Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.09.2009, Az. XII ZR 73/07

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 1726

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 73/07 Verkündet am: 16. September 2009 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren ge-mäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis 29. Juli 2009 am 16. September 2009 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterin [X.] und [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 19. April 2007 aufgeho-ben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten der Revision, an das Oberlandesge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten um die Räumung und Herausgabe von [X.] sowie darüber, ob der Mieter bei vorzeitiger Rückgabe des [X.] an den Ersteigerer einen Bereicherungsanspruch gegen diesen hat. 1 Mit schriftlichem Vertrag vom 15. Mai 1998 mieteten die Beklagten von der damaligen Grundstückseigentümerin Gewerberäume für 15 Jahre mit an-schließender Verlängerungsoption. Die [X.], deren 100 %ige Tochter die Klägerin ist, betrieb in der Folgezeit die Zwangsversteigerung des [X.] - 3 - grundstücks. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 15. Dezember 2003 erhielt die Klägerin den Zuschlag für das Grundstück. Sie kündigte mit Schreiben vom 29. Dezember 2003 gegenüber den Beklagten das Mietverhältnis unter [X.] auf § 57 a ZVG zum nächstmöglichen [X.]punkt. Die Beklagten [X.] unter Hinweis auf von ihnen getätigten Investitionen die Herausgabe des Mietobjektes. Das [X.] hat der [X.] stattgegeben und die von den Beklagten hilfsweise erhobene [X.] als unzulässig abgewiesen. Im Berufungsverfahren haben die Parteien die [X.] in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagten haben wider-klagend beantragt, 3 a) festzustellen, dass sie gegen die Klägerin in Folge ihrer Einbauten durch die Steigerung des [X.] des streitbefangenen Mietobjekts um den monatlichen Mehrerlös an Miete von 2,44 • pro vermieteten Quadratmeter, bezogen auf die [X.] vom 1. Juli 2004 bis zu ihrem Auszug [X.] haben, so dass der Klägerin keine Nachzahlungsansprüche auf Miete für diese [X.] zustehen, in der sie das Mietobjekt noch in Besitz gehabt hätten, 4 b) die Klägerin zu verurteilen, an sie 18.052,03 • nebst 8 % Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 1. April 2007 zu zahlen, 5 hilfsweise hierzu festzustellen, dass ihnen [X.] ge-gen die Klägerin wegen der Steigerung des [X.] des Mietobjektes aufgrund der Mietdifferenz zwischen der von ihnen laut Mietvertrag geschulde-ten Miete in Höhe von 2,56 • pro Quadratmeter bis 31. März 2009, von 2,71 • pro Quadratmeter vom 1. April 2009 bis 31. März 2014 und von 2,87 • pro Quadratmeter vom 1. April 2014 bis 31. März 2019 und der von der Klägerin erzielten beziehungsweise zu erzielenden Miete zustehen. Der [X.] - 4 - anspruch errechnet sich nach der Steigerung des [X.] des [X.] aufgrund der Steigerung des [X.], in Verbindung mit der Rest-nutzungsdauer laut Mietvertrag, multipliziert mit dem Vervielfältiger laut Tabelle in der Anlage zu § 16 Abs. 3 [X.] bei einem Liegenschaftszins von 6,5 %. Gegen die Abweisung der Widerklage wenden sich die Beklagten mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. 7 1. Das [X.] hat, soweit für die Revision noch von Bedeu-tung, ausgeführt: Die Widerklage sei nicht begründet. Das Mietverhältnis sei unabhängig von den Voraussetzungen der §§ 57 a, [X.] beendet und die [X.] gemäß § 546 Abs. 1 BGB zur Räumung und Herausgabe der Mieträu-me verpflichtet. Wegen der fehlenden Beurkundung des von den Parteien [X.] verlorenen [X.] sei die Schriftform nicht [X.]