Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.07.2011, Az. IV ZR 108/07

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 5076

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES [X.]OLKES

URTEIL
I[X.] ZR 108/07

[X.]erkündet am:

6. Juli 2011

Heinekamp

[X.]

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R: ja

[X.][X.]G a.F. § 6 Abs. 3

In der Fahrzeugversicherung ist eine zu hohe Angabe vorhandener Fahrzeugschlüs-sel generell nicht geeignet, Interessen des [X.]ersicherers zu gefährden.

[X.], Urteil vom 6. Juli 2011 -
I[X.] ZR 108/07 -
OLG Frankfurt am Main

LG Frankfurt am Main

-
2
-

Der I[X.].
Zivilsenat des [X.] hat durch die
[X.]orsit-zende
Richterin [X.], [X.], [X.],
Lehmann
und die Richterin [X.] auf die mündliche [X.]erhandlung vom 6.
Juli 2011

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.]
wird das Urteil des 3.
Zi-vilsenats des [X.] vom 28.
März 2007
aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen [X.]erhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

[X.]on Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen des behaupteten Diebstahls eines
LKW
aus einer Kfz-Kasko-[X.]ersicherung auf Zahlung von 41.225,90

nebst Zinsen
in Anspruch.

Er meldete das Fahrzeug am 6.
März 2004 als gestohlen. Sowohl gegenüber der Polizei als auch in der schriftlichen Schadenanzeige an die Beklagte vom 11.
März 2004 gab der Kläger an, dass es vier [X.] zu dem LKW
gebe, und zwar je einen bei ihm, zwei Mitarbeitern und einen vierten Schlüssel in einem verschlossenen Werkzeugschrank im 1
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-

Büro der [X.]. Gegenüber der Polizei teilte
er zusätzlich mit, überprüft zu haben, dass alle vier Schlüssel vorhanden seien.

An die Beklagte gelangten jedoch nur drei Schlüssel. Der Kläger behauptet nunmehr, dass es auch nur noch diese drei Schlüssel gebe, weil einer der
Mitarbeiter ohne sein Wissen einen der beiden ursprüngli-chen Originalschlüssel nach Austausch des Zündschlosses im LKW
ent-sorgt habe. Er habe irrtümlich angenommen, dass sich dieser Schlüssel noch im Werkzeugschrank befinde.
Die Beklagte hält sich wegen [X.]erlet-zung der Aufklärungsobliegenheit
für leistungsfrei.

Die [X.]orinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

[X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass dem Kläger zwar entgegen der Auffassung des [X.] der Nachweis des äußeren Bildes einer Fahrzeugentwendung gelungen sei. Die Beklagte sei jedoch gemäß §
7
I (2) Satz
3, [X.] (4) [X.] i.[X.].m. §
6 Abs.
3 [X.][X.]G leistungsfrei, weil der Kläger durch falsche Angaben zu den vorhandenen Fahrzeug-schlüsseln eine vorsätzliche [X.]erletzung seiner Aufklärungsobliegenheit begangen habe.

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4
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I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Keine Bedenken bestehen dagegen, dass das Berufungsgericht in der objektiv falschen Angabe zur Anzahl der vorhandenen Schlüssel eine Obliegenheitsverletzung i.S.
von §
7 I (2) Satz
3 [X.] gesehen hat. Die dem [X.]ersicherungsnehmer hiernach obliegende Aufklärung gebietet es, auf Fragen des [X.]ersicherers zutreffende Angaben zur Anzahl der Fahrzeugschlüssel zu machen. Rechtsfolge einer [X.]erletzung dieser [X.] ist gemäß §
7
[X.] (4) [X.] Leistungsfreiheit nach Maßgabe des §
6 Abs.
3 [X.][X.]G a.F.

Dass das Berufungsgericht die [X.]orsatzvermutung des §
6 Abs.
3 [X.][X.]G a.F. als nicht widerlegt angesehen hat, nimmt die Revision hin. [X.] erhebliche Bedenken gegen diese Annahme sind auch nicht ersichtlich.

