Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.01.2014, Az. XII ZB 555/12

12. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8281

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Unterhaltssache: Wert des Beschwerdegegenstandes nach Ablehnung eines Antrags auf Bestimmung zum Bezugsberechtigten für Kindergeld


Leitsatz

Aus der Ablehnung eines Antrags auf Bestimmung zum Bezugsberechtigten für das Kindergeld ergibt sich für den Antragsteller in der Regel kein über 600 € hinausgehender Wert des Beschwerdegegenstandes.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 16. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 10. September 2012 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Wert: 300 €

Gründe

I.

1

Die Beteiligten sind die Eltern zweier minderjähriger Kinder. Sie streiten um die Bezugsberechtigung für das Kindergeld, das derzeit an die Mutter (Antragsgegnerin) ausgezahlt wird.

2

Das Amtsgericht hat den Antrag des [X.] (Antragsteller), ihn mit Wirkung ab 1. September 2003 zum Berechtigten für die Auszahlung des Kindergelds zu bestimmen, zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hat die vom Antragsteller eingelegte Beschwerde als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers.

II.

3

Die nach § 70 Abs. 1 FamFG aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht statthafte (vgl. Senatsbeschluss vom 13. November 2013 - [X.] 414/13 - FamRZ 2014, 109) und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

4

1. Nach Auffassung des [X.] übersteigt der Wert des [X.] 600 € nicht (§ 61 Abs. 1 FamFG). Es handele sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit, die den [X.]n zugeordnet sei, jedoch keine Familienstreitsache darstelle. Für diese habe der Gesetzgeber in § 51 Abs. 3 Satz 1 [X.] (a.F.) den niedrigsten ([X.] von 300 € festgelegt. Der vorliegende Fall biete keinen Anlass, aus Gründen der Billigkeit einen höheren Wert anzunehmen. Es gehe lediglich um die Empfangsberechtigung und nicht um Mittel, die der Empfänger sich wirtschaftlich selbst zuordnen dürfte.

5

2. Das hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.

6

a) Die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Bestimmung des Bezugsberechtigten für das Kindergeld nach § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG ist gemäß § 58 FamFG grundsätzlich statthaft ([X.], 1963). Das Verfahren ist nach § 231 Abs. 2 FamFG [X.], die aber keine Familienstreitsache darstellt (§ 112 Nr. 1 FamFG), sondern ein - vermögensrechtliches - Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

7

Nach § 61 Abs. 1 FamFG ist in vermögensrechtlichen Angelegenheiten die Beschwerde indessen nur zulässig, wenn der Wert des [X.] übersteigt. Ist dies nicht der Fall, ist die Beschwerde gemäß § 61 Abs. 2 FamFG nur bei Zulassung durch das Gericht des ersten [X.] statthaft. Der Wert des [X.] ist dabei derjenige Teil der Beschwer, dessen Beseitigung mit der Beschwerde erstrebt wird (Musielak/[X.] FamFG 4. Aufl. § 61 Rn. 2 mwN).

8

Im Fall der Zurückweisung eines Gesuchs um Bestimmung des Bezugsberechtigten für das Kindergeld kommt es demnach auf die mit der Zurückweisung verbundene Beschwer des Antragstellers an, die mit dessen Interesse an einer antragsgemäß erlassenen Entscheidung übereinstimmt.

9

b) Soweit die Beschwer vom Beschwerdegericht nach § 51 Abs. 3 Satz 1 [X.] bemessen worden ist, kann dem jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Denn die Vorschrift legt den Wert lediglich für die Bemessung der Gerichtsgebühren fest. Dem muss die Beschwer durch die angefochtene Entscheidung nicht entsprechen (vgl. [X.] FamRZ 2013, 1413, 1414). Die Beschwer bestimmt sich vielmehr nach dem Interesse des durch die Entscheidung beschwerten Beteiligten und kann auch über dem [X.] liegen.

