Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.03.2016, Az. VIII ZR 326/14

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 14456

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:160316UV[X.]ZR326.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
V[X.] ZR 326/14
Verkündet am:

16. März 2016

Ring,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2 -
Der V[X.].
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. März
2016
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, die Richterin Dr.
[X.], sowie [X.] [X.], Dr. Bünger
und Kosziol
für Recht erkannt:
Auf die Revision
der Beklagten wird das Urteil der [X.] des [X.] vom 2. Dezember 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagten zur Zahlung von [X.] verurteilt worden sind und bei
der Entscheidung über die Aufrechnung mit Ersatzansprüchen wegen Aufwendungen in Höhe von 16.880,43

m Nachteil entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde
und des Revisionsverfahrens, an ei-ne andere Kammer des
Berufungsgerichts
zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin hatte den Beklagten
im [X.]raum
von
Mai 1996 bis April 2010 eine Wohnung in [X.]
vermietet, für die ausweislich des [X.]
vom 17. Mai 1996 eine Nettokaltmiete von 3.546 DM (1.812,54

)
zuzüglich [X.]vorauszahlungen in Höhe von 656,65 DM () zu zahlen [X.]

-
3 -
ren.
Zunächst wurden den Beklagten auch
Nebenkostenabrechnungen
erteilt, zuletzt für das Jahr 2003
durch den für den [X.]raum vom 28. Januar 2002 bis 28. Dezember 2004 bestellten Zwangsverwalter. Das Mietverhältnis endete
am
15. April 2010.
Nachdem den Beklagten im Juli 2008
bezüglich der Miete
ein Pfän-dungs-
und Überweisungsbeschluss der B.

AG zuge-stellt worden war, erbrachten sie bis zum Ende des Mietverhältnisses keine Zahlungen mehr an die Klägerin; an
die Pfändungsgläubigerin zahlten sie im [X.] und 2009 insgesamt einen Betrag von

. Der Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss wurde im Mai 2009 wieder aufgehoben.

In Absprache mit der Klägerin verauslagten die Beklagten im Oktober 2008

Mit ihrer Klage hat die Klägerin zunächst die Zahlung der
Mieten für den [X.]raum von August 2008 bis zum 15.
April 2010
(20,5 Monate)
in Höhe von Zinsen begehrt, mithin
eine
Nettomiete in Höhe von Hinsichtlich der [X.] hat sie
behauptet, ihr Geschäftsführer habe im März 2003 mit dem beklagten Ehemann anlässlich eines Gesprächs im Treppenhaus vereinbart, die Nebenkosten nicht mehr abzurechnen, sondern die bisherigen [X.] als Pauschale zu behandeln.
Die Klägerin
hat
die Klage wegen der Zahlungen an die Pfändungsgläu-bigerin
(7.

sowie der Aufrechnung mit der Heizölrechnung aus Okto-ber 2008

einseitig in der Hauptsache für erledigt erklärt und dane-ben zuletzt noch Zahlung von

vorgerichtlichen
Rechtsanwalts-kosten, jeweils nebst Zinsen,
begehrt.
Die Beklagten haben der Klageforderung eitere Auf-2
3
4
5

-
4 -
wendungen
auf das Mietobjekt
in Höhe von insgesamt 15.813

entgegen ge-halten.
Daneben haben sie mit einem von ihnen erhobenen Anspruch auf Rückzahlung der Nebenkosten für die Jahre 2004 bis 2007 die Aufrechnung erklärt und im Wege der Widerklage Zahlung von 4.125,(Rückzahlung der für das
[X.] gezahlten Nebenkosten) sowie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten begehrt.
Das Amtsgericht hat die Klage
abgewiesen
und die Klägerin unter [X.] der weitergehenden Widerklage zur Zahlung von 3.n-sen sowie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von

