Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.09.2008, Az. V ZB 40/08

V. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1889

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[X.][X.] vom 18. September 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 17a Abs. 5 Das [X.] ist nach § 17a Abs. 5 [X.] auch dann an die durch die Entscheidung in der Hauptsache in dem angefochtenen Urteil stillschweigend bejahte Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs gebunden, wenn das erst-instanzliche Gericht mangels Rüge einer [X.] von einer Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs durch [X.]uss nach § 17a Abs. 3 [X.] absehen durfte. [X.], [X.]. v. 18. September 2008 - [X.]/08 - [X.]

[X.] - 2 - Der [X.] hat am 18. September 2008 durch [X.] [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. Strese-mann und [X.] Czub beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der [X.] wird der [X.]uss des 5. Zivilsenats des [X.] vom 28. Februar 2008 aufgehoben. Die weitergehende Beschwerde und der [X.] der [X.] werden zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des [X.] nach einem Gegenstandswert von 204.400 •. Gründe: [X.] Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.]und [X.]gesellschaft mbH (im Folgenden: Schuldnerin). 1 Die Schuldnerin, die als Bauträgerin tätig war, erwarb auf Grund [X.] vom 5. Februar 1992 von der Rechtsvorgängerin der [X.] (fortan: Beklagte) ein rund 7,6 ha großes Grundstück zur Errich-tung eines Wohngebietes mit 870 Wohnungen, 8 Ladeneinheiten, einer Sport-halle und einer Kindertagesstätte gemäß einem von ihr erstellten Vorhaben- und [X.]. 2 - 3 - 3 Vor dem Hintergrund der Absprachen in einem städtebaulichen Vertrag schloss die Schuldnerin mit der [X.] am 7. Juli 1994 in notarieller Form einen als "Schenkungs- und Übereignungsvertrag" bezeichneten Vertrag, in dem sie sich verpflichtete, zwei noch zu vermessende Teilflächen, die für die Verkehrsflächen bzw. für den Bau einer Sporthalle sowie einer [X.] vorgesehen waren, an die Beklagte zu übereignen und beide Gebäude auf eigene Kosten zu errichten, während die Beklagte auf einen Ausgleich weiterer Folgekosten aus dem Vorhaben- und [X.] verzichtete. Die Sporthalle und die [X.] wurden gebaut und der [X.] übergeben, auf Grund von früheren Teilungserklärungen der Schuldnerin jedoch als in deren Eigentum stehende [X.] in das Grund-buch eingetragen. Nach einer Vermessung erklärten die Schuldnerin und die Beklagte in einer notariellen Urkunde vom 31. August 1998 die Auflassung der neu gebildeten Flurstücke. Zu einer Umschreibung des Eigentums auf die [X.] kam es nicht. 4 Der Kläger verlangt von der [X.] die Räumung der Gebäude und die Zahlung von Nutzungsentgelt für die [X.] seit der Eröffnung des [X.] am 9. Juli 2002. Das [X.] hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben, ohne auf die Zulässigkeit des Rechtswegs einzugehen, die in erster Instanz von keiner der [X.]en angesprochen und von der [X.] auch nicht gerügt worden war. In der Berufungsinstanz hat die Beklagte nach einem Hinweis des [X.] beantragt, den Rechtsstreit an das zu-ständige Verwaltungsgericht zu verweisen. Das [X.] hat darauf-hin durch den angefochtenen [X.]uss den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt. Mit der von dem [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte ihren [X.] weiter. 5 - 4 - I[X.] 6 Das Berufungsgericht meint, zwar habe das [X.] nach Entscheidung der Hauptsache durch das erstinstanzliche Gericht gemäß § 17a Abs. 5 [X.] grundsätzlich nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zu-lässig sei. Dies gelte aber nicht, wenn die [X.]en und das Gericht der ersten Instanz die [X.] nicht gesehen hätten. In solch einem Falle habe das [X.] im Verfahren nach § 17a Abs. 2 bis 4 [X.] die erforder-liche Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsweges nachzuholen. II[X.] [X.] durch das Berufungsgericht nach § 17a Abs. 4 Satz 4 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde bleibt im Ergebnis ohne Erfolg. 7 A. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten allerdings rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der mit der Rechtsbeschwerde angefochtene Be-schluss über die Zulässigkeit des Rechtsweges hätte nicht ergehen dürfen. 