]n kein Anlass mehr bestanden anzunehmen, dass Insolvenzreife be-stehe und er deshalb Zahlungen aus
dem Vermögen nicht vornehmen dürfe.

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5
-
I[X.]
Diese Ausführungen halten revisionsgerichtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat ein Verschulden des [X.]n mit [X.] Erwägungen verneint.
1. Gemäß §
64 Abs.
2 Satz 1 GmbHG in
der bis 31. Oktober 2008 gülti-gen Fassung war der Geschäftsführer der [X.] zum Ersatz von [X.] verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit geleistet wurden. Nach dem für die Revisionsinstanz zu Gunsten des [X.] zu unterstellenden Sachverhalt sind diese (objektiven) Voraussetzungen der Ersatzpflicht des [X.]n im Streitfall erfüllt.
Der [X.] hat als Geschäftsführer der Schuldnerin in der [X.] von September 2003 bis einschließlich November 2003 Zahlungen in Höhe der Kla-geforderung aus der Kasse der [X.] in bar veranlasst. Die Schuldnerin war nach dem für die Revisionsinstanz zu Gunsten des [X.] zu unterstellen-den Sachverhalt in dieser [X.] zahlungsunfähig im Sinne von §
17 Abs. 2 Satz 1 [X.], §
64 Abs.
2 Satz 1
[X.].
Die GmbH ist zahlungsunfähig, wenn sie nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Kann sie sich innerhalb von drei Wochen die zur Begleichung ihrer fälligen Forderungen benötigten [X.] Mittel nicht beschaffen, liegt nach der Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs Zahlungsunfähigkeit und nicht mehr eine nur rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung vor. Beträgt die innerhalb von drei Wochen nicht zu beseiti-gende [X.] der Schuldnerin allerdings weniger als 10
% ihrer fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig Zahlungsunfähigkeit noch nicht einge-treten, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als 10
% erreichen wird. Beträgt die [X.] der Schuldnerin 10
% oder mehr, ist dagegen regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern 7
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nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu er-warten ist, dass die [X.] demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Um-ständen des Einzelfalls zuzumuten ist ([X.], Urteil vom 24. Mai 2005 -
IX
ZR 123/04, [X.]Z
163, 134, 139 ff.; Urteil vom 12. Oktober 2006 -
IX [X.], [X.], 2222
Rn.
27;
Urteil vom 21.
Juni 2007 -
IX ZR 231/04, [X.], 1469 Rn.
37; Beschluss vom 19. Juli 2007 -
IX ZB 36/07,
[X.]Z
173, 286 Rn.
31).
Nach dem Vortrag des [X.], der im Revisionsverfahren zu Grunde zu legen ist, bestand bei der Schuldnerin ab dem 1.
September 2003 ständig eine [X.] von deutlich mehr als 10
%. Am 12. Dezember 2003 hat der [X.] einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt.
2. Die Revision beanstandet mit Recht, dass die durch das -
für die recht-liche Prüfung in der Revisionsinstanz zu unterstellende
-
Vorliegen der objekti-ven Voraussetzungen der Ersatzpflicht des [X.]n begründete Vermutung, dass er schuldhaft gehandelt hat, mit der vom Berufungsgericht gegebenen Be-gründung nicht entkräftet werden kann. Dem [X.]n ist vorzuwerfen, dass er sich nicht rechtzeitig fachkundig hat beraten lassen, obwohl ihm nach den Fest-stellungen des Berufungsgerichts die Kenntnisse zur Beurteilung der im Revisi-onsverfahren zu unterstellenden Insolvenzreife der Schuldnerin fehlten.
a)
Die Haftung des Geschäftsführers nach §
64
Abs. 2 Satz
1 [X.] setzt Verschulden voraus. Einfache Fahrlässigkeit genügt. Maßstab ist nach §
64 Abs. 2 Satz 2 [X.] die
Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns. Zu Lasten eines Geschäftsführers, der
in der in §
64 Abs.
2 [X.] be-schriebenen Lage der [X.] Zahlungen aus ihrem [X.]svermö-gen leistet, wird vermutet, dass er dabei schuldhaft, nämlich nicht mit der von 11
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7
-
einem Vertretungsorgan einer GmbH zu fordernden Sorgfalt gehandelt hat
([X.], Urteil vom 8. Januar 2001 -
II ZR 88/99, [X.]Z 146, 264, 274
