Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2012, Az. VI ZR 40/10

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7750

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

27. März 2012

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BGB § 249 G

Der Geschädigte kann Ersatz nur derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädig-ten zum Ausgleich des [X.] seines Fahrzeugs für erforderlich halten durfte. [X.] sind nur solche Vorteile, die für den Gebrauch des Fahrzeugs von wesentlicher Bedeutung sind.

[X.], Urteil vom 27. März 2012 -
VI [X.] -
LG [X.]

[X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
27. März 2012
durch den Vorsitzenden [X.],
[X.], die Richterin [X.], [X.] und die Richterin von Pentz
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 9.
Zivilkammer des Landge-richts
[X.] vom 5.
Februar 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin
ist
eine gewerbliche Kraftfahrzeugvermieterin. Sie
nimmt den beklagten Haftpflichtversicherer (nachfolgend: Beklagte) aus übergegange-nem Recht der Geschädigten auf Ersatz von Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall vom 15.
Februar 2005 in Anspruch, bei dem das Fahrzeug der Geschädigten, ein [X.] Avantgarde,
beschädigt wurde. Die volle Haftung der Beklagten steht dem Grunde nach
außer Streit. Die [X.] mietete für die [X.] vom
21.
Februar 2005
bis 9.
März 2005
bei der Kläge-rin einen Pkw Mercedes Benz E
320. Auf die von der Klägerin in Rechnung ge-stellten 2.720

zahlte die Beklagte vorgerichtlich einen Betrag in Höhe von 1.084,48

1.558,87

rechtfertige einen angemessenen Aufschlag auf den auf der Grundlage des gewichteten Mittels des [X.] für 2003 ermittelten 1
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-

Normaltarif. Darüber hinaus seien Zusatzkosten für einen Zweitfahrer zu be-rücksichtigen.
Das Amtsgericht hat der Klägerin unter Klageabweisung im Übrigen ei-nen weiteren Betrag in Höhe von 950,39

nnt.
Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung der [X.] hat es
das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und die Beklagte unter [X.] im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 803,84

r vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegeh-ren, soweit ihm nicht entsprochen worden ist, weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Das
Berufungsgericht
hat ausgeführt, erstattungsfähig seien nur diejeni-gen Mietwagenkosten, die ein
verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten zum Ausgleich des [X.] seines Fahrzeugs für erforderlich
habe
halten dürfen. Allerdings sei
der Geschädigte berechtigt, einen gleichwertigen Wagen anzumieten. In Ausübung des ihm ge-mäß §
287 ZPO zustehenden tatrichterlichen Ermessens hat das Berufungsge-richt die für die Anmietung eines gleichwertigen Fahrzeugs erforderlichen Kos-ten auf den Betrag geschätzt, der dem auf der Grundlage des gewichteten Mit-tels des [X.] für 2003 ermittelten [X.]. Unstreitig sei der von der
Geschädigten angemietete Wagen der Fahr-zeugklasse
8 des [X.] zuzuordnen. Eine im Einzel-fall vorhandene und von Fall zu Fall variierende Sonderausstattung des be-schädigten Fahrzeugs könne keine Berücksichtigung finden, soweit das ge-schädigte Fahrzeug nicht aufgrund der Sonderausstattung einer anderen Fahr-2
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zeugklasse zuzuordnen sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Ausweislich ihrer Mietwagenrechnung vom 10.
März 2005 habe die Klägerin das von der
Ge-schädigten angemietete Fahrzeug ausdrücklich in die Fahrzeugklasse 8 des [X.] eingeordnet. Die Klägerin könne auch keine Zusatzkosten für einen Zweitfahrer geltend machen. Denn derartige Kosten seien ausweislich des Mietvertrags vom 21.
Februar 2005 nicht vereinbart [X.]. Sie seien auch in der Mietwagenrechnung nicht aufgeführt. Abgesehen davon habe die Klägerin nicht vorgetragen, dass das Fahrzeug tatsächlich von einem
weiteren Fahrer genutzt worden sei.

