Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2012, Az. 3 StR 377/12

3. Strafsenat | REWIS RS 2012, 93

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
3 StR
377/12
vom
20. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen

wegen Totschlags u.a.

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Der 3.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 20.
Dezember 2012, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
[X.],

[X.] am Bundesgerichtshof
Pfister,
[X.],
[X.],
Gericke

als beisitzende Richter,

Staatsanwalt

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

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Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 27. April 2012 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung des Ange-klagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Totschlags und wegen ge-fährlicher Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren ver-urteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet
und be-stimmt, dass zwei Jahre der Freiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollziehen sind. Die Staatsanwaltschaft hat ihre auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision auf den [X.] beschränkt; sie erstrebt dessen Wegfall. Das
Rechtsmittel hat vorläufig Erfolg.

1. Die seitens der Beschwerdeführerin erklärte Beschränkung des Rechtsmittels ist wirksam. Anhaltspunkte dafür, dass die Strafe von der Maßre-1
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gelanordnung beeinflusst sein könnte, ergeben sich nicht (vgl. hierzu [X.], Ur-teil vom 7. Oktober 1992 -
2 StR 374/92, [X.]St 38, 362). Der [X.] schließt es insbesondere aus, dass das [X.], hätte es von einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen, zu einer milderen Ge-samtfreiheitsstrafe gelangt wäre.

2. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entzie-hungsanstalt (§ 64 StGB) hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Zwar ist das sachverständig beratene [X.] ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die den Gegenstand der Verurteilung bildenden Taten auf einen Hang des Angeklagten zurückgehen, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen; ebenso wenig ist die Prognose des [X.] zu beanstanden, infolge dieses Hanges seien auch in Zukunft vergleichbare Gewalttaten des Angeklagten zu erwarten (§ 64 Satz 1 StGB).

b) Dagegen tragen die Feststellungen nicht die Annahme des Landge-richts, es bestehe eine hinreichend konkrete Aussicht, den Angeklagten durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt zu heilen oder eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in seinen Hang zu bewahren (§ 64 Satz 2 StGB).

aa) Das [X.] hat die zur Herbeiführung eines Behandlungserfolgs voraussichtlich erforderliche "Therapiedauer" auf drei Jahre geschätzt. Wie ins-besondere der angeordnete [X.] von zwei Jahren Freiheitsstrafe be-legt (§ 67
Abs. 2 Sätze 2 und 3 StGB), ist das [X.] dabei davon [X.], dass es über den gesamten Zeitraum von drei Jahren hinweg der Un-terbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt als geschlossener Einrichtung bedürfe. Danach bestünde die erforderliche hinreichend konkrete 3
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Erfolgsaussicht der Therapie indes bereits deshalb nicht, weil dieser Zeitraum die nach § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB überhaupt zulässige Gesamtdauer einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt von zwei Jahren deutlich überschrei-tet ([X.], Beschluss vom 17. April 2012 -
3 [X.], NJW 2012, 2292). An-gesichts des klaren Wortlauts von § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB kann entgegen der Ansicht des Verteidigers auch aus Satz 3 dieser Vorschrift nicht abgeleitet wer-den, der Gesetzgeber halte Unterbringungen in einer Entziehungsanstalt über zwei Jahre hinaus im Einzelfalle für therapeutisch sinnvoll ([X.] aaO).

[X.]) An einer eigenen Sachentscheidung, wie
sie der Generalbundesan-walt beantragt hat, sieht sich der [X.] gleichwohl gehindert.

Allein die Feststellung einer erforderlichen "Therapiedauer" von drei [X.] vermag nicht hinreichend zu belegen, dass ein Behandlungserfolg nur dann zu erwarten ist, wenn der Angeklagte über den gesamten Zeitraum von drei Jahren hinweg in einer Entziehungsanstalt untergebracht wird. Jedenfalls dann, wenn die insgesamt erforderliche Therapiedauer -
wie hier -
den in § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB bestimmten Zeitraum deutlich übersteigt, wird vielmehr differenzie-rend zu prüfen und darzulegen sein, inwieweit eine Verkürzung der eigentlichen Unterbringungszeit dadurch möglich ist, dass einerseits vorbereitende [X.] Therapien noch während des [X.]s von Strafe erfolgen, andererseits etwaige nach Erreichen des [X.] noch notwendige Nachsor-gemaßnahmen ambulant durchgeführt werden und einem Bewährungsbe-schluss
nach §
57 Abs.
3 Satz
1, §
56c StGB vorbehalten bleiben können.

Der [X.] kann nicht ausschließen, dass ein sachverständig beratener neuer Tatrichter nach diesen Maßstäben zu der Prognose gelangt, die erforder-liche Dauer einer geschlossenen Unterbringung des Angeklagten werde zwei 7
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Jahre nicht überschreiten. Die Sache bedarf deshalb insoweit neuer Verhand-lung und Entscheidung.

[X.]Pfister Schäfer

[X.] Gericke

Meta

3 StR 377/12

20.12.2012

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2012, Az. 3 StR 377/12 (REWIS RS 2012, 93)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 93

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 StR 65/12

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