Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.02.2016, Az. III ZR 14/15

III. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 15954

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:180216UIIIZR14.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
III ZR 14/15

Verkündet am:

18. Februar 2016

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BGB §§ 675, 280

Zur Frage der Aufklärungspflicht über das Wiederaufleben der Kommanditis-tenhaftung nach §
172 Abs. 4 HGB in einem Anlageprospekt, der die [X.] an einem geschlossen Immobilienfonds zum Gegenstand hat (Bestäti-gung und
Fortführung des [X.]surteils vom 4. Dezember 2014 -
III ZR 82/14, [X.], 68).

[X.], Urteil vom 18. Februar 2016 -
III ZR 14/15 -
[X.] OLG

[X.]
-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Februar 2016
durch [X.] [X.], die
Richter
Tombrink, Dr. Remmert
und Reiter
sowie die Richterin Dr. Liebert

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten und der Streithelferin wird das
Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] [X.]s
in [X.]
vom 16. Dezember
2014 im Kostenpunkt und insoweit auf-gehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Die Berufung des [X.] gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 24. April 2013 wird insgesamt zurückgewiesen.

Der Kläger hat die
Kosten der Rechtsmittelzüge, einschließlich der
der Streithelferin
erwachsenen Kosten, zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte unter dem Vorwurf einer fehlerhaften
Kapitalanlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.

1
-

3

-

Auf Empfehlung des für die Beklagte tätigen Zeugen N.

zeichnete der Kläger am 26. August 1996
eine Beteiligung als
Kommanditist an dem ge-schlossenen Immobilienfonds M.

Nr. 37 D.

, W.

M.

K.

KG, D.

(im Folgenden: M.

Nr. 37)
mit einer (Haft-)Einlage von
50.000 DM zuzüglich 5 % Agio. In Höhe
von 42.500 DM finanzierte er die Beteiligung über zwei Bankdarlehen, die bis zum [X.] vollständig zurückgeführt wurden.

Der von der Rechtsvorgängerin
der Streithelferin der Beklagten
heraus-gegebene Emissionsprospekt enthält, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, folgende Hinweise:

"Fungibilität
([X.])

Grundsätzlich sollte die Beteiligung an einem geschlossenen [X.] langfristig ausgerichtet sein.
Der Verkauf einer Fondsbeteiligung ist prinzipiell jederzeit möglich. Es muss jedoch
darauf hingewiesen werden, daß
der Handel mit Komman-diteinlagen nicht institutionalisiert ist. Dennoch zeigt die Erfahrung, daß
Kaufinteresse durch [X.] besteht, dies insbesondere dann, wenn die Steigerung der Ausschüttungen (siehe Prognoserechnung) ein-setzt.
Die G.

Aktiengesellschaft [Rechtsvorgängerin der Streithelferin] ist bereit, bei einer Veräußerung von Anteilen vermittelnd mitzuwirken.
Es wurde für die Replazierung von Anteilen ein Zweitmarkt installiert. Bisher konnten alle [X.] befriedigt werden.

Haftung der Zeichner
([X.])

Über die im Handelsregister eingetragene Einlage (+ 5 % Agio) hinaus keine Haftung, auch keine persönliche Hypothekenhaftung (Zu den ge-setzlichen Einschränkungen und Besonderheiten siehe auch Seiten 23 u. 28).

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4

-

Ausschüttung
([X.])

Da die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapital-vermögen die laufenden Ausgaben regelmäßig übersteigen, entstehen [X.],
die zum größten Teil an die Gesellschafter
aus-geschüttet werden.

Einnahmen abzgl. der steuerlichen Werbungskosten (einschl. AfA) erge-ben in den ersten Jahren ein steuerlich niedrigeres Ergebnis, so daß den Ausschüttungen in den ersten Jahren vergleichsweise geringe [X.] Einkünfte gegenüberstehen.

Die Ausschüttungen sind, auch wenn sie zu einem "negativen [X.]"
führen würden, nicht nach § 15 a Abs.
3 EStG steuerpflichtig, da durch die Ausschüttung die Haftung der Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 HGB wieder auflebt (höchstens jedoch bis zur Höhe der im Han-delsregister eingetragenen Haftsumme).

