Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2008, Az. V ZB 113/07

V. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4967

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]BESCHLUSS [X.]/07 vom 13. März 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja VwGO § 40 Abs. 1 Über einen Anspruch auf Duldung des Anschlusses eines Grundstücks an einen auf dem Grundstück einer Gemeinde verlaufenden Weg ist auch dann von den Verwal-tungsgerichten zu entscheiden, wenn der Anspruch aus einem [X.] abgeleitet wird. [X.], Beschluss vom 13. März 2008 - [X.]/07 - [X.] AG Rotenburg a.d. Fulda

- - 2 Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 13. März 2008 durch [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Die Beschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 29. August 2007 wird auf Kosten der Klä-ger zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.500 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstücks auf dem Gebiet der [X.], früher [X.], heute [X.] Gemeinde. Das Grundstück grenzt an ein Grundstück der Beklagten, auf dem oberhalb einer Böschung der "[X.]weg" verläuft. Eigentümerin dieses Grundstücks ist die Beklagte. Die Kläger behaupten, der "[X.] weg" diene aufgrund eines [X.]es als Hauptwirtschaftsweg der Erschließung der an den Weg grenzenden land-wirtschaftlich genutzten Grundstücke. In den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts habe die Beklagte den Weg als Zufahrt zu einem [X.] ausgebaut und hierbei die Zufahrt von dem Weg zu ihrem Grundstück beseitigt. Sie meinen, der [X.] verpflichte die Beklagte, die [X.] - - 3 lung der Zufahrt auf ihr Grundstück zu landwirtschaftlichen Zwecken zu dulden. Sie beantragen, die Beklagte zu der entsprechenden Duldung zu verurteilen. Die Beklagte hat die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten gerügt. Das Amtsgericht hat die Zulässigkeit verneint und die Sache an das zuständige Verwaltungsgericht verwiesen. Die sofortige Beschwerde der Kläger hiergegen ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem [X.] zuge-lassenen Beschwerde erstreben die Kläger, die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Zivilgerichten festzustellen. 2 I[X.] [X.] verneint den Rechtsweg zu den Zivilgerichten. Es meint, Streitigkeiten um den Zugang zu einem gemeindlichen Weg seien auch dann nicht von den Zivilgerichten zu entscheiden, wenn der Anspruch hierauf aus einem [X.] hergeleitet werde. 3 II[X.] Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand. 4 1. Die Beschwerde ist zulässig. Nach dem Wortlaut von § 17a Abs. 4 Satz 4 [X.] kann die Beschwerde gegen eine Entscheidung über die [X.] des beschrittenen Rechtswegs zwar nur von den "oberen Landesgerichten" zugelassen werden. Der Zweck der Regelung, grundsätzliche Fragen durch den [X.] zu klären, gebietet indessen eine weite Auslegung der Be-stimmung. Nach dieser können die [X.]e, ebenso wie sie seit der [X.] - - 4 form des Zivilprozessrechts als Berufungsgerichte über die Zulassung der Revi-sion entscheiden können, als Beschwerdegerichte in einem Verfahren nach § 17a Abs. 4 [X.] die (Rechts-) Beschwerde zum [X.] zulassen ([X.] 155, 365 ff.). 2. Die Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg. Der Rechtsweg zu den or-dentlichen Gerichten ist nicht eröffnet. 