Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2017, Az. IV ZR 445/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 5426

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:130917UIVZR445.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 445/14

Verkündet am:

13. September 2017

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 8 Abs. 3 Satz 2, § 9 Abs. 1 Satz 1
Ein ausdrücklicher Wunsch des Versicherungsnehmers nach vollständiger Vertragser-füllung im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 [X.] setzt ebenso wie dessen Zustimmung zum Beginn des Versicherungsschutzes vor Ende der Widerrufsfrist gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] voraus, dass der Versicherungsnehmer entweder über sein Widerrufsrecht [X.] wurde oder der Versicherer aufgrund anderer Umstände davon ausgehen konnte, dem Versicherungsnehmer sei sein Widerrufsrecht bekannt gewesen.

[X.], Urteil vom 13. September 2017 -
IV ZR 445/14 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.],
[X.], die Richterinnen
Dr. [X.] und Dr.
Bußmann auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2017

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 8.
Zi-vilsenats des [X.] vom 23.
Okto-ber 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf bis

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückzahlung von [X.].

Er beantragte am 8.
August 2008 bei der Beklagten den Abschluss eines Rentenversicherungsvertrages
mit eingeschlossener Berufsunfä-higkeits-Zusatzversicherung. Die Beklagte nahm den Antrag an und 1
2
-
3
-

übersandte dem Kläger den Versicherungsschein. Der Kläger hat be-hauptet, keine Widerrufsbelehrung erhalten zu haben.

Nachdem der Kläger Versicherungsbeiträge in Höhe von [X.] 8.008,75

Vertrag zum 30.
Juni 2011. Die Beklagte zahlte daraufhin einen Rückkaufswert von 3.432

aus. Mit Schreiben vom 15.
April 2013 erklärte der Kläger den Widerruf seiner Vertragserklärung.

Mit der Klage verlangt er, soweit
für das Revisionsverfahren von Interesse, die Rückzahlung der geleisteten Beiträge
nebst Zinsen
abzüg-lich des bereits gezahlten [X.].

Das [X.] hat die Klage insoweit abgewiesen, das Oberlan-desgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

[X.] Das Berufungsgericht hat einen aus dem Widerruf resultierenden [X.] gemäß §
9 [X.] in Verbindung mit §§
346, 357 Abs.
1 Satz
1, 355 [X.] verneint. Das Widerrufsrecht des [X.] sei zwar nicht durch Fristablauf erloschen, da die Beklagte nicht bewiesen habe, dass der Kläger eine Widerrufsbelehrung erhalten habe. 3
4
5
6
7
-
4
-

Es sei aber
gemäß §
8 Abs.
3 Satz
2 [X.] erloschen. Mit der vom Kläger jedenfalls zunächst akzeptierten Auszahlung des Rückkaufswertes nach Kündigung des Vertrages seien die beiderseitigen Leistungspflichten vollständig erfüllt worden. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beklagte nach dem Vortrag des [X.] ihren Informationspflichten nach §§
1 und 2 [X.]-InfoV
nicht nachgekommen sein soll, da es sich bei diesen ledig-lich um Nebenpflichten
handele. Gegen das
Erlöschen des Widerrufs-rechts könne der Kläger nicht einwenden, über den Verlust des Wider-rufsrechts bei beiderseitiger vollständiger Leistungserbringung nicht in-formiert worden zu sein.

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung
nicht in allen Punkten stand. Ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Versicherungsbeiträge kann dem Kläger mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht versagt werden.

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegan-gen, dass die [X.]en zunächst einen wirksamen Versicherungsvertrag abgeschlossen haben. Wie der Senat in anderer Sache mit Urteil vom 28.
Juni 2017 ([X.], [X.], 997) entschieden
und näher begründet hat, setzt das wirksame Zustandekommen des [X.] nicht voraus, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer die in §
7 Abs.
1
[X.] genannten Vertragsbestimmungen und Informatio-nen vor Abgabe von dessen Vertragserklärung mitgeteilt hat
(aaO Rn.
16
ff.).