Gesellschaftsvertrag
[Hinweise] (S. 28)

Der Text ist auf den Seiten 39 bis 43 abgedruckt.

Die Haftung des Kommanditisten ist auf seine Einlage beschränkt, eine Nachschußpflicht besteht nicht. Unbeschadet hiervon gilt die Vorschrift des § 172 Abs. 4 HGB (vgl. § 6 des Gesellschaftsvertrags und Seite 23 "Ausschüttungen").

§ 6
[des Gesellschaftsvertrags] Keine Nachschusspflicht ([X.])

Die Kommanditisten übernehmen weder gegenüber Gesellschaftern noch gegenüber [X.] irgendwelche Zahlungsverpflichtungen, Haf-tungs-
oder Nachschußverpflichtungen, die über die Verpflichtung zur
Leistung
der in der Beitrittserklärung vereinbarten Pflichteinlage hinaus-gehpflicht lässt die gesetzliche Regelung über die Haftung der Kommanditisten gegenüber den [X.] nach §§ 171 ff HGB unberührt."

-

5

-

Seiten
20
und 21
des Prospekts enthalten
eine Prognoserechnung für die Jahre 1996 bis 2016. In dieser sind zunächst die erwarteten jährlichen Ein-nahmen und Ausgaben saldiert. Der Saldo wird als "Liquider Einnahmeüber-schuß"
ausgewiesen. In weiter darunter befindlichen Zeilen werden unter der Überschrift "Voraussichtliches steuerliches Ergebnis"
von dem jeweiligen Be-trag des liquiden [X.]
(zuzüglich Tilgung und Zinsabschlag-steuer)
die Abschreibung, die Werbungskosten der [X.], das zu verteilende [X.] und die Instandhaltungskosten abgezogen.

Auf Grund sinkender Mieteinnahmen kam es
ab 1999 zu einer
allmähli-chen
Reduzierung und schließlich ab 2006 zu einer
Einstellung der [X.]. In den Jahren 2003 und 2004 führte der Zeuge N.

mehrere "[X.]"
mit dem Kläger. Mit Schreiben vom 9. Juli 2010 schlug der Beirat der Fondsgesellschaft ein Entschuldungskonzept zur Abwendung der drohen-den Insolvenz vor.

Der Kläger verlangt -
jeweils Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus seiner Gesellschaftsbeteiligung -
Freistellung von den Verbindlichkeiten aus und im Zusammenhang mit seiner Gesellschaftsbeteiligung sowie Zahlung von 3s-kosten sowie die Feststellung, dass die Beklagte sich mit der angebotenen Ge-genleistung in Annahmeverzug befinde. Er hat unter anderem geltend gemacht, nicht darüber aufgeklärt worden
zu sein, dass jährliche
Ausschüttungen als vor-zeitige Kapitalrückzahlung gewertet würden mit der Folge
des Wiederauflebens der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB. Ebenso wenig sei er auf die eingeschränk-te Fungibilität der Fondsbeteiligung hingewiesen worden.
Im Rahmen der Bera-tungsgespräche habe der Zeuge N.

den [X.] verharmlost.

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-

6

-

Die Beklagte ist den Beratungsfehlervorwürfen des [X.] im Einzelnen entgegengetreten und hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen.

Das
[X.] hat die Klage
abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] das Ersturteil
abgeändert und der Klage -
mit -
stattgegeben. Mit ihrer
vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren
die
Beklagte
und ihre
Streithelferin
die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die zulässige
Revision
hat
auch
in der Sache Erfolg. Sie führt
zur Aufhe-bung des angefochtenen Urteils, soweit zum Nachteil der [X.] worden ist, und zur vollständigen Zurückweisung der Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.].

