Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2007, Az. IV ZR 249/05

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5620

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/05 Verkündet am:

24. Januar 2007

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.] §§ 1 (1), 2 (1) a § 2 (1) a [X.] knüpft die Erstattung von [X.] nicht an deren Notwendigkeit im Sinne von § 91 ZPO. [X.], Urteil vom 24. Januar 2007 - [X.]/05 - [X.] - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] [X.] auf die mündliche Verhand-lung vom 24. Januar 2007 für Recht erkannt: Auf die Sprungrevision des Klägers wird das Urteil des [X.] vom 7. September 2005 aufgeho-ben. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.772,48 • zu-züglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. November 2004 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Von Rechts wegen
Tatbestand:

Der bei der Beklagten rechtsschutzversicherte Kläger verlangt die Erstattung von Verkehrsanwaltsgebühren seines Prozessbevollmächtig-ten erster und zweiter Instanz in einem Schadensersatzprozess, die [X.] für die Beauftragung eines [X.] beim [X.] und dessen Unterrichtung im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde geltend macht. 1 - 3 -

Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (im Folgenden: [X.], vgl. [X.] 1976, 130; 1980, 210; 1992, 186, 337) zugrunde. Nach Ansicht des [X.] hat die Beklagte die [X.] gemäß § 2 (1) Buchst. a der Versicherungsbedingungen allein deshalb zu tragen, weil er weiter als 100 km von dem für die Nichtzulassungsbeschwerde im Schadensersatzprozess zuständigen [X.] entfernt wohnt. Die Beklagte meint dagegen, sie habe nur Kosten zu decken, die im [X.] von § 91 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren; dazu gehörten im Revisionsverfahren die Kosten eines Verkehrs-anwalts in der Regel aber nicht. Die Vorschriften der [X.], über deren Auslegung die Parteien streiten, lauten auszugsweise: 2 "§ 1 Gegenstand (1) Der Versicherer sorgt nach Eintritt eines Versicherungs-falles für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers, soweit sie notwendig ist, und trägt die dem Versicherungsnehmer hierbei entstehenden Kos-ten. Die Wahrnehmung rechtlicher Interessen ist notwendig, wenn sie hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. – § 2 Umfang (1) Der Versicherer trägt a) die gesetzliche Vergütung eines für den Versicherungs-nehmer tätigen Rechtsanwaltes. Dieser muß in den Fällen der Verteidigung wegen Verletzung einer Vorschrift des Straf-, [X.], Disziplinar- oder Standes-rechtes und der Wahrnehmung rechtlicher Interessen au-ßerhalb der [X.] am Ort des zu-ständigen Gerichtes wohnhaft oder bei diesem Gericht [X.] sein. - 4 -

In allen anderen Fällen ist es nicht erforderlich, dass der Rechtsanwalt am Ort des zuständigen Gerichtes wohnhaft oder bei diesem Gericht zugelassen ist; in diesen Fällen trägt der Versicherer die gesetzliche Vergütung jedoch nur, soweit sie auch bei Tätigkeit eines am Ort des zuständigen Gerichtes wohnhaften oder bei diesem Gericht zugelasse-nen Rechtsanwaltes entstanden wären. Wohnt der [X.] mehr als 100 km vom zuständigen Gericht entfernt und erfolgt eine gerichtliche Wahrnehmung seiner Interessen, trägt der Versicherer auch weitere [X.] bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung eines Rechtsanwaltes, der lediglich den Verkehr des [X.] mit dem Prozessbevollmächtigten führt; –"
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger hat mit Zu-stimmung der Beklagten Sprungrevision eingelegt. 3 Entscheidungsgründe: Das Rechtsmittel hat Erfolg. 4 1. Nach Auffassung des Amtsgerichts verpflichtet auch § 2 [X.] die Beklagte nicht zur Tragung von Kosten der Rechtsverfolgung, die nicht zu den notwendigen Kosten im Sinne von § 91 ZPO gehören. Aus § 1 [X.] ergebe sich, dass die Deckungspflicht der Beklagten unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit der entstandenen Kosten stehe. In der auf die Prüfung von Rechtsfragen beschränkten Revisionsinstanz sei die Einschaltung eines Verkehrsanwalts nicht mehr erforderlich, soweit nicht ausnahmsweise der Vortrag zusätzlicher Tatsachen auf Anfrage des [X.] in Betracht komme. 5 - 5 -

