Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2006, Az. II ZR 238/04

II. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 2708

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 10. Juli 2006 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja [X.] § 302; BGB §§ 364, 387; GmbHG §§ 30, 31, 32 a a) Im Vertragskonzern ist eine Aufrechnung des herrschenden Unternehmens gegen einen bereits entstandenen Anspruch der abhängigen Gesellschaft auf Verlustausgleich gemäß § 302 [X.] zulässig und wirksam, sofern die zur Aufrechnung gestellte Forderung werthaltig ist. Die Beweislast für die [X.] hat das herrschende Unternehmen. b) Zulässig und wirksam ist auch eine Vereinbarung, nach der das herrschende Unternehmen der abhängigen Gesellschaft Geld- oder Sachmittel unter [X.] auf einen bestehenden Anspruch auf Verlustausgleich gemäß § 302 [X.] oder zur Vorfinanzierung des Verlustausgleichs für das laufende Geschäftsjahr zur Verfügung stellt. c) [X.] (§§ 32 a, [X.]; §§ 30, 31 GmbHG analog) gelten auch im GmbH-Vertragskonzern. [X.], die unter den oben (Buchst. b) genannten Voraussetzungen erbracht werden, sind aber nicht als eigenkapitalersetzende Darlehen oder vergleich-bare Leistungen zu qualifizieren.
[X.], [X.]eil vom 10. Juli 2006 - [X.]/04 - [X.] - 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2006 durch [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das [X.]eil des 8. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 21. September 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger ist Insolvenzverwalter einer im Jahr 1992 gegründeten GmbH, deren Alleingesellschafterin die Beklagte, eine GmbH & Co. KG, ist. Zwischen den beiden Gesellschaften bestanden Geschäftsbeziehungen sowie ein "Organschaftsvertrag" (Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag) welcher im Februar 1996 "rückwirkend für die [X.] ab 1. Juli 1995" abgeschlos-sen und im März 1997 in das Handelsregister eingetragen worden war. Der Jahresabschluss der Gemeinschuldnerin für das "Rumpfwirtschaftsjahr" 1997 wies einen Jahresfehlbetrag von 152.828,10 DM (= 78.139,77 •) sowie eine Ausgleichsforderung gegenüber der [X.] (§ 302 Abs. 1 [X.]) in gleicher 1 - 3 - Höhe mit dem Ergebnis eines Bilanzverlustes von 0,00 DM aus. Die Beklagte beschloss im Juli 1998 die Einstellung des Geschäftsbetriebes sowie die "stille Liquidation" der Gemeinschuldnerin und erklärte ihr gegenüber mit Schreiben vom 10. August 1998 unter Hinweis auf deren schlechte Ertragslage die [X.] aus wichtigem Grund, rückwirkend zum 1. Januar 1998. Mit Schreiben unter dem Datum vom 31. Dezember 1998 er-klärte die Beklagte die Aufrechnung mit eigenen Forderungen von insgesamt 845.512,99 DM gegenüber Forderungen der Gemeinschuldnerin von 702.227,00 DM unter Einschluss der Verlustausgleichsforderung für 1997 in Höhe von 152.828,10 DM. Am 2. Dezember 1999 wurde das [X.] über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet. Mit der Klage begehrt der Kläger von der [X.] Zahlung des [X.] für 1997 in Höhe von 78.139,77 •. Er bestreitet die Wirksamkeit der Kündigung des [X.] sowie die von der [X.] be-hauptete Abgabe der [X.] vor Insolvenzeröffnung und meint, die Aufrechnung sei ohnehin wegen Umgehung des § 302 Abs. 3 [X.] sowie deshalb unwirksam, weil die von der [X.] zur Aufrechnung gestellten [X.] eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt hätten. Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Dagegen richtet sich die - von dem [X.]at auf die Nichtzulassungsbeschwerde der [X.] zugelassene - Revision der [X.]