Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.12.2011, Az. IX ZR 11/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 879

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IX ZR 11/11
Verkündet am:

1. Dezember 2011

[X.]

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 44a, 135 Abs. 2, § 143 Abs. 3, § 147
Wird die am [X.]svermögen und am Vermögen eines [X.]ers gesicher-te Forderung eines Darlehensgläubigers nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der [X.] durch Verwertung der [X.]ssicherheit be-friedigt, ist der [X.]er zur Erstattung des an den Gläubiger ausgekehrten [X.] zur Insolvenzmasse verpflichtet.
[X.], Urteil vom 1. Dezember 2011 -
IX ZR 11/11 -
[X.]

LG Arnsberg

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
22. September 2011

durch [X.] Prof. Dr. Kayser, den
Richter
Raebel, die Richterin [X.], [X.] Pape und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Auf die Revision
des [X.] wird
das Urteil des 8.
Zivilsenats des [X.] vom 29. Dezember 2010
im Kosten-punkt sowie insoweit aufgehoben, als die Klage unter Abänderung des Schlussurteils der [X.] für Handelssachen des [X.] vom 29. April 2010 wegen eines Betrages von 4

Die Berufung des Beklagten gegen das Schlussurteil der 1. Kam-mer für Handelssachen des [X.] vom 29. April 2010 wird auch insoweit zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten beider Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. Februar 2009 eröffneten Insol-venzverfahren über das Vermögen der S.

GmbH (fortan: 1
-
3
-
Schuldnerin). Der Beklagte ist seit 1994/95 alleiniger [X.]er und Ge-schäftsführer der Schuldnerin. Zur Sicherung von Krediten, welche die S.

(fortan: S.

) der Schuldnerin gewährte, bestellte er an in seinem Alleineigentum stehenden Grundstücken Grundschulden im Nennwert n-tum an Fahrzeugen der Schuldnerin gesichert. Der Kläger verwertete die Fahr-zeuge und zahlte an die S.

(Verwer-tungserlös abzüglich [X.] und Umsatzsteuer).

Der Kläger
hat
zunächst Zahlung der Stammeinlage von 25.564,59

(50.000 DM) verlangt. Der Beklagte hat einen Betrag von 1.278,23

insoweit ist [X.] ergangen. Der Kläger hat den Anspruch auf [X.] der Einlage sodann
nur
noch in Höhe von
weiteren
1.278,23

r-folgt und desweiteren wegen des an die S.

ausgekehrten Verwertungs-erlöses
Zahlung von 42.189,53

die vom Beklagten persönlich gestellte Sicherheit
in dieser Höhe
freigeworden sei. Das [X.] hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung
wegen der noch streitigen Einlageforderung
in Höhe von 1.278,23

t-erhalten und die weitergehende Klage abgewiesen.
Mit
seiner vom Berufungs-gericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Anspruch auf Zahlung

Entscheidungsgründe:

Die Revision
führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
2
3
-
4
-
I.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts
([X.], 251)
sind die Vorausset-zungen eines Anspruchs aus §
135 Abs.
2, §
143 Abs.
3 Satz 1 [X.] nicht er-füllt. Die "[X.]"
alten Rechts seien gemäß §
30 Abs.
1 Satz
3 GmbHG nicht mehr anwendbar. Eine analoge Anwendung von §
135 Abs.
2, §
143 Abs.
3 [X.] komme nicht in Betracht, weil zwar eine [X.] bestehen möge, diese
aber nicht planwidrig sei. Ein Anspruch aus Bereiche-rungsrecht bestehe nicht, weil nicht ersichtlich sei, dass der Beklagte überhaupt einen Vorteil erlangt habe. Ein etwa erlangter Vorteil stünde dem Beklagten, nicht dem Kläger zu. Jedenfalls scheitere der
Anspruch am Grundsatz des Vor-rangs der Leistungskondiktion.

II.

Diese Ausführungen
halten einer rechtlichen Überprüfung
in einem we-sentlichen
Punkt
nicht
stand.
Ein Anspruch des [X.] auf Erstattung des an die S.

ausgekehrten Erlöses folgt aus §
143 Abs.
3 Satz
1 [X.] analog.