Auf die
Berufung
der Klägerin
hat das [X.] die Beklagten unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts zur Zahlung von und Erstattung vorgerichtlicher
Rechtsanwaltskosten, jeweils nebst Zinsen, verurteilt, die teilweise Erledigung des Rechtsstreit in der Hauptsache (wegen der übrigen Mieten) festgestellt und die Widerklage abgewiesen.
Der [X.] hat die Revision zugelassen, soweit bezüglich der Klage auf Zahlung von Nebenkosten
und der Entscheidung über die Aufrechnung mit [X.] in Höhe von 16.881,43

zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. In diesem Umfang verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das
Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung,
soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse,
im Wesentlichen ausgeführt:
6
7
8

-
5 -
Der Klägerin stehe ein Anspruch aus § 535 Abs. 2 BGB in Höhe von aufgehoben worden sei.
Sie
könne
die
gesamte Miete ohne vorherige [X.] über die Nebenkosten
beanspruchen, weil die Parteien die ursprüngliche Vorauszahlungsvereinbarung in eine Nebenkostenpauschale abgeändert [X.].
Denn
aufgrund der nochmaligen Vernehmung des Zeugen M.

in der Berufungsinstanz stehe
fest, dass der Beklagte zu 1 und die Klägerin im März 2003 eine Vereinbarung getroffen hätten, über die Nebenkosten nicht mehr ab-zurechnen, sondern diese als mit dem Vorschuss abgegolten anzusehen. Diese
Vereinbarung sei zwar nicht sogleich wirksam geworden, weil die Beklagte zu 2 nicht beteiligt gewesen und die Klägerin aufgrund der damaligen Zwangsver-waltung nicht verfügungsbefugt gewesen sei.
Die Parteien hätten das Mietver-hältnis aber nach Aufhebung der Zwangsverwaltung einvernehmlich im Sinne der im März 2003 getroffenen Vereinbarung fortgeführt und damit die Vereinba-rung über die Änderung der Nebenkosten jedenfalls konkludent bestätigt bezie-hungsweise genehmigt.
Die Aufrechnung wegen der Kosten für die Duschreparatur führe nicht zum Erlöschen der Forderung. Das Amtsgericht habe zutreffend dargestellt, dass die Beklagten die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 536a Abs. 2 BGB nicht hinreichend dargetan hätten. In zweiter Instanz sei das weitere Vor-bringen
nicht mehr zu berücksichtigen (§ 531 Abs. 2 ZPO).
Soweit die Beklagten sich weiterer Ansprüche wegen weiterer
Zahlungen an Dritte berühmten, hätten sie diese nicht im Wege der Aufrechnung der [X.] entgegengehalten.

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-
6 -
II.
Diese Beurteilung
hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann weder ein Anspruch auf [X.] von Nebenkosten bejaht noch die Aufrechnung mit Gegenansprüchen in Höhe von 16.880,43

1. Noch zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegan-gen, dass die
Klägerin den geltend gemachten
Anspruch auf Zahlung von [X.]
nicht darauf stützen kann, dass im ursprünglichen Mietvertrag ent-sprechende Vorauszahlungen
vereinbart waren. Denn Vorauszahlungen stehen dem Vermieter als solche nicht mehr zu,
wenn -
wie hier -
bereits [X.] eingetreten ist (vgl. [X.]surteil vom 16. Juni 2010 -
V[X.] ZR 258/09, [X.], 736 Rn. 22). Allenfalls hätte die
Klägerin
Nebenkosten -
bis zur Höhe der geschuldeten Vorauszahlungen -
insoweit noch beanspruchen
können, als sie durch (gegebenenfalls auch nachträglich) erteilte Nebenkostenabrechnungen
gerechtfertigt wären
(vgl. [X.]surteile vom 22. September 2010 -
V[X.] [X.], NJW 2011, 143 Rn. 44 f.; vom 31. Juli 2007 -
V[X.] ZR 261/06, [X.], 142 Rn. 25; vom 9. März 2005 -
V[X.] ZR 57/04, NJW 2005, 1499 unter II 5 c).
Insoweit macht die Revisionserwiderung zwar geltend, dass die Klägerin nachträglich Nebenkostenabrechnungen erstellt und im Prozess vorgelegt ha-be, aus denen sich Kosten in einer die vereinbarten Vorauszahlungen überstei-genden Höhe ergäben. Zu der formellen und materiellen Richtigkeit dieser [X.] hat das
Berufungsgericht
indes
keine Feststellungen getroffen.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung
der begehrten
Nebenkosten auch nicht aus einer vertrag-lichen Änderung der [X.] dahingehend, dass die verein-barten Zahlungen nunmehr als Pauschale geschuldet sein sollten.
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-
7 -
Die Annahme des Berufungsgerichts, der Geschäftsführer der Klägerin
und der Beklagte zu 1
hätten Ende
März 2003 bei einem Gespräch im Trep-penhaus zur Wohnung der Beklagten vereinbart, die Nebenkosten nicht mehr abzurechnen, sondern als Pauschale zu behandeln,
beruht auf einer -
das rechtliche Gehör der Beklagten verletzenden -
unvollständigen Tatsachenfest-stellung.
Auch die weitere Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 2 hätte diese Vereinbarung stillschweigend genehmigt, weil sie in der Folgezeit keine Abrechnung verlangt habe, ist von durchgreifenden [X.] beein-flusst.
Entsprechendes
gilt für die Beurteilung des Berufungsgerichts, die [X.] über die Umwandlung der Vorauszahlungen in eine Pauschale sei jedenfalls durch eine "Bestätigung"

