Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.11.2012, Az. 8 AZR 827/11

8. Senat | REWIS RS 2012, 1382

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Gegenstand

Kündigung eines Schwerbehinderten durch den Betriebserwerber - Zustimmungsantrag durch den Insolvenzverwalter als Betriebsveräußerer


Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 11. Mai 2011 - 2 [X.]/11 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der [X.]n ausgesprochenen ordentlichen Kündigung.

2

Der mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehinderte Kläger war seit 1989 bei der [X.] beschäftigt. Über deren Vermögen wurde durch Beschluss des [X.] am 1. Juni 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. K zum Insolvenzverwalter ernannt.

3

Ab 1. Juli 2010 übernahm die [X.] den Betrieb der [X.] (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass auch das Arbeitsverhältnis des [X.] auf die [X.] übergegangen ist, diese also Arbeitgeberin des [X.] geworden ist. Bereits am 23. Juni 2010 hatte der Insolvenzverwalter mit dem Betriebsrat der Insolvenzschuldnerin einen Interessenausgleich mit Namensliste gemäß § 125 Abs. 1 [X.] vereinbart. Dieser sah einen Abbau von 120 der bisher 650 Arbeitsplätze vor. Der Kläger war in der Liste der zu kündigenden Mitarbeiter aufgeführt. Nachdem der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 29. Juni 2010 beim [X.] einen Antrag auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des [X.] gestellt hatte, erteilte dieses mit Bescheid vom 29. Juli 2010 die Zustimmung. In den Entscheidungsgründen dieses Bescheides heißt es [X.] (wörtliche Wiedergabe):

        

„Die Zustimmung zur Kündigung ist hier nach § 89 Abs. 3 SGB IX zu erteilen. Nach dieser Vorschrift soll das [X.] die Zustimmung erteilen, wenn über das Vermögen des Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Dies ist hier mit Beschluss des Amtsgerichtes vom 01.06.2010 geschehen. Der Insolvenzverwalter ist [X.] im Sinne des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, da der Arbeitgeber mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Antragsbefugnis verloren hat. Das [X.] soll nach § 89 Abs. 3 SGB IX die Zustimmung erteilen, wenn der schwerbehinderte Mensch in einem Interessenausgleich namentlich als einer der zu entlassenen Arbeitnehmer bezeichnet ist, die Schwerbehindertenvertretung beim Zustandekommen des Interessenausgleiches beteiligt wurde, der Anteil der nach dem Interessenausgleich zu entlassenen schwerbehinderten Menschen an der Zahl der beschäftigten schwerbehinderten Menschen nicht größer ist als der Anteil der zu entlassenen übrigen Arbeitnehmer an der Zahl der beschäftigten übrigen Arbeitnehmer und die Gesamtzahl der schwerbehinderten Menschen, die nach dem Interessenausgleich bei dem Arbeitgeber verbleiben sollen, zur Erfüllung der Beschäftigungspflicht nach § 71 SGB IX ausreichend.

        

Dies ist vorliegend der Fall. Herr Kr ist namentlich im Interessenausgleich genannt, die Schwerbehindertenvertretung wurde beim Zustandekommen beteiligt. Auch nach der Personalreduzierung wird die [X.] erfüllt, die schwerbehinderten Arbeitnehmer sind nicht überproportional vom Personalabbau betroffen. Das [X.] sieht daher trotz der Bedenken des [X.] keine andere Möglichkeit als der beantragten Kündigung zuzustimmen. Der Einwand von [X.], dass er von einer fehlerhaften [X.] ausgehen müsse und zudem weiterhin Beschäftigungsbedarf bestehe, kann nicht zu einer versagenden Entscheidung des [X.] führen. Zwar hat sich der Insolvenzverwalter zu den Ausführungen nicht geäußert, jedoch bestätigen sowohl der Betriebsrat als auch die Schwerbehindertenvertretung, dass Herr Kr bei der durchgeführten [X.] weniger schutzwürdig gewesen sei und das die Einsatzmöglichkeit entfallen ist.