8 1. Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache zu entscheiden hat, darf nach § 17a Abs. 5 [X.] nicht prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Die Bindung des Rechtsmittelge-richts an die von dem erstinstanzlichen Gericht bejahte Zulässigkeit des Rechtsweges ist das Kernstück der Neuregelung der [X.] durch das Vierte Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung vom 17. Dezember 1990 ([X.] I 2809). Damit soll vermieden werden, dass [X.] wie nach früherer Rechtslage möglich [X.] in einem (manchmal bereits jahrelang [X.]) Rechtsstreit erst in der Berufungs- oder Revisionsinstanz die [X.] - 5 - lässigkeit des Rechtsweges festgestellt und daraufhin der Rechtsstreit an das erstinstanzliche Gericht des für zulässig erachteten Rechtsweges verwiesen wird, bei dem die Sache im Ganzen neu zu verhandeln ist ([X.]. 11/7030, [X.]). Die [X.] ist nach § 17a [X.] vor der Verhandlung zur Sache in der ersten Instanz abschließend zu klären. Das weitere Verfahren darf nicht mehr mit dem Risiko eines später erkannten Mangels des gewählten Rechts-weges belastet werden. Die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges ist nur dann in den Beschwerde- oder Rechtsbeschwerdeverfahren von dem Rechts-mittelgericht zu entscheiden, wenn [X.] auf Rüge des [X.] [X.] ein rechtsmittel-fähiger [X.]uss nach § 17a Abs. 3 [X.] ergangen ist; in einem Berufungs- oder Revisionsverfahren gegen ein in der Hauptsache ergangenes Urteil ist die [X.] dagegen einer Prüfung durch das [X.] entzo-gen ([X.]. 11/7030, [X.]). Hat das erstinstanzliche Gericht, die Zulässigkeit des Rechtsweges aus-drücklich oder unausgesprochen bejaht, muss das mit der Hauptsache befasste [X.] dies daher hinnehmen (std. Rspr.: [X.] 114, 1, 3; 127, 297, 300; [X.], 1, 3; [X.] 184, 266, 272; BSG, [X.], § 132a [X.], Nr. 2 Tz 35; BVerwG NVwZ-RR 1995, 301, 392). 10 2. Das Berufungsgericht geht zwar von einer grundsätzlichen Bindung des [X.]s an die von dem erstinstanzlichen Gericht bejahte Zu-lässigkeit des Rechtsweges nach § 17a Abs. 5 [X.] aus, meint aber, dass es an der Grundlage für eine Bindung, nämlich einer erstinstanzlichen Entschei-dung über die [X.], fehle, wenn weder das erstinstanzliche Gericht noch die [X.]en im ersten Rechtszug die damit zusammenhängenden Fragen gesehen und erörtert hätten (ebenso: [X.], 2563; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 66. Aufl., § 17a [X.] Rdn. 20). Dies geht fehl. 11 - 6 - 12 a) Dem Berufungsgericht ist nur in dem Ausgangspunkt zu folgen, dass die Beschränkung der Prüfungsbefugnis in § 17a Abs. 5 [X.] nicht ausnahms-los gilt. Nach § 17a Abs. 3 Satz 2 [X.] ist über die Zulässigkeit des [X.] vorab durch einen mit der sofortigen Beschwerde anfechtbaren [X.]uss zu entscheiden, wenn eine [X.] die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt. Ist das unterblieben, muss die Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsweges im Rechtsmittelverfahren nachgeholt werden. Andernfalls wäre der [X.], welche die Zulässigkeit des Rechtsweges gerügt hat, das von dem Gesetzgeber vorge-sehene Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde deshalb abgeschnitten, weil das Gericht verfahrensfehlerhaft erst mit der Entscheidung über die Hauptsache ausdrücklich oder konkludent auch über die Zulässigkeit des Rechtsweges ent-schieden hat (std. Rspr.: [X.] 119, 246, 250; 121, 367, 371; Senat: [X.] 130, 159, 163; Urt. v. 19. November 1993, [X.], NJW 1994, 387). So verhält es sich hier jedoch nicht. Da die Zulässigkeit des [X.] in erster Instanz von keiner [X.] gerügt worden ist, musste das [X.] nicht nach § 17a Abs. 3 Satz 2 [X.] vor der Entscheidung über die Klage über die Zulässigkeit des Rechtsweges entscheiden. 13 b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gilt das auch in den Fällen, in denen die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges zweifelhaft ist. Die Bindungswirkung des § 17a Abs. 5 [X.] entfällt dadurch nicht. 14 aa) § 17a [X.] zwingt das erstinstanzliche Gericht nämlich nicht dazu, über die Zulässigkeit des Rechtsweges vorab durch besonderen [X.]uss zu entscheiden, wenn es hiervon ausgeht und keine der [X.]en eine Rüge [X.]