Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.08.2019, Az. 9 AZR 41/19

9. Senat | REWIS RS 2019, 4334

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Gegenstand

Heimarbeit - Entgeltsicherung - Urlaubsabgeltung


Leitsatz

1. Hat der Auftraggeber den bis zur Beendigung des Heimarbeitsverhältnisses nicht genommenen Urlaub eines Heimarbeiters abzugelten, ist für die Berechnung der Abgeltung nach § 12 Nr. 1 BUrlG der Zeitraum vom 1. Mai des dem Urlaubsjahr vorausgehenden Jahres bis zum 30. April des Urlaubsjahres maßgeblich.

2. Die Entgeltsicherung, die § 29 Abs. 7 und Abs. 8 Satz 1 HAG zugunsten des in Heimarbeit Beschäftigten vorsehen, ist eine in sich geschlossene, einheitliche Regelung, die in zeitlicher Hinsicht nicht weiter reicht als die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 29 Abs. 2 bis Abs. 5 HAG. Kündigt der Auftraggeber das Heimarbeitsverhältnis nach Ablauf des Zeitraums, für den er nach § 29 Abs. 8 Satz 1 HAG Entgeltsicherung schuldet, besteht kein Entgeltanspruch des in Heimarbeit Beschäftigten nach § 29 Abs. 7 HAG für einen weiteren Zeitraum.

Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des [X.] vom 15. November 2018 - 6 [X.] 1225/17 - im Kostenpunkt insgesamt und in der [X.]che insoweit aufgehoben, als es die Anschlussberufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 16. November 2017 - 2 [X.] 355/16 - hinsichtlich der Urlaubsabgeltung für das [X.] in Höhe eines 1.103,12 Euro brutto übersteigenden Betrags und hinsichtlich der Urlaubsabgeltung für das [X.] iHv. 1.103,12 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Mai 2017 zurückgewiesen hat.

2. Hinsichtlich der Urlaubsabgeltung für das [X.] wird das Urteil des [X.] vom 16. November 2017 - 2 [X.] 355/16 - auf die Anschlussberufung des [X.] teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an ihn 1.103,12 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Mai 2017 zu zahlen.

3. Hinsichtlich der Urlaubsabgeltung für das [X.] wird die [X.]che im Umfang der diesbezüglichen Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Vergütung und Abgeltung von Urlaub aus einem Heimarbeitsverhältnis in Anspruch.

2

Der Kläger erbrachte seit dem 1. Juli 1992 für die Beklagte Leistungen als Bauingenieur/Programmierer in Heimarbeit gegen eine Stundenvergütung iHv. zuletzt 37,50 Euro. Im Nachgang zu ihrem Beschluss, das Unternehmen mit Ablauf des 31. Dezember 2013 aufzulösen und zu liquidieren, gab die Beklagte an den Kläger ab dem 1. Dezember 2013 keine Heimarbeit mehr aus. Unter dem 14. September 2015 kündigte sie das Heimarbeitsverhältnis mit Wirkung zum 30. April 2016.

3

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde ihm Vergütung wegen Annahmeverzugs. Das Heimarbeitsverhältnis der Parteien falle in den Anwendungsbereich des § 615 BGB, da es als Dienstverhältnis iSd. § 611 Abs. 1 BGB zu qualifizieren sei. Die Beklagte sei darüber hinaus zum Schadensersatz verpflichtet, da sie ihre über die Jahre gewachsene Verpflichtung, ihm eine bestimmte Arbeitsmenge zuzuweisen, verletzt habe. Jedenfalls habe er für den [X.]raum vom 1. Juli 2014 bis zum 30. April 2016 gemäß § 29 Abs. 7 und Abs. 8 [X.] Anspruch auf Entgeltsicherung. Darüber hinaus sei die Beklagte verpflichtet, seinen Urlaub aus den Jahren 2014 und 2015 abzugelten. Für die Berechnung des Abgeltungsbetrags sei die Vergütung maßgebend, die er in der [X.] vom 1. Mai des Urlaubsjahres bis zum 30. April des Folgejahres erhalten habe.