        

Das [X.] verkennt bei seiner Entscheidung nicht, dass der Verlust des Arbeitsplatzes für [X.], insbesondere auch aufgrund der derzeitigen Situation am Arbeitsmarkt, eine Härte darstellt. Letztlich bleibt [X.] die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit der angestrebten Kündigung durch die Arbeitsgerichtsbarkeit überprüfen zu lassen.“

4

Das [X.] hat im Tatbestand seines Urteils festgestellt, dass die Zustimmung des [X.] dem Insolvenzverwalter erteilt worden war. Es hat aber keine Feststellungen dazu getroffen, in welcher Form dies erfolgt ist. Der Kläger bestreitet eine ordnungsgemäße Zustellung des [X.] an den Insolvenzverwalter.

5

Mit Schreiben vom 5. August 2010 bat die [X.] ihren Betriebsrat und den [X.] um Stellungnahme zur beabsichtigten Kündigung des [X.]. Der Betriebsrat und die Schwerbehindertenvertretung teilten der [X.]n unter dem 13. August 2010 schriftlich mit, dass sie gegen die beabsichtigte ordentliche Kündigung keine Bedenken hätten. Daraufhin kündigte die [X.] das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 17. August 2010 schriftlich zum 31. März 2011 „aus dringenden betriebsbedingten Gründen“. Das Kündigungsschreiben vom 17. August 2010 ging dem Kläger am selben Tage zu.

6

Der Kläger hält die Kündigung für rechtsunwirksam, weil die [X.] die erforderliche Zustimmung des [X.] zur Kündigung nicht eingeholt habe. Sie könne sich nicht mit Erfolg auf die vom Insolvenzverwalter eingeholte Zustimmung des [X.] vom 29. Juli 2010 berufen. Dieser habe nämlich das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt. Außerdem sei die von der [X.]n bei der Auswahl der gekündigten Arbeitnehmer getroffene [X.] Auswahl grob fehlerhaft gewesen.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 17. August 2010 nicht beendet worden ist.

8

Die [X.] hat Klageabweisung beantragt.

9

Sie meint, die vom Insolvenzverwalter als Betriebsveräußerer eingeholte Zustimmung zur Kündigung des [X.] wirke auch ihr als Betriebserwerberin gegenüber. Wenn die Zustimmungsbehörde dieses hätte ausschließen wollen, hätte sie die Zustimmung unter der auflösenden Bedingung erteilen müssen, dass der Betrieb nicht veräußert werde. Die im Zusammenhang mit der Kündigung getroffene [X.] Auswahl sei nicht grob fehlerhaft iSd. § 125 Abs. 1 [X.].

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der [X.]n hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die [X.] ihren Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.] ist nicht begründet. Die streitgegenständliche Kündigung ist nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB rechtsunwirksam.

I. Das [X.] hat seine der Klage stattgebende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Arbeitsverhältnis des [X.] sei im Wege eines Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB ab 1. Juli 2010 von der Insolvenzschuldnerin auf die Beklagte übergegangen. Daher sei zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung (19. August 2010 richtig wohl: 17. August 2010) diese Arbeitgeberin des [X.] gewesen. Nach § 85 SGB IX setze die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber die vorherige Zustimmung des [X.] voraus. Eine solche habe die Beklagte jedoch nicht eingeholt. Das [X.] habe auch keine Zustimmung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte erklärt. Der [X.] werde nur dem im Bescheid bezeichneten Arbeitgeber erteilt, sodass nur dieser die Kündigung erklären dürfe. Ob dies im Falle des Betriebsübergangs uneingeschränkt gelte, könne offenbleiben. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Zustimmung von dem Insolvenzverwalter während des Insolvenzverfahrens unter Hinweis auf einen Interessenausgleich mit Namensliste nach § 125 [X.] beantragt worden sei, weil in diesem Falle das Ermessen des [X.] nach Maßgabe des § 89 Abs. 3 [X.] (richtig wohl: § 89 Abs. 3 [X.]) erheblich eingeschränkt sei. In einem solchen Falle solle nämlich die Zustimmung grundsätzlich erteilt werden.