2.
Die Begründung
des Berufungsurteils trägt jedoch nicht die An-nahme, dass
der Kläger sein Widerrufsrecht gemäß §
8 Abs.
1 Satz
1 8
9
10
-
5
-

[X.] durch das Schreiben vom 15.
April 2013 nicht wirksam ausgeübt
habe.

a) Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht allerdings zu dem Er-gebnis gelangt, dass das Widerrufsrecht zu diesem Zeitpunkt nicht durch Ablauf der gemäß §
152 Abs.
1 [X.] dreißigtägigen Widerrufsfrist erlo-schen
war. Im Gegensatz zur Ansicht der Revisionserwiderung ist die Feststellung des Berufungsgerichts zugrunde zu legen, dass der Kläger keine Widerrufsbelehrung erhalten hat. Anders als die Revisionserwide-rung meint, konnte allein deswegen, weil sich der Kläger auf das [X.] der Beklagten, ihm die mit der Klageerwiderung vorgelegte Widerrufsbelehrung übersandt zu haben, erstinstanzlich nicht mehr [X.] hat, die entsprechende Behauptung der Beklagten nicht gemäß §
138 Abs.
3 ZPO als zugestanden angesehen werden. Nach dieser Vor-schrift sind Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, als zu-gestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der [X.] hervorgeht. Dabei kann
bereits
in einem vorangegangenen widersprechenden Vortrag ein konkludentes Bestreiten nachfolgender Behauptungen liegen ([X.], Urteil vom 15. Mai 2001

VI
ZR 55/00, NJW-RR 2001, 1294 unter [X.]). So ist es hier. Der Kläger hatte sein Begehren bereits in der Klageschrift auf die Behaup-tung gestützt, keine Widerrufsbelehrung erhalten zu haben. Weder aus der fehlenden Wiederholung dieser Behauptung
im erstinstanzlichen Ver-fahren
noch aus seiner
Alternativbegründung des Klagebegehrens kann darauf geschlossen werden, dass der Kläger dem Vortrag der Beklagten zur Übersendung der Widerrufsbelehrung nicht entgegentreten wollte.
Wie die Revisionserwiderung nicht verkennt, hat der Kläger im Übrigen sein Bestreiten im Verfahren vor dem Berufungsgericht ausdrücklich auf-rechterhalten.
11
-
6
-

b) Wie der Senat zum Widerrufsrecht gemäß §
8 Abs.
4 [X.] in der vom 1.
Januar 1991 bis zum 28.
Juli 1994 gültigen Fassung entschieden hat, schließt
bei einem nicht ausreichend über sein Widerrufsrecht [X.]en Versicherungsnehmer
die zuerst erklärte Kündigung des [X.] den späteren Widerruf nicht aus (Senatsurteil vom 16.
Oktober 2013

[X.], [X.], 1513 Rn.
24). Dasselbe gilt für das Widerrufsrecht nach
§
8 Abs.
1 Satz
1 [X.].

c) Das
Berufungsgericht hätte jedoch mit der gegebenen [X.] nicht annehmen dürfen, dass das
Widerrufsrecht des [X.] ge-mäß §
8 Abs.
3 Satz
2 [X.] erloschen
sei.

Nach dieser Vorschrift erlischt das Widerrufsrecht, wenn der [X.] von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des [X.] vollständig erfüllt ist, bevor der Versicherungsnehmer sein Wi-derrufsrecht ausgeübt hat. Wie bereits §
48c Abs.
3 [X.] in der vom 8.
Dezember 2004 bis zum 31.
Dezember 2007 gültigen Fassung
(im Folgenden: a.F.)
dient
§
8 Abs.
3 Satz
2 [X.]
der Umsetzung von Art.
6 Abs.
2 Buchst.
c) der
Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parla-ments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der [X.] und 98/27/EG

([X.] vom 9. Oktober 2002
-
Fernabsatzrichtlinie II)
in das [X.] Recht (BT-Drucks. 16/3945 S.
62).
Anders als dies etwa bei §
7 Abs.
2 Satz
3 VerbrKrG
a.F.
und bei §
2 Abs.
1 Satz
4 HWiG a.F.
der Fall war
(zu diesen Bestimmungen:
Senatsurteil vom 16.
Oktober 2013 aaO Rn.
28), setzt §
8 Abs.
3 Satz
2 [X.] für das Erlöschen des Wider-12
13
14
-
7
-

rufsrechts neben der vollständigen Vertragserfüllung einen hierauf ge-richteten "ausdrücklichen Wunsch"
des Versicherungsnehmers voraus.

