Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.07.2017, Az. 3 StR 196/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 7308

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:270717U3[X.]TR196.17.0

BUN[X.][X.]GERICHT[X.]HOF

IM NAMEN [X.][X.] VOLKE[X.]

URTEIL
3 [X.]tR
196/17
vom
27. Juli 2017
in der [X.]trafsache
gegen

wegen schwerer räuberischer Erpressung

-
2
-
Der 3.
[X.]trafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung
vom 27.
Juli 2017, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
[X.],

[X.] am [X.]
Gericke,
[X.]in am [X.]
Dr. [X.],
die [X.] am [X.]
Dr. [X.],
Dr. Berg

als beisitzende [X.],

[X.] beim [X.]

als Vertreter der [X.]schaft,

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
1.
Auf die Revision der [X.]taatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 8.
Juni 2016, soweit es den An-geklagten L.

betrifft, im [X.] mit den zuge-
hörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anord-nung der [X.]icherungsverwahrung abgesehen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die [X.]ache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.]trafkammer des [X.] zurück-verwiesen.
2.
Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Ur-teil wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer [X.] in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt; von [X.] hat es abgesehen. [X.] wendet sich die [X.]taatsanwaltschaft mit ihrer zu Ungunsten des Angeklag-ten eingelegten, auf das Unterbleiben der Anordnung der Unterbringung in der 1
-
4
-
[X.]icherungsverwahrung beschränkten und auf eine Verfahrensbeanstandung sowie die [X.]achrüge gestützten Revision. Die auf die in allgemeiner Form erho-bene Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklag-ten wendet sich insgesamt gegen seine Verurteilung. Das Rechtsmittel der [X.]taatsanwaltschaft hat Erfolg; die Revision des Angeklagten erweist sich hin-gegen als unbegründet im [X.]inne von §
349 Abs.
2 [X.]tPO.
I. Nach den Feststellungen des [X.] gewann der vielfach vorbe-strafte Angeklagte, der bereits im Jahr 1999 wegen schwerer räuberischer [X.] zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und im Jahr 2003 wegen schwerer räuberischer Erpressung in sieben Fällen sowie versuchter schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verur-teilt worden war, im [X.] des Jahres 2014 -
nur wenige Monate nach seiner letzten Haftentlassung
-
die Mitangeklagten [X.].

und K.

unabhängig
voneinander dazu, gemeinsam mit ihm Raubüberfälle auf Banken zu begehen. Nach dem vereinbarten [X.] sollte der Angeklagte das Fluchtfahrzeug [X.] und in diesem warten, während einer der beiden Mitangeklagten in der Bank den eigentlichen Überfall durchführte. Der Angeklagte besorgte zudem die bei den Überfällen verwendeten, wie echte Waffen aussehenden [X.]pielzeugpis-tolen bzw. Attrappen von Handgranaten und stellte sie dem tatausführenden Mitangeklagten zur Verfügung. Für die Überfälle wurde -
teils gemeinsam, teils durch den Angeklagten allein -
Kleidung gekauft, die nach den Taten vernichtet wurde. Die [X.]pielzeugwaffen bzw. ungeladenen Waffen sollten den Opfern [X.] nur gezeigt und nicht gegen deren
Kopf oder deren Körper gerichtet wer[X.]. Der in der Bank agierende Mitangeklagte sollte sich möglichst ruhig verhal-ten und eine von dem Angeklagten vorher verfasste handschriftliche Notiz über-reichen, die -
regelmäßig unter Androhung, andernfalls von der Waffe Gebrauch zu machen -
die Bankmitarbeiter zur Geldzahlung aufforderte. Die Beute wurde 2
-
5
-
-
unter Abzug von Aufwendungen -
geteilt; dies führte in der Regel der Ange-klagte durch, der sich mitunter größere Beträge nahm, als ihm nach den ge-troffenen Vereinbarungen zustanden.
Auf die beschriebene Art und Weise beging der Angeklagte in der [X.] vom 8.
Oktober 2014 bis zum 23.
April 2015 zehn Banküberfälle, in sechs Fäl-len gemeinsam mit dem Mitangeklagten [X.].

und in vier Fällen gemein-
sam mit dem Mitangeklagten K.

