Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2012, Az. XII ZB 213/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 10055

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]

vom

18. Januar 2012
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §
2 Abs.
2 Nr.
1, Abs.
4, §
27
Auch eine private Rentenversicherung, die ein Ehegatte nach vertraglich vereinbarter
Gütertrennung mit Mitteln seines [X.] erworbenen [X.] begründet hat, ist grundsätzlich in den Versorgungsausgleich einzubeziehen
(im [X.] an Senatsbeschluss vom 30.
März 2011

XII
ZB
54/09
-
FamRZ 2011, 877).
[X.], Beschluss vom 18. Januar 2012 -
XII [X.] -
OLG [X.]

[X.]
-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 18.
Januar 2012
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Hahne
und [X.], Dr.
Klinkhammer, Dr.
Günter und Dr.
Nedden-Boeger
beschlossen:
Die
Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 27.
Zivilsenats des [X.] als Senat für Familiensachen
vom 31.
März 2011 wird auf Kosten der Antragstellerin [X.].
Wert des [X.]: 2.010

Gründe:
I.
Die Parteien streiten über die Einbeziehung einer privaten Rentenversi-cherung in den
Versorgungsausgleich.
Die am 31.
August 1964 geborene Antragstellerin (Ehefrau) und der am 24.
November 1964 geborene [X.] (Ehemann) schlossen am 17.
No-
vember 1995 die Ehe. Zuvor hatten sie
mit notariellem Vertrag vom 9.
No-
vember 1995 die Gütertrennung vereinbart. Regelungen zum Versorgungsaus-gleich oder zum Unterhalt wurden nicht getroffen. Das [X.] hat die Ehe aufgrund des am 3.
März 2010 zugestellten Scheidungsantrags
der Ehe-frau rechtskräftig geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt.
Die
Ehefrau
erwarb während der Ehezeit (1.
November
1995
bis 28.
Fe-
bruar
2010; §
3 Abs.
1 [X.]) Rentenanwartschaften in der gesetzlichen
1
2
3
-
3
-

Rentenversicherung. Zusätzlich erwarb die Ehefrau
am 1.
Dezember 2004 eine private Rentenversicherung
bei der Beteiligten zu
3 durch Einzahlung
eines Einmalbeitrags von 150.000

en Einzahlungsbetrag hatte sie aus einer am selben Tag fällig gewordenen, [X.] abgeschlossenen Kapitallebensversi-cherung erlöst.
Der Ehemann erwarb eine Anwartschaft bei der Beteiligten zu
3 mit einem Kapitalwert von 8.700,48

Das [X.] hat sämtliche ehezeitlich erworbenen Anrechte
in-tern geteilt.
Mit ihrer Beschwerde hat sich die Ehefrau
gegen die Einbeziehung ihrer
privaten Rentenversicherung in den Versorgungsausgleich gewendet, weil sie diese aus Mitteln ihres [X.]en Vermögens erworben habe, an dessen Teilhabe der Ehemann durch den vereinbarten
Ausschluss des Zugewinnaus-gleichs
ausgeschlossen sei.
Das [X.] hat die Beschwerde zu-rückgewiesen; hiergegen richtet sich die zugelassene
Rechtsbeschwerde der Ehefrau.

II.
Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das [X.]
hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Es handle sich bei der abgeschlossenen [X.] um ein privates, auf eine Rente gerichtetes Anrecht, das nach §
2 Abs.
2 [X.] auszugleichen sei. Es sei unerheblich, wann das Vermögen, mit dessen Hilfe das Anrecht begründet wurde, erworben worden sei, solange die Anwartschaft in der Ehe begründet worden sei. Beim Versorgungsausgleich blieben lediglich solche Anrechte außer Betracht, die mit Hilfe eines Vermögens begründet
oder aufrechterhalten worden seien, das aus einem vorzeitigen Zu-4
5
6
-
4
-

gewinnausgleich stamme. Eine derartige Doppelverwertung stehe hier nicht in Rede, weil für die Begründung des [X.] kein aus einer güter-rechtlichen Auseinandersetzung herrührendes Vermögen verwendet worden sei.
Eine
zu Ehebeginn vereinbarte Gütertrennung schließe nicht den Ausgleich von [X.] aus, die während der Ehezeit aus Vermögensmit-teln
erworben wurden.
Auch seien Gründe, den Versorgungsausgleich nicht oder teilweise nicht durchzuführen (§
27 [X.]), nicht erkennbar.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Im Versorgungsausgleich sind die in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten (Ehezeitanteile) jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen (§
1 Abs.
1 [X.]). Gemäß §
2 Abs.
2
Nr.
1 [X.]
ist ein Anrecht auszugleichen, sofern es durch Arbeit oder Vermö-gen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist,
ohne dass das Gesetz nach der Herkunft des Vermögens oder nach dem Zeitpunkt seines Erwerbs [X.]. Daher kommt es nicht darauf an, dass das in die Lebensversicherun-gen eingezahlte Kapital aus einem bereits vor der Ehezeit erwirtschafteten Vermögen der
Ehefrau
stammte. Nach §
2 Abs.
1 Nr.
1 [X.]
ist nur er-forderlich, dass das Geld, mit dem der Ehegatte die Beiträge entrichtete, zu seinem Vermögen gehörte, während es auf die Herkunft des Geldes nicht an-kommt. Insbesondere wird nicht danach gefragt, ob es sich um Vermögen [X.], das ein Ehegatte vor oder während der Ehe erworben hatte. [X.] sind im Versorgungsausgleich daher auch Versorgungsanrechte, die -
wie hier
-
mit dem Anfangsvermögen eines Ehegatten nach der Eheschließung
er-worben wurden (Senatsbeschluss vom 30.
März 2011 -
XII
ZB
54/09
-
FamRZ 2011, 877 mwN).
7
8
-
5
-

