Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.02.2012, Az. VII ZB 95/09

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9298

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 95/09

vom

9. Februar 2012

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1, §§ 103 ff.
Eine prozessuale Kostenerstattung von zuvor auf materiell-rechtlicher Grundlage er-folglos
eingeklagten Kosten eines [X.]s scheidet aus, wenn der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch mit der Begründung abgewiesen worden ist, mit der der Anspruch im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht wird (hier: Erforderlichkeit eines Privatgutachtens).
[X.], Beschluss vom 9. Februar 2012 -
VII ZB 95/09 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VII. Zivilsenat des [X.] hat
am 9. Februar
2012 durch den Vorsitzenden [X.] Prof.
Dr.
[X.], den [X.] Dr.
Kuffer, die [X.]in
[X.], den [X.] [X.] und den [X.] Prof.
Leupertz
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des [X.] gegen den Beschluss des 17.
Zivilsenats des [X.] vom 26.
August
2009 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des
Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:
I.
Der Kläger begehrt im Kostenfestsetzungsverfahren die Erstattung von [X.]kosten.
In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit hat der Kläger einen Vorschuss wegen Mängeln und [X.]kosten in Höhe von 1.657,09

e-macht. Den [X.] hat er eingeschaltet, um das im selbständigen Be-weisverfahren erstattete Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen über-prüfen zu lassen. [X.] hatte der Kläger schon einen anderen Gutach-ter mit der Mängelfeststellung
beauftragt. Das [X.] hat der Vorschuss-klage stattgegeben, die auf Ersatz der [X.]kosten gerichtete Klage jedoch mit der Begründung abgewiesen, für die Einholung eines weiteren, drit-1
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3
-
ten Gutachtens habe keine hinreichende Veranlassung bestanden. Nachdem dieses Urteil rechtskräftig geworden war, hat der Kläger die [X.]kos-ten im Kostenfestsetzungsverfahren angemeldet. Die Rechtspflegerin des [X.]s hat eine Erstattung abgelehnt.
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des [X.] hatte keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Rechtsbe-schwerde verfolgt er sein Begehren weiter.

II.
Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, Abs.
3 Satz
2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen
Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht lehnt eine Erstattung der [X.]kos-ten im Kostenfestsetzungsverfahren ab. Zwar sei eine prozessuale Kostener-stattung nicht erschöpfend und lasse deshalb grundsätzlich Raum für ergän-zende sachlich-rechtliche Ansprüche auf Kostenerstattung, die neben die pro-zessuale Kostenerstattung treten und dieser sogar entgegengerichtet sein
könnten. Allerdings könne der einer prozessualen
Kostenentscheidung [X.] liegende Sachverhalt nach der Rechtsprechung des [X.]
nur dann erneut zur Nachprüfung gestellt
und in seinen kostenrechtlichen [X.] materiell-rechtlich anders beurteilen
werden, wenn zusätzliche [X.] seien, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht [X.] werden konnten. Bereits aus dem Gedanken der Rechtskraft folge, dass eine getroffene prozessuale Kostenentscheidung in einem selbständigen Verfahren weitere sachlich-rechtliche Ansprüche ausschließe. Bei Anwendung dieser Grundsätze sei der Kläger
in dem hier zu beurteilenden umgekehrten Fall gehindert, den ihm im Erkenntnisverfahren versagten Anspruch auf Erstat-3
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tung von [X.]kosten nun im Wege der Kostenfestsetzung zu [X.].
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung
stand.
Der Kläger kann die
[X.]kosten nicht mehr im [X.] geltend machen, weil der eingeklagte materiell-rechtliche Kos-tenerstattungsanspruch mit der
Begründung
abgewiesen worden ist, mit der er nunmehr im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht
wird.
a) In der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum wird ver-breitet die Auffassung vertreten, die rechtskräftige Abweisung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs stehe einer prozessualen Kostener-stattung nicht entgegen (vgl. [X.], [X.], 471
f.;
[X.] 1992, 475
f.;
LAG Berlin, [X.] 2002, 238
f.; [X.], NJW-RR 1997, 1294; [X.] 1976, 846;
OLG [X.], [X.] 1971, 88
f.; Musielak/Wolst, ZPO, 8.
Aufl., vor §
91 Rn.
17 a.E.; [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
103 Rn.
1;
Wieczorek/Schütze/[X.], ZPO, 3. Aufl., vor §
91 Rn.
11; [X.]/[X.], ZPO, 29.
Aufl., vor §
91 Rn.
13;
Thomas/[X.]/[X.], ZPO, 32.
Aufl., [X.]. §
91 Rn.
16;
Becker-Eberhard, [X.] 1995, 814, 816; Mümmler, [X.] 1983, 284; a.A. wohl [X.], [X.] 1977, 936 f., und [X.], [X.] 1983, 283
f.).
Begründet wird diese Ansicht insbesondere damit, dass die Voraussetzungen
von materiell-rechtlichen und prozessualen Kostenerstat-tungsansprüchen nicht identisch seien (vgl. dazu auch [X.],
Urteil vom 24.
April
1990

[X.], [X.]Z 111, 168,
170
f.), weswegen der Abwei-sung des materiell-rechtlichen Anspruchs keine präjudizielle Wirkung für die prozessuale Kostenerstattung zukomme.
b) Der [X.] vertritt in ständiger Rechtsprechung für den umgekehrten Fall des Verhältnisses der prozessualen zur materiell-rechtlichen 5
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Kostenerstattung die Ansicht, dass eine prozessuale Kostenentscheidung grundsätzlich nicht erschöpfend ist, sondern Raum für die Durchsetzung mate-riell-rechtlicher Ansprüche auf Kostenerstattung -
etwa aus Vertrag, Verzug oder
unerlaubter Handlung
-
lasse
(vgl. [X.], Urteile vom 18.
Mai
1966

