Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.12.2022, Az. 6 AZR 459/21

6. Senat | REWIS RS 2022, 8975

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Gegenstand

"Korrigierende Höhergruppierung" - Stufenlaufzeit


Leitsatz

Die Korrektur einer seit Beginn der Tätigkeit zu niedrigen Eingruppierung ist keine Höhergruppierung im Sinne von § 17 Abs. 4 TVöD-AT (juris: TVöD).

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] - [X.] - vom 26. März 2021 - 12 [X.]/20 - wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage auf Feststellung einer Vergütungspflicht der Beklagten nach [X.] 9a Stufe 4 [X.] ([X.]) für die [X.] vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Juli 2020 richtet.

2. Im Übrigen wird das Urteil des [X.] aufgehoben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung der Klägerin und daraus folgende Vergütungsansprüche.

2

Die Klägerin ist seit dem 1. Januar 2017 bei der beklagten Stadt im Gemeindevollzugsdienst und in der Sekretariatsvertretung beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden [X.] die Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst ([X.]) in der für den Bereich der [X.] ([X.]) geltenden Fassung Anwendung. Dessen Allgemeiner Teil bestimmt in der ab dem 1. März 2017 geltenden Fassung auszugsweise Folgendes:

        

§ 15 Tabellenentgelt

        

(1)     

1Die/Der Beschäftigte erhält monatlich ein Tabellenentgelt. 2Die Höhe bestimmt sich nach der [X.], in die sie/er eingruppiert ist, und nach der für sie/ihn geltenden Stufe.

        

…       

        
        

§ 16 ([X.]) Stufen der Entgelttabelle

        

(1)     

1Die [X.]n 2 bis 15 umfassen sechs Stufen. …

        

(3)     

1Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe - von Stufe 3 an in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Abs. 2 - nach folgenden [X.]en einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben [X.] bei ihrem Arbeitgeber ([X.]):

                 

-       

Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,

                 

-       

Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,

                 

-       

Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,

                 

-       

Stufe 5 nach vier Jahren in Stufe 4 und

                 

-       

Stufe 6 nach fünf Jahren in Stufe 5.

                 

…       

        
        

§ 17 Allgemeine Regelungen zu den Stufen

        

…       

        
        

(4)     

1Bei Eingruppierung in eine höhere [X.] aus den [X.]n 2 bis 14 der Anlage A ([X.]) werden die Beschäftigten im Bereich der [X.] der gleichen Stufe zugeordnet, die sie in der niedrigeren [X.] erreicht haben, mindestens jedoch der Stufe 2. 2Die [X.] in der höheren [X.] beginnt mit dem Tag der Höhergruppierung. …“

3

Die Klägerin wurde seit dem 1. Januar 2017 zunächst nach [X.] 7 Stufe 3 [X.] ([X.]) bezahlt. Ihrer mit Schreiben vom 28. Februar 2018 erhobenen Forderung auf Vergütung nach [X.] 9a Stufe 3 [X.] ([X.]) kam die Beklagte nicht nach. Obwohl die Tätigkeit der Klägerin unverändert geblieben war, vergütete die Beklagte die Klägerin jedoch rückwirkend seit dem 1. September 2017 nach [X.] 8 Stufe 3 [X.] ([X.]). Die Klägerin verlangte weiterhin eine Vergütung nach [X.] 9a Stufe 3 [X.] ([X.]) jedenfalls seit dem 1. September 2017 und erhob eine entsprechende Feststellungsklage. Diese war vor dem Arbeitsgericht erfolgreich. Die Beklagte legte hiergegen Berufung ein. Während des Berufungsverfahrens geführte Vergleichsverhandlungen bezüglich des Beginns einer etwaigen Vergütung der Klägerin nach [X.] 9a Stufe 3 [X.] ([X.]) mündeten in einem Vergleich, welchen das [X.] mit Beschluss vom 6. März 2020 im Verfahren - 14 [X.]/19 - feststellte:

        

„1.     

Die beklagte Stadt B zahlt an die Klägerin ab dem 01.06.2018 die Vergütung nach der [X.] 9a Stufe 3 Teil A I, 3 der Entgeltordnung zum TVöD [X.].

        

2.    

Damit ist der Rechtsstreit erledigt.

        

3.    

Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.“

4

Über den Beginn der [X.] zur Stufe 4 konnten sich die Parteien nicht verständigen. Sie beabsichtigten diesbezüglich eine gesonderte Einigung. Eine solche kam nicht zustande.

5

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin Vergütung nach Stufe 4 der [X.] 9a [X.] ([X.]) seit dem 1. Januar 2020 verlangt und dies bezogen auf die [X.] bis zum 31. Juli 2020 mit Zahlungsanträgen konkretisiert.

6

Die dreijährige [X.] zur Stufe 4 habe nicht erst mit dem 1. Juni 2018 als Beginn der vereinbarten Pflicht zur Vergütung nach [X.] 9a [X.] ([X.]) begonnen. Da sich ihre Tätigkeit seit dem 1. Januar 2017 - unstreitig - nicht verändert habe, handle es sich der Sache nach um eine korrigierende Höhergruppierung. Auf eine solche finde § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-AT keine Anwendung. Die [X.] habe nach dem allein maßgeblichen § 16 Abs. 3 [X.]-AT ([X.]) bereits mit dem 1. Januar 2017 zu laufen begonnen, weil die Voraussetzungen einer Eingruppierung in der [X.] 9a [X.] ([X.]) schon seit diesem [X.]punkt erfüllt gewesen seien. Angesichts der Gewährung der Stufe 3 bei Einstellung sei die zur Erreichung der Stufe 4 maßgebliche [X.] von drei Jahren am 1. Januar 2020 abgelaufen. Seitdem bestehe der Anspruch auf ein Entgelt nach Stufe 4 der [X.] 9a [X.] ([X.]).

7

Hilfsweise sei festzustellen, dass diese Vergütungspflicht entsprechend der einseitigen Änderung der Eingruppierung der Beklagten zum 1. September 2017 seit dem 1. September 2020 bestehe.

8

Die Klägerin hat daher beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie beginnend seit dem 1. Januar 2020 nach [X.] 9a Stufe 4 des Teil A I 3 der Entgeltordnung zum TVöD ([X.]) zu vergüten;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Bruttobetrag in Höhe von 1.701,22 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Bruttobetrag von 423,50 Euro seit dem 1. Februar 2020, aus einem weiteren Bruttobetrag von 423,50 Euro seit dem 1. März 2020, aus einem weiteren Bruttobetrag von 427,11 Euro seit dem 1. April 2020 sowie einem weiteren Bruttobetrag von 427,11 Euro seit dem 1. Mai 2020 zu zahlen;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen weiteren Bruttobetrag in Höhe von 1.281,33 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Bruttobetrag von 427,11 Euro seit dem 1. Juni 2020, aus einem weiteren Bruttobetrag von 427,11 Euro seit dem 1. Juli 2020 sowie aus einem weiteren Bruttobetrag von 427,11 Euro seit dem 1. August 2020 zu zahlen;

        

4.    

hilfsweise zum Klageantrag zu 1.: festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie beginnend seit dem 1. September 2020 nach [X.] 9a Stufe 4 des Teil A I 3 der Entgeltordnung zum TVöD ([X.]) zu vergüten.

9

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Die Parteien hätten sich im Rahmen eines Tatsachenvergleichs auf den Beginn der Zahlungsverpflichtung nach [X.] 9a Stufe 3 [X.] ([X.]) am 1. Juni 2018 verständigt. Mit diesem Vergleich sei auch der Beginn der [X.] festgelegt worden. Es handle sich um eine Höhergruppierung. Nach § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-AT beginne die [X.] in der höheren [X.] mit dem Tag der Höhergruppierung, dh. vorliegend mit dem 1. Juni 2018. Bezogen auf die Stufe 4 habe die [X.] folglich erst zum 1. Juni 2021 geendet. Auf die bestrittene Behauptung der Klägerin, dass sie die Voraussetzungen der Eingruppierung nach [X.] 9a [X.] ([X.]) bereits seit dem 1. Januar 2017 erfülle, komme es vor diesem Hintergrund nicht an.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] diese Entscheidung abgeändert und die Klage abgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hin hat der Senat mit Beschluss vom 15. Oktober 2021 (- 6 [X.] 337/21 -) die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Klägerin ihre Klageziele weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist teilweise begründet.

