Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2007, Az. VIII ZR 122/06

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 3719

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 23. Mai 2007 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 a) Eine Kommanditgesellschaft ([X.]) kann Wohnräume weder als "Wohnung für sich" noch für Familien- oder Haushaltsangehörige benötigen. Eigenbedarf im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 [X.] kommt bereits begrifflich nicht in Betracht. b) Ein berechtigtes Interesse einer [X.] an der Beendigung des mit einem [X.] abgeschlossenen Mietverhältnisses gemäß § 573 Abs. 1 Satz 1 [X.] be-steht nur dann, wenn das Wohnen ihres Mitarbeiters gerade in dieser Wohnung nach seiner betrieblichen Funktion und Aufgabe für den Betriebsablauf von nen-nenswertem Vorteil ist. Dies gilt auch für den Geschäftsführer der Komplementärin der [X.] (vgl. auch Senatsurteil vom 23. Mai 2007 - [X.]). [X.], Urteil vom 23. Mai 2007 - [X.]/06 - [X.]

AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2007 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] sowie die Richterinnen [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 2. März 2006 wird [X.]. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Beklagte ist seit 1996 Mieterin einer Wohnung in [X.]. Vermieterin war die [X.]-AG, die auf dem rund 10.000 m² großen Gelände bis 1996 ein Umspannwerk betrieb. 1 Die Klägerin erwarb das Grundstück im Jahr 2001. Unter der [X.] "m. Umspannwerk [X.] " vermietet sie dort Gewerbeflächen, unter anderem eine Veranstaltungshalle. Ein Teil der vorhandenen Büroräume steht leer. 2 Durch Anwaltsschreiben vom 27. Februar 2004 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis zum 31. August 2004 mit der Begründung, die Nutzung der Wohnung durch ihren Geschäftsführer sei aus betrieblichen Gründen dringend 3 - 3 - erforderlich. Ihm obliege es, die Geschäfte der Gesellschaft zu koordinieren und zu kontrollieren. Dies umfasse nicht nur den permanenten Kontakt mit den [X.] gewerblichen Mietern, sondern insbesondere Verhandlungen und ge-meinsame Begehungen mit neuen [X.]. Es sei unerlässlich, dass der Geschäftsführer diese Dinge im Objekt regle. Es sei ihm nicht mehr zumut-bar, bei seinen ständigen Geschäftsaufenthalten in [X.] ein Hotelzimmer an-zumieten. Die Beklagte widersprach der Kündigung. Mit ihrer Klage begehrt die Klä-gerin, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, die Räumung und Herausgabe der Wohnung. Das Amtsgericht hat der Räumungsklage [X.], das [X.] hat sie abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zu-gelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Räumungsantrag weiter. 4 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der von der Beklagten gemie-teten Wohnung (§ 546 [X.]). Die am 27. Februar 2004 erklärte Kündigung [X.] das Mietverhältnis der Parteien nicht beendet. Die Klägerin habe kein be-rechtigtes Interesse an seiner Beendigung, weil eine juristische Person schon begrifflich keinen Eigenbedarf im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 [X.] geltend machen könne. 5 Ein berechtigtes Interesse des Vermieters im Sinne von § 573 Abs. 1 [X.] könne sich grundsätzlich auch daraus ergeben, dass einem (wichtigen) Mitarbeiter, einer "Schlüsselkraft" des Unternehmens, eine Wohnung aus drin-6 - 4 - genden betrieblichen Gründen vermietet werden solle. Das Interesse des [X.] müsse hierfür nach Art und Schwere mit den Fällen des § 573 Abs. 2 [X.] vergleichbar sein. Das sei hier nicht der Fall. Sei die Wohnung, wie hier, einem Betriebsfremden vermietet, sei allein nicht ausreichend, dass sie einem Betriebsangehörigen mit konkretem Wohnbedarf überlassen werden solle. Ein die Kündigung rechtfertigender Grund sei nur dann gegeben, wenn gerade das Bewohnen dieser speziellen Räume durch diesen Arbeitnehmer für die [X.] Führung des Betriebs erforderlich sei. Die Klägerin habe nicht schlüssig dargelegt, inwiefern es zur Führung ih-res Betriebs notwendig sei, dass ihr Geschäftsführer unmittelbar in dem Objekt wohne. Zwar sei er als Geschäftsführer ohne Zweifel eine "Schlüsselkraft" des Unternehmens. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung habe er auch [X.] dargetan, dass seine geschäftliche Präsenz in [X.]erforderlich sei. Es sei aber nicht nachvollziehbar, warum er dazu auf dem Betriebsgelände wohnen müsse. Nach seinen Angaben gehe es ihm allein darum, seinen Wohnbedarf kostengünstig zu decken und nach langen Aufenthalten in den Bü-roräumen des [X.] einen kurzen Weg in die eigene Wohnung zu haben. Es sei nicht ersichtlich, dass sein ständiger Aufenthalt im Objekt für den Ablauf des Betriebs erforderlich sei. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass die Gewerbeflächen an Laufkundschaft vermietet würden; dieses sei auch nicht naheliegend. Es sei davon auszugehen, dass Termine vereinbart würden, zu welchen sich der Geschäftsführer der Klägerin von einer anderweitig angemie-teten Wohnung aus einfinden könne. 7 - 5 - I[X.] 8 Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand, so dass die Revision unbegründet ist. 9 Die Klägerin kann von der Beklagten nicht gemäß § 546 Abs. 1 [X.] Räumung und Herausgabe der von ihr gemieteten Wohnung verlangen, denn das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis ist durch die Kündigung vom 27. Februar 2004 nicht beendet worden. 1. Eigenbedarf im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 [X.] kommt bereits be-grifflich nicht in Betracht. Die Klägerin als Kommanditgesellschaft ([X.]) kann die Räume weder "als Wohnung für sich" noch für Familien- oder [X.] benötigen (vgl. zur juristischen Person Senatsurteil vom 10. September 2003 - [X.] ZR 22/03, [X.], 691 = NJW-RR 2004, 12, unter [X.]; [X.]/[X.], [X.] (2006), § 573 Rdnr. 71, m.w.N.). Ob die [X.] Eigenbedarf für ei-nen Gesellschafter geltend machen kann, bedarf hier keiner Entscheidung, weil zu einer eventuellen Gesellschafterstellung des Geschäftsführers nichts [X.] ist. Übergangenen Sachvortrag zeigt die Revision nicht auf. 10 2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch ein berechtigtes In-teresse der Klägerin an der Beendigung des Mietverhältnisses mit der [X.] im Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 [X.] verneint. Die Beantwortung der [X.], ob ein berechtigtes Interesse im Sinne dieser Vorschrift gegeben ist, erfor-dert eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Sie obliegt in erster Linie dem Tatrichter und kann vom Revisionsgericht nur daraufhin über-prüft werden, ob sie auf einer rechtsfehlerfrei gewonnenen Tatsachengrundlage beruht, alle maßgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt worden sind und der Tatrichter den zutreffenden rechtlichen Maßstab angewandt hat (Senatsurteil vom 11. Januar 2006 - [X.] ZR 364/04, [X.], 193 = NJW 2006, 1585, 11 - 6 - [X.]. 19). Der Prüfung anhand dieses Maßstabs halten die Ausführungen des Berufungsgerichts stand. 12 a) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses kann sich allerdings daraus ergeben, dass einem Mitarbeiter seines Unternehmens aus betrieblichen Gründen eine an einen Betriebsfrem-den vermietete Wohnung zur Verfügung gestellt werden soll, sofern der [X.] vernünftige Gründe für die Inanspruchnahme der Wohnung hat, die den [X.] nachvollziehbar erscheinen lassen (vgl. Senatsbeschluss vom 5. Oktober 2005 - [X.] ZR 127/05, [X.], 779, 781 = NJW 2005, 3782; [X.]/[X.], [X.] (2006), § 573 Rdnr. 171). Dabei ist zu beachten, dass der Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 1 Satz 1 [X.] den in § 573 Abs. 2 [X.] genannten Kündigungsgründen gleich-gewichtig ist ([X.] NJW 1992, 105, 106, zu § 564b [X.] aF; [X.]/[X.], aaO, § 573 Rdnr. 166). Das Interesse des Vermieters an der [X.] ist danach zu gewichten, ob und gegebenenfalls welche Bedeutung es für das Unternehmen hat, dass der Mitarbeiter seinen Wohnsitz in der vermieteten Wohnung nimmt. Dabei kommt es insbesondere auf die Funktion und die Aufgaben des Mitarbeiters an. 13 b) Das Berufungsgericht ist nach diesen Maßstäben ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin vernünftige Gründe für die [X.] mit der Beklagten nicht nachvollziehbar dargelegt hat. 14 Nach der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts ist es aus [X.] Gründen weder geboten noch für den Betriebsablauf von nennens-wertem Vorteil, dass der Geschäftsführer der Klägerin auf dem Gelände wohnt. Termine mit gewerblichen Mietinteressenten könne er auch von den [X.] - 7 - men der Klägerin auf dem Gelände aus organisieren. Dies sei auch kurzfristig möglich. Dazu bedürfe es keiner Wohnung auf dem Betriebsgelände. 16 Es geht der Klägerin, wie das Berufungsgericht aufgrund der Angaben ih-res Geschäftsführers bei dessen persönlicher Anhörung festgestellt hat, im [X.] darum, ihm nach langer Arbeitszeit zu einem kurzen Heimweg zu verhelfen. Dem hat das Berufungsgericht jedoch unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ohne Rechtsfehler kein entscheidendes Gewicht zugemes-sen. Ball [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 23.08.2005 - 7 C 29/04 - [X.], Entscheidung vom 02.03.2006 - 62 S 308/05 -

Meta

VIII ZR 122/06

23.05.2007

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2007, Az. VIII ZR 122/06 (REWIS RS 2007, 3719)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 3719

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