Ib
ZR
73/64, [X.]Z 45, 251, 257; vom 19.
Oktober
1994

I
ZR
187/92, NJW-RR 1995, 495; vom 22.
November
2001

VII
ZR
405/00,
[X.], 519 = [X.] 2002, 250; vom 16.
Februar
2011

VIII
ZR
80/10, NJW 2011, 2368, 2369). Ein materiell-rechtlicher Anspruch kann danach je nach Sachlage neben die prozessuale Kostenregelung treten, er kann ihr sogar entgegengerichtet sein, sofern zusätzliche Umstände hinzukommen, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt werden konnten.
Bleibt hingegen der Sachverhalt, der zu einer abschließenden prozessualen Kostenentscheidung geführt hat, unverändert, geht es nicht an, nunmehr
den gleichen Sachverhalt erneut zur Nachprüfung zu stellen und in seinen kostenrechtlichen Auswirkun-gen materiell-rechtlich entgegengesetzt zu beurteilen. Dies dient dazu, Unter-schiede zwischen auf gleichem Sachverhalt beruhenden Entscheidungen
über den materiell-rechtlichen Anspruch einerseits und den prozessualen Kostener-stattungsanspruch andererseits zu vermeiden (vgl. [X.], Urteil vom 19.
Oktober
1994

I
ZR
187/92, aaO;
Urteil vom 22.
November
2001

VII
ZR
405/00, [X.], 519 = [X.] 2002, 250).
Der mit der Entscheidung über den Kostenerstattungsanspruch eingetretene [X.] kann nicht nachträglich wieder mit der Begründung beseitigt werden, die Kostenentschei-dung sei nach sachlichem Recht eigentlich ungerechtfertigt, sofern nicht die gesetzliche Regelung ihrerseits Korrekturmöglichkeiten vorsieht ([X.], Urteil
vom 18.
Mai
1966 -
Ib
ZR
73/64, aaO).
c) Von diesen Grundsätzen ist auch für den Fall
auszugehen, dass im [X.] an die Abweisung einer auf materiell-rechtliche [X.]
-
6
-
gen gestützten Kostenerstattungsklage eine prozessuale
Kostenerstattung gel-tend gemacht wird.

Der [X.] muss nicht entscheiden, ob -
wofür viel spricht
-
ein [X.] Kostenerstattungsanspruch dann begründet sein kann, wenn er auf Gründe gestützt wird, die für die Abweisung des materiell-rechtlichen Anspruchs nicht tragend waren
(vgl. dazu [X.]/Giebel, 3.
Aufl., [X.]erkungen zu den §§
91
ff. Rn.
22
f.; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 70.
Aufl., Übers
§
91 Rn.
51; [X.], [X.] 1981, 353, 357
f.;
Loritz, Die Konkurrenz materiell-rechtlicher und prozessualer Kostenerstattung, S.
79).

Waren die vorgebrachten Gründe nicht ausreichend, den materiell-rechtlichen Anspruch zu stützen und sind die Anspruchsvoraussetzungen im Kostenfestsetzungsverfahren keine für den Anspruchsteller günstigeren, so ist eine erneute Entscheidung über den Kostenerstattungsanspruch nicht möglich. Dem steht die insoweit bindende Entscheidung des Gerichts über den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch entgegen, ohne dass es darauf [X.], ob dies bereits aus der Rechtskraft dieser Entscheidung herzuleiten wäre.
d) Das [X.] hat die auf Erstattung der [X.]kosten ge-richtete Klage mit der Begründung abgewiesen, für den Kläger habe keine
hin-reichende Veranlassung für das Einholen eines weiteren, dritten Gutachtens bestanden. Wenn der Kläger neben dem laufenden selbständigen Beweisver-fahren und nach Einholung eines ersten Privatgutachtens der Auffassung sei, ein drittes Gutachten zu benötigen, beruhe dies allein auf seiner freien Willens-entschließung und sei nicht mehr adäquat kausal auf die Mängel des Werkes zurückzuführen. Bei verständiger Auslegung dieser Begründung hat das Land-gericht den ausschlaggebenden Grund für die Abweisung der [X.]-kosten darin gesehen, dass diese nicht erforderlich bzw. notwendig waren.
Be-10
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-
ruht eine Klageabweisung auf der mangelnden Erforderlichkeit von [X.], besteht kein Anlass, die Frage ihrer Notwendigkeit erneut unter dem Maßstab prozessualer Kostenerstattung zu prüfen (ebenso MünchKomm-ZPO/Giebel, 3.
Aufl., [X.]erkungen zu den §§
91
ff. Rn.
23). Die Frage der Notwendigkeit der Kosten ist daher im Verhältnis der Parteien als endgültig ent-schieden anzusehen.
Ob die Gutachterkosten zu Recht abgewiesen worden sind, entzieht sich damit einer Überprüfung durch den [X.].

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
[X.]
Kuffer
[X.]

[X.]

Leupertz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.04.2009 -
8 O 602/07 -

OLG [X.], Entscheidung vom 26.08.2009 -
17 W 198/09 -

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Meta

VII ZB 95/09

09.02.2012

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.02.2012, Az. VII ZB 95/09 (REWIS RS 2012, 9298)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9298

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZB 95/09

17 W 198/09

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