In zwei der Fälle holte der Mitangeklagte [X.].

die Waffe nicht hervor, son-
dern nestelte nur an oder in seiner Jackentasche herum, um -
jeweils mit Er-folg
-
deutlich zu machen, dass er tatsächlich bewaffnet war. In den übrigen Fällen zog er die [X.]pielzeugpistole und hielt in drei Fällen den Lauf auch in Rich-tung der Bankmitarbeiter, ohne die Waffe allerdings gezielt gegen Körperteile oder den Kopf zu richten. Der Mitangeklagte K.

zog in einem Fall die
[X.] und hielt in den drei anderen Fällen eine Handgranatenattrappe in [X.]. Die Bankmitarbeiter hielten die Waffen für echt bzw. konnten dies nicht ausschließen. Einige der Mitarbeiter hatten während der Überfälle Todesangst. Überwiegend haben sie die Überfälle gut verkraftet, wobei ein Teil der Zeugen psychologische Hilfe in Anspruch nehmen musste. Alle können weiter in ihrem Beruf arbeiten, zwei Zeuginnen sind wegen der Überfälle allerdings nicht mehr im [X.]ervicebereich tätig, weil sie sich dort nicht mehr sicher fühlen. Mehrere Zeuginnen denken immer noch -
gelegentlich oder regelmäßig -
an die Überfäl-le; einige entwickeln dabei auch Angstgefühle bzw. sind schreckhafter oder achtsamer geworden.
Das [X.], das für die zehn Taten gegen den Angeklagten jeweils auf Einzelstrafen zwischen sieben Jahren und acht Jahren Freiheitsstrafe er-kannt hat, hat von dessen Unterbringung in der [X.]icherungsverwahrung abge-3
4
-
6
-
sehen, weil die Voraussetzungen des §
66 Abs.
1 [X.]atz
1 Nr.
4 [X.] nicht [X.]. Dabei hat es bereits das Vorhandensein eines Hangs im [X.]inne der Vor-schrift für zweifelhaft gehalten; gleichwohl ist es in Übereinstimmung mit dem gehörten [X.]achverständigen davon ausgegangen, dass der Angeklagte nach seiner Entlassung aus der [X.]trafhaft mit hoher Wahrscheinlichkeit [X.]traftaten wie die im vorliegenden Verfahren abgeurteilten begehen wird. Diese seien in der konkreten Tatausführung allerdings gegenüber den Taten, die den früheren Verurteilungen zugrunde lagen, weniger schwerwiegend, weil [X.] immer nur ungefährliche [X.]cheinwaffen verwendet worden seien und die Mitangeklagten mit diesen "nicht konkret auf [die Opfer] gezielt" hätten. [X.]elbst wenn danach ein Hang, Taten wie die abgeurteilten zu begehen, angenommen werden könnte, handele es sich bei diesen mit Blick darauf, dass die Anord-nung der [X.]icherungsverwahrung nur als ultima ratio in Betracht komme und §
66 Abs.
1 [X.]atz
1 Nr.
4 [X.] deshalb restriktiv auszulegen sei, nicht um er-hebliche [X.]traftaten, denn keiner der Bankangestellten habe schwere seelische oder körperliche [X.]chäden erlitten; es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass es sich "bei den vorliegenden Delikten in der konkreten Art und Weise der Tatausführung um solche [handele], die typischer Weise mit schwe-ren seelischen [X.]chädigungen" einhergingen.
[X.] Die wirksam auf die [X.] der Maßregel der [X.]icherungs-verwahrung beschränkte und vom [X.] vertretene Revision der [X.]taatsanwaltschaft hat mit der [X.]achrüge Erfolg; auf die gleichfalls erhobene
Verfahrensbeanstandung kommt es danach nicht mehr an.
