Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.08.2010, Az. 4 B 17/10

4. Senat | REWIS RS 2010, 3814

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Gegenstand

Zur objektiv notwendigen Versorgung


Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

I

2

Der Kläger begehrt die Erteilung eines Vorbescheids im Hinblick auf einen [X.], den er auf einem ca. 15 ha großen Gelände, welches bis 2003 als [X.] der [X.] genutzt wurde, errichten will. Der [X.] soll 11 Gehege, einen Abenteuerspielplatz, eine Picknickwiese, 100 Kfz- und 6 Busstellplätze umfassen. Geplant ist des Weiteren ein Kiosk mit Imbiss, welcher mit jeweils ca. 100 Innen- sowie Außensitzplätzen ausgestattet ist.

3

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, bei der Errichtung eines [X.]s in dem vom Kläger beantragten Umfang handele es sich um kein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. Es begründet seine Auffassung zwar auch damit, dass in der Region bereits mehrere, vom Konzept ähnliche [X.]s bzw. Wildgehege existierten und bereits aus diesem Grund nicht von einem singulären Charakter gesprochen werden könne. Es beschränkt sich jedoch nicht auf diese Begründung, sondern führt - selbständig tragend - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats aus, dass § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB Vorhaben, die der Erholung einzelner unter Ausschluss der Allgemeinheit dienen, von der Privilegierung ausschließe (Beschluss vom 27. Juni 1983 - BVerwG 4 [X.] - [X.] 406.11 § 35 BBauG Nr. 204 - juris Rn. 5). Dieser Gesichtspunkt treffe im Besonderen auf den im [X.] geplanten "Beherbergungsbetrieb" zu. Die Gastronomie sei mit jeweils 100 Innen- und Außenplätzen nicht von unerheblichem Ausmaß und präge das Gesamtvorhaben mit. Im Unterschied zu Ausflugsgaststätten in Naturparks bzw. Berg- und Skihütten werde nicht ein Versorgungsbedarf bedient, der im Außenbereich ohnehin vorhanden sei, sondern einer, der erst durch die Errichtung des geplanten Vorhabens entstehe ([X.] Rn. 25).

II

4

1. Vor diesem Hintergrund stellen sich die fünf Fragen, die der Kläger zur Bestimmung des singulären Charakters einer baulichen Anlage i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Hinblick auf [X.]s aufwirft (Beschwerdebegründung S. 6 - 10), nicht. Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (stRspr, vgl. nur Beschluss vom 9. Dezember 1994 - BVerwG 11 PKH 28.94 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4). Die von der Beschwerde erhobenen weiteren [X.] bleiben indes insgesamt erfolglos.

5

2. Die Frage, ob der im öffentlichen Interesse liegende, über ein bloßes [X.] hinausgehende Zweck des [X.]s trotz der verfolgten Gewinnerzielungsabsicht eine Privilegierung rechtfertigt (Beschwerdebegründung S. 10 - 13), geht an der maßgeblichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts vorbei, das nicht lediglich darauf abgestellt hat, dass der [X.] ein Vorhaben sei, das der Freizeitgestaltung eines vom Betreiber - wie die Beschwerde hervorhebt: als zahlende Besucher - zugelassenen Personenkreises diene. Das Berufungsgericht hat vielmehr "im Besonderen" ([X.] Rn. 25) auf die das Gesamtvorhaben mitprägende Gastronomie mit jeweils 100 Innen- und Außenplätzen und damit entscheidungserheblich darauf abgehoben, dass der Versorgungsbedarf erst durch die Errichtung des geplanten Vorhabens entstehe. Das Berufungsgericht orientiert sich dabei - wie auch die von ihm angeführten Beispiele belegen - an der Rechtsprechung des Senats, wonach der Privilegierungsrahmen des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB überschritten wird, wenn ein Vorhaben nicht einer "objektiv notwendigen Versorgung" dient, sondern darauf ausgerichtet ist, die besondere Erholungseignung eines Standorts auszunutzen, um eine Nachfrage überhaupt erst zu generieren (Beschluss vom 6. September 1999 - BVerwG 4 B 74.99 - [X.] 406.11 § 29 BauGB Nr. 63 - juris Rn. 8 f.). In diesem Zusammenhang kommt es weder auf die von der Beschwerde betonte Bildungs- und [X.] eines [X.]s noch darauf an, dass der Betreiber eines [X.]s auch Gewinnerzielungsabsichten hat. Maßgeblich ist vielmehr die Prägung des Gesamtvorhabens durch die geplante Gastronomie. Mit dem Einwand, die Gastronomie sei angemessen dimensioniert und unterfalle als mitgezogene Nutzung ebenfalls der Privilegierung (Beschwerdebegründung S. 13), wendet sich die Beschwerde lediglich gegen die Sachverhaltswürdigung des Berufungsgerichts.

6

3. Die drei Fragen zur Nutzung des vorhandenen Baubestands und dem Verhältnis von § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB und § 35 Abs. 4 BauGB (Beschwerdebegründung S. 14 - 17) erschöpfen sich in der Behauptung, das geplante Vorhaben nutze vorhandenen und bedarfsgerecht nutzbaren Baubestand, und dem Einwand, die Nichtnutzung komme einer Zerstörung intakter wirtschaftlicher Werte gleich (Beschwerdebegründung S. 15). Ungeachtet mangelnder Entscheidungserheblichkeit setzt sich die Beschwerde nicht mit der Auffassung des Berufungsgerichts auseinander, dass eine aufgegebene Nutzung den Außenbereich nicht prägt ([X.] Rn. 26).

7

4. Die "ganz allgemein" gestellte Frage, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen ein [X.] bevorzugt im Außenbereich als privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zuzulassen ist (Beschwerdebegründung S. 17) genügt nicht einmal ansatzweise den [X.] nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, sondern erschöpft sich in der Behauptung, nach "richtiger Auffassung" könne das streitige Vorhaben zugelassen werden.

8

5. Die zwei Fragen zur Anwendbarkeit des ungeschriebenen Belangs des Planungserfordernisses auf privilegierte Vorhaben (Beschwerdebegründung S. 18 - 21) stellen sich nicht. Das Berufungsgericht hat eine Privilegierung i.S.d. § 35 Abs. 1 BauGB verneint; die hiergegen erhobenen Grundsatzrügen sind - wie ausgeführt - erfolglos. Abgesehen davon handelt es sich bei der in Bezug genommenen Feststellung, dass im vorliegenden Fall das Erfordernis der Bauleitplanung dem Vorhaben des [X.] sogar entgegenstehen dürfte, so dass es auch als ein nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiertes Vorhaben unzulässig wäre ([X.] Rn. 30 a.E.), erkennbar um eine ergänzende Erwägung, die nicht entscheidungstragend ist.

Meta

4 B 17/10

25.08.2010

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 8. Dezember 2009, Az: 2 B 09.2257, Urteil

§ 35 Abs 1 Nr 4 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.08.2010, Az. 4 B 17/10 (REWIS RS 2010, 3814)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3814

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