6 Maßgeblich für die Bestimmung des Rechtswegs ist die Natur des gel-tend gemachten Anspruchs. Die Kläger verlangen Teilnahme an dem Kommu-nalvermögen der Beklagten. Ein Anspruch hierauf gehört dem öffentlichen Recht an. Hieran ändert sich nicht dadurch etwas, dass der Anspruch aus ei-nem [X.] hergeleitet wird. Ansprüche wegen der durch einen [X.] [X.] Rechte an einem Weg sind in ihrem Ausgangspunkt zwar als privatrecht-lich zu qualifizieren. Das führt entgegen der Meinung der Beschwerde aber nicht zur Zulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten, soweit die [X.]beteiligten bzw. deren Rechtsnachfolger gegen eine Gemeinde um die Nutzung eines Wegegrundstücks streiten. 7 a) Individuelles Eigentum an landwirtschaftlich genutzten Grundstücken war dem [X.] Recht in früher Zeit fremd. Felder, Wiesen und Wälder standen in ungeteiltem gemeinschaftlichen Eigentum der Dorf- oder Markge-nossen. Später wurde es üblich, dass der [X.] einzelnen seiner Angehörigen bestimmte Flächen zur Nutzung zuwies. Hieraus entwickelte sich privates Eigentum, das jedoch grundsätzlich mit Rechten für die übrigen Ver-bandsgenossen und [X.] belastet war. Darüber hinaus war [X.]" (Viehweiden, Waldungen, Wege, Gräben u. ä.) von der Zuweisung ausgenommen. Diese blieb als Allmende gemeinschaftliches Eigen-tum, das nur von den Siedlungs-, [X.] oder [X.] genutzt werden 8 - - 5 durfte (vgl. [X.], 157, 158; Tröster, Rpfleger 1960, 85; [X.], 120). Diese Ordnung geriet in Widerspruch zu der Wirtschaftsentwicklung des 18. und 19. Jahrhunderts. Das gab den [X.] Staaten Anlass zum Erlass von "Gemeinheitsteilungsordnungen", die es ermöglichten, die bestehenden Gemeinschaften zwangsweise zu beenden (vgl. [X.] v. 7. Juni 1821; [X.] 1821, [X.] ff.). Die Grundstücke und das ge-meinsame Eigentum der beteiligten "[X.]" und "Separationsinteressen-ten" wurden zusammengefasst, von [X.] und Be-lastungen zugunsten der Eigentümer anderer Grundstücke oder der Markge-nossen befreit, neu geschnitten und durch einen von der [X.] zu genehmigenden Vertrag, den [X.], entsprechend dem Wert der eingebrachten Grundstücke und Rechte neu zugeteilt, soweit keine Barabfin-dung stattfand (vgl. [X.] 1896, 453; [X.], 73, 74; Böhrin-ger, NJ 2000, 120, 121; Seehusen, [X.], 305). 9 Die damit bewirkte Flurneuordnung beließ die zur Erschließung der Grundstücke dienenden Wege als "[X.]" meist im gemeinschaft-lichen Eigentum der "Interessenten". Die betroffenen Wege waren als Wirt-schafts- oder [X.] nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet und gehörten nicht zu dem Vermögen der politischen Gemeinden. Die verblie-bene Mitberechtigung an den "[X.]n" bildete vielmehr einen Be-standteil des Eigentums an den aus der Neuordnung hervorgegangenen Grundstücken. Hierbei verblieb es gemäß Art. 113 EGBGB vorbehaltlich lan-desrechtlicher Regelungen auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Ge-setzbuchs am 1. Januar 1900 ([X.], 73, 75; [X.], NJ 2000, 120, 121; Tröster, Rpfleger 1960, 85). 10 - - 6 b) Auch wenn danach die rechtlichen Beziehungen der Eigentümer der aus dem [X.] hervorgegangenen Grundstücke im Hinblick auf die "[X.]" in ihrem Ausgangspunkt privatrechtlicher Natur sind ([X.], 314, 318; 79, 46, 51), ist über Ansprüche auf Nutzung dieser Grundstücke ge-gen eine Gemeinde von den Verwaltungsgerichten zu entscheiden. 