Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2006, Az. XII ZR 197/04

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 442

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 6. Dezember 2006 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja
[X.] §§ 10, 92 Abs. 2, 94 Abs. 5 a) Der Unterhaltsbedarf eines Kindes wurde nach der bis März 2006 geltenden [X.] des [X.] durch die mit der Unterbringung in einem Kinderheim einherge-henden Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe vollständig gedeckt, wenn das Kind vor Beginn der Hilfe mit dem unterhaltspflichtigen Elternteil zusammen gelebt hatte. Ein Rückgriff des Trägers der Kinder- und Jugendhilfe war dann nicht mehr mittels übergegangenen zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs, sondern nur noch durch Er-hebung eines öffentlich-rechtlichen [X.] möglich. Nur wenn das Kind schon vor Beginn der Hilfe von seinen Eltern getrennt lebte, kam die Erhebung eines [X.] nicht in Betracht. Die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe waren in diesen Fällen gegenüber dem zivilrechtlichen Unterhaltsan-spruch subsidiär und konnten den Unterhaltsbedarf des Kindes nicht decken. Nur dann bestand der Unterhaltsanspruch fort und ging mit den Leistungen auf den Trä-ger der Kinder- und Jugendhilfe über. b) Das [X.] in der seit dem 1. Oktober 2005 geltenden Fassung unterscheidet nicht mehr nach dem [X.]punkt der Trennung von den Eltern, sondern sieht für lau-fende Unterhaltsansprüche ab April 2006 grundsätzlich eine Bedarfsdeckung durch die mit der Heimunterbringung einher gehenden [X.] vor. Für sei-nen Rückgriff gegen die Eltern ist der Träger der Kinder- und Jugendhilfe nun stets auf einen öffentlich-rechtlichen Kostenbeitrag verwiesen. [X.], Urteil vom 6. Dezember 2006 - [X.]/04 -OLG [X.]

AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2006 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. Wagenitz und Dose für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 3. [X.] des [X.]s [X.] vom 27. August 2004 wird [X.]. Von den Kosten der Rechtsmittelverfahren haben der Kläger zu 1 54 % und der Kläger zu 2 46 % zu zahlen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Kläger begehren von den Beklagten als ihren Adoptiveltern Kindes-unterhalt für die [X.] ab Januar 2000. 1 Der am 6. Februar 1932 geborene Beklagte zu 1 ist Konzertorganist und pensionierter Musikhochschullehrer. Die am 13. Februar 1959 geborene [X.] zu 2 ist Studiendirektorin, hat sich während des vorliegenden [X.] vom Schuldienst beurlauben lassen und arbeitet jetzt als Teilzeitkraft an einer [X.]. 2 Seit 1996 adoptierten die Beklagten drei mittelamerikanische Kinder in ihren Heimatländern ([X.] und [X.]). Das zunächst in [X.] [X.] - 3 - tierte, am 6. Januar 1986 geborene Mädchen M. wurde auf Veranlassung der Beklagten wieder dorthin zurückgebracht, weil diese mit ihren Eigenschaften nicht zufrieden waren. In der Folgezeit adoptierten die Beklagten in [X.] den am 18. Juni 1988 geborenen Kläger zu 1. Die Adoption wurde auf Antrag der Beklagten erneut durch Beschluss des Amtsgerichts [X.] vom 9. April 1998 (6 XVI 5/98) ausgesprochen. Im Jahre 1999 adoptierten die Beklagten in [X.] den am 22. März 1990 geborenen Kläger zu 2. Durch Beschluss des Amtsgerichts [X.] vom 10. Juni 2005 (98 XVI 27/02) wurde dieses [X.] anerkannt und ausgesprochen, dass es einem nach [X.] Recht begründeten [X.] gleich steht. Die dagegen einge-legte Beschwerde der Beklagten hat das Landgericht [X.] durch Be-schluss vom 20. Juli 2006 als unzulässig verworfen (25 [X.]). Die [X.] haben gegen diese Entscheidungen Verfassungsbeschwerde eingelegt. Ein weiteres aus [X.] stammendes und am 30. Mai 1992 geborenes [X.] gaben die Beklagten während der [X.] wieder [X.]