Das Beschwerdegericht ist indessen im Ergebnis dennoch zutreffend davon ausgegangen, dass ein 600 € übersteigendes Interesse des Antragstellers hier nicht gegeben ist. Mit dem Antrag erstrebt dieser seine Bestimmung zum Bezugsberechtigten nach § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG. § 64 EStG bestimmt, dass das Kindergeld an nur einen Berechtigten ausgezahlt wird. Die Regelung dient der Verwaltungsvereinfachung und enthält keine Festlegung, welchem Elternteil das Kindergeld zusteht. Dies ist vielmehr Aufgabe des zivilrechtlichen Kindergeldausgleichs zwischen den Eltern, der bei minderjährigen Kindern in der Regel durch Anrechnung auf den [X.] bewirkt wird (§ 1612 b Abs. 1 BGB). Bezieht - wie regelmäßig - der Elternteil das Kindergeld, in dessen Obhut sich das Kind befindet ([X.]; § 64 Abs. 1 Satz 1 EStG), so kommt dem anderen Elternteil das hälftige Kindergeld dadurch zugute, dass dieser in entsprechender Höhe vom Kindesunterhalt entlastet wird.

c) Da es - wie das Beschwerdegericht richtig gesehen hat - somit bei der Bestimmung des Bezugsberechtigten vorwiegend um die Modalitäten der Auszahlung und Verrechnung des Kindergelds geht, nicht aber um die Frage, wem dieses zusteht, kann nicht auf den vom Antragsteller erstrebten Auszahlungsbetrag abgestellt werden. Vielmehr bedarf ein die Mindestbeschwer nach § 61 Abs. 1 FamFG erreichendes Interesse des Antragstellers besonderer Darlegung (vgl. [X.]/[X.] FamFG 3. Aufl. § 231 Rn. 61 mwN).

Die vom Antragsteller vorgebrachten Gründe ergeben ein solches nicht. Indem die Rechtsbeschwerde darauf verweist, dass nur durch die Änderung des Bezugsberechtigten eine kontrollierte Verrechnung des Kindergelds mit Unterhaltsansprüchen möglich sei, hat sie noch keine besondere wirtschaftliche Bedeutung der Bestimmung des Bezugsberechtigten aufgezeigt. Soweit damit Streitfragen zur Bemessung des Unterhalts angesprochen sind, sind diese im [X.] zu klären. Für die Prüfung, in wessen Obhut sich das Kind befindet, ist die Familienkasse zuständig. Diese Voraussetzung ist dem-zufolge im Streitfall im finanzgerichtlichen Verfahren zu überprüfen (vgl. [X.], 1963, 1965 mwN). Die familiengerichtliche Bestimmung des Bezugsberechtigten ersetzt daher nur die Bestimmung durch die Eltern, wenn zwar beide Eltern bezugsberechtigt sind, sich aber nicht über die Auszahlung einigen können. Das steht neben der generell geringen Bewertung des Streits durch den Gesetzgeber hinsichtlich des [X.]s auch mit der wirtschaftlichen Bedeutung für den Antragsteller und auch mit der begrenzten Bindungswirkung einer solchen Entscheidung (vgl. [X.] 2008, 1464) im Einklang. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass der Antragsteller eine bis 2003 rückwirkende Bestimmung geltend macht.

Daraus, dass die Kinder, wie die Rechtsbeschwerde anführt, bei Bestimmung des Antragstellers als [X.] länger für Krankheitskosten beihilfeberechtigt wären und im Fall seines Ablebens eine Halbwaisenrente erhalten würden, kann sich von vornherein kein eigenes - unmittelbares - Interesse des Antragstellers ergeben.

[X.]                         Günter

             Botur                               [X.]

Meta

XII ZB 555/12

29.01.2014

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend KG Berlin, 10. September 2012, Az: 16 UF 134/12

§ 61 Abs 1 FamFG, § 231 Abs 2 FamFG, § 64 Abs 2 S 3 EStG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.01.2014, Az. XII ZB 555/12 (REWIS RS 2014, 8281)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8281

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 555/12 (Bundesgerichtshof)


12 UF 105/14 (Oberlandesgericht Köln)


4 WF 104/23 (Oberlandesgericht Hamm)


XII ZB 219/13 (Bundesgerichtshof)

Stufenklage in einer vermögensrechtlichen Familienstreitsache: Zulassung der Beschwerde; vorläufiger Verfahrenswert und Beschwerdesumme; Schweigen des Amtsgerichts …


XII ZB 516/20 (Bundesgerichtshof)

Familienstreitsache: Berücksichtigung von Reisekosten bei der Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands einer Verpflichtung zur Auskunft …


Referenzen
Wird zitiert von

XII ZB 555/12

Zitiert

XII ZB 414/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.