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:

Zwischen den Parteien sei ein stillschweigender Kapitalanlagebera-tungsvertrag zustande gekommen. Die Beklagte habe ihre vertraglichen Pflich-ten zumindest in einem Punkt verletzt, so dass sie dem Kläger zum Schadens-ersatz verpflichtet sei.
Eine [X.] liege jedenfalls im [X.] auf das Risiko eines [X.] nach 7
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7

-

§
172 Abs. 4 HGB vor. Insofern sei der Kläger weder durch den [X.] noch durch die mündlichen Erläuterungen des Zeugen N.

aufgeklärt wor-den. Der Prospekt enthalte zwar an zwei Stellen Hinweise auf das Risiko aus §
172 Abs. 4 HGB. Diese seien jedoch aus sich heraus beziehungsweise im Zusammenhang mit dem vorangegangenen
Text nicht verständlich, zumal in
den "[X.]"
auf Seite 18 des Prospekts
auf ein etwaiges Wiederauf-leben der Kommanditistenhaftung nicht eingegangen werde.
Ein Hinweis
darauf
befinde sich -
ohne besondere Hervorhebung -
erst in dem Abschnitt "Die steu-erlichen Grundlagen"
unter dem Stichwort "Ausschüttungen"
([X.]). Lediglich im letzten Satz dieses Abschnitts werde -
im Zusammenhang mit der steuerli-chen Behandlung der Ausschüttungen -
auf das Wiederaufleben der Haftung der Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 HGB knapp und unauffällig [X.]. Der zweite Hinweis ergebe sich aus § 6 des in dem Prospekt abgedruckten Gesellschaftsvertrags, wonach die Haftung der Kommanditisten gegenüber den [X.] nach §§ 171 ff HGB unberührt bleibe. Dies sei zwar zutreffend, biete aber ohne weitere Erläuterung dem juristisch nicht vorgebilde-ten Anleger keine hinreichende Information über den Regelungsgehalt des §
172 Abs. 4 HGB. Dem Anleger werde durch die knappen und eher versteck-ten Prospektangaben das sich aufdrängende Wiederaufleben der Haftung
nicht vor Augen geführt.
Über dieses Risiko habe der Zeuge N.

den Kläger auch nicht mündlich unterrichtet. Denn nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Be-weisaufnahme könne nicht angenommen werden, dass der Zeuge eine über den [X.] hinausgehende oder diesen jedenfalls verdeutlichende Auf-klärung vorgenommen habe. Insoweit sei auch keine Verjährung eingetreten. Entgegen der Auffassung des [X.] könnten insbesondere dem Re-chenschaftsbericht der Fondsgesellschaft
für das [X.] keine Warnhinwei-se in Bezug auf das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung entnommen werden.
-

8

-

Der in der fehlerhaften Darstellung des [X.] nach § 172 Abs.
4 HGB liegende [X.] sei
kausal für die Anlageentscheidung. Die
Beklagte sei darlegungs-
und beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung eingetreten wäre. Das [X.], an der Ursächlichkeit
einer etwaigen [X.] fehle es schon deshalb, weil der Kläger Steuervorteile habe erzielen wollen, genüge nicht zur Widerlegung der
Kausalitätsvermutung. Der hierauf bezogene Antrag auf Parteivernehmung des [X.] sei erst in der mündlichen [X.] und damit verspätet gestellt worden (§ 531 Abs. 2 ZPO).

II.

Diese Ausführungen halten
der rechtlichen Nachprüfung in einem maß-geblichen Punkt nicht stand.

1.
Ohne Rechtsfehler hat
das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem [X.] einen
stillschweigend geschlossenen Beratungsvertrag zwi-schen den Parteien bejaht. Denn der Zeuge N.

hat den Beklagten mehrfach in dessen Wohnung aufgesucht, um ihn über die Wiederanlage eines Geldbe-trags aus einer fällig gewordenen Lebensversicherung zu beraten. Die sich an-schließenden Verhandlungen
hatten
eine konkrete Anlageentscheidung zum Gegenstand. Damit liegen die Voraussetzungen eines Beratungsvertrags vor (st. Rspr., vgl. nur
[X.]surteil vom 5. November 2009 -
III ZR 302/08, [X.], 2360 [X.]. 13;
[X.], Urteile vom 6. Juli 1993 -
[X.] 12/93, [X.], 126, 128 und vom 21. März 2006 -
XI
ZR 63/05, [X.], 851 Rn. 10).