Soweit die Beklagte die Ansicht vertrete, dieses Ergebnis sei für die Praxis untragbar, weil der Insolvenzverwalter bei einer Zustimmungserteilung nach einem Betriebsübergang die Kündigung mangels seiner Arbeitgeberstellung im Zeitpunkt des Kündigungsausspruches nicht mehr wirksam erklären könne, treffe dies nicht zu. Zum einen könne der [X.] selbst nach dem Betriebsübergang die Zustimmung zu der Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem schwerbehinderten Menschen beantragen und sich dabei auch auf die Wirkungen des Interessenausgleichs berufen. Zum anderen könnte auch der Insolvenzverwalter bereits die Zustimmung für den Erwerber unter Hinweis auf den Interessenausgleich mit Namensliste und den unmittelbar bevorstehenden Betriebsübergang beantragen. Schließlich könne der [X.] auch im Rahmen des von dem Insolvenzverwalter eingeleiteten [X.]s unter Berufung auf den zwischenzeitlich erfolgten Betriebsübergang nach § 13 VwVfG am [X.] beteiligt werden, was zur Folge habe, dass nach der beantragten Entbindung des Insolvenzverwalters von seiner Beteiligtenstellung der [X.] zum Beteiligten des [X.]s werde.

II. Diese Ausführungen des [X.]s halten im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

Die zulässige Klage ist begründet.

1. Die von der [X.] mit Schreiben vom 17. August 2010 zum 31. März 2011 gegenüber dem schwerbehinderten Kläger ausgesprochene ordentliche Kündigung ist nach § 134 BGB nichtig, weil die Beklagte sie ohne die nach § 85 SGB IX erforderliche vorherige Zustimmung des [X.] ausgesprochen hat (vgl. zu § 15 [X.] aF: [X.] 16. März 1994 - 8 [X.] - [X.]E 76, 142 = AP Einigungsvertrag Anlage I Kap XIX Nr. 21 = EzA Einigungsvertrag Art. 20 Nr. 34).

2. Nach § 85 [X.] bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des [X.]. Eine solche Zustimmung ist der [X.] vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung nicht wirksam erteilt worden.

a) Der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin hatte als damaliger Arbeitgeber des [X.] eine solche Zustimmung mit Schreiben vom 29. Juni 2010 bei dem zuständigen LWL-[X.] Westfalen gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 [X.] beantragt. Das [X.] hat diese Zustimmung gegenüber dem Insolvenzverwalter mit Bescheid vom 29. Juli 2010 erteilt. Obwohl zwischen den Parteien streitig ist, ob und wie dieser Bescheid dem Insolvenzverwalter zugestellt worden ist und ob dem Zustellungserfordernis des § 88 Abs. 2 Satz 1 SGB IX iVm. §§ 1, 65 Abs. 2 SGB X genüge getan worden ist - entsprechende Feststellungen des [X.]s dazu fehlen - braucht dieser Frage nicht nachgegangen zu werden. Selbst wenn nämlich zugunsten der [X.] eine ordnungsgemäße Zustellung des [X.]es an den Insolvenzverwalter unterstellt wird, fehlt es an einer Zustimmung iSd. § 85 SGB IX zu der von der [X.] ausgesprochenen ordentlichen Kündigung.

b) Die dem Insolvenzverwalter erteilte Zustimmung stellt keine der [X.] erteilte Zustimmung iSd. § 85 [X.] zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger dar.

Dafür spricht zunächst der Wortlaut der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen. Nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB IX hat „der Arbeitgeber“ die Zustimmung beim zuständigen [X.] schriftlich zu beantragen. Die Entscheidung des [X.], also insbesondere auch die Zustimmung zur Kündigung, ist nach § 88 Abs. 2 Satz 1 SGB IX „dem Arbeitgeber“ und dem schwerbehinderten Menschen zuzustellen.

