Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19.09.2012, Az. VII B 233/11

7. Senat | REWIS RS 2012, 3074

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Keine Ausfuhrerstattung für gefrorene Hühner mit überhöhtem Wassergehalt


Leitsatz

1. NV: Die Ausfuhr von gefrorenen Hühnern ist zwar ungeachtet ihres Wassergehalts zulässig. Dass mit der Ausfuhr solcher Ware Ausfuhrerstattung zu verdienen ist, kann daraus jedoch nicht gefolgert werden (Hinweis auf das EuGH-Urteil vom 7. September 2006 C-353/04, Slg. 2006, I-7357) .

2. NV: Aus dem Verzicht auf eine marktordnungsrechtliche Kontrolle des Wassergehalts zur Ausfuhr bestimmter Schlachtkörper lässt sich ebenfalls nichts anderes folgern.

Tatbestand

1

I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) hat im Zeitraum Februar 2009 bis Juli 2010 diverse Partien gefrorene Hühner (Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 1290 9190) zur Ausfuhr angemeldet und für diese Waren Ausfuhrerstattung beantragt. Den Waren sind bei der [X.] jeweils mehrere Kartons als Probe entnommen worden. Deren Untersuchung hat ergeben, dass der im sogenannten [X.] ermittelte Wassergehalt über dem Grenzwert von 5,1 % lag, dessen Einhaltung in Art. 15 Abs. 1 Anhang VI Nr. 7 der Verordnung ([X.]) Nr. 543/2008 ([X.] Nr. 543/2008) der [X.] vom 16. Juni 2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung ([X.]) Nr. 1234/2007 des Rates hinsichtlich der [X.] für Geflügelfleisch ([X.] [X.] --[X.]-- Nr. L 157/46) vorgeschrieben ist.

2

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --[X.]--) hat daraufhin die Gewährung von Ausfuhrerstattung abgelehnt und gegen die Antragstellerin Sanktionen in Höhe von insgesamt rund … € verhängt. Wegen dieser Festsetzung beantragt die Antragstellerin Aussetzung der Vollziehung (AdV).

3

Das Finanzgericht ([X.]) hat den Antrag abgelehnt und dazu unter ergänzender Bezugnahme auf seinen ebenfalls die Beteiligten betreffenden Beschluss vom 8. September 2011  4 V 173/10 (Aktenzeichen des [X.]) im Wesentlichen ausgeführt: Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Sanktionsbescheide, da die von der Antragstellerin ausgeführten Erzeugnisse nicht von gesunder und handelsüblicher Qualität gewesen seien, wie es Voraussetzung für die Gewährung von Ausfuhrerstattung sei. Zu den bei der Feststellung der gesunden und handelsüblichen Qualität zu berücksichtigenden Normierungen gehöre nämlich auch Art. 15 Abs. 1 [X.] Nr. 543/2008 über den zulässigen Wassergehalt solcher Waren und die dabei anzuwendenden Testverfahren. Diesen hätten die [X.] nicht entsprochen. Sie dürften innerhalb der [X.] gemäß Art. 16 Abs. 6 Unterabs. 1 [X.] Nr. 543/2008 nur mit einer besonderen Kennzeichnung vermarktet werden. Der Gerichtshof der [X.] ([X.]) habe in seinem Urteil vom 7. September 2006 [X.]/04 --Nowaco-- ([X.]. 2006, [X.], Rz 38) zwar ausgeführt, Vorschriften über die Etikettierung einer Ware seien bei der Beurteilung ihrer handelsüblichen Qualität nicht heranzuziehen. Hier solle jedoch der Verbraucher bei erhöhtem Wassergehalt durch die Etikettierung vor einer Übervorteilung geschützt werden. Dies gehe über die Bedeutung und den Gehalt einer Vorschrift betreffend die bloße Bezeichnung oder Etikettierung von Erzeugnissen deutlich hinaus.

