Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2012, Az. XII ZR 126/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1784

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII [X.]/11
Verkündet am:

31. Oktober 2012

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§
536
a Abs.
1, 543
Abs.
2 Satz
1 Nr.
1, Abs.
3, 554 Abs.
2, 578 Abs.
2
Zur Verpflichtung des Gewerberaummieters Modernisierungsarbeiten gemäß §
554 Abs.
2 BGB zu dulden.

[X.], Urteil vom 31. Oktober 2012 -
XII [X.]/11 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 31.
Oktober 2012 durch [X.], die Richterin
Dr.
[X.] und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Günter und Dr.
Botur
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2.
Zivilsenats des [X.] vom 11.
November 2011 wird auf Kos-ten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Kläger verlangen Schadensersatz, nachdem sie den mit der [X.] abgeschlossenen [X.] wegen bevorstehender Um-bauarbeiten fristlos gekündigt haben.
Im Mai 2002 schloss die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit der Kläge-rin zu 1 einen Mietvertrag über Räume in einem Gebäudekomplex zur Nutzung als Praxis für Neurologie und Psychiatrie. Der Kläger zu 2 ist in den für die [X.] vom 1.
Juli 2002 bis zum 30.
Juni 2012 fest abgeschlossenen Mietvertrag am 1.
Januar 2009 auf Mieterseite mit eingetreten.

In §
8 der Vertragsbestandteil gewordenen allgemeinen Vertragsverein-barungen "Gewerbemietvertrag Büro (AVG)"
haben die Parteien für bauliche Maßnahmen des Vermieters vereinbart:
1
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-
3
-
"1.
Der Vermieter kann Arbeiten und bauliche Maßnahmen zur Er-haltung oder zur Verbesserung der Mietsache oder sonstiger Teile des Gebäudes, zur Einsparung von Energie oder Wasser oder zur Schaffung neuen Wohnraums, zur Abwendung dro-hender Gefahren oder zur Schadensbeseitigung auch ohne Zu-stimmung des Mieters vornehmen. Der Mieter hat die in [X.] kommenden Räume zugänglich zu halten und darf die Ausführung der Arbeiten nicht behindern oder verzögern. §
554 Abs.
3 Satz
2 BGB, wonach der Mieter in diesem Fall zur Kün-digung berechtigt ist, ist ausgeschlossen.
2.
Soweit der Mieter die Maßnahmen zu dulden hat, kann er Er-satz seiner Aufwendungen nicht verlangen. Schadensersatz kann der Mieter nur verlangen, wenn durch die Maßnahmen der Gebrauch der Mietsache nicht nur unerheblich beeinträchtigt oder unmöglich gemacht wird.

"
Der Gebäudekomplex stammt aus den fünfziger/sechziger Jahren und umfasst 33 Gewerbe-
und Wohneinheiten. Die Beklagte plante eine umfassen-de Sanierung und Aufstockung der Gebäude zur Schaffung neuen Wohnraums.
Ab Oktober 2009 kam es zwischen den Parteien zu Gesprächen hier-über, in deren Verlauf die Beklagte den Klägern den Abschluss eines [X.] anbot, der auch eine Entschädigung vorsehen sollte.
Mit Schreiben vom 9.
Dezember 2009 wies die Beklagte die Klägerin zu
1 darauf hin, dass mit Beginn des zweiten Quartals 2010 die vorhandenen Garagen und Stellplätze nicht mehr zur Verfügung stünden und durch die neu 4
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4
-
zu bauende Tiefgarage ersetzt würden. Am 4.
Januar 2010 übersandte sie der Klägerin zu 1 den Entwurf einer Mietaufhebungsvereinbarung mit der Bitte um Mitteilung, wie hoch sie sich den [X.] vorstelle.
Einen Ver-tragsabschluss lehnte die Beklagte in der Folgezeit ab.
Mit Schreiben vom 5.
März 2010 teilte sie der Klägerin zu 1 mit, dass der Baubeginn für Anfang Mai 2010 und das Bauende für Ende Januar 2011 vorge-sehen sei. Die in dem Schreiben angekündigten Um-
und Ausbaumaßnahmen umfassten den Abriss der bestehenden [X.], den Neubau einer Tiefgarage, den Anbau von Aufzugsanlagen, den teilweisen Abriss und Neubau der Balkone, den Abriss der bestehenden Dächer und deren Neubau und Er-weiterung, die eventuelle Modernisierung der Fenster, die Anbringung eines Wärmeverbundsystems und die Neugestaltung der Fassade und des [X.] sowie die Neuinstallation sämtlicher Versorgungsleitungen für Gas, Wasser und Strom. Die Baukosten wurden
mit ca. 3,5
Mio. Euro beziffert.
Die Kläger suchten im Dezember 2009 Ersatzräume. Ende Januar 2010 schlossen sie einen am 1.
April 2010 beginnenden Mietvertrag über andere Räume ab, in dem eine Mietzinsbefreiung der Kläger für die ersten fünf Monate und die entschädigungslose Duldung von Belästigungen, die durch den Ausbau noch nicht vermieteter Flächen in dem Gebäude entstehen könnten, vereinbart wurden.
Die Kläger kündigten mit Schreiben vom 12.
März 2010 den Mietvertrag mit der Beklagten außerordentlich gemäß §
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 BGB we-gen Gebrauchsentziehung zum 1.
April 2010 und räumten das Mietobjekt. Zu diesem [X.]punkt hatten die Baumaßnahmen noch nicht begonnen. Die [X.] widersprach der Kündigung.