. 2 Entscheidungsgründe: Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. 3 [X.] Das Berufungsgericht (GmbHR 2005, 1058; AG 2005, 405) meint, der einer abhängigen GmbH im Vertragskonzern analog § 302 Abs. 1 [X.] zuste-4 - 4 - hende Anspruch auf Verlustausgleich sei ein Geldzahlungsanspruch und könne nur durch Barzahlung erfüllt werden. Der Verlustausgleich diene der [X.] der abhängigen GmbH bzw. dem Schutz ihrer Gläubiger vor einer Aus-höhlung der bilanzmäßigen Substanz und sei nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.] 103, 1; 107, 7) wie ein Anspruch aus § 31 GmbHG zu behandeln, gegen den ebenfalls nicht aufgerechnet werden könne ([X.] 146, 105). Die Aufrechnung führe zu keinem vollwertigen Kapitalzufluss. Der Kläger könne sonach den noch offenen Anspruch aus § 302 [X.] geltend ma-chen, ohne auf eine - hier gemäß § 146 Abs. 1 [X.] verfristete - Insolvenzan-fechtung der Aufrechnung angewiesen zu sein. I[X.] Das angefochtene [X.]eil, das im Schrifttum überwiegend Kritik gefun-den hat (vgl. [X.], [X.] 2005, 781; [X.], AG 2006, 133; [X.], [X.], 1221; Priester, BB 2005, 2483; [X.], [X.] 2005, 2339; [X.], EWiR 2005, 331; [X.]/[X.], [X.] 2005, 665; einschr. Verse, [X.], 1627; zust. dagegen [X.] in [X.].[X.] 4. Aufl. § 302 [X.]. 63; [X.], GmbHR 2005, 1031), hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. 5 1. Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass § 302 [X.] im Vertragskonzern mit einer GmbH als abhängiger Gesellschaft (wie der Gemeinschuldnerin des vorliegenden Falles) entsprechende Anwendung findet (vgl. z.B. [X.]at, [X.] 142, 382). Nach dieser Vorschrift ist der andere [X.] der abhängigen Gesellschaft gegenüber verpflichtet, jeden während der Vertragsdauer "sonst entstehenden Jahresfehlbetrag" auszugleichen, der ohne Berücksichtigung der Ausgleichsforderung in der Gewinn- und Verlust-rechnung (GuV) der abhängigen Gesellschaft auszuweisen wäre (vgl. [X.], [X.] 7. Aufl. § 302 [X.]. 11 m.w.Nachw.). 6 - 5 - Der Ausgleichsanspruch ist nach allgemeiner Meinung auf eine Geldleis-tung gerichtet (vgl. [X.] in [X.].[X.] 3. Aufl. § 302 [X.]. 50; [X.] in MünchKomm[X.] 2. Aufl. § 302 [X.]. 67; [X.] aaO § 302 [X.]. 15). Daraus folgt aber noch nicht, wie das Berufungsgericht meint, die Unzulässigkeit einer Aufrechnung gegen die Ausgleichsforderung. Gemäß § 387 BGB können beiderseitige Geldforderungen gegeneinander aufgerechnet werden. Auch eine Leistung an [X.] statt ist bei Geldforderungen nicht ausgeschlossen (§ 364 BGB; dazu [X.] in MünchKomm[X.] 2. Aufl. § 302 [X.]. 67). 7 2. Das Berufungsgericht kann sich für seine Ansicht auch nicht auf die bisherige Rechtsprechung des [X.]ates stützen. Danach dient zwar die Verlust-übernahmepflicht "zumindest auch dazu, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass die Kapitalsicherungsvorschriften im Vertragskonzern – außer [X.] ge-setzt sind" ([X.] 115, 187, 197 "Video"; [X.] 107, 7, 18 "Tiefbau"), weil ge-mäß § 291 Abs. 3 [X.] Leistungen der Gesellschaft aufgrund eines [X.] oder [X.] nicht als Verstoß gegen die §§ 57, 58 und 60 [X.] gelten. Danach kommt auch § 66 Abs. 2 [X.], der [X.]. Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift eine Aufrechnung gegenüber Erstattungsansprü-chen der Gesellschaft wegen verbotener Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs. 1 [X.]) ausschließt, nicht zum Zuge (vgl. [X.] aaO § 66 [X.]. 