4

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom [X.] zugelassene Beschwerde der Antragstellerin. Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass die [X.] nicht anzuwenden seien. Nach Anhang XIV B I.2.a der Verordnung ([X.]) Nr. 1234/2007 ([X.] Nr. 1234/2007) des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse ([X.] Nr. L 299/1) gölten die [X.] für Geflügelfleisch nicht für zur Ausfuhr aus der [X.] bestimmten Fleisches. Der 54. Erwägungsgrund der Verordnung bestätige dies und auch im 52. Erwägungsgrund sei nur davon die Rede, dass die "wesentlichen Vorschriften" der [X.] in die [X.] Nr. 1234/2007 aufgenommen werden sollten; die [X.] seien also nur insoweit zu berücksichtigen, als dies in der [X.] Nr. 1234/2007 geregelt ist, mithin nicht hinsichtlich des Wassergehalts bei Geflügel, das zur Ausfuhr bestimmt ist. Eine darüber hinausgehende Ermächtigung der [X.] zur Definition der gesunden und handelsüblichen Qualität solchen Fleisches enthalte die Verordnung ebenfalls nicht; daran habe sich die [X.] bei Erlass der [X.] Nr. 543/2008 gehalten. Dem entspreche, dass nach dieser Verordnung zur Ausfuhr bestimmtes Geflügelfleisch ausdrücklich von den sonst vorgesehenen Kontrollen ausgenommen sei.

5

Diese Legalausnahme in der [X.] Nr. 543/2008 bedeute entgegen der Ansicht des [X.] nicht nur, dass die Höhe des [X.] keinen Einfluss auf die Möglichkeit der Ausfuhr habe. Vielmehr beeinflusse sie das Recht des [X.] auf Gewährung von Ausfuhrerstattung ebenfalls nicht. Nach der Rechtsprechung des [X.] sei zwar eine Ware infolge fehlender Vermarktungsfähigkeit unter "normalen Bedingungen" nicht im Sinne der Ausfuhrerstattungsvorschriften von handelsüblicher Qualität, wenn sie von einem innergemeinschaftlichen "Export" --wie [X.] ausgeschlossen oder ihre Vermarktung auf lokale Märkte beschränkt sei --wie bei notgeschlachteten Tieren--. Bei Hühnern mit erhöhtem Wassergehalt sei indes die Vermarktung weder im Sinne dieser Rechtsprechung ausgeschlossen noch wesentlich eingeschränkt. Die betreffenden Waren müssten nach den einschlägigen Vorschriften nur entsprechend gekennzeichnet werden. Dies sei eine rein formelle Pflicht, deren Zweck es sei, den Verbraucher zu informieren. Die Beschwerde weist in diesem Zusammenhang insbesondere auf das Urteil des [X.] in [X.]. 2006, [X.], Rz 38 hin, in dem der Gerichtshof darauf hingewiesen habe, dass Bestimmungen, welche sich nicht auf die Qualität der Erzeugnisse beziehen (z.B. diejenigen über die Bezeichnung und die Etikettierung derselben) für die Anwendung des Art. 13 der [X.] Nr. 3665/87 (heute: Art. 28 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 612/2009 --[X.] Nr. 612/2009-- der [X.] vom 7. Juli 2009 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Vorschriften --[X.] Nr. L 186/1--) nicht herangezogen werden könnten; sie beschränkten also den Anspruch auf Ausfuhrerstattung nicht.

6

Ferner begründet die Beschwerde eingehend ihre Auffassung, dass der Fremdwassergehalt eines tiefgefrorenen Schlachtkörpers schon begrifflich dessen "Qualität" nicht bestimme.

7

Schließlich macht die Beschwerde geltend, der Ausschluss von Schlachtkörpern mit erhöhtem Fremdwassergehalt von der Gewährung von Ausfuhrerstattung stelle eine unzulässige Handelsbeschränkung dar, verletze die Ausfuhrfreiheit, weil sie die Ausfuhr faktisch unmöglich mache, und sei mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht zu vereinbaren. Überdies seien die im Streitfall gewonnenen Untersuchungsergebnisse unter anderem wegen Unzuverlässigkeit des [X.]s und fehlerhafter Bildung der [X.] unverwertbar und die in der [X.] Nr. 543/2008 festgelegten Grenzwerte nach eigener Einschätzung der Europäischen [X.] "unzeitgemäß".

