Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2014, Az. IX ZR 147/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7116

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IX ZR 147/11

Verkündet am:

13. März 2014

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 81; [X.] § 267 Abs. 1, § 812
Eine vom Insolvenzschuldner nach Verfahrenseröffnung vorgenommene [X.] zugunsten eines [X.] ist unwirksam.

[X.], Urteil vom 13. März 2014 -
IX ZR 147/11 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
13. März 2014
durch [X.] [X.],
die Rich-ter Prof. Dr. Gehrlein, [X.], die Richterin [X.] und den Richter Dr. Fischer

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 9.
September 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin auch insoweit zurückgewiesen wurde, als diese beantragt hatte, den Beklagten zu verurteilen, an sie in ihrer Eigenschaft als Verwalterin über das Vermögen des Schuld-ners W.

K.

15.000

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbe-schwerde-
und des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt als Verwalterin im Insolvenzverfahren über das Vermögen des W.

K.

(nachfolgend: Schuldner) die Rückzahlung von 15.000

r) 1
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3
-
über ein [X.] zur Erfüllung eines notariellen Grundstückskaufver-trages zugeflossen sind.

Dem liegt, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, fol-gender Sachverhalt zugrunde:

Am 9.
Januar 2008 wurde über das Vermögen des Schuldners das Insol-venzverfahren eröffnet und die Klägerin zur Insolvenzverwalterin bestellt. Am 22.
Dezember 2008 schloss der Schuldner mit dem
Beklagten namens und in Ausübung einer notariellen Generalvollmacht des R.

[X.]

vom 11.

Dezember 2004 einen notariellen Kaufvertrag über ein Grundstück, wobei er der
beurkundenden Notarin sofort einen Betrag von 15.000

h-lung auf den Kaufpreis von 65.000

von ihr hierfür errichtetes [X.] einzahlte. Am 19.
Februar 2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners aufgehoben und die Restschuldbefreiung angekündigt. Auf Antrag der Klägerin wurde mit Beschluss vom 23.
Juli 2009 die [X.] wegen der 15.000

n-geordnet und der Vollzug der Klägerin übertragen.

Die Klägerin hat von
dem Beklagten in erster Instanz unter anderem Freigabe dieses Geldes auf dem [X.] verlangt. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. In der Berufung hat die Klägerin -
nach Auszahlung des Geldes vom [X.] an den Beklagten
-
Zahlung begehrt. Das [X.] hat die Berufung zurückgewiesen. Wegen der vom Schuld-ner übergebenen 15.000

verfolgt die Klägerin den Zahlungsanspruch weiter.

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4
-
Entscheidungsgründe:

Die Revision führt im Umfang ihrer Zulassung zur Aufhebung der [X.] Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

I.

Das Berufungsgericht hat, soweit in der Revision noch von Bedeutung, ausgeführt:

Ein Eigentumsherausgabeanspruch nach §
985 [X.] in Verbindung mit
§
81 [X.] hinsichtlich der Geldscheine scheide aus, weil das Geld auf das [X.] eingezahlt worden sei. Ein Anspruch nach §
812 ff [X.] stehe der Klägerin ebenfalls nicht zu. Ein Anspruch aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Altern.
1 [X.] (Leistungskondiktion) scheitere daran, dass nicht der Beklagte als [X.] der Leistung anzusehen sei. Hätte nämlich der Schuldner eigenes Geld einbezahlt, liege eine Zahlung auf fremde Schuld gemäß §
267 Abs.
1 [X.] vor. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass die [X.] gemäß §
81
[X.] unwirksam sei.
Die [X.] sei keine Verfügung. Maßgebend sei allein, als wessen Leistung sich die Zuwendung bei objektiver Betrachtung aus der Sicht des Zuwendungsempfängers darstelle. Jedenfalls im Zeitpunkt des Eingangs des Geldes auf dem [X.] hätten die [X.] der Beklagten noch nichts
von einem angeblichen Missbrauch der General-vollmacht des [X.]

gewusst. Eine spätere Kenntnis sei unerheblich.
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5
-

Habe der Schuldner fremdes Geld übergeben, liege eine direkte Leistung des [X.]

an den Beklagten vor. Die Klägerin könne deshalb in je-dem Fall nur vom [X.]

eine Rückzahlung verlangen.

Ein Anspruch aus §
812 Abs.
1 2. Altern. [X.] komme wegen des Vor-rangs der Leistungskondiktion
nicht in Betracht. Ein Anspruch aus Insolvenzan-fechtung scheide
gemäß §
129 Abs.
1 [X.] aus, weil die fragliche Handlung nach Eröffnung vorgenommen worden sei. Auch ein solcher Anspruch könne sich zudem nur gegen den [X.]

richten.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.

Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die vom Schuldner an die Notarin übergebenen 15.000

des [X.]

stehendes Geld war. Dies durfte indessen nicht dahinste-hen, weil entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die Klage im Falle, dass es sich um Geld des Schuldners handelte, begründet ist.

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht gesehen, dass ein Anspruch der Klägerin ausscheidet, wenn es sich um Geld des [X.]

gehandelt hat. Dann hat der Schuldner als Vertreter des Zeugen gehandelt und für diesen das Geld über die Notarin und die Bank als [X.] an den Beklagten geleistet. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung an die Masse im Insolvenzver-8
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fahren über das Vermögen des Schuldners scheidet dann aus. Das wird von der Revision nicht in Frage gestellt.

2. Handelte es sich
dagegen
um Geld des Schuldners, ist ein Bereiche-rungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten gegeben.

a) Dem steht nicht schon die Auffassung der Revisionserwiderung ent-gegen, es liege auch in diesem Falle eine Leistung des [X.]

an den Beklagten vor, weil der Schuldner das Geld zunächst durch Insichgeschäft dem [X.]

übereignet habe, bevor er es der Notarin als dessen Vertreter übereignet habe. Dies ist schon deshalb unzutreffend, weil eine solche Über-eignung an den [X.]

gemäß §
81 Abs.
1 [X.] unwirksam gewesen wäre. Stand das Geld zuvor im Eigentum des Schuldners, war es gemäß §
35 Abs.
1 [X.] vom [X.] erfasst. Anhaltspunkte für eine Unpfänd-barkeit liegen nicht vor. Jedenfalls konnten gemäß §
91 [X.] weder der Zeuge
[X.]

noch die Notarin Eigentum an den Geldscheinen erwerben.

b) Liegt, wie das Berufungsgericht angenommen hat, eine wirksame (Teil-)Erfüllung des Anspruch des Beklagten gegen den [X.]

aus dem Kaufvertrag vor, hat
die Klägerin allerdings nur einen Anspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung gemäß §
812 Abs.
1 Satz
1 Altern.
1 [X.] (Leis-tungskondiktion) gegen den
[X.]

([X.], Urteil vom 22.
Oktober 1975 -
VIII
ZR 80/74, [X.], 1235; vom 23.
Februar 1978 -
VI
ZR 11/76, [X.]Z 70, 389, 396
f; vom 4.
November 1997 -
VI
ZR 348/96, [X.]Z 137, 89, 94
f; Pa-landt/[X.], [X.], 73.
Aufl. §
267 Rn.
7). Diesem Anspruch kann
der Schuldner der befriedigten Forderung auch nicht §
814 [X.] entgegenhalten ([X.], je aaO).

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7
-

Eine derartige Leistung eines [X.] mit Erfüllungswirkung setzt [X.] voraus, dass der Dritte den Willen hat und zum Ausdruck bringt, auf die Verpflichtung des Schuldners zu leisten; maßgeblich ist, als wessen Leistung sich die Zuwendung bei objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht des [X.] darstellt ([X.], Urteil vom 26.
September 1994 -
II
ZR 166/93, [X.], 128, 129; vom 4.
November 1997, aaO je mwN).

Allerdings gilt auch hier der allgemeine Grundsatz der Rechtsscheinsleh-re, dass der gutgläubige Vertragsgegner bei Fehlen der Zurechenbarkeit des Rechtsscheins nicht geschützt werden kann. Der Empfängerhorizont des [X.] kann die fehlende wirksame Tilgungs-
und Zweckbestimmung nicht ersetzen ([X.], Urteil vom 20. März 2001 -
XI
ZR 157/00, [X.]Z 147, 145, 151
mwN; vom 21.
Januar 2010 -
IX
ZR 226/08, [X.], 473 Rn.
13; vom 21.
November 2013 -
IX
ZR 52/13, [X.], 21 Rn.
17).

c) Es liegt danach -
entgegen der Annahme des Berufungsgerichts
-
kei-ne wirksame Schuldtilgung gegenüber dem Beklagten vor. Deshalb besteht der Anspruch des Beklagten aus dem Kaufvertrag weiter. In diesem Fall findet
der Bereicherungsausgleich
zwischen dem
scheinbar Leistenden, hier dem [X.], und dem Gläubiger statt ([X.], Urteil vom 4.
November 1997, aaO S.
95; vom 20.
März 2001, aaO S.
149; [X.]/[X.], aaO §
267 Rn.
3; vgl. auch [X.], Urteil vom 21.
November 2013, aaO
Rn. 11;
MünchKomm-[X.]/[X.], 6.
Aufl. §
267 Rn.
23).