1. Das Gesetz regelt nicht, wie in der Insolvenz einer GmbH die Verwer-tung der von ihr gestellten Sicherheiten gegenüber einem [X.]er wirkt, der für das gesicherte Darlehen eigene Sicherheiten erbracht hat. Folgerichtig gibt es auch keine Vorschriften dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen die Masse von einem [X.]er Erstattung verlangen kann, dessen [X.] hierdurch freigeworden ist. Die Voraussetzungen eines Anspruchs aus §
135 Abs.
2, §
143 Abs.
3 Satz
1 [X.] hat das Berufungsgericht zutreffend verneint.
4
5
6
-
5
-

a) Nach §
135 Abs.
2 [X.] ist eine Rechtshandlung anfechtbar, mit der eine [X.] einem
[X.] für eine Forderung auf Rückgewähr eines [X.] im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Befriedigung gewährt hat, wenn ein [X.]er für die Forderung eine [X.] bestellt hatte. Der [X.]er hat dann die dem [X.] gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten (§
143 Abs.
3 Satz
1 [X.]). [X.] sind nach der allgemeinen Vorschrift des §
129 Abs.
1 [X.], die auch für den Anfechtungstatbestand des §
135 [X.] gilt, jedoch nur solche Rechtshand-lungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen. "Rechtshandlung"
im Sinne von §
135 Abs.
2 [X.] ist
die Befreiung des [X.]ers, welcher die Sicherheit gestellt hatte ([X.], [X.], 1966, 1969; [X.],
EWiR 2011, 195, 196; vgl. auch [X.], [X.], 741, 747). Diese fand im vorliegenden Fall nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens statt. Sie erfolgte durch Auskeh-rung des für die sicherungsübereigneten Fahrzeuge erzielten Erlöses an die S.

.

b)
Die Vorschrift des §
135 Abs.
2 [X.] kann
-
entgegen der vom Kläger in den Vorinstanzen vertretenen Ansicht
-
nicht dahingehend ausgelegt werden, dass
sie Rechtshandlungen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens er-fasst.
§
135 Abs.
2 [X.] verweist zwar auf §
135 Abs.
1 Nr.
2 [X.], wo es
heißt, dass die anzufechtende Rechtshandlung "im letzten Jahr vor dem Eröffnungs-antrag oder nach diesem Antrag"
vorgenommen worden war. Für sich genom-men, erfasst diese Formulierung auch
Handlungen, die erst nach der Eröffnung stattgefunden haben. Handlungen "nach dem Eröffnungsantrag"
kommen in zahlreichen anfechtungsrechtlichen Vorschriften
vor
(vgl. etwa §
130 Abs.
1 Nr.
2, §
131 Abs.
1 Nr.
1, §
132 Abs.
1 Nr.
2, §
133 Abs.
1 [X.]). Gemeinsame 7
8
-
6
-
Voraussetzung aller dieser Anfechtungstatbestände
und damit auch des §
135 Abs.
2 [X.]
ist gemäß §
129 Abs.
1 [X.]
vorbehaltlich der in §
147 [X.] [X.], hier nicht einschlägigen Ausnahmen
eine Rechtshandlung vor der Eröff-nung des Insolvenzverfahrens. Die Vorschrift des §
135 Abs.
3 [X.], die für die [X.] von einem Jahr ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gilt, enthält kei-nen Anfechtungstatbestand.

2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts
gibt es keine Anzeichen dafür, dass der Gesetzgeber bewusst von einer Regelung des vorliegenden Problems abgesehen hat. Nach der
durch das
Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.
Oktober 2008 ([X.] I
2026; fortan: [X.])
neu gefassten Vorschrift des §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] werden
[X.]erdarlehen
unabhängig von ihrem eigenkapitalerset-zenden Charakter
nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Ver-mögen der [X.] grundsätzlich im Rang nach den übrigen Insolvenzfor-derungen befriedigt.
Gleiches gilt für Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen. Dabei handelt es sich ins-besondere um Regressansprüche eines [X.]ers nach der Befriedigung eines [X.]sgläubigers (Graf-Schlicker/Neußner, [X.],
2.
Aufl.,
§
39 Rn.
42;
Uhlenbruck/[X.], [X.],
13.
Aufl.,
§
39 Rn.
48). Hat ein [X.]er für die Forderung eines [X.] auf Rückgewähr eines Darlehens oder eine gleichgestellte Forderung gebürgt oder eine Sicherheit gestellt, kann der Gläubiger nur anteilsmäßige Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen, soweit er bei der Inanspruchnahme der [X.]ersicherheit ausgefallen ist (§
44a [X.]).
Schließlich ordnet §
135 [X.] die Anfechtbarkeit der Sicherung oder Befriedigung von [X.]erdarlehen an die [X.] (Absatz
1) sowie der Befriedigung eines von einem [X.]er besicherten Drittdarle-hens an die [X.]
(Absatz
2)
an.