. Im November 1999 wurden die Kläger wegen Verdachts der Kindes-misshandlung durch die Beklagten vom Jugendamt in Obhut genommen und in Kinderheimen untergebracht. Mit Beschluss vom 7. März 2000 wurde den [X.]n das Sorgerecht entzogen und das zuständige Jugendamt zum Vormund bestellt. Ein Antrag auf Rückübertragung des Sorgerechts für den Kläger zu 1 blieb in zwei Instanzen erfolglos (OLG [X.] Beschluss vom 16. Februar 2004 - 3 UF 40/03). 4 Jedenfalls seit Dezember 1999 erhalten die Kläger Hilfe zur Erziehung nach den Vorschriften des [X.]. Die monatlichen Kosten der [X.] belaufen sich insgesamt auf mehr als 3.000 •. Im Januar 2000 über-sandte das Jugendamt den Beklagten eine Rechtswahrungsanzeige. Durch 5 - 4 - Leistungsbescheid der [X.] vom 4. Oktober 2000 wurden die Beklagten zu "Kostenbeiträgen gemäß § 94 Abs. 1 und 2 [X.]" herangezogen. Gegen die-sen Bescheid legten sie Widerspruch ein; das Verwaltungsverfahren ruht [X.]. 6 Nach Rückübertragung der Unterhaltsansprüche durch den Träger der Jugendhilfe begehren die Kläger Unterhalt von den Beklagten. Das Amtsgericht gab der Klage überwiegend statt und verurteilte die Beklagten, an den Kläger zu 1 einen Unterhaltsrückstand für die [X.] von Januar 2000 bis März 2001 in Höhe von 16.800 DM und laufenden Unterhalt ab April 2001 in Höhe von mo-natlich 1.120 DM und ab Juli 2001 in Höhe von monatlich 1.175 DM sowie an den Kläger zu 2 rückständigen Unterhalt für die [X.] von Januar bis März 2001 in Höhe von 14.550 DM und laufenden Unterhalt für die [X.] ab April 2001 in Höhe von monatlich 970 DM und ab Juli 2001 in Höhe von monatlich 1.013 DM zu zahlen. Auf die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision der Kläger.
Entscheidungsgründe: Die Revision ist nicht begründet. 7 - 5 - [X.] 8 Das [X.], dessen Entscheidung in [X.] 2005, 108 veröffentlicht ist, hat die Klage abgewiesen, weil die Kläger nicht unterhaltsbe-dürftig seien. Zwar bemesse sich der Unterhaltsbedarf der Kläger nach den konkret entstandenen Kosten der Heimunterbringung. Der einer Unterbringung entgegen stehende Wille der Beklagten sei unbeachtlich, weil ihnen die elterli-che Sorge entzogen und das Jugendamt als Vormund berechtigt sei, die Art und Weise der Unterhaltsgewährung zu bestimmen. Der Unterhaltsbedarf der Kläger sei allerdings durch die Leistungen der Jugendhilfe in vollem Umfang gedeckt. Zwar seien auch Leistungen der Ju-gendhilfe grundsätzlich gegenüber einem zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch subsidiär, wie sich aus § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] ergebe. Diese Regelung werde indes durch die speziellen [X.] und [X.] der §§ 92, 94 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 [X.] konkretisiert. Nach § 94 Abs. 2 [X.] könnten die Eltern ohnehin nur in Höhe der durch die auswärtige Un-terbringung ersparten Kosten herangezogen werden. Nur in diesem Umfang könne der Träger der Jugendhilfe in der gesetzlich vorgesehenen Form bei den unterhaltspflichtigen Eltern Rückgriff nehmen. Auch wenn nach § 94 Abs. 3 [X.] kein Kostenbeitrag erhoben werden könne, gehe der Unterhaltsan-spruch eines Kindes nur in Höhe des Betrages auf den