2. [X.]on Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Annahme des [X.], dass die Grundsätze der Relevanzrechtsprechung des Senats der Leistungsfreiheit nicht entgegenstünden. Nach dieser Recht-sprechung setzt die Leistungsfreiheit des [X.]ersicherers im Falle einer zwar vorsätzlichen, aber folgenlos gebliebenen Obliegenheitsverletzung des [X.]ersicherungsnehmers ein erhebliches [X.]erschulden des
[X.]ersiche-rungsnehmers, dessen
ordnungsgemäße Belehrung über die Folgen [X.] sowie deren
generelle Eignung,
die Interes-sen des [X.]ersicherers ernsthaft zu gefährden,
voraus (Senatsurteile vom
28.
Februar 2007 -
I[X.] ZR 331/05, [X.]ersR 2007, 785 unter [X.]; vom 26.
Januar 2005 -
I[X.] ZR 239/03, [X.]ersR 2005, 493 unter 2 c; vom 21.
Januar 1998 -
I[X.] ZR 10/97, [X.]ersR 1998, 447 unter 2 b; weitere Nachweise siehe bei [X.] in [X.]/Langheid, [X.][X.]G 2.
Aufl. §
6 Rn.
54
ff.; [X.] in [X.]/[X.], [X.][X.]G 27.
Aufl. §
6 Rn.
101 und Stie-8
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5
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fel/[X.], Kraftfahrtversicherung 17.
Aufl. §
6 [X.][X.]G Rn.
33
ff. und §
7 [X.] Rn.
88
ff.).

a) Diese [X.]oraussetzungen
hat das Berufungsgericht im Ansatz noch zutreffend gesehen.
Da
es von einer Folgenlosigkeit der Obliegen-heitsverletzung des [X.] ausgegangen ist, ist diese auch für das
Re-visionsverfahren zugrunde zu legen. Zudem ist ein
der Beklagten ent-standener Nachteil durch die falsche Angabe nicht ersichtlich.
[X.] sind die [X.] der Beklagten, ob tatsächlich ein [X.]ersicherungsfall vorgelegen hat, durch die unzutreffende
Angabe des [X.]
nicht beeinträchtigt worden.

b) Anders als
bei zu niedriger Angabe der
Anzahl der Schlüssel ist deren
zu hohe Angabe -
was das Berufungsgericht verkannt hat
-
in der Fahrzeugversicherung generell nicht geeignet, Interessen des [X.]ersiche-rers zu gefährden.

Denn in diesem
Falle wird der [X.]ersicherer wegen des aus seiner Sicht fehlenden Schlüssels allenfalls dazu veranlasst werden, die Regu-lierung zurückzustellen, bis der [X.]erbleib des vermeintlich fehlenden Schlüssels geklärt ist. Dementsprechend
hat hier die Beklagte mit
Schreiben vom 14.
April 2004 reagiert, indem sie den Kläger um ergän-zende Stellungnahme bat.

Im Zusammenhang mit den Schlüsseln geht das Interesse des [X.]ersicherers bei einem gemeldeten [X.] regelmäßig dahin, alle vom Hersteller ausgelieferten und noch vorhandenen Fahrzeug-schlüssel sachverständig untersuchen
zu
lassen, unter anderem darauf, ob Kopierspuren vorhanden sind, was auf das Fertigen von [X.] deutet
und weitere Nachforschungen nach sich zieht. Ferner ist für 12
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den [X.]ersicherer generell wichtig,
prüfen zu können, ob alle Schlüssel vorhanden sind, weil das Fehlen eines Schlüssels Hinweise darauf ge-ben kann, dass dieser einem Dritten zur [X.]erfügung gestellt worden ist, damit er das Fahrzeug -
zur [X.]ortäuschung eines Diebstahls
-
von seinem Standort verbringt (vgl. Senatsurteil vom 7.
Juli 2004 -
I[X.]
ZR 265/03, [X.]ersR
2004, 1117 unter 3). Ob
alle Schlüssel vorhanden und gegebe-nenfalls einem Sachverständigen zur Untersuchung übergeben sind, kann der [X.]ersicherer aber nicht feststellen, wenn der [X.]ersicherungs-nehmer
ihm die Existenz eines oder mehrerer Schlüssel verschweigt, in-dem er deren Anzahl
zu niedrig angibt. Durch die zu hohe Angabe [X.] der [X.]ersicherungsnehmer
dagegen
allenfalls sein eigenes Inte-resse an einer schnellen Schadenregulierung.

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3. Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Die Sache ist gemäß §
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO zwecks
Klärung der vom Berufungsgericht bislang offen gelassenen Frage der erheblichen Wahr-scheinlichkeit eines nur vorgetäuschten Diebstahls an dieses zurückzu-verweisen.

[X.] [X.]

[X.]

Lehmann [X.]
[X.]orinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.03.2005 -
2/23 O 190/04 -

OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 28.03.2007 -
3 U 125/05 -

16

Meta

IV ZR 108/07

06.07.2011

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.07.2011, Az. IV ZR 108/07 (REWIS RS 2011, 5076)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5076

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