f.; Urteil vom 14. Mai 2007 -
II ZR 48/06, [X.], 1265 Rn.
11, 15; Urteil vom 5. Mai 2008 -
II ZR 38/07, [X.], 1229 Rn.
8; Urteil vom 8. Juni 2009 -
II ZR 147/08, [X.], 1468 Rn.
7; Urteil vom 18.
Oktober 2010 -
II ZR 151/09, [X.], 2400 Rn.
14 -
Fleischgroßhandel). Als Ausgangspunkt des subjektiven Tatbestands des §
64 Abs.
2 [X.] reicht die Erkennbarkeit der Insol-venzreife aus, wobei die Erkennbarkeit als Teil des Verschuldens vermutet wird ([X.], Urteil vom 29. November 1999 -
II ZR 273/98, [X.]Z 143, 184, 185; Ur-teil vom 15. März 2011 -
II ZR 204/09, [X.], 1007 Rn.
38).
b) Nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt ist die Vermutung, dass für den [X.]n bei den Zahlungen ab dem 1. September 2003 die Insolvenzreife erkennbar war, nicht widerlegt.
aa) Von dem Geschäftsführer einer GmbH wird erwartet, dass er sich über die wirtschaftliche Lage der [X.] stets vergewissert. Hierzu gehört insbesondere die Prüfung der Insolvenzreife. Wenn der Geschäftsführer er-kennt, dass die GmbH zu einem bestimmten Stichtag nicht in der Lage ist, ihre fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten vollständig zu bedienen, hat er die Zahlungsfähigkeit der GmbH anhand einer Liquiditätsbilanz zu überprüfen ([X.], Urteil vom 24. Mai 2005 -
IX ZR 123/04, [X.]Z
163, 134, 140
f.). Er han-delt fahrlässig, wenn er sich nicht rechtzeitig die erforderlichen Informationen und die Kenntnisse verschafft, die er für die Prüfung benötigt, ob er pflichtge-mäß Insolvenzantrag stellen muss. Dabei muss sich der Geschäftsführer, so-fern er nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse verfügt, gegebenenfalls fachkundig beraten lassen ([X.], Urteil vom 6. Juni 1994 -
II ZR 292/91, [X.]Z 126, 181, 199; Urteil vom 14. Mai 2007 -
II ZR 48/06, [X.], 1265 Rn.
16).
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8
-
Der selbst nicht hinreichend sachkundige Geschäftsführer ist nur dann entschuldigt, wenn er sich unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der [X.] und Offenlegung der
erforderlichen Unterlagen von einer unab-hängigen, für die zu klärenden Fragestellungen fachlich qualifizierten Person hat beraten lassen ([X.], Urteil vom 14. Mai 2007 -
II ZR 48/06, [X.], 1265 Rn.
16; vgl. auch [X.], Urteil vom 20. September 2011 -
II ZR 234/09, [X.], 2097 Rn.
18) und danach keine Insolvenzreife festzustellen war. Die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gebietet es zudem, das Prüfergebnis einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen ([X.], Ur-teil vom 14. Mai 2007 -
II ZR 48/06, [X.], 1265 Rn.
18; vgl. auch [X.], Ur-teil vom 20. September 2011 -
II ZR 234/09, [X.], 2097 Rn.
18).
Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich der Rechtsprechung des erkennenden [X.]s allerdings nicht entnehmen, dass es sich bei der zum Ausgleich unzureichender persönlicher Kenntnisse des Geschäftsführers [X.] fachlich qualifizierten Person um einen Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt handeln muss. Der [X.] hat lediglich festgestellt, die Sachkom-petenz und Fachkunde eines Wirtschaftsprüfers für eine solche Prüfung, wie sie in dem entschiedenen Fall vorzunehmen war, stehe außer Frage ([X.], Urteil vom 14. Mai 2007 -
II ZR 48/06, [X.], 1265 Rn.
17). Das schließt nicht aus, dass nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls, bei denen -
so das Berufungsgericht zu Recht
-
auch die Größe des zu beurteilenden [X.] zu berücksichtigen sein kann, die Beratung durch geeignete Angehö-rige anderer Berufsgruppen gleichfalls zur Entlastung des Geschäftsführers ge-nügen kann.
bb) Da dem [X.]n selbst die Sachkunde zur zuverlässigen Beurtei-lung der Insolvenzreife fehlte, ist er danach nur dann entschuldigt, wenn er sich bei Auftreten der Krise der Schuldnerin rechtzeitig fachkundig hat beraten las-16
17
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sen und die Schuldnerin nach dem [X.] nicht insolvenzreif war. Das Gutachten der Zeugin E.