4

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 171.970,00 Euro brutto abzüglich Zwischenverdienst von 24.999,96 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 5.930,00 Euro brutto seit dem 1. Januar 2014, 1. Februar 2014, 1. März 2014, 1. April 2014, 1. Mai 2014, 1. Juni 2014, 1. Juli 2014, 1. August 2014, 1. September 2014, 1. Oktober 2014, 1. November 2014, 1. Dezember 2014, 1. Januar 2015, 1. Februar 2015, 1. März 2015, 1. April 2015, 1. Mai 2015, 1. Juni 2015, 1. Juli 2015, 1. August 2015, 1. September 2015, 1. Oktober 2015, 1. November 2015, 1. Dezember 2015, 1. Januar 2016, 1. Februar 2016, 1. März 2016, 1. April 2016 und 1. Mai 2016 zu zahlen;

                 

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an ihn 157.060,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 5.930,00 Euro brutto seit dem 1. Januar 2014, 1. Februar 2014, 1. März 2014, 1. April 2014, 1. Mai 2014, 1. Juni 2014, 1. Juli 2014, 1. August 2014 sowie aus jeweils 5.220,00 Euro brutto seit dem 1. September 2014, 1. Oktober 2014, 1. November 2014, 1. Dezember 2014, 1. Januar 2015, 1. Februar 2015, 1. März 2015, 1. April 2015, 1. Mai 2015, 1. Juni 2015, 1. Juli 2015, 1. August 2015, 1. September 2015, 1. Oktober 2015, 1. November 2015, 1. Dezember 2015, 1. Januar 2016, 1. Februar 2016, 1. März 2016, 1. April 2016 und 1. Mai 2016 zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn Urlaubsabgeltung iHv. 15.584,94 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2016 zu zahlen.

5

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, die Bestimmungen über die Entgeltsicherung in § 29 Abs. 7 und Abs. 8 [X.] gingen als Spezialregelungen der allgemeinen Verzugsvorschrift des § 615 BGB vor. Mangels Pflichtverletzung ihrerseits kämen Ansprüche des [X.] auf Schadensersatz nicht in Betracht. Das Konkurrenzverhältnis zwischen § 29 Abs. 7 und Abs. 8 [X.] schließe eine gleichzeitige Anwendung beider Vorschriften aus. Schließlich laufe der dem Grunde nach bestehende Anspruch aus § 29 Abs. 7 [X.] im Streitfall leer, da der Kläger in den letzten 24 Wochen vor dem Ausspruch der Kündigung keinen Verdienst erzielt habe.

6

Soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, liegt der Revision des [X.] die folgende Prozessgeschichte zugrunde: Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte ua. rechtskräftig verurteilt, an den Kläger als Entgeltsicherung nach § 29 Abs. 8 [X.] für die [X.] vom 1. Dezember 2013 bis zum 30. Juni 2014 einen Bruttobetrag iHv. 41.510,00 Euro abzüglich eines auf die [X.] übergegangenen [X.] iHv. 3.637,43 Euro nebst anteiligen Zinsen zu zahlen. Darüber hinaus hat es die Beklagte verurteilt, an den Kläger Schadensersatz iHv. 107.019,00 Euro nebst Zinsen zu zahlen, Urlaub des [X.] aus dem Jahr 2013 mit einem Bruttobetrag iHv. 5.194,83 Euro abzugelten und hierauf Zinsen zu entrichten. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] das Urteil ua. abgeändert, soweit die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz iHv. 107.019,00 Euro nebst Zinsen verurteilt worden ist, und die Klage insoweit abgewiesen. Auf die Anschlussberufung des [X.] hat das [X.] das Urteil teilweise abgeändert und dem Kläger Urlaubsabgeltung für das Jahr 2014 iHv. 1.103,12 Euro brutto nebst Zinsen zugesprochen. Im Übrigen hat das [X.] die Rechtsmittel der Parteien - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger von der [X.] weiterhin einen Ausgleich für die Nichtausgabe von Heimarbeit in dem [X.]raum vom 1. Juli 2014 bis zum 30. April 2016. Des Weiteren verlangt er Urlaubsabgeltung für die [X.] und 2015, soweit das [X.] seine diesbezügliche Berufung zurückgewiesen hat.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des [X.] ist begründet, soweit er die Abgeltung des aus dem Jahr 2014 stammenden Urlaubs mit einem weiteren Bruttobetrag iHv. 4.091,71 Euro sowie die Abgeltung des aus dem Jahr 2015 stammenden Urlaubs mit einem weiteren Bruttobetrag iHv. 1.103,12 Euro jeweils nebst Zinsen verlangt. Während das angefochtene Urteil hinsichtlich des ersten [X.] aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen war, konnte der [X.] über den zweiten [X.] abschließend entscheiden. Im Übrigen hat das [X.] die Anschlussberufung des [X.] gegen das klageabweisende Urteil des [X.]s, soweit hierüber im Revisionsverfahren zu befinden war, zu Recht zurückgewiesen.