8; Priester aaO S. 2484). § 302 [X.] enthält seinerseits keine Sonderregelung für eine in den Jahresfehlbetrag eingeflossene Einlagenrückgewähr, was sich nur unter der Prämisse rechtfertigen lässt, dass der abhängigen Gesellschaft und ihren Gläu-bigern mit dem - durch § 303 [X.] flankierten - Anspruch auf Verlustausgleich gemäß § 302 [X.] ein wirtschaftlich gleichwertiger Schutz gewährt wird. Zudem enthält das [X.] keine § 291 Abs. 3 [X.] vergleichbare Ausnahmere-gelung gegenüber den Kapitalerhaltungsregeln der §§ 30 f. GmbHG für den 8 - 6 - Vertragskonzern, weshalb im Schrifttum zum Teil die Auffassung vertreten wird, diese Vorschriften seien im GmbH-Vertragskonzern - neben § 302 [X.] - an-zuwenden (so [X.], Festschrift [X.] [1991], [X.], 33; [X.]/[X.], GmbHG 9. Aufl. [X.]. Konzernrecht [X.]. 184 sowie die Nachweise bei [X.], [X.] 2005, 480, 518). Soweit demgegenüber nach der Rechtsprechung des [X.]ats der Verlustausgleich gemäß § 302 [X.] auch im GmbH-Vertragskonzern "an die Stelle der Kapitalerhaltungsvorschriften" tritt ([X.] 103, 1, 10), bedeutet dies einerseits nicht die gänzliche Preisgabe des von diesen Vorschriften intendierten Gläubigerschutzes, an[X.] aber auch nicht, dass der Anspruch aus § 302 Abs. 1 [X.] vollumfänglich den für §§ 30 f. GmbHG geltenden Grundsätzen unterliegt (vgl. insoweit auch [X.], AG 2006, 133, 136), insbesondere eine Aufrechnung gegen diesen Anspruch stets ebenso ausgeschlossen ist, wie die Aufrechnung gegen einen Anspruch aus § 31 GmbHG (dazu [X.]at, [X.] 146, 105). a) Der Anspruch aus § 302 [X.] nimmt gegenüber demjenigen aus § 31 GmbHG und erst recht gegenüber dem Anspruch auf Einlageleistung gemäß § 19 GmbHG, dessen [X.] gemäß Abs. 2 Satz 2 gegenüber dem Anspruch aus § 31 GmbHG entsprechend gilt ([X.] 146, 105), eine Son-derstellung ein. § 31 GmbHG setzt voraus, dass zur Deckung des [X.] erforderliches Vermögen der Gesellschaft an einen Gesellschafter ausbe-zahlt worden ist. Demgegenüber kann ein gemäß § 302 [X.] auszugleichender Fehlbetrag andere Ursachen, wie z.B. eine schlechte Ertragslage, haben (vgl. [X.]; Priester jeweils aaO), mag auch im Vertragskonzern unwiderleglich zu vermuten sein, dass Verluste der abhängigen Gesellschaft durch Weisungen oder Eingriffe des herrschenden Unternehmens entstanden sind ([X.]at, [X.] 116, 37, 41). An[X.] setzt der Verlustausgleich - im Gegensatz zu § 30 GmbHG - eine Unterbilanz nicht voraus, sondern erfasst jeden während der 9 - 7 - Vertragsdauer erwirtschafteten Jahresfehlbetrag, auch wenn am Bilanzstichtag das Stammkapital noch gedeckt ist (vgl. Verse, [X.], 1627, 1631). In [X.] ginge eine entsprechende Anwendung des [X.]s des § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG auf den Anspruch aus § 302 [X.] weit über den mit dieser Vorschrift bezweckten Schutz hinaus. Ihrem Schutzzweck ist Genüge getan, wenn die abhängige Gesellschaft über ausreichendes Vermögen verfügt, um sämtliche Forderungen ihrer Gläubiger unter Einschluss der zur Aufrech-nung gestellten Forderung zu erfüllen, diese Forderung also vollwertig ist (vgl. Priester aaO; zum Begriff der Vollwertigkeit vgl. [X.]at, [X.] 125, 141, 145 f.; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], GmbHG 16. Aufl. § 19 [X.]. 