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5
-
Mit der Klage verlangen die Kläger Ersatz des ihnen durch die vorzeitige Beendigung des [X.] entstandenen Schadens, u.a. Ersatz der Um-zugskosten, der Renovierungskosten und Erstattung der Mietdifferenz für die Restlaufzeit des [X.].
Das [X.] hat die Klage abgewiesen, weil zum [X.]punkt der [X.] Kündigung mit den Baumaßnahmen noch nicht begonnen [X.] sei und deshalb noch keine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit vorgelegen habe. Auf die Berufung der Kläger hat das [X.] die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit der vom [X.], ob Baumaßnahmen nach §
554 Abs.
2 BGB ein Recht zur außerordentlichen Kündigung nach §
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 BGB geben können,
verfolgt die Beklagte
ihren Klageabwei-sungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht führt zur Begründung aus, die Kläger könnten Er-satz des ihnen durch die außerordentliche Kündigung entstandenen Schadens gemäß §
536
a BGB verlangen. Sie seien aufgrund der bevorstehenden Bauar-beiten gemäß §
543 Abs.
2 Nr.
1 BGB zur außerordentlichen Kündigung [X.] gewesen. Denn der Umfang der angekündigten Bauarbeiten habe zwangsläufig zur Folge, dass in dem Gebäude der Betrieb einer Praxis für Neu-10
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rologie und Psychiatrie nicht mehr in zumutbarer Weise möglich sei. Bei dem angekündigten Abriss der [X.], der Balkone und des bestehenden Daches müsse in dem gesamten Gebäude mit erheblichen Erschütterungen sowie Lärm-
und Staubbelästigungen gerechnet werden, vor denen auch schall-isolierte Türen, auf die die Beklagte verweise, erkennbar nicht schützen könn-ten. Der Neubau einer Tiefgarage, von Balkonen und eines erweiterten [X.] sowie der Anbau von Aufzugsanlagen und eines [X.] mit einer neu gestalteten Fassade und die Neugestaltung des [X.] seien tiefgreifende Eingriffe in die Substanz des Gebäudes, die sich zwangsläufig auf die dort befindliche Praxis der Kläger auswirken müssten. Auch die Modernisierung der Fenster und die Neuinstallation sämtlicher [X.] in den von den Klägern genutzten und in den anderen Räu-men des Hauses hätten erhebliche Beeinträchtigungen des Praxisbetriebs zur Folge. Insgesamt handele es sich
bei den Arbeiten, für die ein Kostenvolumen von 3,5
Mio. Euro vorgesehen sei, um eine grundlegende Umgestaltung des gesamten Gebäudes, durch die dieses zwangsläufig insgesamt zu einer [X.] werde. Dieser Zustand vertrage sich erkennbar nicht mit einer