A. Die zu 1. als Hauptantrag erhobene Feststellungsklage ist teilweise unzulässig. Im Übrigen kann über die begehrte Feststellung und die mit den Anträgen zu 2. und 3. erhobene Leistungsklage noch nicht abschließend entschieden werden. Die streitgegenständliche [X.] hängt von der Eingruppierung der Klägerin seit dem 1. Januar 2017 ab. Diese kann der Senat mangels hinreichender Feststellungen nicht selbst beurteilen.

I. Die zu 1. als Hauptantrag erhobene Feststellungsklage ist teilweise unzulässig.

1. Dem Feststellungsantrag fehlt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, soweit er sich für die [X.] vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Juli 2020 mit der zu 2. und 3. erhobenen Leistungsklage überschneidet. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, welches über die mit der Leistungsklage verfolgte Zahlung hinausgehende Interesse für diesen [X.]raum an der begehrten Feststellung besteht. Deshalb ist die Klage auch nicht als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig (vgl. [X.] 24. März 2022 - 6 [X.] - Rn. 14; 25. März 2021 - 6 [X.] - Rn. 17).

2. Im Übrigen ist der Antrag bei gebotener Auslegung zulässig (zur rechtsschutzgewährenden Auslegung [X.] 12. September 2022 - 6 [X.] - Rn. 15). Zwar erfasst er seinem Wortlaut nach auch die [X.] ab dem 1. Juni 2021. Diesbezüglich bestünde kein Feststellungsinteresse, weil die streitgegenständliche Vergütungspflicht auch nach Auffassung der Beklagten seit diesem [X.]punkt besteht. Nach dem gesamten Vorbringen der Klägerin ist sie sich dessen aber bewusst. Der Antrag ist offensichtlich nur auf den zwischen den Parteien umstrittenen [X.]raum bis zum 1. Juni 2021 gerichtet. Dies entspricht dem in der Verhandlung vor dem Senat zum Ausdruck gebrachten Verständnis der Parteien.

II. Ob die zu 1. bis 3. zulässig gestellten [X.] begründet sind, kann noch nicht abschließend entschieden werden.

1. Entgegen der Auffassung des [X.] hat zum 1. Juni 2018 keine Höhergruppierung iSv. § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-AT stattgefunden, welche den tariflichen Beginn der [X.] in Stufe 3 der [X.] 9a [X.] ([X.]) ausgelöst hätte.

a) Nach § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-AT beginnt die [X.] in der höheren [X.] mit dem Tag der Höhergruppierung. Der Begriff der Höhergruppierung wird in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes entsprechend dem allgemeinen Wortgebrauch meist im Sinne einer dauerhaften Übertragung von Tätigkeiten einer höheren [X.] verwendet ([X.] 18. Februar 2021 - 6 [X.] - Rn. 19, [X.]E 174, 63). Auch die bloße Änderung einer bestehenden Eingruppierungsordnung kann zu einer Höhergruppierung im Sinne einer Einordnung in eine höhere [X.] führen, denn den Tarifvertragsparteien steht es grundsätzlich frei, Tätigkeiten im eingruppierungsrechtlichen Sinne neu zu bewerten ([X.] 7. Februar 2019 - 6 [X.] - Rn. 24). Hiervon abzugrenzen ist die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ([X.] 3. Juli 2014 - 6 [X.] 1067/12 - Rn. 18, [X.]E 148, 312).

b) Bei einer Korrektur der Eingruppierung ist zu differenzieren.