Der Beklagte hat, weil keine Leistung des Schuldners vorliegt, auf sons-tige Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt (§
812 Abs.
1 Satz
1 Altern.
2 [X.]).

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-
8
-

aa) Die Erfüllungshandlung des Schuldners war gemäß §
81 Abs.
1 [X.] unwirksam. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens war der Schuldner gemäß §
81 Abs.
1 Satz
1 [X.] nicht mehr berechtigt, im Verhältnis zu dem Beklagten eine wirksame Erfüllungszweckbestimmung
zu treffen. Bedient
sich der Schuld-ner zur Begleichung einer Verbindlichkeit eines Zahlungsmittlers, hängt die Er-füllung von der konstitutiven Wirksamkeitsvoraussetzung ab, dass er eine ent-sprechende [X.] verlautbart. Diese [X.] hat verfügungsähnliche Wirkung. Sie erfordert deshalb die uneingeschränkte [X.] des Schuldners ([X.], Urteil vom 21.
November 2013, aaO
Rn. 21).

Unwirksam nach §
81 Abs.
1 [X.] ist auch eine Leistungsbestimmung im Sinne des
§
267 Abs.
1 Satz
1 [X.]. Der Senat hat unter Verfügungen in die-sem Sinne alle Rechtshandlungen verstanden, die auf das Vermögen des Schuldners unmittelbar einwirken. Daher sind alle Zahlungen des Schuldners sowie die Genehmigung im Einzugsermächtigungsverfahren betroffen ([X.], Urteil vom 25.
Oktober 2007 -
IX
ZR 217/06, [X.]Z 174, 84 Rn.
19 mwN). Es werden auch verfügungsähnliche Geschäfte erfasst ([X.], Urteil vom 21.
November 2013, aaO mwN; [X.], [X.], 13.
Aufl. §
81 Rn.
2
f). Auch die Ermächtigung eines [X.] durch den Schuldner, für ihn eine Leistung [X.], ist nach §
81 [X.] unwirksam ([X.], Beschluss vom 12.
Juli 2012 -
IX
ZR 210/11, [X.], 1565 Rn.
7; vom 12.
Juli 2012 -
IX
ZR 213/11, [X.], 1517 Rn.
14). Für die Leistungsbestimmung nach §
267 Abs.
1 [X.] gilt dasselbe. Auch sie ist eine verfügungsähnliche Handlung. Da somit eine wirksame Leistung durch den Schuldner als [X.] nicht vorliegt, trat durch die [X.] an den Beklagten auch keine Erfüllungswirkung ein ([X.], Urteil vom 4.
November 1997, aaO S.
95).

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-
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-

Ob die Klägerin eine Leistungsbestimmung nach §
267 [X.] hätte nach-holen können (vgl. dazu [X.], Urteil vom 14.
Juli 1964 -
VI
ZR 129/63, NJW 1964, 1898, 1899; vom 15.
Mai 1986 -
VII
ZR 274/85, NJW 1986, 2700; vom 4.
November 1997,
aaO; Beschluss vom 12.
Juli 2012,
aaO
Rn.
15
f) kann da-hinstehen. Eine solche Leistungsbestimmung, die in einer Klage gegen den [X.]

möglicherweise hätte gesehen werden können, ist vorliegend jedenfalls nicht erfolgt.

[X.]) Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach Bereicherungsrecht. §
143 [X.] ist entgegen der Ansicht der Revision nicht analog anwendbar. Diese [X.] gilt nur für das Insolvenzanfechtungsrecht, das hier schon deshalb nicht zur Anwendung kommt, weil es gemäß §
129 Abs. 1 [X.] nur Rechtshandlun-gen betrifft, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind. Im Übrigen
fehlt es für die Bemessung der Höhe des [X.] an einer Regelungslücke, weil der Umfang des Anspruchs in den §§
812
ff [X.] ausreichend geregelt ist.

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-
III.

Das angefochtene
Urteil kann folglich keinen Bestand haben. Es ist auf-zuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, wird sie an das Berufungsgericht zurückverwiesen (§
563 Abs. 1 ZPO). Dieses wird nunmehr festzustellen haben, ob es sich bei den 15.000

Geld des Schuldners oder um Geld des
[X.]

gehandelt hat.

Kayser
Gehrlein
[X.]

[X.]
Fischer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.04.2010 -
11 O 308/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 09.09.2011 -
1 U 34/10 -

24

Meta

IX ZR 147/11

13.03.2014

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2014, Az. IX ZR 147/11 (REWIS RS 2014, 7116)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7116

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 147/11

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