Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.12.2019, Az. XI R 26/18

11. Senat | REWIS RS 2019, 539

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Gegenstand

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 11.12.2019 - XI R 13/18: Umsatzsteuerbesteuerung beim Betreiben von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit ist mit Unionsrecht vereinbar)


Leitsatz

1. NV: Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit (Glücksspiel mit Geldeinsatz) sind umsatzsteuerbar .

2. NV: Ein Aufsteller von Geldspielautomaten kann sich für Umsätze ab dem 06.05.2006 nicht mehr auf die Steuerbefreiung des Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG oder des Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL berufen (Bestätigung des Senatsurteils vom 10.11.2010 - XI R 79/07, BFHE 231, 373, BStBl II 2011, 311).

3. NV: § 6 SpielbkV ist in Bezug auf die Umsatzsteuer zum 01.01.1968 außer Kraft getreten.

4. NV: Bei Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit, die aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften so eingestellt sind, dass ein bestimmter Prozentsatz der Spieleinsätze als Gewinn an die Spieler ausgezahlt wird, besteht die vom Betreiber für die Bereitstellung der Automaten tatsächlich erhaltene Gegenleistung nur in dem Teil der Einsätze, über den er effektiv selbst verfügen kann (Bestätigung des EuGH-Urteils Glawe vom 05.05.1994 - C-38/93, EU:C:1994:188, BStBl II 1994, 548).

5. NV: Die Umsatzsteuer und eine innerstaatliche Sonderabgabe auf Glücksspiele dürfen kumulativ erhoben werden, sofern die Sonderabgabe nicht den Charakter einer Umsatzsteuer hat (Anschluss an das EuGH-Urteil Metropol Spielstätten vom 24.10.2013 - C-440/12, EU:C:2013:687, HFR 2013, 1166).

6. NV: Ob es gegen das unionsrechtliche Beihilfeverbot verstößt, dass bei öffentlichen Spielbanken die Umsatzsteuer auf die Spielbankabgabe angerechnet wird, ist im Klageverfahren wegen Umsatzsteuer nicht entscheidungserheblich. Einer Aussetzung des Revisionsverfahrens bis zum Abschluss des Beihilfeverfahrens SA.44944 bedarf es daher nicht .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 30.01.2018 - 8 K 2620/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten steuerbar und steuerpflichtig sind und ob eine Besteuerung der Umsätze gegen Unionsrecht verstößt.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine [[X.].], ist Automatenaufstellerin und Spielhallenbetreiberin. [[X.].] (Streitjahr) betrieb sie in [X.] und [X.] insgesamt drei Spielhallen mit Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit sowie eine Gaststätte. Die Klägerin verwendete ausschließlich Geldspielautomaten mit einem sog. Hopper, die in Bauart und Technik identisch sind mit den in öffentlichen Spielbanken verwendeten Geräten. Ob ein Spieler, der an den Geldspielautomaten der Klägerin spielt, gewinnt oder verliert, ist vom Zufall abhängig.

3

In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr vom 17.02.2012 meldete die Klägerin ihre Umsätze in Höhe von ca. 354.000 € zum Regelsteuersatz an.

4

Mit [X.] für das Streitjahr vom 20.03.2015 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) nach Durchführung einer Außenprüfung die Umsatzsteuer um 179,93 € höher auf 50.732,16 € fest. Der nicht begründete Einspruch der Klägerin blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 04.09.2015).

5

Das Finanzgericht (FG) Köln wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 648 veröffentlichten Urteil vom 30.01.2018 - 8 K 2620/15 ab. Es entschied, die Umsätze der Klägerin seien steuerbar und nicht steuerfrei. Die Besteuerung der Umsätze sei richtlinienkonform und verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes.

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie bringt u.a. vor, ihre Umsätze seien bereits nicht steuerbar, jedenfalls aber steuerfrei. Überdies sei es unzulässig, dass die Umsatzsteuer bei den öffentlichen Spielbanken auf die [X.] angerechnet werde. Außerdem macht sie unter Hinweis auf das Beihilfeverfahren SA.44944 der [X.] geltend, die Anrechnung der Umsatzsteuer auf die [X.] sei eine unzulässige staatliche Beihilfe.