vom 9. November 2003 ist -
bei im Revisi-onsverfahren zu unterstellender Zahlungsunfähigkeit ab dem 1.
September 2003
-
nicht geeignet, diese Anforderungen zu erfüllen.
[X.] aufgrund des für die Revisionsinstanz zu unterstellenden Sachver-halts und der Verschuldensvermutung davon auszugehen, dass die Schuldnerin spätestens Ende August 2003 zahlungsunfähig und dies für den [X.]n er-kennbar war, so war spätestens ab diesem [X.]punkt das mit der Ersatzpflicht bewehrte [X.] gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG aF zu beachten (vgl. [X.], Urteil vom 29. November 1999 -
II ZR 273/98, [X.]Z 143, 184, 185
f.; Urteil vom 16. März 2009 -
II ZR 280/07, [X.], 860 Rn.
12). Der schuldhafte Sorgfaltspflichtverstoß des [X.]n ist nicht deshalb zu vernei-nen, weil die Zeugin E.

im August 2003 mit der Prüfung der Vermögensla-ge der [X.] sowie etwaiger Sanierungsmöglichkeiten beauftragt wurde. Der Geschäftsführer kann entschuldigt sein, wenn er bei Anzeichen einer Krise unverzüglich eine fachlich qualifizierte Person mit der Prüfung beauftragt, ob die [X.] insolvenzreif ist und ein Insolvenzantrag gestellt werden muss, und er sich dann nach der gebotenen Plausibilitätskontrolle dem fachkundigen Rat entsprechend verhält (vgl. [X.], Urteil vom 14. Mai 2007 -
II ZR 48/06, [X.], 1265 Rn.

17). Aus dem Sinn und Zweck des [X.]s nach § 64 GmbHG und der Insolvenzantragspflicht n
unverzüglich vorzunehmen ist und dass sich der Geschäftsführer nicht mit einer unverzüglichen Auftragserteilung begnügen darf, sondern auch auf eine unver-zügliche Vorlage des Prüfergebnisses hinwirken muss.
Die gutachterliche Stellungnahme der Zeugin E.

ist nicht unverzüg-lich, sondern erst zum 9. November 2003 erstellt worden und daher schon aus 19
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-
10
-
diesem Grunde nicht geeignet, den [X.]n hinsichtlich der Zahlungen ab dem 1. September 2003 zu entlasten, wenn die Schuldnerin schon zum
31. August 2003 zahlungsunfähig war.
(2) Anhaltspunkte dafür, dass die nicht unverzügliche Vorlage des [X.] entgegen der auch insoweit eingreifenden Verschuldensvermutung nicht auf einem schuldhaften Sorgfaltspflichtverstoß des [X.]n beruht, [X.] sich den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen. Dagegen spricht vielmehr, dass der [X.] die Zeugin E.

nur mit der Prüfung der Vermögenslage der [X.] sowie weiterer Sanierungsmöglichkeiten [X.] und nicht gezielt mit der Prüfung betraut hat, ob Insolvenzantrag zu stellen sei.
Richtet sich der dem sachkundigen Dritten erteilte Auftrag auf eine an-derweitige Aufgabenstellung, kann dies den Geschäftsführer nur dann entlas-ten, wenn er sich nach den Umständen der Auftragserteilung unter Beachtung der gebotenen Sorgfalt darauf verlassen durfte, die Fachperson werde im Rah-men der anderweitigen Aufgabenstellung auch
die Frage der Insolvenzreife vorab und unverzüglich prüfen und ihn gegebenenfalls unterrichten. Für eine solche Annahme bieten die Feststellungen zu den Umständen des im vorlie-genden Fall der Zeugin E.

