Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2018, Az. V ZB 92/16

V. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 8964

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:BGH:2018:170518BVZB92.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 92/16
vom

17. Mai 2018

in der Abschiebungshaftsache

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 17. Mai 2018
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, [X.], die Richterin [X.] und [X.] Hamdorf

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 21. April 2016 und der Be-schluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 16.
Juni 2016 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der Landeshauptstadt [X.] auferlegt.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt

Gründe:

I.

Nachdem die beteiligte Behörde mit bestandskräftigem Bescheid vom 10. Januar 2012 seinen Antrag, ihm den Aufenthalt im [X.] zu gestat-ten, abgelehnt und ihn unter Androhung der Abschiebung aufgefordert hatte, das [X.] binnen 30 Tagen zu verlassen, tauchte der Betroffene, ein kamerunischer Staatsangehöriger, unter. Am 17. März 2016 wurde er [X.]
-
3
-
nommen. Am gleichen Tage ordnete das Amtsgericht gegen ihn Haft zur Siche-rung seiner Abschiebung nach [X.] bis zum 21. April 2016 an. Die Ab-schiebung scheiterte, weil der Betroffene
körperliche Gewalt gegen die [X.] einsetzte und dadurch den Flugkapitän veranlasste, seine Mitnahme zu verweigern.

Noch am gleichen Tag hat die beteiligte Behörde die Verlängerung der Haft bis zum 16. Juni 2016 beantragt, die das Amtsgericht angeordnet hat. Die Beschwerde des Betroffenen ist erfolglos geblieben. Mit der [X.], deren Zurückweisung die beteiligte Behörde beantragt,
möchte der Be-troffene die Feststellung erreichen, durch die Entscheidungen über die Haftver-längerung in seinen Rechten verletzt worden zu sein.

II.

Nach Auffassung des [X.] ist die Anordnung der Haftver-längerung nicht zu beanstanden. Sie beruhe insbesondere auf einem Haftan-trag, der den gesetzlichen Anforderungen genüge. In dem Antrag würden die vollziehbare Ausreisepflicht des Betroffenen und die Notwendigkeit der Frei-heitsentziehung ebenso dargestellt wie deren erforderliche Dauer.

III.

Die gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG mit dem Feststellungsantrag nach § 62 FamFG statthafte und auch im Übrigen (§ 71 FamFG) zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Es fehlt bereits an einem zulässigen Haftan-trag.
2
3
4
-
4
-

1. a) Das Vorliegen eines zulässigen [X.] ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. [X.] ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Zwar [X.] die Ausführungen zur Begründung des [X.] knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Punkte an-sprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte [X.] nicht angeordnet werden
(st. Rspr., vgl. Senat, Beschlüsse
vom 27. Oktober 2011 -
V [X.], [X.]
2012, 82 Rn.
12 ff. u. vom 30. März 2017 -
V [X.], NVwZ
2017, 1231 Rn.
6 jeweils mwN).

b) Dem wird der Haftantrag nicht gerecht. Die beteiligte Behörde verweist auf ihre
Ausführungen in dem ersten Haftantrag und führt weiter aus, eine Rücksprache mit dem (namentlich benannten) Sachbearbeiter der [X.] in [X.] habe ergeben, dass für eine erneute Flugbu-chung, die abermals mit Begleitung durch Beamten der [X.] durchge-führt werden solle, eine Bearbeitungszeit bis zu

