Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.09.2008, Az. 4 StR 316/08

4. Strafsenat | REWIS RS 2008, 2001

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[X.] vom 16. September 2008 in der Strafsache gegen wegen schwerer Körperverletzung u.a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 16. September 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 10. Januar 2008, soweit es ihn betrifft, a) im gesamten Strafausspruch und b) soweit die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt worden ist aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-richts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision ist unbegründet. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Körperverletzung sowie wegen schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl zu einer Gesamt-freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Anspruch des [X.] auf Ersatz seiner materiellen und immateriellen Schäden, soweit er nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte ü-bergegangen ist, dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit seiner auf den 1 - 3 - Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision rügt der Angeklagte die Verlet-zung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Der Strafausspruch hat keinen Bestand. Zwar begegnen die wegen schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl verhängte Einsatzstrafe von neun Jahren Freiheitsstrafe, die wegen der Körperverletzung verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr und die daraus gebildete Gesamtstrafe für sich genommen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das [X.] hat aber bei der Bemessung dieser Strafen nicht erkennbar berücksichtigt, dass im Hinblick auf die Verurteilung des Angeklagten zu einer (Einheits-) Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten durch Urteil vom 18. April 2007, die der Angeklagte zurzeit verbüßt, ein Härteausgleich veranlasst war. Die in der vor-liegenden Sache abgeurteilten Taten hat der Angeklagte am 21. Juli 2007, [X.] fünf Tage vor der Verwerfung seiner Berufung gegen das vorgenannte Urteil durch Urteil des [X.]s Ellwangen vom 26. Juli 2007 begangen. [X.] hat das [X.] die Jugendstrafe nicht in die Gesamtstrafe einbezo-gen, weil die Bildung einer Gesamtstrafe aus einer Jugendstrafe und einer Frei-heitsstrafe des allgemeinen Strafrechts bei getrennter Aburteilung nicht zulässig ist (BGHSt 36, 270). Die in der unverkürzten Vollstreckung sowohl der [X.] als auch der nach Erwachsenenstrafrecht zu verhängenden Strafe lie-gende Härte ist nach ständiger Rechtsprechung bei der Strafzumessung zu be-rücksichtigen und auszugleichen (BGHSt 36, 270, 275 ff.; 41, 310, 312). Dass das [X.] dies bedacht hat, kann auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht entnommen werden. Die wegen der hier abgeurteilten Taten zu verhängenden Einzelstrafen und demzufolge auch die Gesamtstrafe sind 2 - 4 - deshalb unter Beachtung der Grundsätze in BGHSt 36, 270, 277 neu zuzumes-sen. 2. Auch soweit das [X.] davon abgesehen hat, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anzuordnen, hat das Urteil keinen Bestand. 3 Nach den Feststellungen liegt bei dem Angeklagten "jedenfalls ein [X.] Alkoholmissbrauch" vor. Im Ansatz zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, dass auch ein solcher Missbrauch die Annahme eines Hanges im Sinne des § 64 StGB rechtfertigen kann. Im Hinblick darauf, dass bei den verfahrensgegenständlichen Taten des Angeklagten der vorangegangene Alko-holkonsum "ein zusätzlicher konstellativer Faktor" gewesen sei und "ähnlich strukturierte Taten" auch in der Vergangenheit vorgekommen seien, hat das [X.] auch die Gefahr einer Wiederholung solcher Taten bejaht. Obwohl nach Auffassung des [X.]s "auf Grund der familiären Einbindung, der Krankheitseinsicht und der Abwesenheit früherer fehlender Behandlungsversu-che auch Indizien für eine gewisse Erfolgsaussicht einer Behandlung" beste-hen, hat es den hierzu gehörten Sachverständigen folgend die Voraussetzun-gen einer Unterbringung nach § 64 StGB mit der Begründung verneint, der [X.] sei für die Taten "nur ein zusätzlicher konstellativer Faktor" gewesen. Bei dem Angeklagten bestünden auch allgemeine Defizite der Verhal-tenssteuerung und eine niedrige Schwelle für gewalttätiges Verhalten. Im [X.] darauf seien erzieherische und sozialpädagogische Maßnahmen, wie sie im Rahmen des [X.], in dem sich der Angeklagte derzeit [X.], vorgehalten werden, sinnvoller und Erfolg versprechender. 4 - 5 - Diese Begründung für die [X.] der Unterbringung hält rechtli-cher Nachprüfung nicht stand. Richtig ist der rechtliche Ansatzpunkt insoweit, als zwischen dem in § 64 StGB vorausgesetzten Hang zu übermäßigem Alko-holgenuss und der Tat sowie der zukünftigen Gefährlichkeit ein symptomati-scher Zusammenhang bestehen muss (vgl. BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 1). Soweit das [X.] meint, gegen die Annahme eines solchen Zusammenhangs spreche, dass der Alkoholmissbrauch nur ein zusätz-licher "konstellativer Faktor" gewesen sei, geht es jedoch von einem zu engen und deshalb rechtsfehlerhaften Verständnis des Begriffs des symptomatischen Zusammenhangs aus. Denn ein solcher Zusammenhang ist nach ständiger Rechtsprechung auch dann zu bejahen, wenn der Hang zum übermäßigen [X.] alkoholischer Getränke neben anderen Umständen mit dazu beigetra-gen hat, dass der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch in Zukunft zu besorgen ist. Dieser Zusammenhang kann daher grundsätzlich nicht allein deshalb verneint werden, weil außer dem Alkoholmissbrauch noch weitere [X.] eine Disposition für die Begehung von Straftaten begründen (vgl. BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 1; [X.], 681). 5 Soweit es das [X.] mit dem Sachverständigen für sinnvoll erach-tet hat, dem Angeklagten den Abschluss der im Jugendstrafvollzug begonnenen Berufsausbildung zu ermöglichen, kann dem - worauf die Revision zu Recht hingewiesen hat - gegebenenfalls bei der gemäß § 67 Abs. 2 StGB zu treffen-den Entscheidung über die [X.] getragen wer-den. 6 3. Die zu Grunde liegenden Feststellungen sind rechtsfehlerfrei getroffen worden und können daher bestehen bleiben. Dies gilt auch, soweit es die 7 - 6 - [X.] der Unterbringung betrifft, da sie lediglich auf einem [X.] Verständnis des Begriffs des symptomatischen Zusammenhangs be-ruht. [X.] [X.] Ernemann Mutzbauer

Meta

4 StR 316/08

16.09.2008

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.09.2008, Az. 4 StR 316/08 (REWIS RS 2008, 2001)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2001

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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