wirksam geworden, die darin liege, dass die Klägerin nach dem Ende der Zwangsverwaltung keine Nebenkostenabrechnung mehr erstellt und die Beklagten dies auch nicht beanstandet hätten.
a) Das Amtsgericht hat die von der Klägerin behauptete Vereinbarung, in Zukunft auf eine Abrechnung über die Nebenkostenvorauszahlungen zu ver-zichten und diese als Pauschale zu behandeln, nach Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen M.

und des von den Beklagten benannten (Gegen-)Zeugen L.

als
nicht bewiesen erachtet; dabei hat es seine Zweifel an der Aussage des Zeugen M.

unter anderem darauf gestützt, dass die-ser angegeben
habe, auch mit dem Mieter einer anderen Wohnung, dem schon vor den Beklagten ausgezogenen
Zeugen L.

sei eine pauschale Abgeltung der Nebenkosten vereinbart worden; diese Aussage stand aber in Widerspruch zu den Angaben des -
vom Amtsgericht als neutral und glaubwürdig einge-schätzten
-
Zeugen L.

der bekundet hat, dass mit ihm eine derartige Abre-de nicht getroffen worden sei und er
bis zu seinem Auszug Ende 2003 Neben-kostenabrechnungen erhalten habe, zuletzt für das Jahr 2003.

15
16

-
8 -
[X.]) Das Berufungsgericht hat demgegenüber unter Verstoß gegen § 286 Abs. 1 ZPO allein aufgrund der erneuten Vernehmung des Zeugen M.

eine Nebenkostenpauschalierung für erwiesen erachtet,
ohne sich
auch nur mit der
erstinstanzlichen
Aussage des Zeugen L.

auseinanderzusetzen, die das Amtsgericht mit dazu veranlasst hatte, an der Aussage des Zeugen M.

zu zweifeln.
Darüber hinaus hat das Berufungsgericht, wie die [X.] zutreffend geltend macht, gegen § 398 ZPO verstoßen, indem es den [X.]n L.

nicht erneut vernommen hat. Denn nach der ständigen Rechtspre-chung des [X.] muss das Berufungsgericht einen bereits in [X.] Instanz vernommenen Zeugen erneut vernehmen, wenn es dessen protokol-lierte Aussage anders verstehen oder ihr ein anderes Gewicht beimessen will als die Vorinstanz ([X.], Urteile
vom 28. November 1995 -

XI ZR 37/97, NJW 1996, 663, unter [X.] 3; vom 8. Dezember 1999 -
V[X.] [X.], [X.], 1199, unter [X.] a; vom 10. Februar 2010 -
V[X.] ZR 343/08, [X.], 235 Rn.
19,
st. Rspr.). Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich
das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die [X.] noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen ([X.], Urteile
vom 19. Juni 1991
-
V[X.] [X.], NJW 1991, 3285, unter [X.] [X.]; vom 10. März 1998 [X.], NJW 1998, 2222, unter [X.]; vom 10. Februar 2010 -
V[X.] ZR 343/08, [X.]O). Stützt das erstin-stanzliche Gericht seine Würdigung auf die Vernehmung mehrerer Zeugen, [X.] es der
erneuten Vernehmung sämtlicher Zeugen ([X.]surteil vom 8.
Dezember 1999 -
V[X.] [X.], [X.]O).
So liegen die Dinge hier, denn das Amtsgericht hat die Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen L.