gleichzeiti-gen Fortsetzung des Betriebs einer Praxis für Neurologie und Psychiatrie, die das Gegenteil von einer Baustellenatmosphäre erfordere. Bei den bereits von der Planung her auf einen [X.]raum von neun Monaten angesetzten Arbeiten sei auch nicht erkennbar, dass sie zeitlich so abgestimmt werden könnten, dass sie mit den üblichen Praxiszeiten der Kläger nicht kollidierten. Den Klägern werde deshalb durch die Bauarbeiten die vertragsgemäße Nutzung der ange-mieteten Räume entzogen.
Diese Gebrauchsentziehung stelle eine zur außerordentlichen Kündigung gemäß §
543 Abs.
2 Nr.
1 BGB berechtigende Pflichtverletzung der Beklagten dar, obwohl es sich bei den Arbeiten überwiegend um Maßnahmen zur Verbes-14
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serung der Mietsache und zur Schaffung neuen Wohnraums handele, für die grundsätzlich gemäß §
554 BGB eine Duldungspflicht des Mieters bestehe.
Die Duldungspflicht nach §
554 BGB schließe jedenfalls im vorliegenden Fall die Anwendbarkeit der allgemeinen Regelung des §
543 BGB nicht aus. Bei einer Abwägung der beiderseitigen Interessen gemäß §
543 Abs.
1 BGB sei allerdings mit zu berücksichtigen, dass §
554 BGB bestimmte Baumaßnahmen als zulässig definiere. Die Interessenabwägung führe im vorliegenden Fall dazu, dass das Ausmaß und die Auswirkungen der in die
Substanz des Gebäudes eingreifenden Arbeiten für eine verhältnismäßig lange [X.] zu einer massiven Nutzungseinschränkung der Mieträume geführt hätten. Die Kläger hätten auf einer Baustelle praktizieren und das Risiko hinnehmen müssen, dass sich ihre Patienten angesichts der bestehenden Zumutungen von ihnen abwenden wür-den und so ein wirtschaftlicher Schaden eintrete, der existenzbedrohende [X.] erreichen könne. Auf ein solches Wagnis hätten die Kläger sich nicht [X.] müssen. Sie hätten deshalb, nachdem auf Grund der Umstände [X.] habe, dass die Baumaßnahmen alsbald beginnen würden, nicht die Durchführung dieser Bauarbeiten abwarten müssen, sondern hätten die [X.] bereits für den Beginn der die Gebrauchsgewährung entziehen-den Maßnahme vorab aussprechen dürfen. Im Hinblick auf die feststehenden Baumaßnahmen sei auch eine vorherige Abmahnung gemäß §
543 Abs.
3 Nr.
1 BGB entbehrlich gewesen.
Die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und den umzugsbedingten Schäden werde auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Kläger den [X.] bereits vor ihrer Kündigungserklärung abgeschlossen hätten. Seien die Mieter -
wie hier
-
berechtigt gewesen, aufgrund der sicher bevor[X.] nicht duldungspflichtigen Gebrauchsbeeinträchtigung eine Kündigung bereits frühzeitig auszusprechen, so könne für die Kausalität nichts anderes 15
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gelten. Auch die frühzeitige Anmietung neuer Räume sei dann aufgrund der angekündigten Gebrauchsentziehung mit dem Ziel erfolgt, den Schaden infolge des durch die Pflichtverletzung der Beklagten erzwungenen [X.] gering zu halten.