erteilten Auftrags keine hinreichenden Anhalts-punkte.
II[X.]
Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der [X.] kann nicht ab-schließend in der Sache entscheiden. Die Revisionserwiderung rügt zu Recht, dass auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts 21
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-
die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ab dem 1. September 2003 nicht be-jaht werden kann.
Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, aus den vom Kläger vorge-tragenen Zahlen ergebe sich, dass für die Schuldnerin seit September 2003 ständig eine [X.] von erheblich mehr als 10
% bestanden habe. Selbst unter Berücksichtigung der vom [X.]n behaupteten Stundungen und Stillhalteabkommen seien in den Monaten September bis November 2003 über 50
% der fälligen Verbindlichkeiten offen geblieben. Diese Ausführungen sind aus sich heraus nicht nachvollziehbar. Die Parteien haben zu diesem Punkt streitig vorgetragen. Die Revisionserwiderung hat hierzu [X.] erhoben, die das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben wird.
Der [X.] weist darauf hin, dass bei dem vom Berufungsgericht ange-nommenen Sachverhalt auch eine Zahlungseinstellung vorliegen könnte. [X.] fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszuge-hen ([X.], Urteil vom 24. Januar 2012 -
II ZR 119/10, [X.], 723 Rn.
13 m.w.N.). Lag eine Zahlungseinstellung vor, wird gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 [X.] gesetzlich vermutet, dass Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Keine [X.] liegt vor, wenn der Schuldner die Zahlungen verweigert hat, weil er die Forderungen für unbegründet hält ([X.], Urteil vom 17. Mai 2001 -
IX ZR 188/98, [X.], 1155). Die Behauptung des Geschäftsführers, die Gesell-schaft sei lediglich zahlungsunwillig, genügt aber nicht, um die Vermutung der Zahlungsunfähigkeit entfallen zu lassen. Die [X.] ist vielmehr von dem Geschäftsführer zu beweisen.
Dieser muss dann auch beweisen, dass die [X.] zahlungsfähig war ([X.], Urteil vom 15.
März 2012 -
IX ZR 239/09, [X.], 735 Rn. 18).
24
25
-
12
-
Das [X.] hat diesen Beweis als geführt angesehen. Es hat die Aussage des Zeugen Ge.

, des Vorstands
der Hausbank der Schuldnerin, dahin gewürdigt, dass die Bank trotz erkannter Liquiditätsschwäche der Schuldnerin ab August 2003 -
durchgängig auch in der Folgezeit bis
30. November 2003
-
die Liquidität der Schuldnerin aufrechterhalten wollte, und hat deshalb die Zahlungsunfähigkeit in diesem [X.]raum verneint. Dies ist dann richtig, wenn die Aussage des Zeugen dahin zu verstehen war, dass die [X.] der Schuldnerin im fraglichen [X.]raum eingereichte Überweisungsaufträ-ge des [X.]n auch in dem Umfang
ausgeführt hätte, in dem Forderungen offen geblieben sind und ihr insoweit Kredit gewährt hätte. Das Berufungsge-richt setzt sich über die Beweiswürdigung des [X.]s in verfahrensfehler-hafter Weise hinweg, wenn es ausführt, es liege nahe, dass der Zeuge unter Rechtssinne. Die Revisionserwiderung rügt zu Recht, dass die darin liegende26
-
13
-
abweichende Würdigung der Zeugenaussage nur zulässig gewesen wäre, wenn das Berufungsgericht den Zeugen selbst vernommen hätte ([X.], [X.] vom 21. März 2012 -
XII ZR 18/11, juris Rn.
6 m.w.N.).

Bergmann

[X.]

[X.]

[X.]

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom [X.] -
10 [X.] 32/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 19.08.2010 -
6 U 1432/09 -

Meta

II ZR 171/10

27.03.2012

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2012, Az. II ZR 171/10 (REWIS RS 2012, 7735)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7735

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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II ZR 171/10

II ZR 151/09

II ZR 204/09

II ZR 234/09

II ZR 119/10

IX ZR 239/09

XII ZR 18/11

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