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9

-

2.
Im Einklang mit der [X.]srechtsprechung ist das Berufungsgericht [X.] zutreffend davon ausgegangen, dass ein Anlageberater in Bezug auf das Anlageobjekt verpflichtet ist, den Kunden rechtzeitig, richtig und sorgfältig sowie verständlich und vollständig zu beraten. Insbesondere muss er den Interessen-ten über die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die für die [X.] wesentliche Bedeutung haben oder haben können (st. Rspr.,
vgl. nur [X.]surteile vom 24. April 2014 -
III ZR 389/12,
NJW-RR 2014, 1075 Rn. 9 mwN und vom 4. Dezember 2014 -
III ZR 82/14, [X.], 68 Rn. 9). [X.] gehört es zu den Pflichten eines Anlageberaters, über das Risiko
aufzuklären, dass die Kommanditistenhaftung
der Anleger trotz vollständig [X.] unter den Voraussetzungen des § 172 Abs. 4 HGB wieder auflebt ([X.]surteile vom 22. Juli 2010 -
III ZR 203/09, NJW-RR 2010, 1620 Rn. 20, 23 und vom 4. Dezember 2014 aaO). Die diesbezügliche [X.] ergibt sich daraus, dass die an den Anleger erfolgte Auszahlung (Ausschüttung) durch den Fonds nicht sicher ist, sondern gegebenenfalls [X.] werden muss. Das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung stellt ein strukturelles Risiko dar, das dem Anleger gegenüber gesondert aufklä-rungsbedürftig ist. Die wieder auflebende Kommanditistenhaftung hat erhebli-che Auswirkungen auf die prognostizierte Rendite, die nachträglich wieder ent-fallen oder verringert werden kann. Da diese Renditeerwartung regelmäßig [X.] Maßstab für die Beurteilung der Anlage ist, kommt dem Risiko der wieder auflebenden Kommanditistenhaftung im Regelfall besondere Bedeutung für die Anlageentscheidung zu. Im Rahmen des Anlageberatungsgesprächs muss deshalb darüber aufgeklärt werden, da es in die Entscheidung des [X.] gestellt ist, welche Bedeutung er diesem Risiko bei der ins Auge gefassten Kapitalanlage beimessen will ([X.]surteil vom 4. Dezember 2014 aaO Rn. 10).

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-

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-

Eine derartige Aufklärung kann, wie das Berufungsgericht ebenfalls [X.] angenommen hat,
auch durch die Übergabe von Prospektmaterial er-folgen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötige Infor-mation wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln und er dem Anlageinte-ressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann
([X.]surteil vom 24. April 2014 aaO Rn. 9
mwN). In einem solchen Fall muss jedoch in einem zweiten Schritt geprüft werden, ob die im Prospekt
erfolgte hinreichende Darstellung (insbesondere) der Risiken und Chancen der Anlage durch Angaben des [X.] entwertet worden ist. Denn der ordnungsgemäße [X.] ist für den Berater kein Freibrief, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit seinen Erklärungen ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise im Prospekt leerlaufen lässt oder in ihrer Bedeutung für die Anlageentscheidung mindert ([X.]surteile vom 24. April 2014 aaO Rn. 23 mwN und vom 17. September 2015 -
III ZR 385/14, NJW-RR 2015, 1522 Rn. 17).

3.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte jedoch ihre aus dem Beratungsvertrag folgende Pflicht zur Aufklärung über das Risiko des [X.] (§ 172 Abs. 4 HGB) nicht ver-letzt.

a) [X.] hält das Berufungsgericht den Anlageprospekt inso-weit für unzureichend. Der Beklagten ist
indes
kein Beratungsfehler anzulasten.