Träger der öf[X.] Jugendhilfe über, der zu zahlen wäre, wenn die Leistung der Jugendhilfe und der sie veranlassende besondere Bedarf außer Betracht bleibe. Da die Leistun-gen der Jugendhilfe in dem darüber hinausgehenden Umfang auch der Famili-enförderung dienten, seien sie gegenüber dem Kindesunterhalt nur insoweit nachrangig, als das Gesetz die Heranziehung der Eltern zu den Kosten vorse-he. 9 - 6 - Nach § 94 Abs. 3 [X.] gehe der Unterhaltsanspruch nur dann auf den Träger der öf[X.] Jugendhilfe über, wenn die Eltern vor Beginn der Hilfe nicht mit dem Kind zusammengelebt hätten. Selbst wenn dem Jugendamt die Befugnis zur Beantragung der Jugendhilfe hier erst einige Wochen nach Herausnahme der Kinder aus der Familie übertragen worden sei, ändere das nichts daran, dass die Beklagten vor Beginn der Hilfen mit den Klägern [X.] hätten. Die Leistungen der Jugendhilfe stünden in engem Zusam-menhang mit der Herausnahme der Kinder aus dem Haushalt der Beklagten, wobei es auf eine kurze Zwischenzeit ohne Leistungsbewilligung nicht ankom-me. Die gesetzliche Regelung in § 94 Abs. 3 [X.] differenziere nicht da-nach, aus welchen Gründen die Kinder aus der Familie genommen und ins Heim gegeben seien. Ein Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Träger der öf[X.] Jugendhilfe sei wegen des früheren Zusammenlebens auch dann ausgeschlossen, wenn wegen Erziehungsversagens der Eltern eine spä-tere Rückkehr nicht in Betracht komme. Das folge schon aus § 34 [X.], wonach die Heimunterbringung Jugendlichen auch eine auf längere [X.] ange-legte Lebensform bieten könne und nicht auf den Versuch einer Rückkehr in die Familie beschränkt sei. Soweit die Leistungen der Jugendhilfe - in Höhe der durch die auswärtige Unterbringung ersparten Aufwendungen - nicht nachran-gig seien, scheide ein Unterhaltsanspruch gleichwohl aus. Denn aus der Rück-griffsvorschrift des § 94 Abs. 2 [X.] folge, dass der Unterhalt zunächst ge-deckt sei und der Jugendhilfeträger im Wege des öffentlich-rechtlichen Erstat-tungsanspruchs Rückgriff nehmen müsse. Nur so könne für die Beklagten die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme vermieden werden. 10 - 7 - I[X.] 11 Diese Erwägungen überzeugen auch gegenüber den Einwendungen der Revision. 12 Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der [X.] der Kläger durch die Leistungen der Jugendhilfe vollständig ge-deckt ist und dem Träger der Jugendhilfe lediglich ein Anspruch auf Zahlung eines öffentlich-rechtlichen [X.] gegen die Beklagten zusteht. Dabei ist nach der Übergangsregelung zu den am 1. Oktober 2005 in [X.] getretenen Änderungen des [X.] zwischen Unterhaltsansprüchen für die [X.] bis zum 31. März 2006 und solchen für die [X.] ab April 2006 zu unterscheiden. Denn nach § 97 b [X.] erfolgte die Heranziehung zu den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen, die - wie hier - schon vor dem 1. Oktober 2005 fort-laufend gewährt worden sind, bis zum 31. März 2006 nach dem früheren Recht und erst für die [X.] ab April 2006 nach den zum 1. Oktober 2005 in [X.] getre-tenen geänderten Vorschriften des [X.]. 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht Unterhaltsansprüche der Kläger für die [X.] bis zum 31. März 2006 abgewiesen, weil ihr Unterhaltsbedarf vollstän-dig gedeckt war. Solche Ansprüche konnten deswegen nicht mehr auf den Trä-ger der Jugendhilfe übergehen und von diesem auch nicht auf die Kläger [X.]übertragen werden. 