Im Streitfall kann offen bleiben, welche Anforderungen im Einzel-nen für eine vollständige Vertragserfüllung im Sinne des §
8 Abs.
3 Satz
2 [X.] gegeben sein müssen und ob hierfür insbesondere [X.] ist, dass der Versicherer seine Informationspflicht gemäß §
7
Abs.
1 Satz
1 [X.] erfüllt hat (hierzu: [X.], 1417, 1418; [X.] in [X.], [X.] 9.
Aufl. §
8 Rn.
57; [X.]/
[X.], [X.] 5.
Aufl. §
8 Rn.
17; [X.]/[X.] in Looschelders/
Pohlmann, [X.] 3.
Aufl. §
8 Rn.
24; MünchKomm-[X.]/[X.], 2.
Aufl. §
8 Rn.
44; [X.] in PK-[X.],
3.
Aufl. §
8 Rn.
60; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 29.
Aufl. §
8 Rn.
58; [X.],
[X.], 1364, 1367). Da
nach dem revisionsrechtlich maßgeblichen Sachverhalt
weder der Kläger über sein Widerrufsrecht belehrt worden war noch die [X.] aufgrund anderer
Umstände davon ausgehen konnte, ihm sei sein Wi-derrufsrecht bekannt gewesen, als er die Kündigung des Vertrages zum 30.
Juni 2011 erklärte, kann
in der Kündigungserklärung jedenfalls nicht, wie das Berufungsgericht meint,
die Äußerung eines auf eine vollständi-ge Vertragserfüllung gerichteten Wunsches gesehen werden.

In Übereinstimmung mit der einhelligen Auffassung
in Literatur und Rechtsprechung
ist das Berufungsgericht noch zutreffend davon [X.], dass §
8 Abs.
3 Satz
2 [X.] Ausdruck des allgemeinen Verbots widersprüchlichen Verhaltens ist
(LG Offenburg aaO
1418; [X.] aaO
§
8 Rn.
57; [X.] aaO
§
8 Rn.
17; [X.]/[X.] aaO §
8 Rn.
25; [X.] aaO
§
8 Rn.
60; [X.] aaO §
8 Rn.
56; [X.] aaO 1366). §
8 Abs.
3 Satz
2 [X.] beruht
nicht allein auf dem
Gedanken der Rechtssicherheit sowie
der Überlegung, dass für einen Widerruf bei voll-15
16
-
8
-

ständiger Vertragserfüllung kein Anlass mehr besteht, weil das Schuld-verhältnis durch einen "lückenlosen" Leistungsaustausch zwischen den [X.]en abgewickelt worden ist, wie dies bei den genannten Bestim-mungen des Verbraucherkreditgesetzes
und des Haustürwiderrufsgeset-zes der Fall war
(vgl. Senatsurteil vom 16.
Oktober 2013 aaO
Rn.
28
m.w.[X.]). Denn diese Gesichtspunkte bieten keine Erklärung dafür, [X.] das Erlöschen des Widerrufsrechts gemäß §
8 Abs.
3 Satz
2 [X.] einen auf eine vollständige Vertragserfüllung gerichteten "ausdrücklichen Wunsch" des Versicherungsnehmers voraussetzt. Diese zusätzliche Tat-bestandsvoraussetzung erklärt sich vielmehr erst bei einem Verständnis der
Bestimmung als Ausdruck des Verbots des [X.].