aa) Es liegt keine Höhergruppierung im [X.] vor, wenn der Beschäftigte aufgrund einer falschen Bewertung der Tätigkeit durch den Arbeitgeber schon seit der Einstellung irrtümlich nach einer niedrigeren [X.] vergütet wurde und der Arbeitgeber diesen Fehler korrigieren will. Einer solchen Änderung der Eingruppierung liegt keine Veränderung der Tätigkeit oder der Eingruppierungsregelungen zu Grunde. Aufgrund der Tarifautomatik der Eingruppierung (§ 12 [X.]-AT [[X.]] iVm. Anlage 1 - Entgeltordnung [[X.]]) befand sich der Beschäftigte vielmehr eingruppierungsrechtlich schon seit dem [X.]punkt, in dem die tariflichen Eingruppierungsmerkmale der höheren [X.] erfüllt waren, in der höheren [X.] und hat daher in dieser seitdem durchgehend Berufserfahrung erworben (zur Tarifautomatik vgl. [X.] 2. Juni 2021 - 4 [X.] 387/20 - Rn. 12). Er ist daher nach der Korrektur der Eingruppierung in der höheren [X.] der Stufe zuzuordnen, der die [X.] in dieser Tätigkeit entspricht. Die [X.] ist nach § 16 [X.]-AT ([X.]) in der höheren [X.] neu vorzunehmen und nach der Stufenfindung die [X.] nachzuzeichnen (Spelge [X.] 2020, 127; vgl. auch BeckOK [X.]/[X.] [X.]-AT § 17 Stand 1. September 2022 Rn. 167). § 17 Abs. 4 [X.]-AT kommt in dieser Konstellation nicht zur Anwendung ([X.] in [X.] Bd. IV E § 17 Stand Januar 2015 Rn. 43; [X.]/[X.]/[X.]/Reidel 7. Aufl. Höhergruppierung, dauerhafte Rn. 1838; Spelge aaO). Bezogen auf die Vergangenheit wird der Anspruch auf Entgelt nach der höheren [X.] allerdings durch die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 37 [X.]-AT begrenzt (BeckOK [X.]/[X.] aaO).

bb) Hiervon zu unterscheiden ist eine nach der Einstellung, dh. im Laufe des Arbeitsverhältnisses, aufgrund Tätigkeits- oder Regelungsveränderung nach dem Grundsatz der Tarifautomatik eingetretene Höhergruppierung, welche nicht umgesetzt wurde. Wird der Tarifautomatik später im Wege der sog. „korrigierenden Höhergruppierung“ Rechnung getragen, handelt es sich unverändert um eine Höhergruppierung iSd. § 17 Abs. 4 [X.]-AT. Die Tarifautomatik bewirkt, dass die Korrektur auf das Datum der Übertragung der Tätigkeit bzw. der Erfüllung des [X.] zurückwirkt (vgl. [X.]/[X.]/Kiefer/Lang/Langenbrinck [X.] Teil B 1 § 17 Stand Februar 2022 Rn. 67). Dementsprechend beginnt auch die [X.] rückwirkend ab dem [X.]punkt der Höhergruppierung (vgl. [X.] in [X.] Bd. IV E § 17 Stand Januar 2015 Rn. 43).

cc) Die entgegenstehende Auffassung des [X.], wonach gemäß § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-AT bei Korrekturen stets an den [X.]punkt der Höhergruppierung anzuknüpfen sei, lässt außer [X.], dass sich der tariflich maßgebliche [X.]punkt der Höhergruppierung allein nach dem in sich geschlossenen tariflichen Vergütungssystem bestimmt. Gleiches gilt bezüglich der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zum Ausdruck gebrachten Überlegung der Beklagten, wonach § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-AT seinem Wortlaut nach auch auf vertraglich vereinbarte Höhergruppierungen Anwendung finde. Dies ist zwar für sich betrachtet zutreffend, eine derart isolierte Anwendung von § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-AT wäre aber mit der Einbettung der Norm in den tariflichen Gesamtzusammenhang nicht vereinbar. Mit der korrigierenden Höhergruppierung soll den tariflichen Regelungen im Ganzen zur Geltung verholfen werden. § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-AT greift daher nur bei nach dem Grundsatz der Tarifautomatik erfolgenden Höhergruppierungen.

dd) Ungeachtet dessen beginnt bei übertariflich vereinbarten Höhergruppierungen die [X.] in der höheren [X.] mit dem Tag der Höhergruppierung, wenn die Parteien nichts Abweichendes regeln. Nach dem auch bei übertariflichen Höhergruppierungen weiter zu beachtenden Zweck des Stufensystems des [X.]-AT bedarf es einer ausdrücklichen Anordnung, wenn in anderen [X.]n erworbene [X.]en in eine höhere oder niedrigere [X.] „mitgenommen“ werden sollen (vgl. [X.] 1. Juni 2017 - 6 [X.] 741/15 - Rn. 17, [X.]E 159, 214).

c) Das [X.] hat nicht festgestellt, dass zum 1. Juni 2018 eine tarifliche Höhergruppierung iSv. § 17 Abs. 4 [X.]-AT stattgefunden hat. Das ist aber offenkundig nicht der Fall, denn die Tätigkeit der Klägerin blieb seit Beginn des Arbeitsverhältnisses am 1. Januar 2017 unstreitig unverändert. Gleiches gilt bezüglich der einschlägigen Eingruppierungsregelungen in Teil A Abschn. I Ziff. 3 der Entgeltordnung ([X.]). Ein tariflich vorgesehener Beginn der [X.] kommt daher zum 1. Juni 2018 nicht in Betracht.