8

A. Mit der Begründung des [X.]s durfte dem Kläger die von ihm begehrte Abgeltung des aus dem Jahr 2014 stammenden Urlaubs nicht versagt werden. Auf der Grundlage der Feststellungen des [X.]s kann der [X.] nicht abschließend entscheiden, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Beklagte nach der Beendigung des [X.]s verpflichtet ist, Urlaub abzugelten, den der Kläger im Jahr 2014 erwarb.

9

I. Für die in Heimarbeit Beschäftigten, zu denen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] Heimarbeiter - wie im Streitfall der Kläger - zählen, gelten gemäß § 12 [X.] die allgemeinen Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes mit Ausnahme der §§ 4 bis 6, § 7 Abs. 3 und Abs. 4 und § 11 [X.] mit weiteren Maßgaben. Der bis zur Beendigung des [X.]s nicht genommene Urlaub ist nicht nach der allgemeinen Vorschrift des § 7 Abs. 4 [X.], sondern nach der speziellen Bestimmung des § 12 Nr. 1 [X.], die eine eigenständige Abgeltungsregelung enthält, abzugelten (vgl. [X.] 11. Juli 2006 - 9 [X.] - Rn. 36, [X.]E 119, 31). Danach berechnet sich das Urlaubsentgelt nach dem in der [X.] vom 1. Mai bis zum 30. April des Folgejahres oder bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses verdienten Arbeitsentgelts.

II. Das [X.] hat zur Berechnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs für das Jahr 2014 rechtsfehlerhaft auf den Referenzzeitraum vom 1. Mai 2014 bis zum 30. April 2015 und nicht auf die [X.] vom 1. Mai 2013 bis zum 30. April 2014 abgestellt. Maßgebend ist der [X.]raum vom 1. Mai des dem Urlaubsjahr vorausgehenden Jahres bis zum 30. April des Urlaubsjahres. Dies ergibt die Auslegung des § 12 Nr. 1 [X.] (vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen im Einzelnen [X.] 7. Februar 2019 - 6 [X.] - Rn. 16).