. Gemäß § 566 Satz 2 a.F. BGB gelte der Vertrag deshalb als auf unbe-stimmte [X.] abgeschlossen und könne daher von der Klägerin gemäß § 580 a Abs. 2 BGB jederzeit spätestens am 3. Werktag eines Kalenderjahres zum Ab-lauf des nächsten Kalendervierteljahres ordentlich gekündigt werden. Von die-ser Kündigungsmöglichkeit habe die Klägerin spätestens mit Wirkung zum 31. Dezember 2005 Gebrauch gemacht. 8 Nach der wegen des Beklagtenvorbringens zu unterstellenden Vereinba-rung eines verlorenen [X.] komme ein Bereicherungsan-spruch in Betracht, weil wegen der vorzeitigen Beendigung des langfristig [X.] - 5 - zipierten [X.] der Baukostenzuschuss nicht "abgewohnt" sei und so-mit der rechtliche Grund der für die [X.] nach der Beendigung des [X.] erbrachten Leistung weggefallen sei. Nach der Rechtsprechung des [X.] sei die Bereicherung weder nach den mit dem Zuschuss gedeckten Baukosten noch nach der durch die Mieterleistung geschaffenen Werterhöhung des Bauwerks zu bemessen, sondern allein nach den Vorteilen, die der [X.] daraus erzielen könne, dass er vorzeitig in den Genuss der Nutzungsmög-lichkeit gelangt sei, die dem Mieter für die [X.] nach tatsächlicher Vertragsbe-endigung bis zum an sich vorgesehenen Vertragsablauf entgangen sei. Ob bei der Bestimmung dieses [X.] ein fiktiv erzielbarer oder der mit einem Mietnachfolger tatsächlich vereinbarte Mietzins maßgebend sei, könne dahin-stehen. Der Bereicherungsanspruch richte sich nämlich nicht gegen den Erstei-gerer des Grundstücks, sondern gegen den ursprünglichen Vermieter. Seien die wertsteigernden Aufwendungen bereits zu einer [X.] vorgenommen worden, als der ursprüngliche Vermieter noch Eigentümer des Grundstücks gewesen sei, richte sich der Bereicherungsanspruch nach der Entscheidung des [X.] vom 5. Oktober 2005 (- [X.] ZR 43/02 - NJW-RR 2006, 294) ge-gen den Erwerber. Dies gelte aber nicht, wenn das Grundstück nicht rechtsge-schäftlich, sondern im Wege der Zwangsversteigerung erworben worden sei. Bei einem verlorenen Baukostenzuschuss, um den es sich nach dem Vorbrin-gen der Beklagten handele, komme nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]Z 16, 31, 35 f.; [X.] Urteil vom 14. Juli 1960 - [X.] - [X.], 1125) ein Bereicherungsanspruch nur gegen den früheren [X.], nicht aber gegen den Ersteher in Betracht. Der Entscheidung des Bundes-gerichtshofs vom 5. Oktober 2005, der ein rechtsgeschäftlicher [X.] zugrunde liege, lasse sich nicht entnehmen, dass der [X.] insoweit von seiner früheren Rechtsprechung habe abweichen wollen. Zwar bestünden keine durchgreifenden Bedenken gegen die Haftung des [X.] - 6 - für als Baukostenzuschuss geleistete Mietvorauszahlungen; der Ersteher [X.] nämlich ebenso wie der Realgläubiger mit solchen rechnen und könne sich ebenso wie dieser nach ihnen erkundigen. Die Erkundigungsmöglichkeit versa-ge aber, wenn - wie hier - die Einsicht in die Mietverträge nicht zu einer Klärung führe, weil der verlorene Zuschuss nicht dokumentiert sei und der Mietvertrag auch keine Belege über eine Abwohnbarkeit, Anrechenbarkeit auf Mietzins, Zu-rückzahlung usw. enthalte. Jedenfalls in diesem Fall gebiete es der Schutz der Realgläubiger, den Ersteher bei vorzeitiger Vertragsbeendigung nicht nach [X.] für einen verlorenen Baukostenzuschuss des