9
-
7
-

Bezogen auf [X.]ersicherheiten, lassen sich die
genannten Re-gelungen wie folgt zusammenfassen: Ist die Sicherheit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwertet worden, steht die Regressforderung des Gesell-schafters im Rang nach den Insolvenzforderungen (§
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.]).
Hat der [X.]er im letzten Jahr vor der Eröffnung nach Verwertung seiner Sicherheit Regress genommen, ist die Leistung der [X.] nach §
135 Abs.
1 Nr.
2 [X.] anfechtbar
([X.], BB
2008, 1966, 1970).
Ist die gesi-cherte Forderung noch offen, kann der [X.] quotale Befriedigung nur in Höhe des Ausfalls nach Verwertung der [X.]ersicherheit verlangen (§
44a [X.]). Alles dies gilt unabhängig davon, ob nur der [X.]er eine Sicherheit gestellt hatte oder zusätzlich eine Sicherheit der [X.] be-stand.
Die [X.]ersicherheit muss
im wirtschaftlichen Ergebnis vorrangig verwertet werden. Dass der Gesetzgeber den hier fraglichen Fall, dass die dop-pelte Sicherung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch besteht, [X.] bewerten wollte, also bewusst in Kauf nehmen wollte, dass
die Gesell-schaftssicherheit verwertet wird,
die [X.]ersicherheit
dem Gesellschaf-ter aber -
sei es in Natur, sei es im wirtschaftlichen Ergebnis
-
verbleibt, ist äu-ßerst unwahrscheinlich. Der Fall der
Doppelsicherung im Insolvenzverfahren ist vielmehr nicht nur nicht besonders geregelt, sondern auch im Gesetzgebungs-verfahren nicht bedacht worden.

3.
In der Kommentar-
und Aufsatzliteratur, die sich mit der Frage der Verwertung von "[X.]"
in der Insolvenz befasst, wird
aus den dargelegten Gründen
nahezu einhellig eine Regelungslücke angenommen
(vgl. etwa [X.], Festschrift [X.] (2010), 135, 147: "grober handwerklicher Schnit-zer des Gesetzgebers"; [X.], Z[X.] 2010, 28, 29). [X.] man sich nicht -
wie das Berufungsgericht
-
mit diesem unbefriedigenden Rechtszustand abfinden, kann die vorrangige Haftung der [X.]ersicherheit auf zwei Wegen er-10
11
-
8
-
reicht werden. Entweder ist der
[X.] verpflichtet, zunächst die Gesell-schaftersicherheit und dann erst die [X.]ssicherheit zu verwerten (§
44a [X.]
analog;
[X.], [X.], 1966, 1970;
Scholz/[X.], GmbHG, Nachtrag [X.], 10.
Aufl. (2010) §§
32a/b aF Rn.
54;
Ul-mer/[X.], GmbHG, Ergänzungsband [X.], §
30 Rn.
57; HmbKomm-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
44a Rn.
20; [X.]/[X.]/[X.], [X.] 2010, 232; [X.], Z[X.] 2010, 70;
Lenger, [X.], 253). Oder der [X.] bleibt -
wie im früheren Recht
-
berechtigt zu wählen, welche Sicherheit er
zieht; dem Insolvenzverwalter steht jedoch
ein Ausgleichsanspruch gegen den [X.]er zu, sei es
in entsprechender Anwendung von §
135 Abs.
2 [X.]
([X.] [27.
Zivilsenat] [X.], 1226;
HK-[X.]/[X.], 6.
Aufl., §
44a Rn.
12, §
143 Rn.
37;
HmbKomm-[X.]/[X.], [X.]O
§
135 Rn.
47;
Spliedt, [X.], 149, 155; [X.]/[X.], [X.], 96; zweifelnd [X.]/[X.], [X.] 2009, 325, 328
sowie [X.] in [X.], [X.],
Stand 5/09,
§
44a Rn.
13), §
143 Abs.
3 [X.]
(Graf-Schlicker/Neußner, [X.], 2.
Aufl., §
44a Rn.
10),
§
147 [X.]
(HK-[X.]/Kreft, [X.]O
§
147 Rn.
9), §
135 Abs.
1 Nr.
1 [X.] ([X.] EWiR 2011, 195, 196),
§
426 BGB
([X.], Fest-schrift [X.] (2010), 135, 147
ff), sei es als "Regressanspruch wegen Krisenfi-nanzierung"
([X.], [X.], 741, 747 f), sei es
aus §
812 BGB ([X.], Z[X.] 2010, 28, 29; [X.], [X.], 1285, 1291).