Daher
setzt §
8 Abs.
3 Satz
2 [X.] für die Annahme eines auf die vollständige Vertragserfüllung gerichteten "ausdrücklichen Wunsches"
des Versicherungsnehmers voraus, dass dieser vor Abgabe der betref-fenden Erklärung entweder über sein Widerrufsrecht belehrt wurde oder der Versicherer
aufgrund anderer Umstände davon ausgehen konnte, dem
Versicherungsnehmer
sei sein Widerrufsrecht bekannt gewesen
(vgl. LG Offenburg
aaO
1418; [X.] aaO
§
8 Rn.
17;
[X.] aaO §
8 Rn.
60;
[X.]/[X.] aaO §
8 Rn.
25;
[X.] aaO
§
8 Rn.
60;
[X.], [X.], 1364,
1367 f.; a.A. OLG [X.] ZIP 2011, 2051, 2054
(zu §
312d Abs.
3 Nr.
1 [X.] in der vom 8.
Dezember 2004 bis zum 3.
August 2009 gültigen Fassung); [X.]/[X.],
Stand 15.
Juli
2017
§
356 Rn.
54
(zu §
356 Abs.
4 Satz
3 [X.]); [X.]/
Thüsing
(2012), [X.]
§
312d Rn.
39 (zu §
312d Abs.
3 [X.] in der vom 4.
August 2009 bis zum 12.
Juni 2014 gültigen Fassung)).
Soweit diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, begründet ein
Versicherungsnehmer
entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts
nicht allein dadurch einen 17
-
9
-

rechtlich relevanten Vertrauenstatbestand für die spätere Nichtausübung des Widerrufsrechts, dass er den Vertrag kündigt.

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht

wie das Berufungsgericht anzunehmen scheint

aus der Rechtsprechung des [X.] zu §
312d Abs.
3 [X.] in der vom 1.
August 2002 bis zum 7.
Dezember 2004 gültigen Fassung
(im Folgenden: a.F.), nach der das Erlöschen
des Widerrufsrechts
gemäß dieser Vorschrift keine Belehrung des Verbrau-chers über das
Widerrufsrecht erfordert ([X.], Urteil vom 16.
März 2006

[X.], [X.]Z 166, 369 Rn.
34). §
312d Abs.
3 [X.] a.F.
setzt für das Erlöschen des Widerrufsrechts
nur voraus, dass der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat oder der Verbraucher diese selbst veranlasst hat, und hat damit andere Tatbe-standsvoraussetzungen als §
8 Abs.
3 Satz
2 [X.]. Davon abgesehen trifft die Begründung für die genannte Rechtsprechung, dass der [X.] in Bezug auf die Belehrung über das Widerrufsrecht nicht schutzwürdig ist, wenn die angebotene Dienstleistung in seinem [X.] typischerweise sofort erbracht
wird, und die bloße Unterrichtung über das Widerrufsrecht in diesen Fällen sinnlos wäre, da es mit dem Beginn der Leistungserbringung sogleich erlischt
([X.], Urteil vom 16.
März 2006 aaO
Rn.
34), auf §
8 Abs.
3 Satz
2 [X.], der eine vollständige [X.]serfüllung verlangt, nicht zu.
Der Gesetzgeber geht stattdessen da-von aus, dass die Voraussetzungen des §
8 Abs.
3 Satz
2 [X.] bereits deswegen nur in Ausnahmefällen
erfüllt sein dürften, weil es im Bereich des Versicherungsrechts Verträge mit Verbrauchern, die vor Ende der Widerrufsfrist erfüllt sind, kaum geben werde (BT-Drucks. 15/2946 S.
30 (zu §
48c
Abs. 3
[X.] a.F.)).

