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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
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StR 662/11
vom
7. März
2012
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
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Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 7. März 2012 gemäß §
349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten S.
gegen das Urteil des [X.] vom 14. September 2011 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass er wegen einer An-stiftung zu 115 Fällen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt ist, deren Vollstreckung zur Bewährung aus-gesetzt ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen.
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen "Anstiftung zu 115 Fällen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, jeweils rechtlich zu-sammentreffend mit gewerbsmäßigem
Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur [X.] ausgesetzt wird".
Hiergegen richtet sich
die Revision des Angeklagten, mit der er ein [X.] geltend macht und die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt zu der aus der [X.] ersichtlichen Änderung des angefochtenen Urteils (§ 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO).
I. [X.] liegt nicht vor; Verfolgungsverjährung ist für die im Zeitraum 2001 bis 2003 begangenen Taten nicht eingetreten.
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Der vorliegende konkrete Einzelfall gibt dem [X.] keinen Anlass von der gefestigten Rechtsprechung abzuweichen, dass bei echten Unterlassungs-delikten wie § 266a Abs. 1 StGB und § 266a Abs. 2 Nr. 2 StGB die Taten erst beendet sind, wenn die Beitragspflicht erloschen ist, sei es durch Beitragsent-richtung, sei es durch Wegfall des Beitragsschuldners
(vgl. u.a. [X.]sbe-schluss vom 11. August 2011 -
1 [X.]; [X.]sbeschluss vom 18. Mai 2010 -
1 [X.] mwN; [X.], Beschluss vom 27. September 1991 -
2 StR 315/91).
II. Der Schuldspruch (§ 26
StGB zu § 266a StGB in Tateinheit mit §
263 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Das [X.] hat die im Entscheidungszeitpunkt geänderte, dem Angeklagten günstigere Rechtslage nicht berücksichtigt.
Von dem durch Gesetz vom 23. Juli 2004 ([X.] I S. 1842) neu gefass-ten Tatbestand des § 266a StGB sind nunmehr auch betrugsähnliche Bege-hungsweisen erfasst, so dass die Vorenthaltung von Arbeitnehmer-
und [X.] nach neuem Recht dem Betrug als lex specialis vorgeht (vgl. BT-Drucks. 15/2573 S. 28; [X.]sbeschluss vom 24. April 2007 -
1 [X.]). Diese Gesetzeslage ist bei der gebotenen konkreten Betrachtungsweise als die dem Angeklagten günstigere gemäß § 2 Abs. 3 StGB zur Anwendung zu bringen. Dies gilt hier schon deshalb, weil die Strafkammer das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB bejaht hat (vgl. hierzu [X.]sbeschluss aaO und [X.], Beschlüsse vom 20. Dezember 2007 -
5 [X.] und 5 StR 482/07).
Daher hat die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen Betruges zu entfallen.
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Entgegen der Auffassung des Revisionsführers wäre ansonsten die Be-jahung eines Betruges grundsätzlich
nicht zu beanstanden gewesen. Denn den Urteilsgründen (insbesondere [X.] und [X.] ff.) lassen sich [X.] die jeweiligen Einzugsstellen entnehmen und, dass der Arbeitgeber
dort erfasst ist (vgl. zur Problematik auch [X.]sbeschluss vom 18. Mai 2010
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1 [X.]). Nach den Feststellungen wurden die zuständigen Einzugsstel-len über die jeweils fortbestehende
Verpflichtung zur Abführung der Beiträge getäuscht (vgl. auch [X.]surteil vom 11. August 2010 -
1 [X.] Rn. 29).
2. Zutreffend weist der [X.] darauf hin, dass der Ange-klagte in rechtlicher Hinsicht nur eine
Anstiftungshandlung (zu 115 Fällen) be-gangen hat und auch deshalb der Schuldspruch entsprechend zu ändern ist.
Der [X.] schließt aus, dass der Angeklagte sich bei einem Hinweis gemäß § 265 StPO anders, insbesondere erfolgreicher hätte verteidigen [X.] und stellt daher den Schuldspruch selbst in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang um.
[X.] Die Änderung des Schuldspruchs hat den Fortfall der vom [X.] festgesetzten Einzelstrafen zur Folge. Der [X.] kann jedoch in entspre-chender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Gesamtstrafe als Einzelstrafe bestehen lassen. Er schließt aus, dass bei richtiger Bewertung des Konkur-renzverhältnisses (einerseits betreffend die Anzahl der Taten und andererseits hinsichtlich des Zurücktretens des Betruges) und bei Berücksichtigung auch der Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 28, 49 StGB im Ergebnis eine (noch) nied-rigere Strafe verhängt worden wäre. In Übereinstimmung mit dem Antrag des [X.]s ist der [X.] der Überzeugung, dass nach dem [X.] und dem durch die Anstiftungshandlung des Angeklagten verwirklichten Un-9
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recht der Tatrichter auf keine geringere Strafe als die -
zur Bewährung ausge-setzte -
Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten erkannt hätte.
Auf die Frage, ob diese in Anbetracht aller Umstände milde Strafe ge-mäß § 354 Abs. 1a StPO ohnehin angemessen wäre, kommt es danach nicht an.
[X.] Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlass, den Angeklagten von den Kosten des Verfahrens und seinen Auslagen auch nur teilweise zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Nack
Rothfuß Hebenstreit
Elf Sander
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Meta
07.03.2012
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2012, Az. 1 StR 662/11 (REWIS RS 2012, 8473)
Papierfundstellen: REWIS RS 2012, 8473
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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