2. Die Entscheidung des [X.] könnte sich dennoch im Ergebnis als richtig darstellen (§ 561 ZPO).

a) Die [X.] ist nach § 16 Abs. 3 [X.]-AT ([X.]) innerhalb derselben [X.] zurückzulegen (vgl. hierzu [X.] 1. Juni 2017 - 6 [X.] 741/15 - Rn. 17, [X.]E 159, 214). Die Begründetheit des mit den [X.]n verfolgten Klagebegehrens würde demnach voraussetzen, dass die für einen Aufstieg in die Stufe 4 zu erfüllende [X.] von drei Jahren mit dem 1. Januar 2017 in der [X.] 9a Stufe 3 [X.] ([X.]) begonnen hat. Die Beklagte stellt eine Zuordnung zur Stufe 3 am 1. Januar 2017 nicht in Abrede. Umstritten ist aber die Eingruppierung geblieben. Bei einer tariflichen Eingruppierung in der [X.] 7 oder 8 [X.] ([X.]) seit dem 1. Januar 2017 hätte die [X.] in der [X.] 9a [X.] ([X.]) aufgrund der vergleichsweise vereinbarten, übertariflichen Höhergruppierung erst ab dem 1. Juni 2018 zu laufen begonnen. In diesem Falle wäre die streitgegenständliche Vergütung entsprechend der Auffassung des [X.] und der Beklagten frühestens ab dem 1. Juni 2021 zu leisten gewesen.

b) Mangels hinreichender Feststellungen bezüglich der maßgeblichen Eingruppierung kann der Senat über das Begehren der Klägerin nicht selbst entscheiden.

aa) Hinsichtlich der Eingruppierung der Klägerin vom 1. Januar 2017 bis zum 1. Juni 2018 existiert keine abschließende gerichtliche Entscheidung. Die der Klage auf Vergütung nach [X.] 9a [X.] ([X.]) stattgebende erstinstanzliche Entscheidung wurde nicht rechtskräftig. Das Berufungsverfahren wurde durch den Vergleich vom 6. März 2020 und nicht durch Urteil beendet.

bb) Aus dem Vergleich vom 6. März 2020 kann nicht geschlossen werden, dass die Klägerin nach den tariflichen Eingruppierungsregelungen bereits seit dem 1. Januar 2017 in der [X.] 9a [X.] ([X.]) eingruppiert war und die [X.] in Stufe 3 zu diesem [X.]punkt begann.

(1) Eine Einigung bezüglich des [X.], welcher an die Eingruppierung anknüpft, kam nach Auffassung beider Parteien nicht zustande. Ziffer 1 des Vergleichs beinhaltet dementsprechend seinem Wortlaut nach lediglich eine ab dem 1. Juni 2018 geltende Zahlungsverpflichtung der Beklagten bezüglich [X.] 9a [X.] ([X.]). Dies kann nicht als rechtlich bindender [X.] bezüglich des Vorliegens bestimmter Eingruppierungsvoraussetzungen zu einem bestimmten [X.]punkt mit Auswirkung auf die [X.] verstanden werden.

(2) Wäre die Klägerin nach den tariflichen [X.] (erst) seit dem 1. Juni 2018 in der [X.] 9a [X.] ([X.]) eingruppiert gewesen, würde es sich nur um die deklaratorische Wiedergabe einer Zahlungsverpflichtung handeln, welche nach Tarifrecht ohnehin besteht.

(3) Wäre die Klägerin nach Tarifrecht zum 1. Juni 2018 eigentlich in einer niedrigeren [X.] eingruppiert gewesen, so würde es sich um die konstitutive Regelung einer übertariflichen Leistung handeln, welche keinen zwingenden Rückschluss auf die tarifliche Eingruppierung für die [X.] vom 1. Januar 2017 bis zum 1. Juni 2018 zuließe. Diese Frage blieb gerade ungeklärt.