13 a) Der Unterhaltsbedarf der Kläger bemisst sich allerdings nach den [X.] Kosten für ihre Heimunterbringung. Zwar schulden die Eltern einem auswärts untergebrachten minderjährigen Kind neben dem Barunterhalt auch Betreuungsunterhalt, der sich regelmäßig pauschal nach der Höhe des [X.] richtet (Senatsurteil vom 30. August 2006 - [X.] ZR 138/04 Œ FamRZ 2006, 1597, 1598 f. mit [X.]). Sind die Kinder allerdings in einem Heim 14 - 8 - untergebracht, richtet sich ihr Unterhaltsbedarf nach den durch die [X.] veranlassten und konkret feststehenden Kosten. Der einer [X.] entgegenstehende Wille der Beklagten ist insoweit unerheblich, weil ihnen nach § 1666 BGB die elterliche Sorge entzogen wurde und das Recht zur Bestimmung der Art und Weise der Unterhaltsgewährung nach § 1612 Abs. 2 BGB somit auf das Jugendamt als Vormund übergegangen ist. b) Dieser Unterhaltsbedarf der Kläger war allerdings durch die Leistun-gen der Kinder- und Jugendhilfe in vollem Umfang gedeckt. Die nach den Vor-schriften des [X.] in der bis zum 30. September 2005 geltenden Fassung ([X.] a.F.) gewährten Leistungen waren zwar grundsätzlich gegenüber Un-terhaltsansprüchen subsidiär, zumal durch sie Verpflichtungen Anderer, insbe-sondere Unterhaltspflichtiger ausdrücklich nicht berührt werden sollten (§ 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F.; [X.] [X.] Kinder- und Jugendhilfe 2. Aufl. vor § 90 [X.]. 2 f.). Allerdings wurde diese grundsätzliche Subsidiarität schon nach früherem Recht durch diverse Vorschriften eingeschränkt und speziell ausgestaltet ([X.] aaO § 10 [X.]. 22; [X.] [X.] § 10 [X.]. 13 f. m.w.N.; [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 [X.]. 327 a und OLG Schleswig OLGR 2001, 322). 15 aa) Danach waren Kinder, Jugendliche oder deren Eltern teilweise indivi-duell durch Erhebung eines [X.], der durch Leistungsbescheid fest-zusetzen war, zu den Kosten der Hilfe zur Erziehung in einem Heim heranzu-ziehen (§ 92 Abs. 2 i.V.m. § 91 Abs. 1 Nr. 4 [X.] a.F.). Teilweise ging der Unterhaltsanspruch des Kindes auf den Träger der öf[X.] Jugendhilfe ü-ber (§ 94 Abs. 3 Satz 2 [X.] a.F.; [X.] OLGR 1999, 276). Im Übrigen konnte der Träger der öf[X.] Jugendhilfe den Anspruch gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen bei Leistungen an einen jungen Volljährigen auf sich überleiten (§ 96 [X.] a.F.; [X.] Frankfurter 16 - 9 - Kommentar zum [X.] Kinder- und Jugendhilfe 4. Aufl. § 96 [X.]. 1). Für die Art der Heranziehung der Eltern des unterhaltsbedürftigen Kindes oder Jugend-lichen unterschied die Sonderregelung in § 94 [X.] a.F. danach, ob sie vor Beginn der Hilfe mit dem Kind oder dem Jugendlichen zusammengelebt, ihm also im Wesentlichen Naturalunterhalt geleistet hatten (so § 94 Abs. 2 [X.] a.F.), oder ob die Eltern schon in diesem [X.]punkt nicht mit dem Kind oder Ju-gendlichen zusammengelebt hatten, ihm also schon zuvor Barunterhalt schul-deten (§ 94 Abs. 3 [X.] a.F.). In beiden Fällen sollte die finanzielle Belas-tung der Eltern durch die Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe nicht verän-dert werden, also gegenüber der vorher bestehenden Situation weder sinken noch steigen ([X.] aaO § 94 [X.]. 