Das [X.] hat das Vorliegen der formellen Voraussetzungen für die Anordnung der [X.]icherungsverwahrung nach §
66 Abs.
1 [X.]atz
1 Nr.
1 -
3 [X.] rechtsfehlerfrei festgestellt. Die Begründung, mit der es die materiellen 5
6
-
7
-
Voraussetzungen der Unterbringung des Angeklagten in der [X.]icherungsver-wahrung im [X.]inne von §
66 Abs.
1 [X.]atz
1 Nr.
4 [X.] verneint hat, hält [X.] revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Nach dieser Vorschrift erfordert die Unterbringungsanordnung eine Gesamtwürdigung des [X.] und seiner Taten, die ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen [X.]traftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Op-fer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum [X.]punkt der [X.] gefährlich ist.
Ein Hang in diesem [X.]inne ist gegeben bei einem eingeschliffenen inne-ren Zustand des [X.], der ihn immer wieder neue [X.]traftaten begehen lässt; der Zustand muss gegenwärtig sein und ist aufgrund umfassender Vergangen-heitsbetrachtung festzustellen (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschluss vom 6.
Mai 2014 -
3 [X.], [X.], 271, 272 mwN). Bezugspunkt eines solchen Hanges sind erhebliche [X.]traftaten, also solche, die eine erhebliche [X.]törung des Rechtsfriedens darstellen (vgl. [X.], Urteil vom 26.
April 2017 -
5 [X.], juris Rn.
13 mwN; LK/Rissing-van [X.]aan/[X.], 12.
Aufl., §
66 Rn.
148; MüKo[X.]/[X.]/Drenkhahn/[X.], 3. Aufl., §
66 Rn.
99).
Kriterien für die Erheblichkeit in diesem [X.]inne ergeben sich zunächst aus den gesetzgeberischen Wertungen, die maßgeblich für die Normierung der [X.] Voraussetzungen für die Anordnung der [X.]icherungsverwahrung gewor[X.] sind (LK/Rissing-van [X.]aan/[X.] aaO, §
66 Rn.
149, 154; [X.][X.]W-[X.]/[X.]/[X.], 3. Aufl., §
66 Rn.
26 mwN; vgl. [X.], Beschluss vom 28.
November 2002 -
5 [X.], [X.], 73, 74). Als erhebliche [X.]traftaten kommen danach vornehmlich solche in Betracht, die in den [X.] von §
66 Abs.
1 [X.]atz
1 Nr.
1 Buchstabe a) bis c) [X.] fallen ([X.][X.]W-[X.]/[X.]/[X.] aaO) und die -
wie Vorverurteilungen im [X.]inne von §
66 7
8
9
-
8
-
Abs.
1 [X.]atz
1 Nr.
2 [X.] -
im konkreten Fall mit mindestens einem [X.] zu ahnden wären, ohne dass letzteres allein zur Annahme der Er-heblichkeit ausreicht ([X.], Beschluss vom 28.
November 2002 -
5
[X.], [X.], 73, 74; LK/Rissing-van [X.]aan/[X.] aaO, §
66 Rn.
154; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 29.
Aufl., §
66 Rn.
33).
Ein weiterer entscheidender Maßstab zur Bestimmung der Erheblichkeit ergibt sich aus der Hervorhebung der schweren seelischen oder körperlichen [X.]chädigung der Opfer in §
66 Abs.
1 [X.]atz
1 Nr.
4 [X.] (MüKo[X.]/Ullen-bruch/Drenkhahn/[X.] aaO, §
66 Rn.
98, 103 f.; LK/Rissing-van [X.]aan/[X.] aaO, §
66 Rn.
149; [X.][X.]W-[X.]/[X.]/[X.] aaO), wobei das Gesetz durch die Verwendung des Wortes "namentlich", welches der Wortbe-deutung und dem [X.]inne nach wie "beispielsweise" oder "vor allem" zu [X.] ist, zum Ausdruck gebracht hat, dass mit der Nennung solcher Folgen [X.] abschließende Festlegung verbunden ist; damit sollen vielmehr lediglich [X.]traftaten von geringerem [X.]chweregrad ausgeschieden werden ([X.], Urteile vom 18.