7

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr des [X.] vom 20.03.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.09.2015 insoweit aufzuheben und abzuändern, als hierin bislang zu Unrecht nicht steuerbare bzw. steuerbefreite Umsätze der Klägerin in Höhe von 397.378 € aus der Aufstellung von Geldspielautomaten (auch: Geldspielgeräte mit Gewinnfunktion genannt) erfasst worden sind, mithin die Umsatzsteuer für das Streitjahr auf 0 € festzusetzen.

8

Hilfsweise regt sie an, den [X.] ([X.]) zu mehreren Fragen um Vorabentscheidung zu ersuchen.

9

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

1. Das [X.] hat ohne Rechtsfehler dahin erkannt, dass die Umsätze der Klägerin aus dem Betrieb von Geldspielautomaten steuerbar und steuerpflichtig sind. Der Senat verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf das zur amtlichen Veröffentlichung bestimmte Senatsurteil vom gleichen [X.]R 13/18.

2. Ob es eine unionsrechtlich unzulässige Beihilfe darstellt, dass bei öffentlichen Spielbanken die Umsatzsteuer auf die [X.] angerechnet wird, ist vorliegend nicht zu entscheiden (vgl. auch Beschluss des [X.] --BFH-- vom 27.06.2017 - V B 162/16, [X.], 1336, Rz 13). Hier ist nur über die Rechtmäßigkeit des gegenüber der Klägerin ergangenen [X.] zu befinden. Die etwaige Rechtswidrigkeit anderer Abgaben ist für die Rechtmäßigkeit der Erhebung der Umsatzsteuer rechtlich unerheblich (vgl. BFH-Urteil vom 22.04.2010 - V R 26/08, [X.], 429, [X.], 883, Rz 17; Senatsbeschluss vom 19.10.2009 - XI B 60/09, [X.], 58, Rz 21 und 22).

3. Eine erneute Vorlage von Rechtsfragen zur Umsatzbesteuerung von Glücksspielen an den [X.], die die Klägerin angeregt hat, ist nicht erforderlich. Denn durch die Rechtsprechung des [X.] ist bereits geklärt, dass die betreffenden Umsätze steuerbar sind. Ebenso ist geklärt, dass § 4 Nr. 9 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes i.d.F. seit dem 06.05.2006 mit Unionsrecht vereinbar ist, obwohl der [X.] die Umsatzsteuer auf die [X.] der öffentlichen Spielbanken anrechnet. Die Bemessungsgrundlage der Umsätze ist durch die Rechtsprechung des [X.] ebenso geklärt. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit ebenfalls auf das zur amtlichen Veröffentlichung bestimmte Senatsurteil vom gleichen [X.]R 13/18.

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

XI R 26/18

11.12.2019

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 30. Januar 2018, Az: 8 K 2620/15, Urteil

§ 1 Abs 1 Nr 1 UStG, § 4 Nr 9 Buchst b UStG, § 10 Abs 1 UStG, § 16 UStG, Art 2 EWGRL 388/77, Art 11 Teil A Abs 1 Buchst a EWGRL 388/77, Art 13 Teil B Buchst f EWGRL 388/77, Art 1 Abs 2 EGRL 112/2006, Art 2 Abs 1 Buchst c EGRL 112/2006, Art 73 EGRL 112/2006, Art 135 Abs 1 Buchst i EGRL 112/2006, Art 267 Abs 3 EGRL 112/2006, Art 107 AEUV, Art 267 Abs 3 AEUV, UStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.12.2019, Az. XI R 26/18 (REWIS RS 2019, 539)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 539


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. XI R 26/18

Bundesfinanzhof, XI R 26/18, 11.12.2019.


Az. XI S 11/20

Bundesfinanzhof, XI S 11/20, 30.06.2020.


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