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-

aa) Für die Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist auf das Gesamtbild abzustellen, das er dem verständigen
Anleger unter Be-rücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre vermittelt ([X.]surteile vom 20. Juni 2013 -
III ZR 293/12, BeckRS 2013, 11561
Rn. 12 mwN und vom 11. Dezember 2014 -
III ZR 365/13, NJW-RR 2015, 732 Rn. 18). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Belehrung im Anlage-prospekt über das Risiko des [X.] als ausreichend dar. Der [X.] kann dabei die inhaltlichen Aussagen des [X.] selbst auslegen (vgl. [X.]surteile vom 24. April 2014 aaO Rn. 11 und vom 11. Dezember 2014 aaO Rn. 19).

bb) In dem Prospekt wird zu Beginn in dem Kapitel
über die wichtigsten Fakten des M.

Nr. 37
unter der Überschrift
"Haftung der Zeichner"
([X.]) darauf hingewiesen, dass die Zeichner der
Anlage zwar über die im Han-delsregister
eingetragene Einlage hinaus nicht hafteten, sich jedoch aus dem Gesetz Einschränkungen und Besonderheiten ergeben könnten. Insoweit wird auf die Lektüre der Seiten 23 und 28 verwiesen. In dem Kapitel
über die steuer-lichen Grundlagen (S. 22 ff) wird unter der Überschrift "Ausschüttungen"
([X.]) sodann erläutert, dass die Ausschüttungen an die Gesellschafter aus Liquidi-tätsüberschüssen finanziert
würden, die sich aus der Differenz zwischen den Einnahmen aus Vermietung
und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen ei-nerseits und den laufenden Ausgaben andererseits ergäben. Dass es sich bei diesen [X.]n nicht um Gewinne der Gesellschaft handelt, musste sich auch dem in wirtschaftlichen Dingen nicht erfahrenen, jedoch hin-reichend aufmerksamen [X.] erschließen. Bereits aus dem mit den Worten "Einnahmen abzgl. der steuerlichen Werbungskosten"
beginnen-den, im Tatbestand zitierten Absatz auf Seite 23 des Prospekts ergibt sich, dass die [X.] nicht mit dem Gewinn identisch sind. Noch deutli-19
20
-

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-

cher wird dies
unter Berücksichtigung der Prognoserechnung auf Seiten 20 und 21. Aus dieser geht klar
hervor, dass zur Ermittlung des Gewinns von dem Li-quiditätsüberschuss unter anderem die Abschreibung, Werbungs-
sowie In-standhaltungskosten in Abzug zu bringen waren. Weiterhin wird in dem Kapitel "Ausschüttungen"
auf Seite 23 erläutert, dass es infolge der Ausschüttungen
zu einem "negativen Kapitalkonto"
bei den Gesellschaftern kommen könne
und "durch die Ausschüttung die Haftung des Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 HGB wieder auflebt"
mit der Folge, dass die Ausschüttung gemäß § 15a Abs. 3 EStG nicht als Gewinn versteuert
werden müsse. Ergänzend
(S. 28) wird
auf §
6 des Gesellschaftsvertrags (abgedruckt auf [X.]) verwiesen und zugleich (erneut) hervorgehoben, dass die Haftung des Kommanditisten
zwar auf seine Einlage beschränkt sei
und keine Nachschusspflicht bestehe, die Vorschrift des § 172 Abs. 4 HGB jedoch "unbeschadet hiervon"
gelte. § 6 des [X.] stellt klar, dass der vertragliche Ausschluss einer Nachschusspflicht die gesetzliche Regelung über die Haftung der Kommanditisten gegenüber [X.] nach §§ 171 ff HGB unberührt lässt.