4.
Die aufgezeigte Regelungslücke ist durch eine entsprechende Anwen-dung des §
143 Abs.
3 [X.] zu füllen.

a) Eine Einschränkung des Wahlrechts des doppelt gesicherten [X.]s entsprechend §
44a [X.] kommt nach geltendem Recht nicht in Betracht.

12
13
-
9
-

[X.]) Nach gefestigter Rechtsprechung des [X.] zu
§
32a Abs.
2
[X.], der Vorgängervorschrift des §
44a [X.],
unterlag es der freien Entscheidung des [X.], die [X.]s-
oder die Gesell-schaftersicherheit in Anspruch zu nehmen (grundlegend [X.], Urteil vom 19.
November 1984 -
II
ZR 84/84, [X.], 158; vgl. auch [X.], Urteil vom 14.
Oktober 1985 -
II
ZR 280/84, [X.] 1986, 30, 31; vom 9.
Dezember 1991 -
II
ZR 43/91, [X.] 1992, 108; vgl. auch den Fall [X.], Urteil vom 20.
Juli 2009 -
II
ZR 36/08, [X.], 1806 Rn.
15
f). Begründet wurde dieses Ergebnis wie folgt:
Der [X.]er solle mit der (kapitalersetzenden) Sicherheit zur Haf-tung für die [X.]sschulden herangezogen werden. Daraus folge aber nur, dass der sicherungsgebende [X.]er unter den Voraussetzungen des §
32a Abs.
2 [X.] nicht von jeglicher Verpflichtung freiwerden kön-ne, nachdem der Darlehensgeber von der [X.] Befriedigung erlangt habe, sondern dass er in diesem Falle einem Erstattungsanspruch der Gesell-schaft ausgesetzt sei. Außerdem stehe der [X.] außerhalb des [X.] zwischen der [X.] und dem sicherungsgebenden Gesell-schafter. Wenn er vorrangig die [X.]ersicherung in Anspruch nehmen und das damit verbundene Kosten-
und Ausfallrisiko tragen müsse, obwohl er aus der [X.]ssicherung Befriedigung erlangen könnte, stelle dies einen erheblichen Eingriff in seine Rechtsstellung dar, die nicht ohne eine eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers vorgenommen werden könne
([X.], Urteil vom 19.
November 1984, [X.]O S.
159).

[X.]) Diese Gründe haben nach dem
Inkrafttreten der Insolvenzordnung am 1. Januar 1999 und des
Gesetzes
zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen am 1. November 2008 weiterhin Be-stand.