acht Wochen benötigt würde. Hierzu müsse die Zentrale Ausländerbehörde ein entsprechendes Ersuchen an das [X.]präsidium richten. Dieses werde unter Angabe eines
Refe-renzroutings und einer Auslandsdienstreisenummer an eine [X.]flug-hafendienststelle zur weiteren Bearbeitung übermittelt. Von da aus werde das erforderliche Begleitpersonal angefordert, das sich um die erforderlichen Imp-fungen und Beantragungen
der Visa kümmern müsse. Diese Ausführungen sind vor dem Hintergrund, dass die Haft auf die kürzest mögliche Dauer zu be-5
6
-
5
-
schränken ist (§
62 Abs. 1 Satz 2 [X.]; näher Senat, Beschluss vom 10.
Mai 2012 -
V [X.], [X.] 2012, 225 Rn. 10)
unzureichend. Die Er-kundigung bei der [X.] beschreibt nur die [X.] zu erwartende Höchstdauer für begleitende Flugabschiebungen. Diesen Zeitraum hat die beteiligte Behörde übernommen, ohne, wie aber geboten, [X.], mit welchem Zeitraum im konkreten Fall des Betroffenen nach ihrer Einschätzung zu rechnen ist. Dieses Vorgehen wird darin deutlich, dass sie nur allgemein die Schritte beschreibt, die einen Zeitraum von bis zu

acht Wochen erfordern können, ohne den Bezug zu dem Fall
des Betroffenen und seinen Besonderheiten herzustellen, nämlich, dass das erforderliche Passersatzpapier jetzt vorliegt und dass sie für den ersten, gescheiterten Versuch einer Abschie-bung des Betroffenen, der auch schon als begleitete Flugabschiebung [X.] war, einschließlich der Beschaffung des erforderlichen, jetzt aber vorlie-genden [X.] einen Zeitraum von insgesamt fünf Wochen für er-forderlich gehalten und nach ihren Angaben in dem vorliegenden [X.] auch tatsächlich nur benötigt hat.

2. Dieser Fehler ist auch nicht geheilt worden.

a) Mängel des Haftantrages können behoben werden, indem die [X.] von sich aus oder auf richterlichen Hinweis ihre Darlegungen ergänzt und dadurch die Lücken in ihrem Haftantrag schließt oder indem der Haftrichter selbst die Voraussetzungen zur Durchführbarkeit der Ab-
oder Zurückschiebung des Ausländers und zu der erforderlichen Haftdauer in seiner Entscheidung feststellt (vgl. zum Ganzen Senat, Beschluss vom 16. Juli 2014 -
V [X.], [X.] 2014, 384 Rn. 21 ff.). Zwingende weitere Voraussetzungen für eine Heilung ist in einem solchen Fall, dass der Betroffene zu den ergänzenden An-7
8
-
6
-
gaben persönlich angehört wird (vgl. Senat, Beschlüsse
vom 11. Februar 2016

[X.], juris Rn. 9
und vom 25. Januar 2018 -
V [X.], juris Rn. 8).

b) Daran fehlt es hier. Die beteiligte Behörde hat ihren Antrag weder schriftlich noch mündlich um die fehlenden Angaben zur erforderlichen Dauer der Haft ergänzt;
Amtsgericht und Beschwerdegericht haben auch keine ent-sprechenden
Feststellungen getroffen.

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

Stresemann Schmidt-Räntsch Kazele

[X.] Hamdorf
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.04.2016 -
11 XIV (B) 21/16 -

LG [X.], Entscheidung vom 16.06.2016 -
5 [X.]/16 -

9
10

Meta

V ZB 92/16

17.05.2018

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2018, Az. V ZB 92/16 (REWIS RS 2018, 8964)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8964

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XIII ZB 41/22 (Bundesgerichtshof)


XIII ZB 63/20 (Bundesgerichtshof)

Abschiebungshaft: Anforderungen an die Begründung des Haftantrags


V ZB 4/17 (Bundesgerichtshof)

Antrag auf Anordnung von Sicherungshaft für eine Abschiebung: Erläuterungsbedürftigkeit des für die Buchung eines Fluges …


XIII ZB 5/19 (Bundesgerichtshof)

Haftverlängerung nach Selbstverletzung des vollziehbar Ausreisepflichtigen vor terminiertem Abschiebungsflug


XIII ZB 58/19 (Bundesgerichtshof)

Abschiebungshaftsache: Heilung von Mängeln des Haftantrags; Erläuterung des für die Buchung eines Fluges mit Sicherheitsbegleitung …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

V ZB 311/10

V ZB 128/16

V ZB 246/11

V ZB 80/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.