11 aa) Der Verkehr auf den von einem [X.] erfassten Wegen und deren Instandhaltung bedurften seit jeher einer Regelung. Die Befugnis hierzu wurde durch den [X.] häufig der politischen Gemeinde übertragen, auf deren Ge-biet die Grundstücke der "Interessenten" gelegen waren. Nach § 1 des preußi-schen Gesetzes betreffend die durch ein Auseinandersetzungsverfahren be-gründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten vom 2. April 1887 ([X.] 1887, [X.] ff.) konnte die [X.] die [X.] auf den Wirtschaftswegen und deren Unterhaltung dem Vorsteher der jeweiligen politischen Gemeinde übertragen. Die Übertragung hatte gemäß § 6 Abs. 1 des [X.] der Interessenten unter die hoheitlichen Befugnisse des Vorstehers zur Folge. Streitigkeiten um die Befugnis zur [X.] ([X.], 314, 318) oder ihre Unterhaltung ([X.], 341, 342 f.) waren daher von den Verwaltungsgerichten zu entscheiden. Nach [X.], 46, 51 haben "Zweckmäßigkeitsgründe und der Umstand, dass sich die [X.] der Gemeinschaften zumeist mit den Gemeindemitgliedern oder doch einer Klasse dieser Mitglieder decken, dazu geführt, bei diesen Gemein-schaften die Privatinteressen den öffentlichen Interessen unterzuordnen und die Verwaltung jener Privatgerechtsame der der öffentlichen Gemeindeangelegen-heiten gleichzustellen". Ansprüche aus "rezessmäßigen Festsetzungen", die nicht auf vertragsmäßige Bestimmungen der "Interessenten" untereinander zu-rückgehen, wurden, ohne dass die Übertragung von Rechten auf den Vorsteher 12 - - 7 der politischen Gemeinde erörtert wurde, dem öffentlichen Recht zugeordnet ([X.], 1130, 1131; [X.] 1896, 453). [X.]) So verhält es sich von vornherein, wenn der Gemeinde durch den [X.] nicht nur die Verwaltung eines Wegegrundstücks übertragen wurde, sondern das Eigentum an diesem ([X.], [X.] und sonstigen landwirtschaftlichen [X.], 1904, [X.]). So liegt es hier. Nach dem zu den Akten gegebenen [X.] wurden die "Wege und [X.] – derjenigen Gemeinde, in deren Bezirke sie liegen, mit der Maßgabe, dass davon kein dem [X.] derselben entgegen stehender Gebrauch gemacht werden darf, eigentümlich überwiesen". Durch die "Überweisung" schieden die [X.] aus dem gemeinsamen Eigentum der "[X.]" aus. Sie wurden Gemeindeglieder- bzw. Gemeindegliederklassenver-mögen im Sinne des heutigen § 119 [X.]. Die Berechtigung zur Nutzung dieses Vermögens ist nach öffentlichem Recht zu bestimmen (Schnei-der/[X.]/Lüll, [X.] Gemeindeordnung, [X.], Stand Juli 2007, § 119 Erläuterung Abs. 1). Nach § 40 Abs. 1 VwGO entscheiden über Ansprüche hierauf die Verwaltungsgerichte. 13 V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. 14 - - 8 Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens ist nach dem Interesse der Kläger an der Nutzung ihres Grundstücks zu landwirtschaftlichen Zwecken mit 1.500 • anzunehmen (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 26. Aufl., § 17a [X.] Rdn. 20). 15 Krüger [X.] Lemke

Schmidt-Räntsch Roth Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 08.05.2007 - 2 C 407/06 (71) - [X.], Entscheidung vom 29.08.2007 - 5 [X.]/07 -

Meta

V ZB 113/07

13.03.2008

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2008, Az. V ZB 113/07 (REWIS RS 2008, 4967)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4967

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

10 K 2661/21 (Verwaltungsgericht Münster)


13 AE 16.1734 (VGH München)

Erfolgloser Eilantrag wegen Instandhaltung bzw. Ausbau einer Zufahrt im Rahmen der Flurbereinigung


V ZR 362/02 (Bundesgerichtshof)


KZR 43/07 (Bundesgerichtshof)


13 A 15.438 (VGH München)

Änderung des Flurbereinigungsplans- Kein Anspruch auf eine Landabfindung


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.