II.
1. Die Revision ist zulässig. Sie ist insbesondere uneingeschränkt [X.] (§
543 Abs.
1 Nr.
1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Revision unbe-schränkt zugelassen. Dies ergibt sich aus dem Tenor des angefochtenen Ur-teils. Aus den Entscheidungsgründen lässt sich eine Beschränkung der [X.] nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit (dazu: Senatsurteile vom 17.
Novem-ber 2009 -
VI
ZR 58/08, [X.], 270 Rn.
7; vom 1.
Dezember 2009
-
VI
ZR 221/08, [X.], 642 Rn.
11; vom 7.
Februar 2012 -
VI
ZR 133/11, z.[X.]. Rn. 3; [X.], Urteil vom 12.
November 2004 -
V
ZR 42/04,
NJW 2005, 894, 895, insoweit in [X.]Z 161, 115 nicht abgedruckt; Beschluss vom 14.
Mai 2008
-
XII
ZB 78/07,
NJW 2008, 2351
Rn.
16) entnehmen.
2.
Die
Revision ist jedoch nicht begründet.
Die tatrichterliche Schätzung der für die Anmietung eines gleichwertigen Fahrzeugs erforderlichen Kosten
durch das Berufungsgericht
ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

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5

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a) Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach §
287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsät-ze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 9.
Juni 2009 -
VI
ZR 110/08, [X.]Z 181, 242 Rn.
10; vom 13.
Oktober 2009 -
VI
ZR 318/08, [X.], 130 Rn.
8; vom 17.
Mai 2011 -
VI
ZR 142/10, [X.], 1026 Rn.
7, jeweils mwN).
b)
Derartige Rechtsfehler sind vorliegend nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht seiner Beurteilung insbeson-dere keine fehlerhaften rechtlichen Maßstäbe zugrunde gelegt.
aa) Gemäß §
249 Abs.
1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz ver-pflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen der Verletzung einer Person oder der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß §
249 Abs.
2 Satz
1 BGB statt der Herstellung den [X.] erforderlichen Geldbetrag verlangen. Dementsprechend kann derjenige, der sein Fahrzeug infolge des schädigenden Ereignisses nicht nutzen kann, grund-sätzlich Ersatz der für die Anmietung eines gleichwertigen Fahrzeugs entste-henden Kosten beanspruchen
(vgl. Senatsurteile vom 17.
März 1970 -
VI
ZR 108/68, VersR 1970,
547,
548; vom 2.
März 1982 -
VI
ZR 35/80, [X.], 548, 549). Allerdings
hat der Geschädigte
auch das in §
249 Abs.
2 Satz
1 BGB verankerte Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten. Danach hat der Geschädigte im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlichsten Weg der Scha-densbehebung zu wählen. Für den Bereich der Mietwagenkosten bedeutet
dies, dass er Ersatz nur derjenigen Kosten
verlangen kann, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten zum Ausgleich 6
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6