(4) Sollte nach den tariflichen Regelungen bereits seit dem 1. Januar 2017 eine Vergütungspflicht nach [X.] 9a [X.] ([X.]) bestanden haben, so stünde die vergleichsweise geschlossene Vereinbarung dem streitgegenständlichen Anspruch nicht entgegen. Ein Verzicht der Klägerin auf tarifliche Rechte, welche sich wie zB der Stufenaufstieg aus einer Eingruppierung in der [X.] 9a [X.] ([X.]) seit dem 1. Januar 2017 ergäben, wäre mangels Billigung der Tarifvertragsparteien unzulässig.

(a) Nach den Feststellungen des [X.] finden die Regelungen des [X.] ([X.]) auf das Arbeitsverhältnis aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1 [X.]) Anwendung. Nach § 4 Abs. 3 [X.] sind von dem Tarifvertrag abweichende Abmachungen nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zu Gunsten des Arbeitnehmers enthalten. Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nach § 4 Abs. 4 Satz 1 [X.] nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Dies gilt auch für den [X.] ([X.]/[X.] 22. Aufl. [X.] § 4 Rn. 45).

(b) Die [X.] sind nach § 12 Abs. 1 [X.]-AT ([X.]) zwingend. Dies übersieht das [X.], wenn es ausführt, dass sich die Parteien auf den [X.]punkt der Höhergruppierung zum 1. Juni 2018 wirksam geeinigt hätten. Die Einigung stellt keinen [X.] dar, auf den § 4 Abs. 4 Satz 1 [X.] nicht anzuwenden wäre. Um einen [X.] handelt es sich nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] nur, wenn eine bestehende Unsicherheit über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruchs durch gegenseitiges Nachgeben ausgeräumt werden soll ([X.] 12. Februar 2014 - 4 [X.] 317/12 - Rn. 19, [X.]E 147, 199; 9. Dezember 2009 - 10 [X.] 850/08 - Rn. 41; 5. November 1997 - 4 [X.] 682/95 - zu I 2.2.1 der Gründe mwN). Die Parteien haben sich in dem Vergleich vom 6. März 2020 nicht über der tariflichen Eingruppierung zu Grunde liegende Tatsachen geeinigt, sondern sich auf einen [X.]punkt der [X.] geeinigt, welcher keinen Bezug zu den Eingruppierungsvoraussetzungen aufweist. Der Vergleich bezieht sich nicht auf tatsächliche Verhältnisse wie Art und Umfang der ausgeübten Tätigkeit (vgl. [X.]/Wank [X.] 8. Aufl. § 4 Rn. 765; [X.]/[X.] Tarifvertragsrecht 2. Aufl. § 7 Rn. 129).

c) Das [X.] hat - aus seiner Sicht konsequent - keine Feststellungen getroffen, welche eine Beurteilung der Eingruppierung ab dem 1. Januar 2017 durch den Senat ermöglichten. Es wird daher unter Berücksichtigung der Darlegungs- und Beweislast der Klägerin im fortzusetzenden Verfahren zu klären haben, in welcher [X.] die Klägerin seit dem 1. Januar 2017 eingruppiert war. Erst hieran anschließend kann die Frage beantwortet werden, zu welchem [X.]punkt die [X.] nach § 16 [X.]-AT ([X.]) begann.

B. Über den Hilfsantrag war folglich nicht zu entscheiden. Der Inhalt des mit ihm geltend gemachten Anspruchs ist allerdings ohnehin als ein „Weniger“ in dem zu 1. gestellten Hauptantrag enthalten (vgl. hierzu [X.] 13. Juli 2022 - 5 [X.] 412/21 - Rn. 36; 13. November 2019 - 4 [X.] 490/18 - Rn. 17, [X.]E 168, 306; 18. September 2018 - 9 [X.] 199/18 - Rn. 33). Das Klagebegehren des [X.] unterscheidet sich vom Hauptantrag nur durch den späteren Beginn der streitgegenständlichen Zahlungsverpflichtung. Dem Hilfsantrag kommt daher keine eigenständige prozessuale Bedeutung zu.

        

    Spelge    

        

    Wemheuer    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    [X.]    

        

    M. Geyer    

                 

Meta

6 AZR 459/21

08.12.2022

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Karlsruhe, 6. Oktober 2020, Az: 7 Ca 182/20, Urteil

§ 17 Abs 4 S 2 TVöD, § 16 Abs 3 TVöD, § 12 TVöD, § 4 Abs 4 S 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.12.2022, Az. 6 AZR 459/21 (REWIS RS 2022, 8975)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 8975

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