Die Beklagte als kündigende Arbeitgeberin hat aber weder die Zustimmung zur Kündigung beim [X.] beantragt noch ist ihr von diesem der [X.] zugestellt worden. Damit war der [X.] die zur Kündigung nach § 85 SGB IX erforderliche vorherige Zustimmung zur Kündigung nicht erteilt worden.

c) Dass unstreitig ab dem 1. Juli 2010 das Arbeitsverhältnis des [X.] im Wege eines Betriebsübergangs von der Insolvenzschuldnerin gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergegangen war, ändert daran nichts. Nach § 613a Abs. 1 BGB geht das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten auf den [X.] über. Dem Arbeitnehmer sollen die Rechte erhalten bleiben, die ihm gegenüber dem Betriebsveräußerer zustanden. Dies gilt gerade auch für einen bestehenden Sonderkündigungsschutz. Auch dem Arbeitgeber sollen die Rechte aus dem Arbeitsvertrag erhalten bleiben. Dazu gehört das Kündigungsrecht. Allerdings sollen keiner der Vertragsparteien zusätzliche Rechte durch den Betriebsübergang erwachsen. Dies gilt, wie aus § 613a Abs. 4 BGB ersichtlich, gerade auch für das Kündigungsrecht. Ist dieses, wie im Falle des § 85 SGB IX, durch ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt eingeschränkt, so geht es auch nur mit dieser Einschränkung über ([X.] 11. Dezember 2008 - 2 [X.] - [X.]E 129, 25 = [X.] § 613a Nr. 362 = EzA SGB IX § 90 Nr. 5). Der vollständige Eintritt des Betriebsübernehmers in die Rechte und Pflichten des bisherigen Arbeitgebers bedeutet nicht nur eine Nachfolge in rechtlichen Beziehungen. Der Übernehmer muss sich auch Gegebenheiten zurechnen lassen, die als Tatbestandsmerkmale für spätere Rechtsfolgen von Bedeutung sind. So muss zB der neue Arbeitgeber einen bereits gegenüber dem Betriebsveräußerer aufgrund eines Arbeitsangebots des Arbeitnehmers eingetretenen Annahmeverzug gegen sich gelten lassen (vgl. [X.] 21. März 1991 - 2 [X.] - [X.] § 615 Nr. 49 = EzA BGB § 615 Nr. 68). Damit tritt der neue Arbeitgeber gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB im Ergebnis so in das Arbeitsverhältnis ein, „wie er es im Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorfindet“, dh., wie es zu diesem Zeitpunkt bestand (vgl. [X.] 22. Februar 1978 - 5 [X.] - [X.] § 613a Nr. 11 = EzA BGB § 613a Nr. 18). Zum Zeitpunkt des hier maßgeblichen Betriebsübergangs am 1. Juli 2010 hatte der Insolvenzverwalter zwar bereits die Zustimmung zur Kündigung des [X.] beim [X.] beantragt. Dieser Antrag hatte aber noch keine Auswirkungen tatsächlicher oder rechtlicher Art auf das Arbeitsverhältnis mit der Insolvenzschuldnerin gezeitigt. Allein durch den Antrag auf Zustimmung des [X.] gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB IX hatte sich das durch § 85 SGB IX eingeschränkte Kündigungsrecht des Insolvenzverwalters noch nicht mit der Folge „erweitert“, dass sich die Beklagte nach einer dem Insolvenzverwalter erteilten Zustimmung auf diese erfolgreich berufen konnte. Letztlich ging die dem Insolvenzverwalter durch das [X.] am 29. Juli 2010 erteilte Zustimmung zur Kündigung des [X.] „ins Leere“, weil sie dem nicht mehr kündigungsberechtigten Insolvenzverwalter und nicht - wie es § 88 Abs. 2 Satz 1 SGB IX iVm. § 85 SGB IX verlangt - dem Arbeitgeber, dh. der [X.] erteilt worden war (so auch: [X.] NZI 2009, 153).

