Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.03.2010, Az. AnwSt (R) 15/09

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2010, 8353

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Gegenstand

Anwaltsgerichtliches Verfahren: Umfang der Bindungswirkung bei einer wirksamen Berufungsbeschränkung


Tenor

1. Auf die Revision des Rechtsanwalts wird das Urteil des III. Senats des [X.] [X.] vom 4. Juli 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an einen anderen Senat des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Das Anwaltsgericht hat den Rechtsanwalt mit Urteil vom 4. März 2009 der Verletzung anwaltlicher Berufspflichten für schuldig befunden und gegen ihn ein auf das Gebiet des Zivilrechts einschließlich des Familienrechts mit Ausnahme des Arbeitsrechts beschränktes Vertretungsverbot von drei Jahren Dauer verhängt. Hiergegen hat der Rechtsanwalt Berufung eingelegt und diese auf den Maßnahmeausspruch beschränkt. Der [X.] hat das Rechtsmittel als unbegründet verworfen. Hiergegen richtet sich die Revision des Rechtsanwalts, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

II.

2

Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg, weil der [X.] die durch die wirksame Beschränkung der Berufung auf den Maßnahmeausspruch eingetretene Bindungswirkung an die nicht angefochtenen Feststellungen in einem für den Rechtsfolgenausspruch wesentlichen Punkt nicht beachtet hat (vgl. hierzu [X.], [X.], 52. Aufl., § 327 Rdn. 5 u. § 353 Rdn. 20).

3

Das Anwaltsgericht ist bei der Bewertung der durch den Rechtsanwalt begangenen Pflichtverletzung (nicht rechtzeitige Weiterleitung von Fremdgeldern) davon ausgegangen, dass dieser insoweit “zumindest mit bedingtem Vorsatz“ gehandelt hat. Demgegenüber hat der [X.] ein “bewusst vorsätzliches“ Handeln angenommen und somit seiner Entscheidung direkten Vorsatz des Rechtsanwalts zugrunde gelegt. Damit hat der [X.] sich durch die Annahme einer anderen Vorsatzform in einem für den Schuldspruch wesentlichen Punkt in Widerspruch zu den durch die Berufungsbeschränkung bindend gewordenen Feststellungen des Anwaltsgerichts gesetzt (vgl. BGHSt 10, 71; 30, 340, 343; [X.], 259, 260). Hieran ändert auch nichts, dass nach den Feststellungen des Anwaltsgerichts der Rechtsanwalt “zumindest“ bedingt vorsätzlich gehandelt hat. Die Bindungswirkung besteht auch dann, wenn das Erstgericht ein Geschehen nicht vollständig aufgeklärt hat oder nicht aufklären konnte und deshalb allein wegen des Grundsatzes “in dubio pro reo“ (zur Geltung im anwaltsgerichtlichen Verfahren vgl. [X.]/Weyland, [X.], 7. Aufl., § 116 Rdn. 50) von bestimmten - dem Betroffenen günstigen - Tatsachen ausgegangen war (vgl. [X.], 88; 1999, 259, 260).

4

Der aufgezeigte Rechtsfehler führt bereits mit der Sachrüge zur Aufhebung des Urteils. Der [X.] kann auch in Anbetracht des erheblichen Gewichts der Pflichtverletzung des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass der [X.] bei der Annahme (nur) bedingt vorsätzlichen Handelns auf eine mildere Maßnahme erkannt hätte.

[X.]                                       [X.]Roggenbuck

                      Wüllrich                                          [X.]

Meta

AnwSt (R) 15/09

17.03.2010

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend Anwaltsgerichtshof Stuttgart, 4. Juli 2009, Az: AGH 22/09 (III), Urteil

§ 353 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.03.2010, Az. AnwSt (R) 15/09 (REWIS RS 2010, 8353)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8353

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