cc) Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung des [X.]s, die das Berufungsgericht unterlassen hat, kann nicht zweifelhaft sein, dass der durch-schnittlich gebildete, gehörig aufmerksame und verständige Anleger durch [X.] Hinweise hinreichend darüber aufgeklärt wird, dass er Ausschüttungen unter Umständen bis zur Höhe seiner Hafteinlage wieder zurückzahlen muss.
Wenn einerseits Ausschüttungen in Aussicht gestellt
werden und gleichzeitig deutlich gemacht wird, dass sie aus der Liquidität, also nicht aus erwirtschafteten [X.] stammen,
und wenn andererseits -
zur Erhöhung der Attraktivität der Anlage -
steuerliche Verluste (durch die Geltendmachung von Werbungskosten und Sonderabschreibungen) gewollt sind, dann erschließt sich jedem verstän-digen Anleger, dass die Ausschüttungen -
jedenfalls für die Startphase, aber 21
-

13

-

auch bei Ausbleiben des erwarteten wirtschaftlichen Erfolgs des Projekts -
zu Lasten der Deckung der Hafteinlage gehen und
deshalb die Haftung des [X.] wieder aufleben kann. Wie die Streithelferin in der Revisionsbe-gründung zu Recht anführt, drängt es sich auf, dass ein Kommanditist, der kei-nen realen Gewinn entnimmt, sondern sich durch jährliche Ausschüttungen [X.] auszahlen lässt, gegenüber den [X.]
dafür ein-stehen muss. Dieses Haftungsrisiko wird in dem Prospekt
zu dem M.

Fonds Nr. 37 -
wie dargelegt -
dem Anleger jedenfalls im [X.] hinreichend deut-lich vor Augen geführt. Eine weitergehende (abstrakte) Erläuterung
der
Haftung aus § 172 Abs. 4 HGB -
die Vorschrift wird
im Prospekt wiederholt erwähnt -
war nicht geboten
(vgl. [X.], Beschlüsse vom 9. November 2009 -
II ZR 16/09, [X.] 2009, 1396 m. Anm. [X.], [X.], 123 und vom 17. Mai 2010
-
II ZR 132/09, BeckRS 2010, 14407; s. auch [X.] Urteile vom 27. Oktober 2009 -
[X.] 337/08, NJW-RR 2010, 115 Rn. 28 und [X.] 338/08, BeckRS 2009, 86793 Rn.
30).
Dementsprechend hat der [X.] in den Verfahren [X.]/12 und [X.], die ebenfalls den Anlageprospekt zum M.

Nr. 37 zum Gegenstand hatten, die [X.] zum Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung nicht beanstandet und die [X.] der damaligen Kläger mit Beschlüssen vom 28. Februar 2013 und 20. März 2014 zurückgewiesen.
Auf die in der Revisionserwiderung angeführten abwei-chenden [X.]e anderer (M.

)
Fonds kommt es nach alledem
nicht an.

dd) Soweit das Berufungsgericht meint, für einen
gesellschafts-
und steuerrechtlich nicht versierten Anleger habe keine Veranlassung bestanden, den Abschnitt über die steuerlichen Grundlagen und die Ausschüttungen sorg-fältig im Hinblick auf mögliche Konsequenzen für seine Haftung durchzulesen, wobei die unauffällige Platzierung und Gestaltung des Hinweises erschwerend 22
-

14

-

ins Gewicht fielen, vermag der [X.] diese Ansicht nicht zu teilen. Zum einen kann keine Rede davon sein, dass die Hinweise auf das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung an versteckter Stelle platziert worden sind. Vielmehr erfolgen die Hinweise dort, wo sie mit den -
gewinnunabhängigen -
[X.] ([X.]) beziehungsweise dem Umfang der Kommanditistenhaftung (S.
28, 40) in einem
sachlichen Zusammenhang stehen, so dass
ein weiterer Hinweis in dem Kapitel über die "Risiken und Chancen"
(S. 18 ff) entbehrlich
war.
Zum anderen war von einem verständigen
Anleger zu erwarten, dass er den [X.] hinsichtlich der steuer-
und haftungsrechtlichen Auswirkun-gen
der Ausschüttungen und des Umfangs der Kommanditistenhaftung sowie den
im Prospekt abgedruckten
Gesellschaftsvertrag sorgfältig zur Kenntnis nimmt und gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt.

b) Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge N.

die im Prospekt erfolgte Aufklärung durch mündliche Erklärungen entwertet haben könnte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Das Berufungsgericht hat vielmehr aus-drücklich festgestellt, dass der Zeuge keine über den [X.] [X.] Angaben gemacht hat.