8

Das [X.] beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. [X.] (§ 128 Abs. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) ist unbegründet. Die Vollziehung der Sanktionsfestsetzungen ist nicht auszusetzen, weil ihre Rechtmäßigkeit nicht ernstlich zweifelhaft ist (§ 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3, Abs. 2 Satz 2 [X.]O).

Nach Art. 48 Abs. 1 Buchst. a [X.] Nr. 612/2009 ist eine Sanktion gegen einen Ausführer festzusetzen, wenn er eine höhere als die ihm zustehende Erstattung beantragt hat. Ausfuhrerstattung steht einem Ausführer u.a. dann nicht zu, wenn die von ihm ausgeführten Erzeugnisse nicht von gesunder und handelsüblicher Qualität sind (Art. 28 Abs. 1 Unterabs. 1 [X.] Nr. 612/2009). Handelsübliche Qualität ist nach dem Unterabs. 2 dieses Artikels gegeben, wenn die Waren im Gebiet der [X.] unter normalen Bedingungen und der im Erstattungsantrag aufgeführten Bezeichnung vermarktet werden können. Wie bereits in der angegriffenen Entscheidung des [X.] näher ausgeführt und von der Beschwerde auch nicht in Zweifel gezogen wird, fehlt es daran, wenn eine Vermarktung der Waren in der [X.] zwar an sich nicht verboten, aber wesentlichen Beschränkungen unterworfen ist, die Vermarktung z.B. auf das Gebiet des Mitgliedstaats beschränkt ist, in dem die Ware erzeugt worden ist, oder --wie bei in sogenannten Isolierschlachtbetrieben [X.] nur auf bestimmten Vertriebswegen gestattet ist (vgl. u.a. [X.]-Urteil in [X.]. 2006, [X.]), oder wenn z.B. bei einer Ware das auf ihr angegebene Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist (Senatsurteil 22. Juni 2004 VII R 74/03, [X.], 481, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2004, 417), was ihre Vermarktung zwar nicht ausschließt, aber zumindest fühlbar erschwert und durch welchen Hinweis der Verbraucher zu seinem Schutz darauf aufmerksam gemacht wird, dass er bei der Ware mit Qualitätseinbußen rechnen muss.

Die von der Antragstellerin ausgeführten Waren hatten, ohne dass dies ernstlich zweifelhaft wäre, in diesem weiten, jedoch hier maßgeblichen Sinn keine handelsübliche Qualität, so dass die vom [X.] festgesetzten Sanktionen verwirkt sind.

1. Der Wassergehalt der von der Antragstellerin ausgeführten Waren überschritt nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen den in Art. 15 Abs. 1 Anhang VI Nr. 7 [X.] Nr. 543/2008 festgelegten Grenzwert. Wie das [X.] richtig erkannt und eingehend ausgeführt hat, war deshalb die handelsübliche Qualität der von der Antragstellerin ausgeführten Waren, d.h. deren Vermarktungsfähigkeit innerhalb der [X.] unter "normalen Bedingungen" nicht gegeben. Die betreffende Vermarktungsnorm gilt zwar nach den einschlägigen Vorschriften ausdrücklich nicht für zur Ausfuhr bestimmte Ware und dementsprechend sind für solche Waren Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung des [X.] nicht vorgesehen (unbeschadet dessen, dass solche Kontrollen, worauf das [X.] mit Recht hingewiesen hat, nicht verboten, sondern nach den allgemeinen Vorschriften des Zollrechts im Fall der Ausfuhr zulässig sind). Diese Beschränkung der Geltung vorgenannter Vermarktungsnorm bedeutet indes schon wortwörtlich genommen, aber auch nach ihrem Sinn und Zweck lediglich, dass die Ausfuhr ungeachtet des Wassergehalts zulässig ist. Dass mit der Ausfuhr solcher Ware Ausfuhrerstattung zu verdienen ist, kann daraus nicht gefolgert werden. Dafür genügt der Hinweis auf das Urteil in [X.]. 2006, [X.], in welchem der [X.] an sich ebenfalls nur inneruniotär geltenden Vermarktungsnormen "im Licht des Zweckes" der betreffenden Verordnung im nämlichen Sinne erstattungsrechtliche Bedeutung zugemessen hat, weil es im Widerspruch zum gemeinschaftlichen System der Ausfuhrerstattungen stünde, die Ausfuhr von Erzeugnissen zu fördern, die den [X.] innerhalb der [X.] nicht genügten. Aus dem Verzicht auf eine marktordnungsrechtliche Kontrolle des Wassergehalts zur Ausfuhr bestimmter Schlachtkörper lässt sich nicht deshalb etwas anderes folgern, weil, wie die Beschwerde vorträgt, ohne Gewährung von Ausfuhrerstattung in der [X.] erzeugte Schlachtkörper nicht weltmarktfähig sein mögen; denn bei der Ausfuhrabfertigung der Waren ist die erstattungsrechtlich notwendige Ausfuhranmeldung abzugeben, die den Behörden ohnehin ausreichend Anlass und Gelegenheit gibt, die für die Beurteilung des Erstattungsanspruchs erforderlichen Kontrollen durchzuführen.