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-
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-

(1) Die Insolvenzordnung
hat die Rechte des absonderungsberechtigten Gläubigers eingeschränkt. Insbesondere
kennt
sie
keine §
4 Abs.
2 KO ent-sprechende Bestimmung, nach welcher die abgesonderte Befriedigung unab-hängig vom Konkursverfahren erfolgte. Die
Verwertung beweglicher Gegen-stände (Sachen und Forderungen), an denen ein Absonderungsrecht besteht, obliegt nunmehr überwiegend dem Insolvenzverwalter (vgl. §
166 Abs.
1 und 2 [X.]), der auch die Verwertung eines mit [X.] belasteten [X.] betreiben kann

165 [X.]). Auf der anderen Seite verlöre der Gläubiger durch die Anordnung eines Vorrangs der [X.]er-sicherheit seine am Vermögen der [X.] bestellte Sicherheit nicht. [X.] er mit der [X.]ersicherheit aus, könnte er jene
nach wie vor in Anspruch nehmen.
In der Literatur wird die Einschränkung des Wahlrechts eines doppelt gesicherten
Gläubigers deshalb als rein
abwicklungstechnischer Beitrag dazu gesehen, dass der kreditähnliche Finanzierungsbeitrag der [X.] auch wirklich zum Tragen kommt ([X.], [X.], 1966, 1968; [X.]/[X.]/[X.], [X.] 2010, 232, 235). Der
Senat kann sich dieser Ansicht
nicht anschließen. Die
Annahme eines Vorrangs der [X.]ersi-cherheit vor der [X.]ssicherheit
würde
eine weitere Verschlechterung der Rechtsstellung des Absonderungsberechtigten bedeuten, für welche eine gesetzliche Grundlage fehlt (Art.
14 Abs.
1 GG).

(2)
Das [X.] sieht einen Erstattungsanspruch des Insolvenzverwalters gegen den freigewordenen [X.]er
nicht vor, schließt ihn aber auch
nicht aus. Bis zum
Inkrafttreten des [X.] wurde
der Ausgleichsanspruch der [X.] gegen den befreiten [X.]er gesellschaftsrechtlich, nicht anfechtungs-rechtlich begründet
(grundlegend [X.], Urteil vom 13.
Juli 1981 -
II
ZR 256/79, [X.]Z 81, 252, 259
ff zum Rechtszustand vor Einführung der [X.] durch die
GmbH-Reform 1980). Der
novellenrechtliche Erstattungsanspruch 16
17
-
11
-
aus §§
32b, 32a Abs.
2, 3 [X.] stellte sachlich zwar
einen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraussetzenden Anfechtungstatbestand dar ([X.], Urteil vom 26.
Januar 2009 -
II
ZR 260/07, [X.]Z 179, 249 Rn.
16 mwN). Von §
32b [X.] wurden -
jedenfalls nach dem Wortlaut der Norm
-
jedoch nur Rückzahlungen binnen Jahresfrist vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfasst. Der Rückzahlungsanspruch der [X.] konnte daneben jedoch
aus
den [X.] analog §§
30, 31 GmbHG hergeleitet werden, soweit der [X.]er durch die Tilgung der Schuld aus gebundenem Ver-mögen der [X.] von seiner (vorrangigen) Sicherungspflicht befreit wur-de ([X.], Urteil vom 26.
Januar 2009,
[X.]O Rn.
10). Ein Rückgriff auf die Recht-sprechungsregeln ist, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, durch den [X.] des §
30 Abs.
1 Satz
3 GmbHG ausgeschlossen. Über die Auslegung der Anfechtungsvorschriften der Insolvenzordnung ist damit [X.] nichts gesagt. Auch eine analoge Anwendung dieser Vorschriften
wird von dem [X.] nicht erfasst.

b) [X.] Argumente gegen eine analoge Anwendung der An-fechtungsvorschrift des §
143 Abs.
3 Satz
1 [X.] gibt es
nicht.

[X.]) Der Fall, dass ein doppelt gesicherter Gläubiger nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der [X.] durch Verwer-tung der [X.]ssicherheit befriedigt und die [X.]ersicherheit hierdurch frei wird, ist gesetzlich nicht geregelt. Es handelt sich, wie gezeigt, um eine unbeabsichtigte Regelungslücke. Bei wertender Betrachtung besteht kein Unterschied zwischen der Rückzahlung eines gesellschaftergesicherten Darle-hens innerhalb der Fristen des §
135 Abs.
1 Nr.
2 [X.] und derjenigen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