II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.
1. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass §
554 Abs.
4 BGB, der gemäß §
578 Abs.
2 BGB anwendbar ist, als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Schadensersatz ausscheidet. Aufwendungen im Sinne dieser Norm sind nicht die mit einem Umzug verbundenen Kosten, die dem Mieter entstehen, der kündigt und auszieht, weil er die Erhaltungs-
oder Moder-nisierungsmaßnahmen nicht dulden möchte (vgl. [X.] Beschluss vom 22.
Juni 2010

VIII
ZR 192/09
-
WuM 2010, 565 Rn.
10 mwN). Vielmehr erfasst §
554 Abs.
4 BGB nur die Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Erfüllung der Duldungspflicht entstehen. Denn der Aufwendungsersatzanspruch knüpft von
seinem
Sinn-
und Regelungsgehalt her an die Fortsetzung des [X.] an.
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann der [X.] auch nicht auf §
8 Ziffer
2 AVG gestützt werden. Diese Klausel gewährt, wie sich aus dem Kontext ergibt, ebenfalls nur einen Schadensersatz-anspruch für den hier nicht vorliegenden Fall, dass der Mieter eine Maßnahme, zu deren Duldung er verpflichtet ist, duldet.

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2. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht einen Anspruch der Kläger gemäß §
536
a Abs.
1 BGB auf Ersatz des ihnen durch die außerordentliche Kündigung des Mietvertrags entstandenen Schadens dem Grunde nach bejaht.
Es geht im Ergebnis zu Recht davon aus, dass den Klägern aufgrund der bevorstehenden Baumaßnahmen eine nicht duldungspflichtige Gebrauchsent-ziehung der Mieträume sicher bevorstand und sie aufgrund dieses Mangels auch ohne Fristsetzung oder Abmahnung gemäß §
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 BGB zur außerordentlichen Kündigung berechtigt waren.
a) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass die mit dem Abriss der Garagen, der Balkone und des Daches
sowie mit dem Neubau von Aufzugsanlagen, Balkonen, einer Tiefgarage, der Fassade, der Neugestaltung des Treppenhauses, der Erneuerung der Fenster und der Neuinstallation sämt-licher Versorgungsleitungen verbundenen Erschütterungen und Lärm-
und Staubbelästigungen den zumutbaren Betrieb einer Praxis für Neurologie und Psychiatrie für einen längeren [X.]raum unmöglich machen, ist revisionsrecht-lich nicht zu beanstanden und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
Durch die beabsichtigte umfassende Neugestaltung des Gebäudes war danach die Tauglichkeit der Mieträume zum vertragsgemäßen Gebrauch für einen längeren [X.]raum aufgehoben.
b) Diesen Mangel hat die Beklagte zu vertreten. Denn die Kläger waren zur Duldung der Umbaumaßnahmen nicht gemäß §§
554 Abs.
1 und Abs.
2, 578 Abs.
2
BGB verpflichtet.
Zwar handelt es sich bei den Umbauarbeiten, wovon das Berufungsge-richt zutreffend ausgeht, überwiegend um Modernisierungsmaßnahmen und um Maßnahmen zur Schaffung von Wohnraum im Sinne von §
554 Abs.
2 BGB, die 20
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der Mieter grundsätzlich dulden muss. Dies gilt jedoch gemäß §
554 Abs.
2 Satz
2 BGB nicht, wenn die Maßnahmen insbesondere unter Berücksichtigung der vorzunehmenden Arbeiten für ihn eine Härte bedeuten würden, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtferti-gen sind.
Unter Zugrundelegung der Feststellungen des Berufungsgerichts stellen die Umbaumaßnahmen für die Kläger eine unzumutbare Härte im Sinne des §
554 Abs.
2 Satz
2 BGB dar. Die Kläger hätten für die mit zunächst neun [X.] angesetzte Dauer der Baumaßnahmen eine Nichtbenutzbarkeit der Mieträume zum vertragsgemäßen Gebrauch hinnehmen müssen. Das hätte für sie zur Folge gehabt, dass sie ihre Patienten hätten verlieren und keine neuen Patienten hätten gewinnen können.
Die Auferlegung eines solchen existenzbedrohenden wirtschaftlichen [X.] bedeutet für die Kläger eine Härte, die auch unter Würdigung der berech-tigten Interessen der Beklagten an einer Steigerung der wirtschaftlichen [X.] des Mietobjekts nicht zu rechtfertigen ist.
Entgegen der Ansicht der Revision spricht es nicht gegen die Annahme
einer unzumutbaren Härte, dass die Kläger in ihrem neuen Mietvertrag Beein-trächtigungen der Mieträume durch Baumaßnahmen an einigen noch leer [X.] zu vermietenden Flächen im Mietobjekt unter Verzicht auf Minderungs-
und sonstige Ansprüche akzeptiert haben. Zum einen hat die Vermieterin den Klägern zum Ausgleich den Nettomietzins für die ersten fünf Monate ab [X.] erlassen. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass die zu erwartenden Bau-maßnahmen von ihrem Umfang und ihrer Dauer den von der Beklagten geplan-ten Umbau-