Der beschließende Senat vermag auch nicht entsprechend dem Vorbringen der Beschwerde ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Sanktionsfestsetzung daraus herzuleiten, dass die Versagung von Ausfuhrerstattung für Schlachtkörper mit nach Maßgabe der Vermarktungsvorschriften überhöhtem Fremdwassergehalt --weil diese die Ausfuhr wirtschaftlich unmöglich machte-- ein Ausfuhrverbot darstellte oder aufgrund internationaler (insbesondere welthandelsrechtlicher) vertraglicher Verpflichtungen der [X.] von der Antragstellerin mit ihrem Rechtschutzbegehren zu Fall gebracht werden könnte. Das Erste ist abwegig, hinsichtlich des [X.] genügt der Hinweis auf das Urteil des beschließenden Senats vom 23. Februar 2010  VII R 8/08 ([X.], 442, [X.], 163).

Die Auswirkungen der in der [X.] Nr. 543/2008 enthaltenen Beschränkung der Vorschriften über den Wassergehalt von Gefrierschlachtkörpern im Fall zur Ausfuhr bestimmter Ware auf den Erstattungsanspruch (und damit ggf. auf die Verhängung einer Sanktion bei unberechtigter Beantragung solcher Erstattung) sind auch nicht in einer Weise zweifelhaft bzw. nicht anhand der Ausführungen des [X.] in dem Urteil in [X.]. 2006, [X.] ohne Weiteres in nachvollziehbarer Weise zu beantworten, so dass der beschließende Senat in einem künftigen Verfahren zur Hauptsache eine aus Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen [X.] ([X.]) folgende Pflicht zur Vorlage der betreffenden Rechtsfrage an den [X.] in Betracht ziehen müsste. Art. 15 Abs. 1 [X.] Nr. 543/2008 verbietet, gefrorene oder tiefgefrorene Hähnchen in der [X.] ([X.]) auf dem Geschäfts- oder Handelsweg zu vermarkten, wenn ihr Wassergehalt den nach dem Analyseverfahren gemäß Anhang VI ([X.]) oder Anhang VII (Chemischer Test) bestimmten technisch unvermeidbaren Wert überschreitet, stellt für solche Waren also grundsätzlich ein inneruniotäres Vermarktungsverbot auf. Art. 16 Abs. 6 Unterabs. 1 [X.] Nr. 543/2008 gestattet allerdings auch im Fall eines überhöhten Fremdwassergehalts --unbeschadet der allerdings bestehenden Verpflichtung des betreffenden Schlachtbetriebs, unverzüglich die notwendigen technischen Anpassungen des Verfahrens vorzunehmen, um die Grenzwerte künftig einhalten zu [X.] die Vermarktung innerhalb der [X.], wenn sowohl Einzel- als auch Großpackungen mit den betreffenden Schlachtkörpern von dem Schlachthof unter Aufsicht der zuständigen Behörde durch einen Aufkleber oder ein Etikett gekennzeichnet werden. Der beschließende Senat teilt indes die vom [X.] zutreffende begründete Auffassung, dass es sich insofern nicht lediglich i.S. des Urteils in [X.]. 2006, [X.], Rz 18 um Anforderungen handelt, die sich nicht auf die Qualität der Ware beziehen, sondern deren alleiniger Zweck es ist, den Verbraucher und die Wirtschaftsbeteiligten durch eine Etikettierung "zu informieren". Der betreffende, besonders auffällig zu gestaltende Aufkleber soll vielmehr den Verbraucher darauf aufmerksam machen, dass es sich nicht um eine den grundsätzlich geltenden Qualitätsnormen der [X.] entsprechende Ware handelt. Dass deren Missachtung, wie erwähnt, die Ausfuhr aus der [X.] nicht unzulässig macht [X.] auch die für die Überschreitung des Grenzwertes verantwortliche Produktionsweise, wie ebenfalls schon erwähnt, unverzüglich zu ändern [X.], besagt nichts darüber, ob bei solcher Ware Anlass besteht, mittels der Gewährung von Ausfuhrerstattung das Ziel zu verfolgen, den Markt von der betreffenden Ware zu entlasten. Vielmehr wäre es in der Tat widersprüchlich, einerseits zu verlangen, dass die Herstellung solcher Ware unverzüglich unterbleibt und die bereits hergestellten Chargen nur unter behördlicher Aufsicht und in einer ihre Absatzfähigkeit beeinträchtigenden Weise (mit einer Kennzeichnung, die den Verbraucher warnt) vertrieben werden, andererseits aber einen Anreiz zur Herstellung solcher Ware zu schaffen, indem für sie (einschließlich des in ihr enthaltenen technisch unnötigen Wassers) eine Ausfuhrsubvention ausgelobt wird.