und M.

dahin gewürdigt, dass die be-hauptete Vereinbarung damit nicht bewiesen sei, während das Berufungsge-richt den Beweis allein aufgrund der erneuten Vernehmung des Zeugen M.

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-
9 -
als erbracht angesehen hat. Zu dieser Würdigung hätte es nur nach erneuter Vernehmung beider vom Amtsgericht gehörten Zeugen kommen dürfen.
bb) Ohne Erfolg wendet die Revisionserwiderung demgegenüber ein, auf die Angaben des Zeugen L.

sei es nicht mehr angekommen, weil der [X.] M.

bei seiner erneuten Vernehmung in der Berufungsinstanz einge-räumt habe, dass er sich möglicherweise darüber geirrt habe, dass das Miet-verhältnis mit dem Zeugen L.

nicht erst, wie in seiner ersten Vernehmung angegeben, im [X.], sondern bereits im Jahr 2003 geendet habe. Das trifft schon deshalb nicht zu, weil diese Korrektur der Aussage des Zeugen M.

nichts daran ändert, dass ein Widerspruch zur Aussage des Zeugen L.

besteht.
Denn
nach der Darstellung des Zeugen M.

soll auch mit dem Mieter L.

eine Nebenkostenpauschale vereinbart worden sein, was der unbeteiligte
Zeuge L.

für seine Person gerade in Abrede gestellt hat.
b) Zudem hat das Berufungsgericht es -
unter erneutem Verstoß gegen §
286 Abs. 1 ZPO
-
versäumt, auch den Zeugen Mü.

zu vernehmen, den die Beklagten bereits in der ersten Instanz als Zeugen dafür benannt hatten, dass das vom Zeugen M.

geschilderte Gespräch mit dem Beklagten zu 1 über die Nebenkosten nicht stattgefunden haben kann, weil der Beklagte zu 1 zu dem vom Zeugen angegebenen [X.]raum
(Ende März 2003) durchgehend [X.]
als Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens, vom 21. bis 25. März
2003 sogar im Ausland,
wahrgenommen habe, was im [X.] aus seinem damaligen Terminkalender ersichtlich sei; bei dem Zeugen handele es
sich um einen Mitgesellschafter des Beklagten
zu 1, der mit ihm zusammen einen wechselseitig einsehbaren Terminkalender führe und an den Geschäftsterminen teilweise selbst teilgenommen habe.
Das Amtsgericht hatte zur Vernehmung dieses Zeugen keine Veranlassung, weil es die Behauptung der Klägerin nach Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen und 19
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-
10 -
eines der von den Beklagten benannten Gegenzeugen nicht als erwiesen an-sah. Von der Vernehmung
weiterer gegenbeweislich benannter Zeugen hat das Amtsgericht daher -
folgerichtig -
abgesehen.
Das Berufungsgericht durfte aber
den von der Klägerin zu führenden Beweis nicht als erbracht
ansehen, ohne sämtliche Gegenzeugen gehört zu haben. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten auf den Zeugen Mü.

verzich-tet hätten,
sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt und auch sonst nicht ersichtlich. Im Gegenteil haben die Beklagten in der Berufungsbegründung ausdrücklich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen einschließlich der dortigen [X.] ergänzend Bezug genommen und damit unmissverständlich klargestellt, dass sie die erstinstanzlichen [X.] auch zum Gegenstand der Berufungsinstanz machen (vgl. [X.], Urteil vom 2. Juli 1986 -
IV ZR 37/85, [X.], 1085).
Anders als die Revisionserwiderung meint, gereicht es den Beklagten auch nicht zum Nachteil, dass sie nach der Vernehmung des
Zeugen M.

in der Berufungsinstanz ihren Antrag auf Vernehmung des Zeugen Mü.