2). Nur wenn die Kinder schon zuvor von ihren Eltern getrennt lebten, war von diesen kein Kostenbeitrag zu erheben, da der (laufende) Unterhaltsan-spruch des Kindes oder des Jugendlichen in Höhe des Betrages, der zu zahlen wäre, wenn die Leistungen der Jugendhilfe und der sie veranlassende beson-dere Bedarf außer Betracht bleibt, auf den Träger der öf[X.] Jugendhilfe überging. In solchen Fällen war der Unterhaltsbedarf der Kinder wegen der Subsidiarität der Kinder- und Jugendhilfe nicht gedeckt, was einen Übergang ihrer Forderungen auf den Träger der Jugendhilfe ermöglichte. Nur über diese Ansprüche, die der Träger der öf[X.] Jugendhilfe - wie hier geschehen - auf das Kind oder den Jugendlichen zurückübertragen kann ([X.] aaO § 94 [X.]. 7 ff.; [X.] aaO § 94 [X.]. 19 ff.), ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden (§ 94 Abs. 3 Satz 2 und 4 [X.] a.F.; [X.] aaO § 94 [X.]. 2). 17 Demgegenüber erfolgte die Heranziehung der Eltern, die bis zum Beginn der Jugendhilfe mit den Kindern oder Jugendlichen zusammenlebten, allein durch öffentlich-rechtlichen Leistungsbescheid. Um eine doppelte Inanspruch-nahme der Eltern sowohl durch Leistungsbescheid als auch aufgrund des [X.] - 10 - lienrechtlichen Unterhaltsanspruchs zu vermeiden, sah das Gesetz für diese Fälle keinen Übergang des Unterhaltsanspruchs vor. Diese gesetzliche Rege-lung sprach dafür, dass der Unterhaltsbedarf des Kindes oder Jugendlichen in solchen Fällen durch die Leistungen der öf[X.] Jugendhilfe voll abgedeckt und ein Rückgriff gegen die Eltern auf den öffentlich-rechtlichen Kostenbeitrag beschränkt sein sollte (vgl. [X.] aaO § 94 [X.]. 1, 3 ff. und [X.] aaO [X.]. 5, 12 ff.; zur Berechnung des [X.] nach altem Recht vgl. BVerwGE 108, 222, 226 ff.). Aus diesen gesetzlichen Regelungen ergibt sich, dass die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Fällen, in denen die Eltern vor Beginn der Hilfe mit dem Kind oder dem Jugendlichen zusammenlebten, ausnahmsweise bedarfs-deckend auf den zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch anzurechen waren. Dafür spricht, dass die Eltern stets nur den Unterhalt schuldeten, der zu zahlen wäre, wenn die Leistungen der Jugendhilfe und der sie veranlassende besondere [X.] außer Betracht blieb (§ 94 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 2 [X.] a.F.) und die-ser Betrag in solchen Fällen als Kostenbeitrag zu erheben war (§§ 91 Abs. 1 Nr. 4c, Abs. 5, 92 Abs. 2 [X.] a.F.). Wegen der Gefahr einer doppelten Inan-spruchnahme konnte der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch in solchen Fällen daneben nicht fortbestehen. Im Einklang damit sah das Gesetz für diese Fälle weder einen Anspruchsübergang noch eine Überleitungsmöglichkeit vor (§ 94 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 [X.] a.F.) und verwies zur Durchsetzung auch nicht auf den Zivilrechtsweg (§ 94 Abs.3 S. 4 [X.] a.F.). 19 [X.]) Zu Recht ist das [X.] auch davon ausgegangen, dass die Beklagten bis zum Beginn der Leistungen öffentlicher Jugendhilfe mit den Klägern zusammengelebt haben und nach § 94 Abs. 2 [X.] deswegen nur eine Heranziehung zu öffentlich-rechtlichen Unterhaltsbeiträgen in Betracht kommt. 20 - 11 - Eltern oder Elternteile lebten mit dem Kind oder dem Jugendlichen im Sinne des § 94 Abs. 2 [X.] a.F. zusammen, wenn mit ihm eine Wirtschafts- und Lebensgemeinschaft bestand. Nach dem Sinn der Regelung war eine nur vorübergehende Unterbrechung der Wirtschafts- und Lebensgemeinschaft, et-wa durch eine auswärtige Unterbringung, unschädlich ([X.] aaO § 94 [X.]. 5; BVerwGE 68, 299, 301). Denn die unterschiedlichen Rechtsfolgen des § 94 Abs. 2 [X.] a.F. einerseits und des § 94 Abs. 3 [X.] a.F. anderer-seits fanden ihren Grund in dem Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kind bei Beginn der öf[X.] Jugendhilfe. Wurde diese in unmittelbarem Zusammen-hang mit der Trennung der Kinder von ihren Eltern geleistet, war deren Kosten-beteiligung im Wege des öffentlich-rechtlichen [X.] durchzusetzen. 