4.
Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Soweit der Kläger im Wege der [X.] geltend macht, auch insoweit nicht anlegergerecht beraten worden zu sein, als die mangelnde Fungibilität der Beteiligung nur beschönigend erläutert worden sei, vermag er damit nicht durchzudringen. Ein Beratungsfehler
ist
nicht ersichtlich.

23
24
-

15

-

a) Ein Anlageberater ist grundsätzlich gehalten, den Anlageinteressen-ten, dem er zur Eingehung einer Beteiligung an einem geschlossenen [X.] rät, darauf hinzuweisen, dass die Veräußerung eines solchen Anteils in Ermangelung eines entsprechenden Markts nur eingeschränkt möglich ist. Die praktisch fehlende Aussicht, eine [X.] an einem geschlossenen Im-mobilienfonds
zu angemessenen Bedingungen verkaufen zu können, ist ein Umstand, der für die Anlageentscheidung eines durchschnittlichen Anlegers von erheblicher Bedeutung ist
(st. Rspr., vgl. nur [X.]surteile vom 20. Juni 2013 -
III ZR 293/12, BeckRS 2013, 11561 Rn. 7; vom 24. April 2014 -
III ZR 389/12, NJW-RR 2014, 1075 Rn. 14; vom 11. Dezember
2014 -
III ZR 365/13, NJW-RR 2015, 732 Rn. 18 und vom 17.
September 2015 -
III ZR 385/14, NJW-RR 2015, 1522 Rn. 15; jeweils mwN).

b) Diesen Anforderungen wird der hier
zu beurteilende Prospekt gerecht. In dem Kapitel über die wichtigsten Fakten des Fonds wird die eingeschränkte Fungibilität der Beteiligung hinreichend erklärt ([X.]). Danach sollte die [X.] an einem geschlossenen Immobilienfonds langfristig ausgerichtet sein, auch wenn ein Verkauf der Fondsbeteiligung prinzipiell jederzeit möglich sei. Der Handel mit Kommanditanteilen sei nicht institutionalisiert. Kaufinteresse von [X.]n bestehe insbesondere dann, wenn die Steigerung der [X.] (siehe Prognoserechnung) einsetze.

Damit wird der [X.] hinreichend über das Risiko der einge-schränkten Fungibilität aufgeklärt. Er kann erkennen, dass ein Verkauf der [X.] zwar generell möglich ist, erfolgreiche Verkaufsbemühungen aber
-
da ein institutionalisierter Handel nicht besteht -
auf praktische Schwierigkeiten stoßen und
wesentlich davon abhängen, wie sich die wirtschaftliche Lage des Fonds entwickelt. Dies schließt ersichtlich auch die Möglichkeit ein, dass die 25
26
27
-

16

-

Beteiligung bei wirtschaftlich nachteiliger Entwicklung zu angemessenen [X.] praktisch nicht veräußert werden kann, weil sich kein Käufer findet. Den [X.], die Fondsbeteiligung sei jederzeit veräußerlich, muss der ver-ständige Anleger dahin verstehen, dass lediglich rechtliche oder gesellschafts-vertragliche Hindernisse einer Veräußerung nicht entgegenstehen. Der Hinweis stellt keine Einschätzung
der wirtschaftlichen Veräußerbarkeit dar (vgl. [X.]s-urteile vom 20. Juni 2013 aaO Rn. 13 und vom 17. September 2015 aaO Rn.
24). Die Formulierung, dass die G.