nicht ausdrücklich wiederholt oder diesbezüglich eine Verfah-rensrüge erhoben haben. Denn in der unterbliebenen Vernehmung des [X.] benannten Zeugen Mü.

liegt nur deshalb
ein Verfahrensfehler, weil das Berufungsgericht -
anders als das Amtsgericht -
der Aussage
des Hauptzeugen gefolgt ist und die Vereinbarung einer Pauschale als wirksam an-gesehen
hat; dies ist indes erst durch das Berufungsurteil offenbar geworden.
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war die Vernehmung des Zeugen Mü.

nicht deshalb entbehrlich, weil das Gespräch nach der Aus-sage
des Zeugen M.

"wenige Tage nach dem 22.3., jedenfalls binnen in-nerhalb derselben Woche"
stattgefunden habe, es deshalb nicht auszuschlie-ßen sei, dass
das
Gespräch erst am 29. März 2003 stattgefunden habe, der Beklagte aber keine Angaben zu seinem
Aufenthaltsort an diesem Tag gemacht 21
22

-
11 -
habe.
Zum einen übersieht die
Revisionserwiderung dabei, dass die Klägerin selbst behauptet hatte, dass das Gespräch am 23. März 2003, nämlich [X.] nach der Geschäftsübernahme durch die neue Gesellschafterstruktur, stattgefunden habe; zum anderen ist der Vortrag des Beklagten zu 1 bei [X.] Würdigung dahin zu verstehen, dass er in dem gesamten [X.]raum, der für das Gespräch in Frage kam, sich anderweit aufgehalten habe. Auch der
weitere Einwand der Revisionserwiderung, es handele sich bei dem Zeugen um ein ungeeignetes Beweismittel, weil auszuschließen sei, dass der Zeuge ange-sichts des [X.]ablaufs überhaupt noch Angaben machen könne, ist unberech-tigt. Denn es ist keineswegs auszuschließen, dass der Zeuge sich an [X.] und Geschäftsreisen erinnert, insbesondere auf Vorhalt des da-maligen Terminkalenders.
c) Auch die weitere Beurteilung des Berufungsgerichts, die mangels
Be-teiligung der Beklagten zu 2 zunächst unwirksame Vereinbarung über die [X.] sei später
"konkludent bestätigt beziehungsweise genehmigt
[X.]"
und jedenfalls dadurch
wirksam
geworden, ist von [X.] beein-flusst.
Denn die
Feststellungen des Berufungsgerichts
tragen
seine Würdigung
nicht, dass die Parteien
durch ihr Verhalten in den folgenden Jahren die [X.] über die Änderung der Nebenkosten "konkludent bestätigt bezie-hungsweise genehmigt"
hätten.

[X.]) Noch zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon [X.], dass eine Änderung des Mietvertrags nur unter Beteiligung sämtlicher Vertragspartner (hier also der beiden Beklagten auf Mieterseite) wirksam ver-einbart werden kann, so dass allein eine Vereinbarung zwischen dem Zeugen M.

und dem Beklagten zu 1 eine Änderung des Mietvertrags nicht bewir-ken konnte, sondern es einer Mitwirkung der Beklagten zu
2 an der Vertragsän-derung bedurft
hätte. Hierfür hat das Berufungsgericht aber keine ausreichen-23
24

-
12 -
den Feststellungen getroffen, sondern
seine Beurteilung allein auf den Umstand gestützt, dass die
Klägerin in der Folgezeit keine Nebenkostenabrechnung er-stellt und die Beklagten dies auch nicht beanstandet hätten. Dass der Beklagte zu 1 auch im Namen der Beklagten zu 2 aufgetreten ist, hat das Berufungsge-richt ebenso wenig festgestellt wie eine Kenntnis der Beklagten zu 2 von der (angeblichen) [X.] des Beklagten zu 1 mit dem Zeugen M.

