Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.08.2010, Az. III B 94/09

3. Senat | REWIS RS 2010, 4083

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Gegenstand

Kindergeld - Weiterleitung - Keine Berücksichtigung zivilrechtlicher Vereinbarungen zwischen Ehegatten


Leitsatz

1. NV: Die Rückforderung des Kindergeldes vom nachrangig Berechtigten wird nicht dadurch von Gesetzes wegen ausgeschlossen, dass dieser das Kindergeld an den vorrangig Berechtigten weitergeleitet hat .

2. NV: Die Weiterleitung kann von der Familienkasse aus Vereinfachungsgründen als Erfüllung des Rückforderungsanspruchs berücksichtigt werden, soweit der vorrangig Berechtigte erklärt, dass er seinen Anspruch als erfüllt anerkennt .

3. NV: Es ist nicht Aufgabe der Familienkasse, Unterhaltsvereinbarungen bzw. -zahlungen zwischen verschiedenen Kindergeldberechtigten zu berücksichtigen .

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

2

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Dieser Zulassungsgrund ist nur gegeben, wenn die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den [X.] ([X.]) geboten erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.]-Beschluss vom 29. April 2010 [X.]/09, [X.]/NV 2010, 1442, m.w.N.). So verhält es sich hier.

3

Nach § 64 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), der entgegen der Auffassung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) unverändert gilt, wird bei mehreren Berechtigten das Kindergeld nach dem sog. Obhutsprinzip demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Wer Kindergeld beantragt oder erhält, hat einen Haushaltswechsel des Kindes gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 EStG unverzüglich der zuständigen Familienkasse mitzuteilen ([X.]-Beschluss vom 19. Mai 1999 [X.]/98, [X.]/NV 1999, 1331). Vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ist die Kindergeldfestsetzung aufzuheben (§ 70 Abs. 2 EStG) mit der Folge, dass das ohne rechtlichen Grund gezahlte Kindergeld nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung vom Leistungsempfänger zu erstatten ist.

4

Es ist höchstrichterlich geklärt, dass sich der [X.] gegenüber dem Rückforderungsanspruch der Familienkasse nicht darauf berufen kann, er habe das Kindergeld an den vorrangig Berechtigten weitergeleitet. Denn eine Weiterleitung schließt die Rückforderung nicht von Gesetzes wegen aus (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.]-Urteile vom 14. Mai 2002 [X.]/00, [X.]/NV 2002, 1425; vom 9. Dezember 2002 [X.]/01, [X.]/NV 2003, 606; vom 11. März 2003 [X.], [X.]/NV 2004, 14; vom 16. März 2004 [X.], [X.]/NV 2004, 1218). Zwar kann die Weiterleitung von der Familienkasse aus Vereinfachungsgründen als Erfüllung des Rückforderungsanspruchs im verkürzten Zahlungswege berücksichtigt werden, soweit der vorrangig Berechtigte erklärt, dass er seinen Anspruch auf Auszahlung von Kindergeld als erfüllt anerkennt. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Familienkasse, Unterhaltsvereinbarungen bzw. -zahlungen unter verschiedenen [X.] (Ehegatten) zu berücksichtigen, zu überprüfen und zivilrechtlich zu beurteilen. Danach ist es für die Entscheidung über das Bestehen des Erstattungsanspruchs ohne Belang, ob der nachrangig Berechtigte, im Streitfall die Klägerin, einen Betrag in Höhe des Kindergeldes an den vorrangig Berechtigten gezahlt hat. Bei Wechsel der Anspruchsberechtigung ist es vielmehr Sache der [X.], ihre privatrechtlichen Vereinbarungen der Gesetzeslage anzupassen oder bei verspäteter Anpassung mögliche Überzahlungen auf privatrechtlichem Wege auszugleichen ([X.]-Urteil in [X.]/NV 2004, 14).

5

2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO). Im Streitfall fehlt es bereits an der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen hinreichend genauen Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidungen (vgl. [X.]-Beschluss vom 28. Juni 2007 [X.]/06, [X.]/NV 2007, 2122).

6

Außerdem kann eine Divergenz nur gegeben sein, wenn das Finanzgericht bei einem gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von der Rechtsauffassung eines anderen Gerichts abweicht. Der Vortrag der Klägerin, in allen anderen [X.] bestehe die Möglichkeit, dass ein Schuldner die Erfüllung seiner Leistungen beweisen könne durch Vorlage eindeutiger Zahlungsbelege, zivilrechtlicher Entscheidungen und Angaben des Gläubigers in zivilrechtlichen Verfahren, betrifft nicht die hier erhebliche Rechtsfrage, ob sich der Erstattungsgläubiger Zahlungen des [X.]s an den vorrangig Berechtigten entgegenhalten lassen muss.

Meta

III B 94/09

12.08.2010

Bundesfinanzhof 3. Senat

Beschluss

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 13. Mai 2009, Az: 1 K 900/08 (Kg), Urteil

§ 37 Abs 2 AO, § 64 Abs 1 EStG 1997, § 64 Abs 2 S 1 EStG 1997, § 68 Abs 1 S 1 EStG 1997, § 70 Abs 2 EStG 1997, § 64 Abs 1 EStG 2002, § 64 Abs 2 S 1 EStG 2002, § 68 Abs 1 S 1 EStG 2002, § 70 Abs 2 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.08.2010, Az. III B 94/09 (REWIS RS 2010, 4083)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4083

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