und Erneuerungsarbeiten des gesamten Anwesens vergleichbar sind.
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c) Die Kläger waren aufgrund der pflichtwidrigen Entziehung des ver-tragsgemäßen Gebrauchs durch die Beklagte gemäß §
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 BGB zur außerordentlichen Kündigung des [X.] berechtigt.
aa) Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass die fristlose Kündigung der Kläger nicht deshalb unwirksam ist, weil zum [X.]punkt der Kün-digung mangels begonnener Bauarbeiten noch keine Gebrauchsentziehung
vorgelegen hat.
Im [X.]punkt der Kündigung stand aufgrund der Umstände fest, dass die Baumaßnahmen alsbald beginnen würden. Die Beklagte selbst hatte den [X.] für Mai 2010 angekündigt und ist nach den Feststellungen des [X.] auch tatsächlich so verfahren.
Sie hat dadurch, dass sie den [X.] des von ihr angebotenen Mietaufhebungsvertrages abgelehnt und so-dann im März 2010 den Beginn der mit Kosten von 3,5 Mio. Euro geplanten Baumaßnahmen für Mai 2010 angekündigt hat, zum Ausdruck gebracht, dass sie zu einer Verschiebung oder Unterlassung der Modernisierungsarbeiten nicht bereit ist. Die Kläger mussten aufgrund dieses Verhaltens der Beklagten davon ausgehen, dass diese ohne Rücksicht auf die Beeinträchtigungen der Kläger die Baumaßnahmen durchführt. Sie durften deshalb, wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, bereits vor Beginn der Baumaßnahmen die außerordentli-che Kündigung aussprechen ([X.] NJWE-MietR 1997, 224; [X.] Mietrecht 10.
Aufl. §
543 Rn.
18; [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
543 Rn.
65).
bb) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Kündigung auch nicht des-halb unwirksam, weil sie bereits zum 1.
April 2010 erfolgt ist, obwohl der [X.] Baubeginn erst für Anfang Mai 2010 vorgesehen war. Denn die Kläger waren, nachdem es ihnen gelungen war
Ersatzräume ab dem 1.
April 2010 zu 29
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finden, im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht berechtigt, diese zu [X.] und zur Vermeidung einer doppelten Mietzahlungspflicht den Mietvertrag mit der Beklagten zum 31.
März 2010 zu kündigen.
cc) Im Hinblick auf den sicher bevorstehenden Beginn der [X.] und die fehlende Bereitschaft der Beklagten zur Verschiebung oder Unter-lassung der Bauarbeiten bedurfte es gemäß §
543 Abs.
3 Nr.
1 BGB -
wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat
-
für die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung nach §
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 BGB keiner vorherigen Abmahnung oder Fristsetzung ([X.] NJWE-MietR 1997, 224; [X.]/[X.] BGB [Neubearbeitung 2011] §
543 Rn.
80; [X.] in [X.], 553, 559).
Die Beklagte behauptet auch selbst nicht, zur Verschiebung oder Unter-lassung der Bauarbeiten bereit gewesen zu sein. Ihre fehlende Bereitschaft hierzu wird durch ihr [X.] vom 19.
März 2010 gegen die au-ßerordentliche Kündigung der Kläger bestätigt, in dem sie schon bestreitet, dass es durch die Bauarbeiten überhaupt zu den von den Klägern behaupteten Beeinträchtigungen kommen werde.
d) Die Kläger haben danach gemäß §
536
a BGB einen Anspruch auf Ersatz des ihnen durch die außerordentliche Kündigung entstandenen Scha-dens (vgl. [X.]/Häublein 6.
Aufl. §
536
a Rn.
14; [X.]/[X.] BGB [Neubearbeitung 2011] §
543 Rn.
105 mwN).
Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass
auch
die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung der Beklagten und den umzugsbedingten [X.] der Kläger nicht dadurch in Frage gestellt wird, dass die Kläger den neuen Mietvertrag bereits vor ihrer Kündigungserklärung abgeschlossen haben. Steht, wie hier, eine alsbald eintretende Gebrauchsbeeinträchtigung, die den
Mieter 33
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-
zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, sicher bevor, so darf
der Mieter die erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Er muss
schon zur Schadensminde-rung damit nicht abwarten bis die Gebrauchsbeeinträchtigung tatsächlich ein-tritt.

Dose

[X.]

Klinkhammer

Günter

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.03.2011 -
2-5 O 460/10 -

O[X.], Entscheidung vom 11.11.2011 -
2 U 73/11 -

Meta

XII ZR 126/11

31.10.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2012, Az. XII ZR 126/11 (REWIS RS 2012, 1784)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1784

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