d) Für dieses Ergebnis spricht neben dem Gesetzeswortlaut auch der Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Regelmäßig weiß nur der Arbeitgeber, aus welchen personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen er einem Arbeitnehmer kündigen will. Diese Gründe hat er bereits im Antrag auf Zustimmung des [X.] oder gegebenenfalls nach entsprechender Aufforderung durch dieses mitzuteilen (vgl. [X.]/[X.] 10. Aufl. §§ 85 - 90 SGB IX Rn. 72; [X.] in [X.]/[X.]/Majerski-[X.] SGB IX 12. Aufl. § 87 Rn. 1 mwN). Diese Kündigungsgründe muss das [X.] dann seinem Verfahren nach § 87 Abs. 2 SGB IX und seiner Entscheidung nach §§ 88, 89 SGB IX zugrunde legen.

Damit erteilt es dem antragstellenden Arbeitgeber eine Zustimmung aufgrund der ihm von diesem mitgeteilten Gründe. Diesem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung widerspräche es, wenn ein anstelle des bisherigen Arbeitgebers in das Arbeitsverhältnis eingetretener neuer, am [X.] unbeteiligter Arbeitgeber dem schwerbehinderten Arbeitnehmer gegebenenfalls aus Gründen kündigen dürfte, die dem [X.] durch den alten Arbeitgeber nicht mitgeteilt worden waren.

Hinzu kommt, dass das [X.] auch die Rechtsfrage nicht prüfen konnte - weil ihm diese nicht bekannt geworden war -, ob § 89 Abs. 3 SGB IX für den konkreten Fall überhaupt Anwendung findet, weil über das Vermögen des kündigenden „Arbeitgebers“, dh. der [X.], das Insolvenzverfahren nicht eröffnet war.

Ob sich die Beklagte auf eine Zustimmung berufen dürfte, die dem Insolvenzverwalter zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs durch das [X.] bereits erteilt worden war (bejahend: KR-Pfeiffer 9. Aufl. § 613a BGB Rn. 101), braucht vorliegend nicht entschieden zu werden.

e) Dieses Ergebnis führt nicht dazu, dass der Sinn und Zweck der [X.] beeinträchtigt wird. Diese dient nämlich der Möglichkeit, zur Rettung von Unternehmen oder Unternehmensteilen das Unternehmen von Schulden des Insolvenzschuldners zu befreien und dem Erwerber einen Neustart zu ermöglichen („übertragende Sanierung“) (vgl. [X.] 2002, 233; 2005, 603) und im Vorgriff auf ein Erwerberkonzept den Personalabbau in der Insolvenz zu ermöglichen (vgl. [X.] 20. September 2006 - 6 [X.] - mwN, [X.] § 613a Nr. 316 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 62). Der Insolvenzverwalter hätte die Zustimmung des [X.] zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger auch unter Hinweis auf den beabsichtigten Betriebsübergang beantragen können. Dann hätte das [X.] die Beklagte am [X.] nach §§ 1, 12 Abs. 1 Nr. 2 SGB X beteiligen können und nach erfolgtem Betriebsübergang der [X.] als kündigungsberechtigter Arbeitgeberin nach § 88 Abs. 2 Satz 1 SGB IX den [X.] zustellen können.

III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    [X.]    

        

    [X.]    

                 

Meta

8 AZR 827/11

15.11.2012

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Dortmund, 11. Januar 2011, Az: 7 Ca 3907/10, Urteil

§ 134 BGB, § 613a Abs 1 BGB, § 85 SGB 9, § 87 Abs 1 S 1 SGB 9, § 88 Abs 2 S 1 SGB 9, § 89 Abs 3 SGB 9, § 125 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.11.2012, Az. 8 AZR 827/11 (REWIS RS 2012, 1382)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1382


Verfahrensgang

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Az. 8 AZR 827/11

Bundesarbeitsgericht, 8 AZR 827/11, 15.11.2012.


Az. 2 Sa 309/11

Landesarbeitsgericht Hamm, 2 Sa 309/11, 11.05.2011.


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