, ohne die eine stillschweigende Genehmigung der Beklagten zu 2
von [X.] nicht in Betracht kam.

bb) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war die Mitwir-kung der Beklagten zu 2
an der Änderung des [X.] nicht deshalb ent-behrlich, weil sie nach § 1357 BGB wirksam vom Beklagten zu 1 vertreten [X.] wäre. Denn bei der Änderung einer vertraglichen Vereinbarung über die Abrechnung von Nebenkosten in einem bestehenden Mietverhältnis handelt es sich nicht um ein Geschäft zur
Deckung des angemessenen Lebensbedarfs.
Im Gegenteil ist der Wohnbedarf durch das bestehende Mietverhältnis gedeckt.
[X.]) Auch
die vom Berufungsgericht offenbar zusätzlich in Betracht gezo-gene "Bestätigung"
einer Pauschalierung der Nebenkosten
entbehrt
jeder Grundlage. Die
bloße Nichtabrechnung von Nebenkostenvorauszahlungen
durch den Vermieter kann -
aus der maßgeblichen Empfängersicht des Mieters -
regelmäßig schon nicht als Angebot einer Änderung der mietvertraglichen Um-lagevereinbarung oder des Verzichts auf eine Abrechnung angesehen werden ([X.]surteil vom 13.
Februar 2008 -
V[X.] ZR 14/06, [X.], 1302 Rn. 10). Besondere Umstände, die aus Sicht der Beklagten dafür hätten sprechen [X.], dass die Klägerin ihnen mit der Nichtabrechnung der Betriebskosten ein Angebot zu einer Vertragsänderung hätte
unterbreiten wollen, sind vom [X.] nicht festgestellt und auch nicht ersichtlich.

25
26
27

-
13 -
dd) Da die (angebliche) Pauschalvereinbarung somit schon wegen der erforderlichen Beteiligung der Beklagten zu 2 unwirksam ist, kann es auf sich beruhen, ob der Wirksamkeit dieser Abrede zusätzlich
entgegensteht, dass der Klägerin wegen der Zwangsverwaltung die
Verfügungsbefugnis fehlte oder ob
-
wie die Revisionserwiderung meint -
sich daraus lediglich eine schwebende Unwirksamkeit ergibt
und eine Heilung durch nachträgliche Genehmigung ana-log § 177 BGB in Betracht kommt. Aus demselben Grund kann dahinstehen, ob der streitige
Abrechnungsverzicht -
wie der Zeuge M.

bekundet hat -
so-fort gelten sollte oder die
Vereinbarung -
wie die Revisionserwiderung
meint
-
dahin auszulegen
ist, dass lediglich für die [X.] ab Beendigung der Zwangsver-waltung nicht mehr abgerechnet werden sollte.
2.
Schließlich kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begrün-dung auch
eine wirksame Aufrechnung der Beklagten mit Gegenforderungen
auf Ersatz von Aufwendungen für eine Duschreparatur in Höhe von
1.

(über den
vom Berufungsgericht be-rücksichtigten unstreitigen Betrag von 4.328,70

im Oktober 2008 hinaus) nicht verneint werden.

a) Die Beklagten haben, wie die Revision unter Bezugnahme auf deren Schriftsätze in den Tatsacheninstanzen
zutreffend geltend macht, schon in der ersten Instanz vorgetragen, dass sie in dieser Höhe weitere im einzelnen aufge-führte Rechnungen
beglichen hätten, bei denen es sich jeweils um konkret be-zeichnete Aufwendungen für das Mietobjekt
(im Wesentlichen Energielieferun-gen, Reparaturen) gehandelt habe
und bezüglich derer die Zahlung durch die Beklagten mit der hierzu bevollmächtigten Mitarbeiterin der Klägerin, der Zeugin [X.]

, jeweils vereinbart gewesen sei.
Damit haben die Beklagten einen vertrag-lichen Anspruch auf Ersatz der [X.] getätigten Aufwendungen schlüssig dargetan (§ 670
BGB).
28
29