18
-
10
-

3.
Infolge der
nach dem revisionsrechtlich maßgeblichen Sachver-halt
wirksamen Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger wären
gemäß §
357 Abs.
1 Satz
1 [X.] in der vom 1.
Januar 2002 bis zum 10.
Juni 2010 gültigen Fassung (im Folgenden: §
357 Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F.) in Verbindung mit §
346 Abs.
1 [X.] die empfangenen Leistungen dem Grunde nach zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben; die Geltung des §
357 Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. für den zwischen den [X.]en abgeschlossenen Vertrag ergibt sich aus Art.
229 §
22 Abs.
2 EG[X.].

a) Nach einhelliger
und zutreffender Ansicht richten sich die Rechtsfolgen der wirksamen Ausübung des gemäß §
8 Abs.
1 Satz
1 [X.] begründeten Widerrufsrechts nach den einschlägigen
Vorschriften des [X.], wenn
die Voraussetzungen der diese Vorschriften
modifizie-renden
Bestimmung des
§
9 Abs.
1
[X.] (im Streitfall: in Verbindung mit §
152 Abs.
2 [X.])
nicht erfüllt sind
([X.] aaO §
9 Rn.
7; [X.] aaO §
9 Rn.
7; [X.]/[X.] aaO §
9 Rn.
16; [X.] aaO §
9 Rn.
3; MünchKomm-[X.]/[X.], 2.
Aufl. §
152 Rn.
10; [X.] aaO §
9 Rn.
10; [X.] aaO §
9 Rn.
2
f.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], HK-[X.] 3.
Aufl. §
9 Rn.
3; [X.] aaO
§
152 Rn.
15; [X.]/[X.], Das Neue [X.] kompakt, 4.
Aufl. Rn.
134 u. Rn.
137; [X.]/[X.], [X.], 425, 429, 432
f.). Denn §
9 Abs.
1
[X.] ist eine Spezialregelung gegenüber den im [X.] enthaltenen allgemeinen [X.] über die Widerrufsfolgen, die letztere nur verdrängt, wenn sie tatbestandsmäßig anwendbar ist. Dies entspricht auch der Vorstellung des Gesetzgebers (BT-Drucks. 16/3945 S.
62).

b) Im Streitfall wären nach dem revisionsrechtlich zu unterstellen-den Sachverhalt
die Voraussetzungen des §
9 Abs.
1 [X.] in Verbindung 19
20
21
-
11
-

mit §
152 Abs.
2 [X.] nicht erfüllt.
Es fehlte danach
an der Zustimmung des [X.], dass der Versicherungsschutz vor Ende der Widerrufsfrist beginnt.

aa) §
9 Abs.
1
[X.] setzt nicht nur in dem von seinem Satz
1 er-fassten Fall, dass der Versicherungsnehmer in der Belehrung nach §
8 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 [X.] auf sein Widerrufsrecht, die Rechtsfolgen des Widerrufs und den zu zahlenden Betrag hingewiesen worden ist, sondern
auch im Fall seines Satzes
2,
in dem der genannte
Hinweis

wie hier

unterblieben ist, voraus, dass der Versicherungsnehmer dem Beginn des Versicherungsschutzes vor Ende der Widerrufsfrist zugestimmt hat ([X.] aaO §
9 Rn.
10; [X.]/[X.] aaO §
9
Rn.
28; [X.] aaO §
9 Rn.
17 u. Rn.
22; [X.] aaO §
9 Rn.
13; [X.] aaO §
9 Rn.
4; [X.] aaO §
152 Rn.
16; [X.]/[X.] aaO Rn.
134 u. Rn.
137; [X.]/[X.] aaO 433
f.; a.A. [X.] aaO §
9 Rn.
25
f.). Das ergibt sich aus der Systematik der Vorschrift. Die in Satz
2 geregelte Konstellation knüpft an den Fall
des Satzes
1 an und unterscheidet sich von diesem allein durch das Fehlen des in Satz
1 genannten
"Hinwei-ses",
also des
Hinweises
auf das Widerrufsrecht, die Rechtsfolgen des Widerrufs und den zu zahlenden Betrag.