b)
Vom Versorgungsausgleich ausgeschlossen wären
zwar
solche An-rechte, die ein
Ehegatte aus Mitteln eines vorzeitigen Zugewinns erlangt, weil sonst
das Ziel, Versorgungs-
und Zugewinnausgleich gegenständlich voneinan-der abzugrenzen, nicht vollständig erreicht würde (Senatsbeschluss vom 11.
März 1992 -
XII
ZB
172/90
-
FamRZ 1992, 790).
Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass eine private Rentenversicherung, die ein Ehegatte zeit-lich nach vertraglich vereinbarter Gütertrennung mit Mitteln seines [X.] begründet, nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen wäre ([X.] Hamm FamRZ 2006, 795).
Denn mit der Einzahlung in die Renten-versicherung verliert der Geldbetrag seine
güterrechtliche Zugehörigkeit zum
Vermögen und
erlangt stattdessen den
Charakter einer Altersversorgung. Damit geht einher, dass er nicht mehr dem Ausgleichssystem des Zugewinnaus-gleichs, sondern fortan dem Ausgleichssystem des Versorgungsausgleichs un-terfällt
(vgl. jetzt §
2 Abs.
4
[X.]).
Das Ausgleichssystem des [X.] wird jedoch durch Regelungen,
die die Parteien für den [X.] getroffen haben, grundsätzlich nicht berührt.
Der am 9.
No-
vember 1995 geschlossene Ehevertrag, dessen Wortlaut die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit in sich trägt (vgl. Senatsurteil vom 1.
Oktober 1992 -
XII
ZR
132/90
-
FamRZ 1992, 293), enthält keine Regelung zum [X.], sondern nur zum Zugewinnausgleich.
c) Es liegen auch keine Gründe vor, die es rechtfertigen könnten, den Versorgungsausgleich nach §
27 [X.]
als grob unbillig auszuschließen. Nach dieser Vorschrift findet der Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Dies ist nach Absatz
2 der Vorschrift nur der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen. Eine grob unbillige Härte liegt vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen 9
10
-
6
-

Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken des [X.] in unerträglicher Weise widerspräche (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 30.
März 2011 -
XII
ZB
54/09
-
FamRZ 2011, 877 Rn.
11
mwN; vom 25.
Juni 2008 -
XII
ZB
163/06
-
FamRZ 2008, 1836 und
vom 11.
September 2007 -
XII
ZB
107/04
-
FamRZ 2007, 1964). Dabei verbietet sich eine [X.] Betrachtungsweise. Die grobe Unbilligkeit muss sich vielmehr wegen des Ausnahmecharakters des
§
27 [X.]
im Einzelfall aus einer Gesamtab-wägung der wirtschaftlichen, [X.] und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten ergeben
(vgl. Senatsbeschluss vom 30.
März 2011

XII
ZB
54/09
-
FamRZ 2011, 877 Rn.
11
mwN). Ob und in welchem Umfang die Durchführung des Versorgungsausgleichs grob unbillig erscheint, unterliegt grundsätzlich der tatrichterlichen Beurteilung, die im Verfahren der Rechtsbeschwerde nur darauf hin zu überprüfen ist, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden und das Ermessen in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Weise ausgeübt worden
ist (vgl. Senatsbeschluss vom 30.
März 2011 -
XII
ZB
54/09
-
FamRZ 2011, 877 Rn.
11
mwN). Auf der Grundlage dieser eingeschränkten [X.] ist die durch das Beschwerdegericht vorgenommene Abwägung im [X.] nicht zu beanstanden.
[X.]) Wie der [X.] bereits in der Grundsatzentscheidung vom 21.
März 1979 ([X.], 38, 45
ff. =
FamRZ 1979, 477, 479
ff.) dargelegt hat, rechtfertigt sich der Versorgungsausgleich nicht nur aus dem Zugewinn-ausgleichsgedanken, sondern auch aus der Pflicht, die Altersversorgung des anderen Ehegatten sicherzustellen. Er bewirkt, dass die während der Ehezeit erworbenen [X.] gemäß dem ursprünglichen gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt werden, und dient so der Unterhaltssicherung im Alter.