-

des [X.] seines Fahrzeugs für erforderlich
halten durfte
(vgl. [X.] vom 12.
Oktober 2004 -
VI
ZR 151/03, [X.]Z 160, 377, 383;
vom 12.
April 2011 -
VI [X.], [X.], 769 Rn.
10).
[X.] sind nur solche Vorteile, die für den Gebrauch des Fahrzeugs von wesentlicher Bedeutung sind.
bb) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet. Entgegen der Auffassung der Revision
ist es revisionsrechtlich
insbesondere
nicht zu [X.], dass das Berufungsgericht die Kosten für die Anmietung eines dem beschädigten Fahrzeug der Geschädigten gleichwertigen Mietwagens unter den Umständen des Streitfalls auf den Betrag geschätzt hat, der dem auf der Grundlage des gewichteten Mittels des [X.] für 2003 im Postleitzahlengebiet von Pf. ermittelten Normaltarif für einen Pkw
der Fahrzeugklasse 8 entspricht.
(1) Die Revision wendet sich nicht dagegen, dass das Berufungsgericht seiner Schätzung den Schwacke-Automietpreisspiegel für 2003 zugrunde ge-legt hat. Dies lässt Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin nicht erkennen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass der Tatrichter in Ausübung seines Ermessens gemäß § 287 ZPO den "Normaltarif" grundsätzlich auf der Grundlage des "[X.]" im maßge-benden Postleitzahlengebiet ermitteln kann (vgl. Senatsurteile vom 9.
Mai
2006
-
VI
ZR 117/05, [X.], 986 Rn.
6; vom 30.
Januar 2007 -
VI
ZR 99/06, [X.], 516 Rn.
8; vom 12.
Juni 2007 -
VI
ZR 161/06, [X.], 1144, 1145; vom 24.
Juni 2008 -
VI
ZR 234/07, [X.], 1370 Rn.
22 und vom 18.
Mai 2010 -
VI
ZR 293/08,
[X.], 1054 Rn.
4). Die Revision wendet sich auch nicht gegen die Einordnung
sowohl
des geschädigten als auch
des angemieteten
Fahrzeugs in Fahrzeugklasse 8.
9
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(2) Entgegen der Auffassung der Revision begegnet es keinen [X.] rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht die Sonderausstat-tung
sowohl des geschädigten
als auch des gemieteten
Fahrzeugs nicht zum Anlass genommen hat, den auf der Grundlage des gewichteten Mittels des [X.] ermittelten Normaltarif für einen Pkw
der Fahrzeugklasse 8 durch einen Zuschlag zu erhöhen. Nach den von der [X.] nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin das von der Geschädigten angemietete Fahrzeug in ihrer Rechnung vom 10.
März 2005 ausdrücklich in die Fahrzeugklasse 8 des [X.] eingeordnet. Hinweise auf besondere werterhöhende Ausstat-tungsmerkmale finden sich weder in der Rechnung noch im Mietvertrag vom 21.
Februar 2005. Bei dieser Sachlage ist es
revisionsrechtlich nicht zu [X.], dass das Berufungsgericht die Klägerin im Ergebnis an ihrer eigenen Einordnung festgehalten und die Sonderausstattung mit dem Betrag als [X.] angesehen hat, der dem auf der Grundlage des gewichteten Mittels des [X.] für 2003 ermittelten Normaltarif für einen Pkw
der Fahrzeugklasse 8 entspricht. Das Berufungsgericht hat insofern die [X.] tatrichterlicher Würdigung nicht überschritten.
(3) Die Revision rügt auch ohne Erfolg, dass das Berufungsgericht bei der Ermittlung des [X.] Nebenkosten für einen zusätzlichen Fahrer au-ßer Betracht gelassen hat.
Zusätzliche Kosten für einen weiteren Fahrer sind weder im Mietvertrag vereinbart noch in Rechnung gestellt worden. Der [X.], in dem der Fahrer namentlich genannt ist,
sieht die Nutzung durch ei-nen Zweitfahrer nicht vor. Die Revision zeigt keinen konkreten Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen auf, wonach die Mietvertragsparteien die Nutzung des Fahrzeugs durch einen weiteren Fahrer abweichend von der Vertragsurkunde
vereinbart haben.
Entgegen der Auffassung der Revision bedurfte es auch kei-nes
Hinweises durch das Berufungsgericht, dass es den Inhalt der zwischen 11
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8

-

der Klägerin und der Geschädigten zustande gekommenen Vereinbarung
auf der Grundlage des schriftlichen
Mietvertrags
und unter Berücksichtigung der Mietwagenrechnung bestimmen würde.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

Galke
[X.]
[X.]

Pauge
von Pentz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.08.2008 -
3 [X.]/08 -

LG [X.], Entscheidung vom 05.02.2010 -
9 S 469/08 -

13

Meta

VI ZR 40/10

27.03.2012

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2012, Az. VI ZR 40/10 (REWIS RS 2012, 7750)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7750

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VI ZR 40/10

VI ZR 300/09

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