18
19
-
12
-

[X.])
Gegen eine analoge Anwendung der Anfechtungsvorschriften
wird im Wesentlichen eingewandt, der Verzicht auf die Anfechtungsvoraussetzungen des §
129 [X.]
-
die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene Rechtshandlung sowie die Gläubigerbenachteiligung, deren Vorliegen ebenfalls in Zweifel gezogen wird
-
stelle einen [X.] dar, der nur als letzte Mög-lichkeit in Betracht gezogen werden solle
([X.], [X.]O S.
147; ähnlich Altmep-pen, [X.]O S.
746: "dogmatisch ohne Kontur").
Diese Bedenken teilt der Senat nicht. Es geht hier nicht um die Auslegung einer anfechtungsrechtlichen Vor-schrift, sondern um deren entsprechende Anwendung. Die entsprechende An-wendung einer Norm kommt von vornherein nur dann in Betracht, wenn nicht sämtliche Tatbestandsmerkmale dieser Norm erfüllt sind. §
143 Abs.
3 [X.] stellt insofern einen Sonderfall im System des Insolvenzanfechtungsrechts dar, als der Anspruch sich nicht gegen den Empfänger der Leistung -
der Darlehens-rückzahlung
-
richtet, sondern gegen einen [X.], nämlich den [X.]er, der hierdurch nur mittelbar -
durch Freiwerden der von ihm gestellten Sicher-heit
-
begünstigt worden ist. Die Anfechtung von Rechtshandlungen nach Eröff-nung
des Insolvenzverfahrens ist dem Gesetz nicht völlig fremd, wie insbeson-dere die Vorschrift des §
147 [X.] zeigt (vgl. HK-[X.]/Kreft, [X.]O §
147 Rn.
9). Diese Vorschrift regelt die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen vor allem des Insolvenzschuldners, die aufgrund des
öffentlichen Glaubens des Grundbuchs, des Schiffsregisters und der [X.] wirksam sind. Sie zeigt, dass §
129 Abs.
1 [X.] mit dem Bezug auf Rechtshandlungen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine für das Anfechtungsrecht schlechthin unentbehrliche Voraussetzung bezeichnet, die jede Durchbrechung ausschließt. Der hier zu entscheidende Fall der Verwertung einer von der Insolvenzschuldnerin gestell-ten Sicherheit
steht §
147 [X.] insofern nahe, als der Insolvenzverwalter -
ausgehend von der Annahme, dass der Gläubiger frei entscheiden kann, ob er zuerst die [X.]s-
oder zuerst die [X.]ersicherheit verwertet (s.o. 20
-
13
-
unter a)
-
den Zugriff des Gläubigers auf die Sicherheit der Masse nicht abwen-den kann. Ausgangspunkt ist also jeweils eine masseschmälernde Verfügung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die vom Insolvenzverwalter trotz dessen umfassender Verwaltungs-
und Verfügungsbefugnis (§
80
[X.]) nicht verhindert werden kann. Dies rechtfertigt in beiden Fällen eine Ab-weichung von der anfechtungsrechtlichen Grundnorm des §
129 Abs.
1 [X.], die davon ausgeht, dass der Verwalter von der Eröffnung an [X.] verhindert. Die Frage der Gläubigerbenachteiligung stellt sich in [X.] der doppelten Besicherung der Darlehensforderung, mag die Forde-rung vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus Mitteln der [X.] befriedigt worden sein. Der gesetzlich geregelte Fall (§
135 Abs.
2, §
143 Abs.
3 [X.]) lässt ausreichen, dass Mittel der [X.] aufgewandt wurden und dass die vom [X.]er gestellte Sicherheit hierdurch freige-worden ist. Nichts anderes gilt in dem hier zu entscheidenden Fall der [X.] des Gläubigers nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

III.

Das angefochtene Urteil kann deshalb keinen Bestand haben. Es ist auf-zuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die
Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine eige-

21
-
14
-
ne Sachentscheidung zu treffen (§
563 Abs.
3 ZPO). Die Berufung des [X.] gegen das landgerichtliche Urteil wird insgesamt zurückgewiesen.

Kayser
Raebel
[X.]

Pape
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.04.2010 -
8 [X.]/09 -

[X.], Entscheidung vom 29.12.2010 -
I-8 [X.] -

Meta

IX ZR 11/11

01.12.2011

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.12.2011, Az. IX ZR 11/11 (REWIS RS 2011, 879)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 879

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 11/11

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