21 So lag der Fall hier. Grund für die Heimunterbringung der Kläger und somit für die öffentlich-rechtlichen Fürsorgeleistungen war die Entziehung des Sorgerechts nach § 1666 BGB und die Herausnahme der Kläger aus der Wirt-schafts- und Lebensgemeinschaft mit den Beklagten. Die Leistungen der Ju-gendhilfe waren mithin unmittelbare Folge der Herausnahme der Kläger aus der Familie der Beklagten. Darauf, dass die Kläger schon im November 1999 vom Jugendamt in Obhut genommen worden waren, während sie nach den [X.] möglicherweise erst ab Dezember 1999 Hilfe zur Erziehung nach den Vorschriften des [X.] erhielten, kommt es nicht an. Die bei Beginn der Leistungen bestehende kurzfristige Unterbrechung der Wirt-schafts- und Lebensgemeinschaft mit den Adoptiveltern ist für die [X.] des § 94 Abs. 2 [X.] a.F. deswegen unerheblich. 22 cc) Das Berufungsgericht hat Unterhaltsansprüche der Kläger für die [X.] bis März 2006 deswegen zu Recht abgewiesen, weil ihr voller Unterhaltsbedarf durch die Leistungen der öf[X.] Jugendhilfe gedeckt war. Damit geht [X.], dass solche Unterhaltsansprüche auch nicht mehr auf den Träger der [X.] - 12 - [X.] Jugendhilfe übergehen konnten und dieser auf einen öffentlich-rechtlichen Kostenbeitrag der Eltern nach §§ 91 ff., 94 Abs. 2 [X.] a.F. verwiesen war. Ebenso schied eine Überleitung von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen aus, weil solches nach § 96 [X.] a.F. nur bei Unterhaltsansprüchen junger Volljähriger in Betracht kam und beide Kläger in der hier relevanten [X.] bis März 2006 noch minderjährig waren. 2. Unterhaltsansprüche der Kläger gegen die Beklagten scheiden erst recht auf der Grundlage der zum 1. Oktober 2005 in [X.] getretenen Änderun-gen des Kinder- und Jugendhilferechts ([X.]) für die [X.] ab April 2006 aus. 24 a) Zwar werden nach § 10 Abs. 1 [X.] Verpflichtungen Anderer durch die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe weiterhin nicht berührt. Zugleich hat der Gesetzgeber in § 10 Abs. 2 [X.] aber die Inanspruchnah-me unterhaltspflichtiger Personen dahin konkretisiert, dass diese nach den §§ 90 bis 97 b [X.] an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnah-men zu beteiligen sind. Damit wollte der Gesetzgeber insbesondere die Eltern nicht aus ihrer Verantwortung zur Pflege und Erziehung und damit zur Sicher-stellung des materiellen Wohls ihrer Kinder entlassen. Einen rechtlichen Nach-rang der Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe gegenüber der [X.] hat das Gesetz aber nur insoweit konkretisiert, als der Träger der [X.] und Jugendhilfe öffentlich-rechtliche Kostenbeiträge erheben kann ([X.] Frankfurter Kommentar zum [X.] Kinder- und Jugendhilferecht 5. Aufl. § 10 [X.]. 28; [X.] [X.] Kinder- und Jugendhilfe 3. Aufl. § 10 [X.]. 28; [X.]/[X.]/[X.]/[X.] Kinder- und Jugendhilferecht 3. Aufl. Stand Januar 2006 [X.] Art. 1 § 10 [X.]. 23). 