. Das Gericht der ersten Instanz ist zwar nach § 17a Abs. 3 Satz 1 [X.] befugt, so zu verfahren, um damit für den weiteren Rechtsstreit eine Klärung der [X.] nach § 17a Abs. 1 [X.] herbeizuführen. Ein solches [X.] wird vor Allem dann in Betracht kommen, wenn das Gericht Zweifel an 15 - 7 - der Zulässigkeit des Rechtsweges hat und die Herbeiführung der Entschei-dungsreife der Hauptsache einen erheblichen Verfahrensaufwand erfordert. Ob das Gericht von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, liegt jedoch allein in sei-nem Ermessen, dessen Ausübung im Rechtsmittelverfahren nicht zu prüfen ist (Senat, [X.] 120, 204, 206; [X.], [X.]. v. 29. Juli 2004, [X.], NJW-RR 2005, 142, 143). Nach der Regelung in § 17a Abs. 3 Satz 2 [X.] kann zwar jede [X.] eine beschwerdefähige Entscheidung des Gerichts der ersten Instanz errei-chen, indem sie die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt. Macht sie von dieser Befugnis keinen Gebrauch, steht dies der Anwendbarkeit von § 17a Abs. 5 [X.] in der Rechtsmittelinstanz nicht entgegen (vgl. [X.], NJW 2006, 13, 14; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], VwGO [Stand: 2007], § 17a [X.] Rdn. 28). 16 [X.]) Hat das Gericht des ersten [X.] zulässigerweise von einer Vorabentscheidung abgesehen, so ist das [X.] auch dann nach § 17a Abs. 5 [X.] gebunden, wenn die Zulässigkeit des Rechtsweges in dem erstinstanzlichen Urteil nicht ausdrücklich, sondern stillschweigend [X.] durch die Sachentscheidung [X.] bejaht wird. 17 Mit der Entscheidung über die Hauptsache ist nämlich auch über den Rechtsweg entschieden worden. Die Zulässigkeit des Rechtswegs ist eine von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung. Das erstinstanzliche [X.] darf ein Urteil über den mit der Klage verfolgten Anspruch nicht fällen, wenn es den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für nicht gegeben erachtet. 18 Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist auch in "schwieri-gen Fällen" davon auszugehen, dass das Gericht die Zulässigkeit des [X.] geprüft und bejaht hat, selbst wenn es in seinem Urteil nicht ausdrücklich 19 - 8 - auf die [X.] eingegangen ist. Das erhöht zwar die Gefahr einer Fehlentscheidung, erweitert aber nicht die durch § 17a Abs. 5 [X.] beschränk-te Prüfungskompetenz des [X.]s. Der Gesetzgeber hat mit die-ser Norm auch den Bestand von Urteilen, die auf einer rechtsfehlerhaften Beja-hung der [X.] durch das erstinstanzliche Gericht beruhen, im [X.] der Vorverlagerung des [X.] in die erste Instanz [X.] (Senat, Urt. v. 19. März 1993, [X.], [X.], 998, 1000). Ob das erstinstanzliche Gericht bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsweges die sich aus dem Sachverhalt ergebenden Rechtsfragen übersehen oder diese rechtsfehlerhaft beantwortet hat, ist unerheblich. B. Das Rechtsmittel der [X.] bleibt danach in der Sache ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat sich nach § 17a Abs. 5 [X.] einer Prüfung der Zuläs-sigkeit des Rechtsweges zu enthalten. Es ist daher weder zu der getroffenen (die Zulässigkeit des Rechtswegs bejahenden) Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 [X.] noch zu der von der [X.] erstrebten Feststellung der Unzu-lässigkeit der Rechtsweges und Verweisung des Rechtsstreits an das Verwal-tungsgericht nach § 17a Abs. 2 [X.] befugt. Die Entscheidung über eine Rechtsbeschwerde gegen den unter Verletzung des § 17a Abs. 5 [X.] erlas-senen [X.]uss über die Zulässigkeit des Rechtsweges hat dahin zu ergehen, dass die angefochtene Entscheidung aufgehoben wird und die weitergehende Rechtsbeschwerde und der [X.] zurückgewiesen werden (vgl. [X.], [X.]. v. 3. August 1995, [X.]/94 [X.] veröffentlicht in juris). 20 V. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO, da die Beklagte mit ihrem [X.] in der Sache unterlegen ist. Den [X.] - 9 - wert hat der Senat auf 1/5 des Wertes der [X.] festgesetzt (vgl. Senat, [X.]. v. 30. September 1999, [X.], NJW 1999, 3785, 3786). [X.] Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 14.03.2007 - 1 O 291/06 - [X.], Entscheidung vom 28.02.2008 - 5 U 45/07 -

Meta

V ZB 40/08

18.09.2008

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.09.2008, Az. V ZB 40/08 (REWIS RS 2008, 1889)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1889

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