gewerblichen Mieters haften zu lassen. Die Erzielung angemessener Erlöse in der Zwangs-versteigerung sei im Rahmen der dinglichen Rechtsordnung für die [X.] von ausschlaggebender Bedeutung. Ihre Rechtsstellung werde gegenüber der Anerkennung ausdrücklicher Abwohn-, Mietvorauszahlungs- und Verrech-nungsvereinbarungen viel weitgehender beeinträchtigt, wenn sich in der Zwangsversteigerung kein angemessener Erlös mehr erzielen lasse, weil der Ersteher dem Risiko eines [X.] ausgesetzt sei. Die [X.] könnten dem nur begegnen, indem sie kein oder nur ein geringeres Gebot abgäben. Vor diesem Hintergrund könne die Entscheidung des Bundes-gerichtshofs vom 5. Oktober 2005 im Interesse der Rechtssicherheit im Real-kreditwesen nicht auf den Erwerber des Grundstücks in der Zwangsversteige-rung angewendet werden. 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 10 a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass den Beklagten ein Bereicherungsanspruch (Bereicherung in sonstiger Weise) zu-stehen kann, weil die Klägerin als Vermieterin vorzeitig, und zwar in Folge ihrer Kündigung schon zum 31. Dezember 2005 und nicht erst mit Ablauf der vertrag-lich vorgesehenen Mietzeit in den Genuss der wertsteigernden Investition der 11 - 7 - Beklagten gekommen ist ([X.] [X.]surteil vom 5. Oktober 2005 - [X.] ZR 43/02 - NJW-RR 2006, 294). Dem steht auch nicht entgegen, dass - nach [X.] des Berufungsgerichts - der auf eine bestimmte [X.] fest geschlossene Mietvertrag wegen Nichteinhaltung der Schriftform des § 550 BGB mit gesetzli-cher Kündigungsfrist kündbar war. Der Umstand, dass der Mietvertrag in einem solchen Fall vorzeitig kündbar ist, ändert nichts daran, dass die Parteien einen auf 15 Jahre unkündbaren Mietvertrag haben vereinbaren wollen. Der [X.] eines insoweit langfristigen Vertrages bietet nach wie vor die Grundlage für die von den Beklagten getätigten Investitionen. Mit der Beendigung des [X.] vor dem von den Parteien geplanten Ende ist der Rechtsgrund für die von den Beklagten vorgenommene Investition weggefallen ([X.] Urteil vom 21. Januar 1960 - [X.] - [X.], 497, 498) mit der Folge, dass der Vermieter bereichert sein kann. b) Soweit das Berufungsgericht aber unter Bezugnahme auf die Ent-scheidungen des [X.] vom 17. Dezember 1954 ([X.]Z 16, 31 ff.) und vom 14. Juli 1960 (- [X.] - [X.], 1125 ff.) meint, ein etwaiger Bereicherungsanspruch richte sich nicht gegen den Ersteigerer, [X.] gegen den ursprünglichen Vermieter, kann ihm nicht gefolgt werden. Mit nach Erlass des Berufungsurteils ergangenem Urteil vom 20. Mai 2009 (- [X.] ZR 66/07 - NJW 2009, 2374) hat der [X.] entschieden, dass sich der Bereiche-rungsanspruch nicht gegen den ursprünglichen Vermieter, sondern gegen den Ersteigerer richtet. 12 [X.]) Zwar hat der [X.] in den vom Berufungsgericht zitier-ten Entscheidungen einen Bereicherungsanspruch gegen den [X.]. Mit Urteil vom 5. Oktober 2005 ([X.]O) hat der erkennende [X.] aber ent-schieden, dass bei einem Vermieterwechsel infolge Grundstücksveräußerung nicht derjenige Bereicherungsschuldner ist, der im [X.]punkt der Vornahme der 13 - 8 - Investition Vermieter war, sondern der neue Vermieter, der die Mietsache vor-zeitig zurückerhält. [X.] Grund dieser Entscheidung ist, dass sich der Umfang der Bereicherung nicht nach der Höhe der Aufwendung des Mieters richtet und auch nicht im [X.]wert der Investition und der [X.] (und erst recht nicht zu einem früheren [X.]punkt) besteht, sondern