Mai 1971 -
4 [X.], [X.][X.]t 24, 153, 154 f.; vom 17.
Dezember 1985 -
1 [X.], [X.], 165; vom 9.
Oktober 2001 -
5 [X.], [X.], 38; vom 18.
Februar 2010 -
3 [X.]tR 568/09, [X.], 172; [X.]/[X.]/[X.] aaO; LK/Rissing-van [X.]aan/[X.] aaO). Allerdings ist in [X.] Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber durch die [X.]treichung des weiteren Beispiels des schweren wirtschaftlichen [X.]chadens in §
66 Abs.
1 Nr.
3 [X.] aF durch das "[X.] und zu begleitenden Regelungen" vom 22.
Dezember 2010 ([X.]
I, [X.].
2300) eine stärkere Konzentration auf Delikte gegen grundle-gende höchstpersönliche Rechtsgüter, insbesondere gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle [X.]elbstbestimmung erreichen wollte, ohne damit aber den Gesichtspunkt schwerer wirtschaftlicher [X.]chäden ganz 10
-
9
-
auszublenden; die Berücksichtigung wirtschaftlicher [X.]chäden, zum Beispiel bei den ausweislich der expliziten Nennung der Delikte des 20. Abschnitts des Be-sonderen Teils des [X.]trafgesetzbuchs in §
66 Abs.
1 [X.]atz
1 Nr.
1 Buchst.
b) [X.] weiterhin erfassten Raub-
und Erpressungsdelikten, sollte nicht ausge-schlossen sein (BT-Drucks. 17/4062, [X.].
14; so auch [X.]/[X.]/[X.] aaO Rn.
36; [X.][X.]W-[X.]/[X.]/[X.] aaO Rn.
28).
Bei der Beurteilung, ob die von dem Angeklagten hangbedingt zu erwar-tenden Taten in diesem [X.]inne "erheblich" sind, kommt es danach auf die Um-stände des Einzelfalles an, die im Wege einer sorgfältigen Gesamtwürdigung des [X.] und seiner Taten in den Blick zu nehmen sind ([X.], Urteile vom 18.
Februar 2010 -
3 [X.]tR 568/09, [X.], 172; vom 18.
Mai 1971
-
4 [X.], [X.][X.]t 24, 153, 155). Bei dieser Gesamtwürdigung können ne-ben der [X.]chwere der zu erwartenden Taten und den genannten -
auch nur [X.] bzw. typischerweise eintretenden (vgl. [X.], Urteile vom 24.
März 2010
-
2 [X.]tR 10/10, [X.], 239, 240; vom 9.
Oktober 2001 -
5 [X.], [X.], 38) -
Folgen für die Opfer auch die Tathäufigkeit oder die [X.] ins Gewicht fallen ([X.], Urteile vom 12.
Juli 1988 -
1
[X.]tR 280/88, [X.]R [X.] §
66 Abs.
1 Erheblichkeit
2; vom 26.
Juni 1991 -
3
[X.]tR 186/91, [X.]R [X.] §
66 Abs.
1 Erheblichkeit
3).
2. Nach den genannten Grundsätzen erweisen sich die Ausführungen des [X.], mit denen es das Vorliegen eines Hangs des Angeklagten zur Begehung erheblicher [X.]traftaten abgelehnt hat, als rechtsfehlerhaft.
Insoweit ist es -
worauf der [X.] zutreffend hingewiesen hat -
bereits bedenklich, dass die [X.]trafkammer -
einen Hang des Angeklagten relativierend -
darauf abgestellt hat, die konkrete Ausführung der abgeurteilten Taten zeige gegenüber denjenigen, die den Verurteilungen aus den Jahren 11
12
13
-
10
-
1999 und 2003 zugrunde lagen, "eine deutlich abmildernde Entwicklung" auf. Die fehlende [X.]teigerung oder die Abnahme von Gewalt bzw. der Massivität der Drohung mit
dieser spricht nicht gegen eine intensive Neigung zu Rechts-brüchen. Einen Hang kann auch haben, wer mit abnehmender Intensität [X.]traf-taten begeht ([X.], Urteil vom 6.