-
14 -
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts bezog sich das auch auf die Kosten
für die Reparatur der Dusche. Soweit die Beklagten in der [X.] vorgetragen haben, dass die betreffende Absprache mit der Zeu-gin bereits vor der Erteilung des diesbezüglichen [X.] getroffen worden sei, handelt es sich somit nicht um einen neuen Vortrag, sondern ledig-lich um eine Ergänzung oder Präzisierung des bereits erstinstanzlich gehalte-nen schlüssigen Vortrags; diesen durfte das Berufungsgericht nicht -
wie [X.] -
nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückweisen
(vgl. [X.]sbeschluss vom 25.
Oktober 2011 -
V[X.] ZR 125/11,
NJW 2012, 382 Rn. 21 mwN).
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war das Vorbringen nicht deswegen unbeachtlich, weil die Beklagten keine "weiteren Umstände zu den Auslagen"
vorgetragen und sich nur auf Zeugenbeweis berufen und "kaum Belege vorgelegt"

hätten.
Dies hat -
anders als die Revisionserwiderung offen-bar meint -
ebenso wenig wie der weitere von ihr angeführte
Umstand, dass die Beklagten in einigen Schriftsätzen noch höhere Gegenforderungen geltend ge-macht haben, zur Folge, dass der Vortrag zu einer Aufrechnung mit Gegenfor-nicht schlüssig vorgetragen oder aus sonstigen Gründen unbeachtlich wäre.
Vielmehr hätte das Berufungsgericht die von den Beklagten angebotenen Beweise erheben müssen.
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war der Sachvortrag der Beklagten zu ihren Gegenansprüchen auch nicht deshalb unerheblich, weil es an einer Aufrechnungserklärung
gefehlt hätte und deshalb ein Erlöschen der Klageforderung nach § 389 BGB nicht hätte eintreten können.
Die Aufrechnung kann -
wie jede Willenserklärung -
auch stillschweigend erklärt werden
(siehe nur [X.], Urteil vom 26. Januar 2009 -
II ZR 217/07, [X.]Z 179, 285 Rn. 6 mwN). Das Berufungsgericht hätte sich daher nicht auf 30
31
32
33

-
15 -
die Feststellung
beschränken dürfen, dass die Beklagten keine
ausdrückliche Aufrechnungserklärung abgegeben
beziehungsweise nicht den Ausdruck "[X.]"
benutzt
haben. Vielmehr hätte
das Berufungsgericht
im Wege der Auslegung prüfen müssen, ob dem Verteidigungsvorbringen der Beklagten der Wille, eine Aufrechnung
zu erklären,
zu entnehmen war
(vgl. [X.], Urteil vom 26. Januar 2009, [X.]O).
Diese -
vom Berufungsgericht unterlassene -
Auslegung kann der [X.] nunmehr selbst vornehmen, da die hierzu erforderlichen Fest-stellungen getroffen und weitere tatrichterliche Feststellungen nicht zu erwarten sind.
Darin, dass die
Beklagten sich zur Verteidigung gegen die Klageforderung auf die von ihnen geltend gemachten und im einzelnen dargelegten Gegenfor-derungen bezogen und diese sogar explizit von der
Klageforderung abgezogen
haben, liegt -
offensichtlich -
eine konkludente Aufrechnungserklärung.
Entge-gen der Auffassung der Revisionserwiderung
geht es insoweit nicht um eine
-
mangels Tatbestandsberichtigungsantrag bindende -
tatsächliche Feststellung
des Berufungsgerichts, sondern um einen
revisiblen Rechtsfehler, der -
wie ausgeführt
-
darin liegt, dass das Berufungsgericht verkannt hat, dass eine [X.]serklärung nicht ausdrücklich erklärt werden muss, sondern sich auch aus den Umständen ergeben kann.

[X.].
Nach alledem kann das Berufungsurteil im Umfang der Anfechtung kei-nen Bestand haben
und ist daher
insoweit
aufzuheben (§ 562 Abs. 1
ZPO).
Die nicht entscheidungsreife Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen

34

-
16 -


563 Abs. 1 Satz 1

ZPO). Dabei macht
der [X.] von der Möglichkeit des §
563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.
Dr. Milger
Dr. [X.]
Dr. [X.]

Dr. Bünger
Kosziol
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.08.2012 -
14 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 02.12.2014 -
63 [X.]/12 -

Meta

VIII ZR 326/14

16.03.2016

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.03.2016, Az. VIII ZR 326/14 (REWIS RS 2016, 14456)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14456

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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