2. Diese von der Beklagten verteidigte Ansicht wird von mehreren Gerichten und auch in der Literatur vertreten (vgl. [X.] ZfS 1990, 416 f.; [X.] r+s 1993, 187; [X.] r+s 1999, 246; Böh-me, Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung ([X.]), 11. Aufl. § 2 (1) a Rdn. 18). Andere Autoren haben diese Auffassung da-gegen zurückgewiesen (Bauer, [X.], 1235, 1237; [X.]. in [X.], Rechtsschutzversicherung 7. Aufl. § 2 [X.] Rdn. 77; [X.]/ Armbrüster in [X.]/[X.], [X.]. [X.] § 2 Rdn. 8). 6 3. Der Kläger hat Anspruch auf die Erstattung der Verkehrsan-waltskosten. 7 a) Nach der Rechtsprechung des [X.]s sind die Kos-ten eines Verkehrsanwalts zwar in der Regel in den höheren Instanzen nicht vom unterlegenen Prozessgegner nach § 91 ZPO zu erstatten (vgl. [X.], Beschlüsse vom 21. September 2005 - [X.] - [X.], 136 unter 2 a; vom 4. August 2004 - [X.] 6/04 - NJW-RR 2004, 1662 unter III; beide m.w.[X.]). Aus den hier maßgeblichen [X.] geht aber nicht hervor, dass der Versicherer zur Deckung der Kosten eines Verkehrsanwalts nur im Rahmen ihrer Erstattungsfähigkeit nach § 91 ZPO verpflichtet wäre. 8 b) Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durch-schnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, auf-merksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzu-sammenhangs verstehen muss; dabei kommt es auf die Verständnismög-lichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche 9 - 6 -

Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (vgl. [X.]Z 123, 83, 85 und ständig). Hier beschränkt der Versicherer in § 1 (1) [X.] seine Deckungspflicht zwar auf die Wahrnehmung der rechtlichen In-teressen des Versicherungsnehmers, "soweit sie notwendig ist". Dabei geht es aber, wie der folgende Satz der Bedingungen klarstellt, nur dar-um, dass Kosten einer Wahrnehmung rechtlicher Interessen, die keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, nicht vom Versicherungsschutz umfasst sind (Bauer, [X.], 1235, 1237). Für die Annahme, der Begriff "notwendig" beziehe sich auf die entspre-chende Wendung in § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, ist nach dieser Klarstellung kein Raum. § 1 (1) [X.] betrifft nicht den Umfang der Kostentra-gungspflicht des Versicherers.
c) Diesen regelt vielmehr erst § 2 [X.]. Dort wird dem Versiche-rungsnehmer die Erstattung von [X.] ausdrücklich zugesagt, wenn er - wie hier - mehr als 100 km vom zuständigen Gericht entfernt wohnt. Diese Zusage ist nicht auf bestimmte Instanzen be-schränkt. Sie lässt auch nicht erkennen, dass der Versicherer die Kosten des Verkehrsanwalts nur im Rahmen des zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Sinne von § 91 ZPO Notwendigen trägt. Vielmehr knüpft sie allein an das von § 91 ZPO unabhängige Merkmal einer Ent-fernung der Wohnung des Versicherungsnehmers vom zuständigen [X.] von mehr als 100 km an (Bauer in [X.], [X.]. § 2 [X.] Rdn. 77; [X.]/Armbrüster, aaO). Dass für die Erstattungsfähigkeit von [X.] nach § 91 ZPO auch die Entfernung der Wohnung einer Partei vom Ort des [X.] eine Rolle spielen kann (vgl. etwa [X.]. 2001, 121), rechtfertigt nicht die Übertragung weiterer Voraussetzungen des § 91 ZPO auf § 2 10 - 7 -

(1) Buchst. a [X.], zumal dem durchschnittlichen Versicherungsneh-mer Einzelheiten der Rechtsprechung zu § 91 ZPO unbekannt sind. So-weit die Erstattung der [X.] auf die Höhe der gesetzli-chen Vergütung begrenzt wird, geht es um die einschlägigen Gebühren-tatbestände des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG) als Obergrenze gegenüber einer etwa höheren Honorarvereinbarung (vgl. § 2 (1) Buchst. b [X.]), also nicht um die Erstattungspflicht des Prozessgegners nach § 91 ZPO. d) An der uneingeschränkten Zusage einer Erstattung von [X.] bei entsprechender Entfernung der Wohnung des Versicherungsnehmers vom zuständigen Gericht ändert auch die dem Versicherungsnehmer in § 15 (1) Buchst. [X.]. [X.] [X.] auferlegte Obliegenheit nichts, alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte. Vielmehr kann - verspricht der [X.] mit § 2 (1) Buchst. a [X.] die Erstattung von [X.] unabhängig von deren Erstattungsfähigkeit nach § 91 ZPO - die Beauftragung eines Verkehrsanwalts von vornherein keine Verletzung dieser Obliegenheit darstellen. 11 - 8 -

Danach war der Klage, deren Höhe nicht streitig ist, unter Aufhe-bung des amtsgerichtlichen Urteils stattzugeben. 12 Terno [X.] [X.] Dr. [X.] Dr. [X.] Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 07.09.2005 - 92 C 780/05 - 13 - -

Meta

IV ZR 249/05

24.01.2007

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2007, Az. IV ZR 249/05 (REWIS RS 2007, 5620)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5620

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Zulässigkeit von § 5 ARB 2000


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