11
-
7
-

In einer intakten Ehe partizipiert der andere Ehegatte an den erworbenen [X.] nach Eintritt des Versorgungsfalls im Rahmen der eheli-chen Unterhaltsgemeinschaft. In Übereinstimmung mit diesem Zweck hat die Rechtsprechung des [X.] auch schon vor der Einführung des Versorgungsausgleichs durch das 1.
EheRG den erwerbstätigen Ehegatten für verpflichtet gehalten, nicht nur für den gegenwärtigen, sondern entsprechend seinen wirtschaftlichen Verhältnissen auch für die dauernde Sicherung des [X.] Unterhalts des anderen Ehegatten zu sorgen; die Grundlage für diese während der gesamten Ehezeit fortlaufend bestehende Verpflichtung hat der [X.] in der ehelichen Unterhaltsverantwortung
gesehen ([X.], 38, 46 =
FamRZ 1979, 477, 479; [X.] Urteile vom 3.
Dezember 1951

III
ZR
68/51
-
VersR 1952, 97; vom 26.
Mai 1954 -
VI
ZR
69/53
-
VersR 1954, 325
und [X.]Z 32, 246 =
FamRZ 1960, 225). Dieser ehelichen Unterhaltsver-antwortung
kommt der der gesetzlichen Rentenversicherung angehörende er-werbstätige Ehegatte durch seine Pflichtbeiträge, der Beamte durch seine kon-tinuierliche zum Aufbau der Beamtenversorgung geeignete Dienstleistung und der Selbständige oder Vermögende durch freiwillige Einzahlungen in eine [X.] Altersversorgung nach. Die so ehezeitlich begründeten Versor-gungsanwartschaften sind demnach aufgrund der wahrgenommenen Unter-haltsverantwortung
zur Sicherung beider Ehegatten bestimmt. Im Falle des Scheiterns der Ehe bewirkt der Versorgungsausgleich, dass die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften gemäß dem ursprünglichen gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt werden. Der Gedanke der einmal auf Lebenszeit angelegt gewesenen ehelichen Lebensge-meinschaft und damit Versorgungsgemeinschaft setzt sich gegenüber der for-malen Zuordnung der Versorgungsanwartschaften auf nur einen Ehegatten durch. Dabei steht auch der Grundsatz, dass die während der Ehezeit von ei-nem oder gegebenenfalls von beiden Ehegatten erworbenen [X.]
-
8
-

wartschaften regelmäßig ("schematisch") zur Hälfte aufgeteilt werden, im [X.] mit der Idee der ehelichen [X.] (Art.
6 Abs.
1 GG), der ein rech-nerisches Abwägen sowohl der beiderseitigen Leistungen und Verdienste für die [X.] als auch der Teilhabe an gemeinschaftlichen Rechtspositio-nen im allgemeinen widersprechen würde ([X.], 38, 46
f., 51 =
FamRZ 1979, 477, 479
ff.).
bb) Diesem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs widerspricht es nicht, wenn im vorliegenden Fall auch die von der Ehefrau
erworbenen privat-rechtlichen Anrechte in den Ausgleich einbezogen werden. Nach dem Leitge-danken der auf Lebenszeit angelegten ehelichen Lebensgemeinschaft sollte
die private Rentenversicherung der gemeinsamen Unterhaltssicherung im Alter dienen. Mit dem dafür aufgewendeten Kapital erbrachte die Ehefrau ebenso eine eheliche Unterhaltsleistung wie der Ehemann mit seinen zur Verwirkli-

13
-
9
-

chung der ehelichen Lebensgemeinschaft geleisteten Beiträgen. Darauf, dass die Ehefrau die Anwartschaft durch Einmalzahlung aus ihrem Vermögen [X.] durch ratierliche Einzahlungen aus ihrem Einkommen erwarb, kommt es nicht an.

Hahne

Dose

Klinkhammer

Günter

Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.11.2010 -
30 F 63/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 31.03.2011 -
27 [X.] -

Meta

XII ZB 213/11

18.01.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2012, Az. XII ZB 213/11 (REWIS RS 2012, 10055)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 10055

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 213/11 (Bundesgerichtshof)

Versorgungsausgleich: Einbeziehung einer privaten Rentenversicherung bei Gütertrennung


5 UF 210/21 (Oberlandesgericht Hamm)


XII ZB 264/13 (Bundesgerichtshof)

Versorgungsausgleich: Entziehung eines Anrechts durch Ausübung eines Kapitalwahlrechts


XII ZB 701/13 (Bundesgerichtshof)

Versorgungsausgleich: Entziehung der betrieblichen Altersversorgung des geschäftsführenden Mehrheitsgesellschafters einer GmbH durch Ausübung der Kapitalwahlmöglichkeit und …


XII ZB 649/11 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 213/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.