April 2016 -
2 [X.]tR 478/15, juris Rn.
16).
Jedenfalls die Verneinung der Erheblichkeit der von dem Angeklagten in-folge des Hangs begangenen und -
auch nach der Einschätzung des Landge-richts mit hoher Wahrscheinlichkeit -
nach seiner Haftentlassung zukünftig zu erwartenden [X.]traftaten im [X.]inne von §
66 Abs.
1 Nr.
4 [X.] hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Insoweit gilt:
Die hier in Rede stehenden Verbrechen der schweren räuberischen [X.] gemäß § 249, §
250 Abs. 1, §§ 253, 255 [X.] sind schon mit Blick auf die Mindeststrafdrohung von drei Jahren Freiheitsstrafe und die für die [X.] mit der Tatbegehung regelmäßig verbundenen psychischen Auswirkun-gen grundsätzlich als erhebliche [X.]traftaten anzusehen; dies gilt auch, wenn bei einem Banküberfall nur mit einer ungeladenen [X.]chreckschusspistole oder einer Waffenattrappe gedroht wird ([X.], Beschluss vom 4.
August 2011 -
3 [X.]tR 235/11, juris Rn.
6; Urteil vom 26.
April 2017 -
5 [X.], juris Rn.
13 f.). Aber auch die konkrete [X.]chwere der Taten spricht für ihre Wertung als erheb-lich: Das [X.] hat in jedem der zehn abgeurteilten Fälle eine Einzelstrafe von mindestens sieben Jahren
Freiheitsstrafe verhängt und dabei straferschwe-rend insbesondere die Vielzahl der erheblichen und auch einschlägigen [X.], die hohe Rückfallgeschwindigkeit, die professionelle Vorgehensweise und das routinemäßige Handeln, das seinen Ausdruck auch in der Vielzahl der Taten gefunden habe, berücksichtigt. All diese Umstände weisen nach den oben genannten Grundsätzen indes in aller Regel [X.]traftaten als erheblich aus.
14
15
-
11
-
Jedenfalls hätte die [X.]trafkammer aber diese Umstände im Rahmen der Maßregelentscheidung in eine Gesamtwürdigung des Angeklagten und seiner Taten einstellen müssen. Dies hat sie unterlassen und stattdessen allein auf die eingetretenen oder typischerweise zu erwartenden Folgen der Taten für
die Op-fer -
die Bankangestellten -
abgestellt. Auf den Erfolg allein kommt es bei der Beurteilung der Erheblichkeit aber nicht an ([X.], Urteile vom 17.
Dezember 1985 -
1 [X.], [X.], 165; vom 9.
Oktober 2001
-
5 [X.], [X.], 38). Insoweit ist zudem bedenklich, dass das [X.] maßgeblich auch darauf abgestellt hat, dass das [X.] für die [X.]ituation eines Banküberfalls geschult sei; eine solche [X.]chulung kann -
wie auch die Fälle 2., 3., 5., 6., 7. und 10. der Urteilsgründe zeigen, in denen die Bankangestellten schockiert waren oder Todesangst hatten -
den Opfern die Angst, bei einem Überfall verletzt oder getötet zu werden, nicht nehmen und bietet auch keine Gewähr dafür, dass ein Überfall tatsächlich ohne erhebliche psychische Folgen für ein Opfer bleibt ([X.], Urteil vom 26.
April 2017 -
5 [X.], juris Rn.
14). Einige der Opfer haben immer noch -
wenn auch be-herrschbare -
Ängste und haben infolge der Überfälle zum Teil ihr Verhalten geändert bzw. bankintern ihre [X.]telle gewechselt. Dass die [X.]trafkammer gleich-wohl insgesamt von der Unerheblichkeit der auch nur potentiellen Folgen der von dem Angeklagten zu erwartenden Taten ausgegangen ist, lässt besorgen, dass sie -
