Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.05.2011, Az. V ZB 250/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6432

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BUNDES[X.]RICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB
250/10

vom

19. Mai
2011

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 19. Mai
2011
durch den

Vorsitzenden Richter Prof. Dr. [X.], die
Richterin
Dr.
[X.], den
Richter Dr.
[X.] und die Richterinnen Dr. [X.] und Weinland

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Kläger wird der Beschluss des
3.
Zivilsenats des [X.] vom 19.
August 2010
aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens,
an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 600

.

Gründe:
I.
Die [X.]en sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Die Kläger ver-langen die Beseitigung einer an dem Haus der Beklagten angebrachten, über die Grundstücksgrenze ragenden Wärmedämmung.

Das [X.] hat die Klage unter Festsetzung des
Streitwerts auf
24.000

e-schwer der Kläger 600

teigt und die Berufung als unzulässig verwor-fen.
Dagegen wenden
sich die Kläger mit der Rechtsbeschwerde.
1
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-
3
-

II.
Das Berufungsgericht meint, die Beschwer der Kläger entspreche der Wertminderung ihres Grundstücks durch den Überbau. Da dieser allenfalls
zwei Quadratmeter erfasse und ein Bodenwert des Grundstücks der Kläger von über

in Betracht komme, übersteige deren
Beschwer 600

Für eine darüber hinausgehende Wertminderung des Grundstücks fehlten jegliche Anhaltspunkte. Der Zugang zu dem rückwärtigen Grundstücksteil sei durch den Überbau nicht stärker
als zuvor beeinträchtigt; die lichte Breite der Einfahrt sei un-verändert geblieben. Dass die Instandhaltung und Auswechselung des Zaun-
und Torpfostens durch den Überbau gegenüber dem alten Zustand signifikant er-schwert sei, lasse sich weder dem Vortrag der Kläger noch den eingereichten Lichtbildern entnehmen. Zudem könne diesem Umstand deshalb kein zusätzlicher Wert beigemessen werden, weil das Vorbringen hierzu nicht Gegenstand des erst-instanzlichen Verfahrens gewesen sei und deshalb den Beschränkungen der §§
529, 531 Abs. 2 ZPO unterfalle.

III.
1. Die gemäß §
574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
i.V.m.
§
522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] im Hinblick darauf erfordert, dass dem Berufungsgericht
die Rechtsprechung des [X.] zu der Notwendigkeit, die Entscheidung über die Zulassung der Beru-fung in einem Fall wie dem vorliegenden nachzuholen, offenbar unbekannt ist (§
574 Abs. 2 Nr.
2
ZPO). Hat das erstinstanzliche Gericht, wie hier, keine Veran-lassung gesehen, die Berufung nach §
511 Abs. 4 Satz 1 ZPO zuzulassen, weil es den Streitwert auf über 600

e-3
4
-
4
-

sen Wert für nicht erreicht, muss das Berufungsgericht die Entscheidung darüber nachholen, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung erfüllt sind. Denn die unterschiedliche Bewertung der Beschwer darf nicht zu Lasten der [X.] gehen
([X.], Urteil vom 14. November 2007 -
VIII
ZR 340/06, [X.], 218 Rn.
12; Beschluss vom 3. Juni 2008 -
VIII
ZB 101/07, [X.], 614 Rn.
4
f.; Beschluss vom 16. Juni 2008 -
VIII
ZB 87/06, [X.], 615 Rn.
13; Beschluss vom 27.
April 2010 -
VIII
ZB 91/09, [X.], 437 Rn.
3; Beschluss vom 26.
Oktober 2010 -
VI
ZB 74/08, [X.], 615).

2. [X.] ist auch begründet. Da das Berufungsgericht nicht über die Zulassung der Berufung nach §
511 Abs. 4 Satz 1 ZPO entschieden hat und sich anhand der tatsächlichen Feststellungen
in dem angefochtenen [X.] auch nicht feststellen lässt, dass eine solche Zulassung nicht in Betracht gekommen wäre (vgl. [X.], Beschluss vom 21. April 2010 -
XII
ZB 128/09, [X.] 2010, 964), kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben; er ist aufzuheben (§
577 Abs. 4 Satz
1 ZPO).
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf
Folgendes hin:
Die Beschwer der Kläger aus der Abweisung ihrer Klage bemisst sich
-
wovon das Berufungsgericht auch ausgeht
-
gemäß §
3 ZPO nach dem [X.], den das Grundstück durch den Überbau erleidet; dieser ist nach dem Wert der überbauten Fläche und den dadurch bewirkten Beeinträchtigungen bei der Nutzung des nicht überbauten Grundstücksteils zu bestimmen (vgl. Senat, [X.] vom 10. Dezember 2009 -
V
ZB 115/09, [X.] 2010, 265; Beschluss vom 16. November 2006 -
V
ZR 97/06, juris; Beschluss vom 23. Januar 1986 -
V
ZR 119/85, NJW-RR 1986, 737).
Den Vortrag der Kläger hierzu durfte das Berufungsgericht nicht unter [X.] auf §
531 Abs. 2 ZPO für unbeachtlich erklären. Die Vorschrift gilt nicht für 5
6
7
8
-
5
-

die Ermittlung und Festsetzung der Beschwer. Diese erfolgt vielmehr von Amts wegen nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei das Gericht nicht nur
jeden bis zur Festsetzung bei ihm eingegangenen Vortrag der [X.]en zu berücksichtigen
hat, sondern auch von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begut-achtung durch Sachverständige anordnen kann (§§ 2, 3 ZPO).

Das Berufungsgericht nimmt allerdings ohne Rechtsfehler an, dass sich aus dem bisherigen Vorbringen der Kläger konkrete, den Wert des Grundstücks min-dernde
Beeinträchtigungen bei der Nutzung des nicht überbauten Grundstücks-teils nicht entnehmen
lassen, insbesondere fehlt eine Darstellung, in welchem Maße die Zufahrt verengt worden ist und inwieweit sich daraus gegenüber dem alten Zustand eine Wertminderung des Grundstücks ergibt. Der Hinweis darauf, dass die Zufahrt selbst von erfahrenen Kraftfahrern schwer
zu meistern ist, genügt hierzu nicht. Ohne nähere Erläuterung ist auch nicht nachvollziehbar, dass und ggf. in welcher Höhe bei einer Erneuerung des Torpfosten zusätzliche Kosten durch den Überbau entstehen. Die erstinstanzlich eingereichten Lichtbilder [X.] einen solchen Vortrag entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht zu ersetzen. Der Hinweis der Rechtsbeschwerde auf die Reduzierung des [X.] unter den gesetzlichen Mindestabstand von drei Metern ist hier schon

9
-
6
-

deshalb unbehelflich, weil
nicht dargelegt worden ist, dass die Zufahrt vor dem Überbau eine entsprechende Breite aufwies.
[X.]
[X.]
[X.]

[X.]
Weinland
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.10.2009 -
3 O 23/09 -

OLG Rostock, Entscheidung vom 19.08.2010 -
3 U 152/09 -

Meta

V ZB 250/10

19.05.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.05.2011, Az. V ZB 250/10 (REWIS RS 2011, 6432)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6432

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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