allein in der Erhöhung des [X.], soweit der Vermieter diesen früher als vertraglich vorgesehen durch anderweitige Vermietung zu einem höheren Mietzins realisieren kann. Um eine derartige Möglichkeit ist der Voreigentümer, der die Nutzung zum vertraglich vereinbarten Mietzins dem Mieter bis zum Eigentumsübergang gewähren musste und ge-währt hat, nicht bereichert worden. Bereichert ist vielmehr der neue Vermieter, der die Mietsache vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit zurückerhält und sie [X.] zu einem höheren Mietzins weitervermieten kann ([X.]surteil [X.]O). [X.]) Diese Grundsätze gelten auch bei einem Erwerb im Zwangsverstei-gerungsverfahren. Der Ersteigerer erhält aufgrund seiner Kündigung die [X.] früher zurück als nach dem Mietvertrag vorgesehen. Wenn er deshalb das Objekt zu einem höheren Mietzins als bisher vermieten kann, ist allein er und nicht der ursprüngliche Vermieter bereichert. Die vom Berufungsgericht angeführten Bedenken, der Schutz der Realgläubiger gebiete es, den Ersteher bei vorzeitiger Vertragsbeendigung nicht nach Bereicherungsrecht haften zu lassen, teilt der [X.] nicht. Seine Auffassung, in der Zwangsversteigerung lie-ßen sich keine angemessenen Erlöse mehr erzielen, weil der Interessent ge-zwungen sei, kein oder nur ein geringeres Gebot abzugeben, vermag nicht zu überzeugen. Sie beruht auf einem unzutreffenden Verständnis der Bereiche-rung. Dem vom [X.] in der Entscheidung vom 5. Oktober 2005 bejahten [X.] ist der Ersteigerer nur dann ausgesetzt, wenn er die [X.] vorzeitig zurückerhält und sie zu einem höheren Mietzins als bisher [X.] vermieten kann. Nur wenn er mehr erlösen kann, als er nach dem bisherigen 14 - 9 - Vertrag erhalten hat, ist er bereichert. Erlöst er nur das, was er bisher erhalten hat, besteht kein Anspruch gegen ihn. Er muss also gerade nicht befürchten, dass seine Einnahmemöglichkeiten durch einen Bereicherungsanspruch ge-schmälert werden und hat deshalb keine begründete Veranlassung, ein gerin-geres Gebot im [X.] abzugeben. Die Auffassung des [X.] in den vom Berufungsgericht erwähnten Entscheidungen be-ruht auf der - überholten - Vorstellung, dass der ursprüngliche Vermieter durch die Investition des Mieters bereichert ist. Sieht man den Umfang der Bereiche-rung aber nicht in der Höhe der Aufwendung des Mieters und nicht im [X.]wert der Investitionen oder der Verkehrswertsteigerung des Mietobjektes bei Rück-gabe, sondern allein in der Erhöhung des [X.], den der Vermieter [X.] als vertraglich vorgesehen durch anderweitige Vermietung zu einem höhe-ren Mietzins realisieren kann (so [X.]surteil vom 5. Oktober 2005 [X.]O), so kann sich der Anspruch nur gegen die Person richten, die das Mietobjekt vor-zeitig zurückerhält. - 10 - 3. Der [X.] kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da das Ober-landesgericht keine Feststellungen getroffen hat, ob und gegebenenfalls in wel-cher Höhe die Klägerin bereichert ist. Der Rechtsstreit muss deshalb an das [X.] zurückverwiesen werden, damit es die erforderlichen Fest-stellungen nachholen kann. 15 Hahne [X.] Vézina Dose Klinkhammer Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 31.07.2006 - 1 O 557/04 - O[X.], Entscheidung vom [X.]

Meta

XII ZR 73/07

16.09.2009

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.09.2009, Az. XII ZR 73/07 (REWIS RS 2009, 1726)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 1726

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