25 - 13 - aa) Unterhaltspflichten sind somit gegenüber Leistungen nach dem [X.] anders als gegenüber den meisten Leistungen nach dem [X.] grundsätzlich nicht vorrangig. Im Recht der Kinder- und Jugendhilfe ist dies schon deswegen geboten, weil die Leistungsgewährung nicht wegen des Ausbleibens der Unterhaltszahlungen erfolgt, sondern unabhängig davon erzie-herischen, behinderungsbedingten oder anderen Förderbedarf voraussetzt. Die Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts durch den Jugendhilfeträger nach § 39 [X.] wirkt sich deswegen auch auf den zivilrechtlichen [X.] aus. 26 Entsprechend ordnet § 10 Abs. 2 Satz 2 [X.] nunmehr ausdrücklich an, dass der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach dem [X.] gedeckt ist und dies bei der Berechnung des Unterhalts berücksichtigt werden muss. Zwar entfällt der zivilrechtliche Unter-haltsanspruch dadurch nicht dem Grunde nach. Die mit den Leistungen des Kinder- und Jugendhilferechts verbundene Bedarfsdeckung kann aber die Höhe des Unterhaltsanspruchs reduzieren oder zu seinem vollständigen Wegfall füh-ren. Soweit der Unterhalt im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem [X.] sichergestellt ist, ist auch der unterhaltsrechtliche Bedarf des [X.] in aller Regel gedeckt ([X.] aaO § 10 [X.]. 29 f.; BT-Drucks. 15/3676 [X.]). Dadurch wird der Unterhaltspflichtige seiner mate-riellen Verantwortung gegenüber dem jungen Menschen zwar nicht enthoben, weil er durch die Erhebung eines [X.] in die Pflicht genommen wer-den kann. Eine doppelte Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen mittels [X.] einerseits und Unterhaltsanspruchs andererseits ist aber aus-geschlossen. 27 [X.]) Im Einklang damit regelt § 92 Abs. 2 [X.], dass die [X.] durch Erhebung eines [X.] erfolgt. Zum Umfang der [X.] - 14 [X.] enthält § 94 Abs. 5 [X.] nunmehr eine Verordnungsermächtigung, von der durch die Verordnung zur Festsetzung der Kostenbeiträge für Leistun-gen und vorläufige Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe (Kostenbei-tragsverordnung - [X.]V) vom 1. Oktober 2005 ([X.]; vgl. auch [X.] aaO § 94 und [X.] [X.]. zu § 94) Gebrauch gemacht wurde. Weil die Inanspruchnahme der Eltern nunmehr stets auf einen öffentlich-rechtlichen Kostenbeitrag beschränkt ist, hat der Gesetzgeber durch das [X.] und [X.] die frühere Vorschrift zur Überleitung von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhalts-pflichtigen aufgehoben. Denn die Konzentration der Heranziehung auf einen öffentlich-rechtlichen Kostenbeitrag macht weitere Regelungen über die Über-leitung von Ansprüchen gegen eine nach bürgerlichem Recht unterhaltspflichti-ge Person entbehrlich (BT-Drucks. 15/3676 [X.]; [X.] aaO Anm. zu § 96). 29 b) Für die [X.] ab April 2006 ist der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch der Kläger dem Grunde nach zwar nicht entfallen, der Unterhaltsbedarf aber durch die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe vollständig gedeckt. Ein Unterhalts-anspruch der Kläger besteht somit auch für diese [X.] nicht mehr. Der Rückgriff 30 - 15 - gegen die dem Grunde nach unterhaltspflichtigen Eltern ist deswegen lediglich in Form der pauschalierten Kostenbeteiligung nach §§ 90 ff. [X.] im Wege des Verwaltungsverfahrens zulässig. Der Träger der Kinder- und Jugendhilfe muss sich deswegen auf das schon anhängige Verwaltungsverfahren verwei-sen lassen. Hahne [X.] [X.]

Wagenitz

Dose Vorinstanzen: AG [X.] am Rhein, Entscheidung vom 19.07.2001 - 5 F 147/01 - OLG [X.], Entscheidung vom 27.08.2004 - II/3 UF 197/01 -

Meta

XII ZR 197/04

06.12.2006

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2006, Az. XII ZR 197/04 (REWIS RS 2006, 442)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 442

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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