mit Blick auf den mehrfach zitierten [X.] der [X.]iche-rungsverwahrung -
von einem unzutreffenden Maßstab ausgegangen ist und nur besonders schwere seelische [X.]chäden als ausreichend angesehen hat (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Oktober 2001 -
5 [X.], [X.], 38).
3. Dem unter 2. gefundenen
Ergebnis steht Rechtsprechung des [X.] nicht entgegen. Zwar haben sowohl der 2. [X.]trafsenat (Urteil vom 19. Oktober 2011 -
2 [X.]tR 305/11, juris Rn.
13) als auch der 5. [X.]trafsenat 16
17
-
12
-
(Beschluss vom 11.
Dezember 2012 -
5 [X.]tR 431/12, [X.][X.]t 58, 62, 70) ent-schieden, dass Verbrechen des schweren Raubes nach §
250 Abs.
1 Nr.
1 Buchst.
b) [X.], bei denen als Drohmittel lediglich objektiv ungefährliche unge-ladene [X.]chreckschuss-
oder [X.]cheinwaffen eingesetzt werden, als Prognoseta-ten für die Anordnung der [X.]icherungsverwahrung nicht ausreichen sollen. Diese Entscheidungen bezogen sich aber auf den Rechtszustand nach Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Regelungen zur [X.]icherungsverwahrung durch das [X.] ([X.], Urteil vom 4.
Mai 2011
-
2 BvR 2333/08 u.a., [X.]E 128, 326). Nach der von diesem damals ge-troffenen Weitergeltungsanordnung durfte §
66 [X.] nur nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung weiter angewandt werden (vgl. [X.] aaO, [X.].
406, Rn. 172); Anknüpfungspunkt für die Gefahrenprognose waren deshalb zu erwartende schwere Gewalt-
und/oder [X.]exualstraftaten.
Diese erhöhten Anforderungen finden auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, weil die Taten ab Oktober 2014 und damit nach dem Inkrafttreten des "Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der [X.]icherungsverwahrung" vom 5. Dezember 2012 ([X.] I 2425) am 1.
Juni 2013 begangen wurden. Mit diesem Gesetz wurde den Bedenken des [X.]s Rechnung getragen, die sich ohnehin nur auf die Ausgestaltung der Unterbringung der [X.]icherungsverwahrung und den [X.] [X.]trafvollzug, nicht aber auf die formellen und materiellen Anord-nungsvoraussetzungen des § 66 [X.] bezogen. Nach dessen Inkrafttreten be-stehen gegen die Gültigkeit und die Verfassungsmäßigkeit von §
66 Abs.
1 [X.] keine Bedenken mehr ([X.], Urteile vom 24. Oktober 2013 -
4 [X.]tR 124/13, NJW 2013, 3735, 3736; vom 7. Januar 2015 -
2 [X.]tR 292/14, N[X.]tZ 2015, 208, 209; vom 26.
April 2017 -
5 [X.], juris Rn.
12). Es besteht bei Taten, die nach der Gesetzesänderung begangen wurden, auch kein Anlass, 18
-
13
-
die erhöhten Voraussetzungen aus [X.] weitergel-ten zu lassen (vgl. [X.], Urteil
vom
26.
April 2017 -
5 [X.], aaO mwN).
I[X.] Die Revision des Angeklagten ist unbegründet, weil die umfassende Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat.
[X.] Gericke [X.]

[X.] Berg
19

Meta

3 StR 196/17

27.07.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.07.2017, Az. 3 StR 196/17 (REWIS RS 2017, 7308)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7308

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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