Dass der überhöhte Wassergehalt einer Ware nichts mit deren (handelsüblicher) "Qualität" zu tun hätte, wie die Beschwerde geltend macht, ist im Übrigen offensichtlich unzutreffend. Mag der Wassergehalt auch die Beschaffenheit und Qualität des Schlachtkörpers als solchen nicht verändern und beeinträchtigen; Gegenstand des Handels ist jedoch nicht dieser Schlachtkörper "als solcher", sondern das betreffende Gebinde, das außer aus dem Schlachtkörper aus dem diesem anhaftenden Fremdwasser besteht und dessen Qualität deshalb auch durch dieses bestimmt wird.

2. Warum die mithin nach den einschlägigen Vorschriften gebotene Versagung der Ausfuhrerstattung und infolgedessen die Verhängung einer Sanktion den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzen sollen, wie die Beschwerde einwendet, ist für den beschließenden Senat nicht erkennbar. Die Wirksamkeit der Sanktionsregelung ist durch die Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 11. Juli 2002 [X.]/00, [X.]. 2002, [X.]) und des Senats (Urteil vom 21. November 2002 VII R 67/98, [X.] 2003, 358) ebenso geklärt, wie es nicht unverhältnismäßig ist, sondern dem eben erläuterten System der Ausfuhrsubventionen entspricht, Herstellung und Handel mit inneruniotär nicht marktfähiger Ware nicht durch Ausfuhrerstattung zu fördern, sondern diese bei Missachtung der einschlägigen Vermarktungsnormen [X.] zu versagen.

3. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Sanktionsfestsetzungen ergeben sich schließlich auch nicht daraus, dass es möglicherweise an der vom [X.] behaupteten Überschreitung des Grenzwertes von 5,1 % fehlen könnte. Dass das in diesem Zusammenhang angewandte Analyseverfahren --wie es jedem Messverfahren eigen zu sein pflegt-- nicht frei von Unschärfen und Unsicherheiten sein mag, ändert nichts daran, dass die Anwendung dieses Messverfahrens vorgeschrieben ist, der [X.]sgesetzgeber also --in zulässiger [X.] diese Unsicherheiten in Kauf nimmt. Dass die strittige Vermarktungsnorm auch nicht mit dem Einwand erfolgreich angegriffen werden kann, der vom Verordnungsgeber festgelegte Grenzwert sei nicht "zeitgemäß", bedarf keiner Ausführung.