AG bereit sei, bei einer Veräuße-rung von Anteilen vermittelnd mitzuwirken, für die Replazierung ein Zweitmarkt installiert worden sei und bisher alle [X.] hätten befriedigt werden können, ist nicht geeignet, von der eingeschränkten Fungibilität der Beteiligung abzulenken. Das Angebot der Unterstützung bei etwaigen [X.]n bestätigt vielmehr inzidenter, dass es keinen allgemein zugänglichen geregelten Zweitmarkt gibt ([X.]surteil
vom 11. Dezember 2014 aaO Rn. 21). Der [X.] auf erfolgreiche Verkaufsbemühungen in der Vergangenheit besagt ledig-lich, dass die praktischen Schwierigkeiten einer Veräußerung nicht grundsätz-lich entgegenstehen, beinhaltet indes nicht die Aussage, dass der Verkauf zu einem angemessenen Preis erfolgt ist.

c) Die [X.] des [X.], der
Zeuge N.

, von dessen Angaben auch das Berufungsgericht ausgegangen sei, habe die praktischen Schwierig-keiten bei der Veräußerung von
Fondsanteilen
pflichtwidrig
verharmlost, indem
er in den Beratungsgesprächen auf einen funktionierenden Zweitmarkt für vo-rangegangene
Fonds hingewiesen
habe, bleibt ohne
Erfolg. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass es einem Berater untersagt ist, die in einem -
rechtzeitig überreichten -
Prospekt enthaltenen korrekten Risikohinweise abweichend hier-von darzustellen und mit seinen Erklärungen ein Bild zu zeichnen, das
die [X.]e im Prospekt entwertet oder für die Entscheidungsbildung des [X.]
-

17

-

ressenten mindert (st. [X.]srechtsprechung, vgl. nur Urteile vom 14. April 2011 -
III ZR
27/10, NJW-RR 2011, 1139 Rn. 7 und vom 24. April 2014
aaO Rn.
23; jeweils
mwN). Die von dem
Zeugen bei seiner Vernehmung durch das
[X.] bekundeten Erklärungen im Rahmen der Beratungsgespräche stell-ten jedoch keine
unzulässige Verharmlosung des Fungibilitätsrisikos
dar. Die Angaben bezogen
sich nicht auf den streitgegenständlichen Fonds und enthiel-ten
schon deshalb keine Relativierung der [X.]. Sie
erschöpften sich darin, dass in der Vergangenheit bei anderen Fonds eine Veräußerung der Fondsanteile grundsätzlich möglich gewesen sei. Dies
war
letztlich nur eine Wiederholung des
[X.]s dar ([X.], siehe oben). Darüber hinaus ist dem [X.] aus einer großen Zahl von vergleichbaren Fällen bekannt, dass ein Weiterverkauf von Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds -
wenn auch vielfach nur unter erheblichen Schwierigkeiten -
grundsätzlich möglich ist ([X.]surteile vom 11. Dezember 2014 aaO Rn. 21 und vom 17. September 2015 aaO Rn. 20). Die deutlichen Einschränkungen der [X.] werden in dem Prospekttext -
wie dargestellt -
zureichend aufgezeigt. Die [X.] wurden
durch die Angaben
des Zeugen N.

l zur
Situation
bei früheren Fonds nicht entwertet oder in ihrer Bedeutung für
die [X.] herabgemindert.

5.
Die Würdigung des Berufungsgerichts, der empfohlene Immobilienfonds sei für eine ergänzende Altersvorsorge nicht von vornherein ungeeignet gewe-sen, sowie die
vom Berufungsgericht geteilte
Auffassung
des [X.], dass hinsichtlich weiterer behaupteter [X.]en (insbe-sondere sichere Geldanlage, Rendite,
Totalverlustrisiko) jedenfalls Verjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB eingetreten sei, lassen Rechtsfehler nicht erken-nen; der Kläger hat insoweit auch keine [X.]n erhoben.

29
-

18

-

III.

Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
Die Sache ist zur Endentscheidung reif, so dass der [X.] die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] insgesamt zurückweisen kann (§
563 Abs. 3 ZPO).

[X.]

Tombrink
Remmert

Reiter
Liebert
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.04.2013 -
2 O 1207/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 16.12.2014 -
5 U 483/13 -

30

Meta

III ZR 14/15

18.02.2016

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.02.2016, Az. III ZR 14/15 (REWIS RS 2016, 15954)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15954

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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III ZR 203/09

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