Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2017, Az. XII ZB 416/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 12490

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:BGH:2017:120417BXIIZB416.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 416/16
vom
12. April 2017
in der Betreuungssache

-
2
-
Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 12. April 2017 durch [X.]
Klinkhammer, Dr.
Günter, Dr.
Nedden-Boeger und [X.] und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:
Der Betroffenen wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ge-gen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gewährt.
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 2.
Zivilkammer des [X.] vom 17.
August 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Land-gericht zurückverwiesen.
[X.]: 5.000

Gründe:
I.
Die Betroffene wendet sich gegen die Verlängerung ihrer Betreuung und des damit verbundenen [X.] im Bereich der [X.].
Für die Betroffene besteht seit dem [X.] eine Betreuung, zuletzt
mit den [X.]n Sorge für die Gesundheit, Vermögenssorge sowie 1
2
-
3
-
Rechts-, Antrags-
und Behördenangelegenheiten. Seit Oktober 2005 besteht zudem ein Einwilligungsvorbehalt für den Bereich der Vermögenssorge. Nach Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens und Anhörung der Betroffenen hat das Amtsgericht die Betreuung unter Aufrechterhaltung der bisherigen [X.] und des [X.] mit [X.] bis zum 19.
Februar 2023 verlängert. Das [X.] hat nach erneuter Anhörung der Betroffenen deren Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen rich-tet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zu Aufhebung des ange-griffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwer-degericht.
1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Voraussetzungen für die Verlängerung der Betreuung lägen vor. Betreu-ungsbedürftigkeit und Betreuungsbedarf seien im Hinblick auf die aus dem Be-schluss des Amtsgerichts hervorgehenden [X.] gegeben. Daneben lägen auch die Voraussetzungen für die Anordnung eines [X.] vor, nämlich das Vorliegen einer erheblichen Gefahr für das Vermögen der Betroffenen. Insbesondere stehe unter Berücksichtigung der Ausführungen des gerichtlich bestellten
Sachverständigen fest, dass die Betroffene aufgrund der bei ihr vorliegenden Psychose und der damit einhergehenden fehlenden Krank-heitseinsicht nicht in der Lage sei, die eigenen Vermögensangelegenheiten zu erfassen und sich sachgerecht darum zu kümmern. Anderweitige [X.], die die Fortsetzung der Betreuung ganz oder teilweise entbehrlich ma-chen würden, seien nicht vorhanden.
3
4
-
4
-
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Die getroffenen Feststellungen tragen weder die Aufrechterhaltung
der Betreuung in den in der amtsgerichtlichen Entscheidung genannten [X.]n noch die Anordnung des [X.] im Bereich der Ver-mögenssorge.
a) Soweit das Beschwerdegericht die Voraussetzungen für eine Verlän-gerung der bestehenden Betreuung in den angeordneten [X.]n be-jaht hat, reichen die bislang getroffenen Feststellungen nicht aus, um einen ent-sprechenden Betreuungsbedarf für die Betroffene zu begründen.
aa) Nach §
1896 Abs.
2 Satz
1 BGB darf ein Betreuer nur für [X.] bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Dieser Grund-satz verlangt für die Bestellung eines Betreuers die konkrete tatrichterliche Feststellung, dass sie

auch unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit

not-wendig ist, weil der Betroffene auf entsprechende Hilfen angewiesen ist und weniger einschneidende Maßnahmen nicht in Betracht kommen. Die [X.] einer Betreuung darf sich dabei nicht allein aus der subjektiven Unfähig-keit des Betroffenen ergeben, seine Angelegenheiten selbst regeln zu können (Betreuungsbedürftigkeit). Hinzutreten muss ein konkreter Bedarf für die Bestel-lung eines Betreuers. Ob und für welche Aufgabenbereiche ein objektiver Be-treuungsbedarf besteht, ist aufgrund der konkreten, gegenwärtigen Lebenssitu-ation des Betroffenen zu beurteilen (vgl. Senatsbeschluss vom 21.
Januar 2015