Auch mit dem Vorbringen der Beschwerde, der Wassergehalt der Waren sei "offenbar" fehlerhaft geprüft worden, und zwar "von der Probenziehung über den Transport der Proben bis zur Analyse", sind ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Sanktionsfestsetzungen nicht dargetan; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Der beschließende Senat verfügt [X.] wie die Antragstellerin selbst-- nicht über detaillierte Informationen, wie der Wassergehalt bei den einzelnen Schlachtkörpern bzw. den nach Maßgabe der [X.] Nr. 543/2008 zu bildenden Durchschnittsproben untersucht worden ist. Dass die daran beteiligten [X.] die einschlägigen rechtlichen Vorgaben missachtet oder die Kontrollen sonst nicht sachgerecht durchgeführt hätten, ist folglich ersichtlich nur eine Mutmaßung der Antragstellerin, wenn es dafür auch vereinzelt Anhaltspunkte geben mag. Dem mag vom [X.], dem die tatsächliche Aufklärung obliegt, im Hauptsacheverfahren nachgegangen werden, sofern die Antragstellerin dazu hinsichtlich der den einzelnen Bescheiden zugrundeliegenden Partien [X.] vorbringt. Das kann indes nicht Anlass sein, in diesem Verfahren die Richtigkeit der von der Behörde festgestellten Untersuchungsergebnisse pauschal als (ernstlich) zweifelhaft anzusehen, zumal --worauf das [X.] mit Recht hingewiesen [X.] diese Ergebnisse nicht nur eine Überschreitung, sondern großenteils eine erhebliche Überschreitung des Grenzwertes zeigen.

4. AdV ist schließlich auch nicht deshalb zu gewähren, weil die Vollziehung der Sanktionsbescheide eine unbillige Härte darstellte. Es kann [X.] bleiben, ob die Antragstellerin ausreichend dargelegt hat, dass ihre wirtschaftliche Existenz --unbeschadet dessen, dass sie ihre Liquiditätslage selbst lediglich als "angespannt" einschätzt-- bedroht ist. Denn jedenfalls ist dem [X.] darin zu folgen, dass eine etwaige Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Antragstellerin die Gewährung von AdV nur dann rechtfertigen könnte, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide, mögen diese auch an sich kein die Gewährung von AdV rechtfertigendes Gewicht haben, nicht auszuschließen sind. Das ist hier indes nicht der Fall. Der Senat hält insbesondere die der Entscheidung zugrundezulegende Auslegung des [X.]srechts für durch das Urteil des [X.] in [X.]. 2006, [X.] ausreichend geklärt, so dass er im Verfahren zur Hauptsache zur Einholung einer Vorabentscheidung nicht nach Art. 267 [X.] verpflichtet und der Ausgang des Rechtsstreits folglich schon aus diesem Grunde offen wäre.

Meta

VII B 233/11

19.09.2012

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 29. November 2011, Az: 4 V 217/11, Beschluss

Art 48 Abs 1 Buchst a EGV 612/2009, Art 15 EGV 543/2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19.09.2012, Az. VII B 233/11 (REWIS RS 2012, 3074)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3074

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII B 178/11 (Bundesfinanzhof)

Keine Ausfuhrerstattung bei Verstoß gegen Vermarktungsnorm - Drip-Verfahren als zulässiges Messverfahren zur Überprüfung des Wassergehalts


VII R 45/10 (Bundesfinanzhof)

Vorlage an den EuGH: Verhängung einer Verwaltungssanktion bei in nicht zutreffender Höhe beantragter Ausfuhrerstattung - …


VII R 45/10 (Bundesfinanzhof)

Sanktion für einen aus Rechtsgründen unberechtigten Ausfuhrerstattungsantrag trotz richtiger tatsächlicher Angaben


VII R 24/10 (Bundesfinanzhof)

Keine Ausfuhrerstattung für Rindfleisch, wenn sich die ordnungsgemäße Durchführung des BSE-Schnelltests nicht nachweisen lässt


VII B 187/09 (Bundesfinanzhof)

Marktordnungsrecht: Sanktion für unerkanntes BSE-Fleisch


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.