23). b) Darüber hinaus hat es der andere Vertragsteil bzw. die herrschende Gesellschaft zwar in der Hand, durch einen Erlass eigener Forderungen oder durch Befriedigung anderer Gläubiger der abhängigen Gesellschaft vor dem Bilanzstichtag einen Jahresfehlbetrag gar nicht erst zur Entstehung kommen zu lassen (vgl. [X.], AG 2006, 133, 139 f.; Priester aaO). Dann handelt es sich nicht um einen gemäß § 302 Abs. 3 [X.] unzulässigen Verzicht der [X.] auf einen Anspruch aus § 302 Abs. 1 [X.] (vgl. [X.] aaO). Daraus lässt sich aber kein entscheidendes Argument für die generelle Zulässigkeit der Aufrechnung gegen einen - wie im vorliegenden Fall - bereits entstandenen Anspruch aus § 302 [X.] unabhängig von der [X.] gewinnen. Denn der Anspruch aus § 302 Abs. 1 [X.] entsteht und wird fällig mit dem Bilanzstichtag ([X.]at, [X.] 142, 382, 385 f.); ein späterer Wegfall von Verbindlichkeiten der Gesellschaft durch Erlass oder Drittgläubigerbefriedi-gung seitens der herrschenden Gesellschaft kann das für den Verlustausgleich maßgebliche Vorjahresergebnis nach dem bilanzrechtlichen [X.] (vgl. dazu [X.]/[X.], HGB 32. Aufl. § 243 [X.]. 11, § 252 [X.]. 8) nicht berühren. 10 - 8 - c) Einer Aufrechnung gegen einen bereits entstandenen Anspruch aus § 302 Abs. 1 [X.], um den allein es im vorliegenden Fall geht, steht zwar das o.g. [X.] nicht entgegen (vgl. anschaulich auch zur steuerrechtli-chen Behandlung [X.]/[X.], [X.] 2005, 665, 668). Allein mit der bilanz-rechtlichen Erwägung, dass die von der Muttergesellschaft zur Aufrechnung gestellte Forderung bis dahin unabhängig von ihrer Werthaltigkeit in der Bilanz der Tochtergesellschaft mit dem vollen Wert zu passivieren ist (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB) und die Aufrechnung wegen ihrer Ergebnisneutralität keine Aus-wirkungen auf das bilanzielle Eigenkapital der Tochtergesellschaft hat (so [X.], AG 2006, 133, 138), lässt sich die generelle Zulässigkeit einer [X.] gegen den Anspruch aus § 302 [X.] dagegen nicht begründen (vgl. auch [X.], [X.] 2005, 2339, 2342 f.). [X.] ist auch eine Barzahlung auf den Anspruch aus § 302 [X.] (vgl. [X.] aaO S. 2340), [X.] jedoch mit dem Unterschied, dass dort der Tochtergesellschaft im Aus-tausch für ihren durch Erfüllung erloschenen Ausgleichsanspruch ein vollwerti-ger Gegenwert zufließt, was bei der Aufrechnung der Muttergesellschaft mit einer nicht (voll) werthaltigen Forderung nicht der Fall ist (vgl. [X.] aaO; Priester aaO S. 2485). Dies wird wegen der Ergebnisneutralität der Aufrech-nung auch durch einen nachfolgenden Verlustausgleich zum Ende des [X.] nicht kompensiert. Vielmehr verschafft sich hier die Muttergesell-schaft zum Nachteil der Tochtergesellschaft und ihrer anderen Gläubiger volle Befriedigung für eine nicht (voll) werthaltige Forderung gegen Wegfall der [X.] gemäß § 302 [X.], deren Gegenwert anderenfalls allen ande-ren Gläubigern der Tochtergesellschaft zu anteiliger Befriedigung zur Verfügung stünde. Das kann im Interesse des Gläubigerschutzes sowie vor dem Hinter-grund, dass § 302 [X.] zumindest auch dazu dient, einen Ausgleich für die im Vertragskonzern außer [X.] gesetzten Kapitalerhaltungsvorschriften zu schaf-fen ([X.]at, [X.] 107, 7, 18; 115, 187, 197), nicht hingenommen werden. [X.] - 9 - [X.] ändert dies aber nichts daran, dass eine Aufrechnung gegen den Anspruch aus § 302 [X.] mit werthaltigen Forderungen der Muttergesellschaft zulässig und wirksam ist (vgl. auch [X.], [X.] 7. Aufl. § 302 [X.]. 15). Die Beweislast für die Werthaltigkeit hat im Streitfall das herrschende Unternehmen, weil es hier um die Frage der Erfüllung der Verlustausgleichspflicht geht. 12 3. Unter dem Gesichtspunkt des genannten Schutzzwecks des § 302 [X.] bestehen des Weiteren keine durchgreifenden Bedenken dagegen, dass die Muttergesellschaft ihrer - z. B. in einer Krise befindlichen - Tochtergesell-schaft Geldmittel oder entsprechend werthaltige Sachleistungen unter vorher vereinbarter Anrechnung auf eine bestehende (oder künftige) [X.] zur Verfügung stellt (vgl. [X.] aaO S. 1221, 1226 f.; [X.] aaO; Priester aaO S. 2485). Entsprechendes hat der [X.]at ([X.]