XII
ZB
324/14

FamRZ 2015, 649 Rn.
7 mwN).
bb) Gemessen daran kann die angefochtene Entscheidung keinen [X.] haben. Das Beschwerdegericht hat die Betreuungsbedürftigkeit der Be-troffenen und einen fortbestehenden Betreuungsbedarf in den vom Amtsgericht bestimmten [X.]n nicht ausreichend begründet. Seine Ausführun-5
6
7
8
9
-
5
-
gen hierzu beschränken sich zunächst auf die Angabe, Betreuungsbedürftigkeit und Betreuungsbedarf seien im Hinblick auf die aus dem Beschluss des Amts-gerichts hervorgehenden [X.] gegeben. Lediglich zu dem [X.] findet sich unter Bezugnahme auf das eingeholte Sachverständigengutachten die kurze Erläuterung, dass die Betroffene auf-grund der bei ihr vorliegenden Psychose und der damit verbundenen fehlenden Krankheitseinsicht nicht in der Lage sei, die eigenen Vermögensangelegenhei-ten zu erfassen und sich sachgerecht darum zu kümmern. Zu den weiteren [X.]n der Sorge für die Gesundheit und der Vertretung in Rechts-, Antrags-
und Behördenangelegenheiten verhält sich die Beschwerdeentschei-dung nicht.
b) Überdies tragen die getroffenen Feststellungen
auch
die Verlängerung des angeordneten [X.] nicht.
aa) Soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist, ordnet das Betreuungsge-richt nach §
1903 Abs.
1 BGB an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt). Ob dies der Fall ist, hat das Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht festzustellen. Auch bei einem um-fangreichen
Vermögen des Betreuten kann ein Einwilligungsvorbehalt allerdings nur dann angeordnet werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Vermö-gensgefährdung erheblicher Art vorliegen. Der Grundsatz der Erforderlichkeit bedeutet dabei auch, dass der Einwilligungsvorbehalt je nach den Umständen auf einen einzelnen Vermögensgegenstand oder eine bestimmte Art von Ge-schäften beschränkt werden kann (Senatsbeschlüsse vom 7.
Dezember 2016

XII
ZB
458/15

FamRZ 2017, 474 Rn.
25 und vom 28.
September 2016

XII
ZB
275/16

FamRZ 2016, 2088 Rn.
6 mwN).
10
11
-
6
-
bb) Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung ebenfalls nicht gerecht.
Die Ausführungen des [X.] zur Erforderlichkeit des [X.] beschränken sich auf die Feststellung, dass eine erhebliche Gefahr für das Vermögen der Betroffenen vorliege. Konkrete Fest-stellungen, wodurch die Betroffene ohne die Anordnung eines [X.] zukünftig ihre Vermögensinteressen gefährden könnte, finden sich in der Beschwerdeentscheidung nicht.
3. Die angegriffene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. [X.] eigene Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt, weil die Sache mangels hinreichender Tatsachenfeststellung noch nicht entscheidungsreif ist (vgl. §
74 Abs.
6 Satz
1 und 2 FamFG). Die angegriffene Entscheidung ist daher aufzu-heben; die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
12
13
-
7
-
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeu-tung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung beizutragen (§
74 Abs.
7 FamFG).

Klinkhammer

Günter

Nedden-Boeger

[X.]

Krüger
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 18.02.2016 -
3b [X.] -

LG Hannover, Entscheidung vom 17.08.2016 -
2 [X.]/16 -

14

Meta

XII ZB 416/16

12.04.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2017, Az. XII ZB 416/16 (REWIS RS 2017, 12490)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12490

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 416/16 (Bundesgerichtshof)

Betreuungssache: Anforderungen an die Begründung der Betreuerbestellung und der Erforderlichkeit eines Einwilligungsvorbehalts


XII ZB 324/14 (Bundesgerichtshof)

Einrichtung einer rechtlichen Betreuung im Bereich der Vermögenssorge und zur Vertretung in behördlichen und gerichtlichen …


XII ZB 136/16 (Bundesgerichtshof)

Betreuungssache: Zulässigkeit der Anhörung des Betroffenen durch ein beauftragtes Mitglied der Beschwerdekammer; Voraussetzungen der Anordnung …


XII ZB 227/16 (Bundesgerichtshof)

Notwendigkeit der Betreuung: Verwertbarkeit eines bereits ein Jahr zurückliegenden Gutachtens


6 T 5891/14 (LG München II)

Einwilligungsvorbehalt, Verfahrensbevollmächtigter, Einholung eines Sachverständigengutachtens, Verlängerung der Betreuung, Rechtsbeschwerdegrund


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 416/16

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.