bb) Der Kläger hat
nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt
dem Beginn des Versicherungsschutzes vor Ende der [X.] nicht wirksam zugestimmt. Dabei kann offen bleiben, ob §
9 Abs.
1 [X.] voraussetzt, dass die Zustimmung ausdrücklich erteilt wird (hierfür: [X.] aaO §
9 Rn.
15; [X.] aaO §
9 Rn.
17) oder ob auch eine konkludent erteilte Zustimmung genügt (hierfür: [X.] aaO §
9 Rn.
10; [X.]/[X.] aaO §
9 Rn.
13; [X.] aaO §
9 Rn.
18; [X.] aaO §
9 Rn.
16; [X.] aaO §
9 Rn.
11; [X.]/[X.] 22
23
-
12
-

aaO Rn.
139; [X.]/[X.] aaO 432).
Denn allein darin, dass der Klä-ger ein Angebot auf Abschluss des Versicherungsvertrages unterzeich-nete, in dem das Datum des Versicherungsbeginns bezeichnet war, und er später die Versicherungsbeiträge leistete, kann auch keine [X.] Zustimmung zu dem Beginn
des Versicherungsschutzes gerade vor Ende der Widerrufsfrist gesehen werden. Voraussetzung für die Annah-me einer solchen konkludenten Zustimmungserklärung wäre zumindest, dass der Versicherungsnehmer über das
Widerrufsrecht belehrt wurde oder
der Versicherer aufgrund anderer Umstände davon ausgehen konn-te, diesem sei sein Widerrufsrecht bekannt gewesen
(vgl.
BeckOK-[X.]/Brand, Stand 30. Juni 2016 § 9 Rn. 14).
Andernfalls bringt der
Versiche-rungsnehmer aus Sicht des Erklärungsempfängers nicht schlüssig zum Ausdruck, dass er mit dem Versicherungsbeginn vor Ablauf der [X.] einverstanden ist.

Die an eine
Zustimmung
des Versicherungsnehmers
nach §
9 Abs.
1 Satz 1
[X.]
zu stellenden Anforderungen sind insoweit
nicht ver-gleichbar mit
der Zustimmung eines Verbrauchers
im Sinne
des
bereits genannten
§ 312d Abs. 3
[X.] a.F.; für die Anwendung
jener Vorschrift sollte es nach der Rechtsprechung des [X.] nicht erfor-derlich sein, dass der Unternehmer auf das Widerrufsrecht hingewiesen hatte (vgl. [X.], Urteil vom 16.
März 2006

[X.], [X.]Z 166, 369 Rn.
34).
Für den Versicherungsvertrag schließt es das
System aus
den
Informationspflichten nach § 7 [X.],
dem
Widerrufsrecht aus §
8 [X.] und den
Rechtsfolgen
des Widerrufs gemäß
§ 9 [X.]
dagegen aus, eine Zustimmung des Versicherungsnehmers zum
Beginn des Versiche-rungsschutzes
vor Ablauf der Widerrufsfrist
anzunehmen, wenn dieser
weder über das Widerrufsrecht belehrt wurde noch der Versicherer [X.]
-
13
-

grund anderer Umstände davon ausgehen durfte, diesem sei sein Wider-rufsrecht bekannt gewesen.

[X.]) Da sich die Rechtsfolgen des Widerrufs im Streitfall
nach
dem revisionsrechtlich maßgeblichen Sachverhalt
nicht nach §
9
Abs.
1 [X.] in Verbindung mit §
152 Abs.
2 [X.] richten, stellt sich die Frage der Richtlinienkonformität dieser Vorschriften
nicht.

II[X.] Die Sache ist noch nicht entscheidungsreif, weil das Beru-fungsgericht
zu den vorstehend genannten Punkten noch ergänzende Feststellungen zu treffen und sich gegebenenfalls
mit der
Höhe der nach

25
26
-
14
-

§
346 Abs.
1 [X.] zurück zu gewährenden Leistungen
zu befassen ha-ben wird.

[X.]

[X.]

[X.]

Dr. [X.]

Dr. Bußmann

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.04.2014 -
2 [X.]/13 -

OLG [X.], Entscheidung vom 23.10.2014 -
8 [X.] -

Meta

IV ZR 445/14

13.09.2017

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2017, Az. IV ZR 445/14 (REWIS RS 2017, 5426)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5426

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