. v. 10. Oktober 1983 - [X.], GmbHR 1984, 18 = NJW 1984, 1036; dazu [X.]/[X.], GmbHG 9. Aufl. §§ 32 a, b [X.]. 78) für den [X.], dass nach unzulässiger Rückgewähr eines eigenkapitalersetzenden Dar-lehens weitere Gesellschafterleistungen in Anrechnung auf den Anspruch der Gesellschaft aus § 31 GmbHG analog erbracht werden, sofern eine eindeutige dahingehende Zweckbestimmung oder Vereinbarung getroffen worden ist. Im Fall des § 302 [X.] muss klargestellt sein, ob die Leistung auf einen bereits im Vorjahr entstandenen oder auf einen künftigen Verlustausgleichsanspruch er-bracht werden soll. Anderenfalls könnte die auf Verlustausgleich für ein be-stimmtes Geschäftsjahr in Anspruch genommene Muttergesellschaft (wie die Beklagte des vorliegenden Falles) die von ihr erbrachten Leistungen nachträg-lich nach Belieben der einen oder anderen Verbindlichkeit zuordnen. Soweit die Muttergesellschaft - wie im vorliegenden Fall offenbar die [X.] - die Befriedigung von Drittgläubigern der Tochtergesellschaft übernimmt 13 - 10 - und dies auf einen bereits entstandenen Verlustausgleichsanspruch gemäß § 302 [X.] angerechnet werden soll, müssen die Drittgläubigerforderungen z.Zt. ihrer Begleichung entsprechend den oben (II 2 c) dargelegten Grundsät-zen ebenfalls werthaltig sein. Im Übrigen bestehen aber keine Bedenken dage-gen, dass die Muttergesellschaft schuldbefreiende oder sonstige Leistungen zwecks Verhinderung von Tochterverlusten (vgl. oben [X.]) oder zwecks Vorfi-nanzierung des Verlustausgleichs für das laufende Geschäftsjahr erbringt (vgl. [X.] aaO S. 1227). II[X.] Da sonach das Berufungsgericht zu Unrecht von der generellen Un-zulässigkeit einer Aufrechnung gegen Ansprüche aus § 302 [X.] ausgegangen ist, kann sein [X.]eil mit dieser Begründung nicht bestehen bleiben. 14 1. Die Sache ist aber nicht entscheidungsreif, weil das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus konsequent - keine konkreten Feststellungen zur Werthaltigkeit der zur Aufrechnung gestellten Forderungen der [X.] im [X.]punkt der [X.] getroffen hat. Zudem muss den Parteien im Hinblick auf § 139 Abs. 2 ZPO Gelegenheit gegeben werden, auch zu dem bisher nicht beachteten Gesichtspunkt einer evtl. vereinbarten Anrechnung der von der [X.] erbrachten, ihren Forderungen korrespondierenden Leistun-gen auf den geltend gemachten Verlustausgleichsanspruch für das [X.] vorzutragen. 15 Zugunsten des [X.] entscheidungsreif ist die Sache nicht deshalb, weil die Beklagte gemäß ihrer vorgelegten Gesamtabrechnung die Aufrechnung mit einer - die Gegenforderungen der Gemeinschuldnerin übersteigenden - Vielzahl von Forderungen erklärt hat, ohne die wechselseitige Reihenfolge aus-drücklich anzugeben (vgl. zu diesem prozessualen Bestimmtheitserfordernis [X.], [X.]. v. 7. November 2001 - [X.]/00, NJW 2002, 2182; 16 - 11 - [X.]/[X.], ZPO 27. Aufl. § 145 [X.]. 14). Vielmehr ist davon auszugehen, dass die nach den vorinstanzlichen Feststellungen "von dem Kläger nicht [X.] bestrittenen" Forderungen der [X.] in der angegebenen Reihenfolge primär gegen die in die Abrechnung eingestellte Verlustausgleichsforderung der Gemeinschuldnerin für 1997 verrechnet werden sollten (§ 396 Abs. 1 Satz 1 BGB). 2. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der [X.]at zusätz-lich darauf hin, dass die Klage möglicherweise auch wegen eigenkapitalerset-zenden Charakters der Forderungen der [X.] im [X.]punkt der Aufrech-nungserklärung begründet sein kann, wenn sich nicht feststellen lassen sollte, dass die den Forderungen korrespondierenden Leistungen der [X.] unter vorher vereinbarten Anrechnung auf den hier geltend gemachten [X.] erbracht worden sind (vgl. oben [X.]). 17 a) Die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Eigenkapitalersatzes sind nicht im [X.], sondern im Wesentlichen in §§ 32 a, [X.] geregelt und werden - jedenfalls im GmbH-Vertragskonzern - durch § 291 Abs. 3 [X.] nicht ausgeschlossen (vgl. [X.] in v. [X.]/[X.], [X.]. des Kapi-talersatzrechts, [X.]. 12.31 m.w.Nachw.). § 32 a GmbHG enthält keine Sonder-regelung für den Vertragskonzern, sondern beschränkt - abgesehen von dem [X.] gemäß Abs. 3 Satz 2 - unterschiedslos die Geltendma-chung von Forderungen aus eigenkapitalersetzenden Leistungen eines Gesell-schafters im Insolvenzverfahren der Gesellschaft und schließt damit auch eine Aufrechnung mit solchen Forderungen des Gesellschafters gegenüber Ansprü-chen der GmbH im Insolvenzverfahren aus ([X.].[X.]. v. 19. Dezember 1994 - [X.], [X.], 280; [X.]/[X.], GmbHG 5. Aufl. § 32 a [X.]. 103 m.w.Nachw.). Sollte dementsprechend die Beklagte, wie der Kläger bisher [X.] - 12 - widerlegt mutmaßt, ihre [X.] entgegen dem dortigen, von der Beweiskraft des § 416 ZPO nicht erfassten Datum tatsächlich erst nach [X.] abgegeben und ihre offenen Forderungen gegenüber der Gemeinschuldnerin bis dahin stehen gelassen haben, so wäre die Aufrechnung schon aus dem genannten Grunde unwirksam. 19 b) Aber auch wenn die Aufrechnung schon Ende 1998 erklärt und der Gemeinschuldnerin zugegangen sein sollte, gälte nach den - neben §§ 32 a, [X.] anwendbaren - Rechtsprechungsregeln ([X.] 90, 370) im Ergebnis für den Fall nichts anderes, dass die Gemeinschuldnerin zur [X.] der Erbrin-gung der Leistungen der [X.] oder im [X.]raum eines Stehenlassens dar-aus resultierender Forderungen überschuldet oder jedenfalls nicht mehr [X.] war. Letzteres würde durch ihre etwaigen Ansprüche auf [X.] gemäß § 302 Abs. 1 [X.] nicht zwangsläufig ausgeschlossen (vgl. [X.], [X.] 105, 168, 182 ff.), selbst wenn der möglicherweise nicht wirksam gekündigte [X.] im [X.]punkt der [X.] noch bestanden haben sollte. Da eigenkapitalersetzende Leistungen in der [X.] Krise der Gesellschaft nicht zurückgefordert werden können (§ 30 GmbHG analog), kann mit entsprechenden Forderungen auch nicht aufgerech-net werden (vgl. schon [X.].[X.]. v. 10. Oktober 1983 - [X.] aaO). Im vorliegenden Fall spricht schon im Hinblick auf die im Juli 1998 be-schlossene "stille Liquidation" einiges dafür, dass die Gemeinschuldnerin [X.] im zweiten Halbjahr 1998 überschuldet und ihre Fortführungsprognose negativ war. Die vorgelegte Bilanz für das Geschäftsjahr 1997 weist trotz des dort ausgewiesenen Ausgleichsanspruchs gemäß § 302 [X.] einen durch [X.] nicht gedeckten Fehlbetrag von mehr als 450.000,00 DM aus, der möglicherweise aus der [X.] vor Abschluss des [X.] her-20 - 13 - rührt und deshalb durch den Verlustausgleich gemäß § 302 Abs. 1 [X.] nicht gedeckt ist. Das Berufungsgericht wird dazu ggf. die erforderlichen Feststellun-gen zu treffen haben. Goette [X.] Gehrlein [X.] Reichart Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 02.12.2003 - 1 [X.] 14/03 - OLG [X.], Entscheidung vom 21.09.2004 - 8 U 1187/03 -

Meta

II ZR 238/04

10.07.2006

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2006, Az. II ZR 238/04 (REWIS RS 2006, 2708)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2708

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