1. Der Wortlaut des § 12 Nr. 1 [X.] bestimmt den Referenzzeitraum für die Berechnung des [X.] nicht eindeutig. Die Vorschrift stellt auf die „[X.] vom 1. Mai bis zum 30. April des folgenden Jahres“ ab, ohne festzulegen, welche beiden Jahre maßgebend sind. Soweit ein Teil des arbeitsrechtlichen Schrifttums aus der gesetzlichen Formulierung ableitet, der bezeichnete [X.]raum liege im laufenden Jahr, dh. im Urlaubsjahr und dem sich daran anschließenden Jahr [X.] [X.]-HdB/[X.] 18. Aufl. § 104 Rn. 140; [X.] in: [X.]/Fenski/[X.] [X.] 11. Aufl. § 12 Rn. 19; [X.]/[X.] Aufl. § 27 Rn. 198; [X.] [X.]/Lampe Stand: 1. März 2019 [X.] § 12 Rn. 4), ist dieser Schluss nicht zwingend. Weder stellt die Vorschrift für den Beginn des Berechnungszeitraums auf das „laufende“ Jahr ab noch stützt die Verwendung der Wörter „folgendes Jahr“ im Zusammenhang mit dem Datum des 30. April allein eine in die Zukunft gerichtete Berechnung. Wird der [X.]raum seit dem 1. Mai des vorangegangenen Jahres für die Berechnung herangezogen, liegen die ihm folgenden Monate von Januar bis April ebenfalls im „[X.] ([X.]/[X.] 19. Aufl. [X.] § 12 Rn. 12; [X.]/[X.]/[X.]/Wascher [X.] 4. Aufl. [X.]. § 19 Rn. 112).

2. Der systematische Zusammenhang, in den § 12 Nr. 1 [X.] gestellt ist, spricht entscheidend gegen das Auslegungsergebnis, zu dem das [X.] gelangt ist.

a) Zu dem gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch nach § 12 [X.] tritt gemäß § 208 SGB IX der Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen. § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB IX, dem zufolge die Bezahlung des zusätzlichen Urlaubs der in Heimarbeit beschäftigten schwerbehinderten Menschen nach den für die Bezahlung ihres sonstigen Urlaubs geltenden Berechnungsgrundsätzen erfolgt, ordnet für den Fall, dass eine besondere Regelung nicht besteht, einen Gleichlauf des [X.] für den Zusatzurlaub und des [X.] für den Mindesturlaub an. Anders als in § 12 Nr. 1 [X.] ist der Wortlaut des § 210 Abs. 3 Satz 2 SGB IX eindeutig. Schwerbehinderte Menschen erhalten danach als zusätzliches Urlaubsgeld 2 % des in der [X.] vom 1. Mai des vergangenen bis zum 30. April des laufenden Jahres verdienten Arbeitsentgelts ausschließlich der Unkostenzuschläge.

b) Für eine auf den [X.]raum vom 1. Mai des dem Urlaubsjahr vorausgehenden Jahres bis zum 30. April des Urlaubsjahres bezogene Referenzperiode spricht zudem die Regelung des § 12 Nr. 3 [X.]. Danach soll das Urlaubsentgelt für die in § 12 Nr. 1 bezeichneten Personen bei der letzten Entgeltzahlung vor Antritt des Urlaubs ausgezahlt werden. Dieser Vorschrift liegt die Annahme des Gesetzgebers zugrunde, dass bereits bei Urlaubsantritt das dem Heimarbeiter zustehende Urlaubsentgelt im Regelfall zutreffend berechnet werden kann. Dies ist nur dann möglich, wenn sich der Berechnungszeitraum - zumindest zum überwiegenden Teil - auf einen zurückliegenden [X.]raum bezieht ([X.]/[X.]/[X.]/Wascher [X.] 4. Aufl. [X.]. § 19 Rn. 112).

3. Die im Wesentlichen retrospektive Berechnung des [X.] entspricht zudem dem Sinn und Zweck des § 12 Nr. 1 [X.]. Die Vorschrift ersetzt die für den Geldfaktor geltende Bemessungsvorschrift des § 11 Abs. 1 [X.], dem zufolge sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den ein Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für die Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes, bemisst. § 12 Nr. 1 [X.] trägt den Besonderheiten der Heimarbeit Rechnung, indem er den Berechnungszeitraum von 13 Wochen auf ein Jahr ausdehnt. In Anbetracht der Schwankungen, denen das Entgelt eines Heimarbeiters üblicherweise unterworfen ist, geht der Gesetzgeber ersichtlich davon aus, ein 13 Wochen umfassender Referenzzeitraum sei für die Ermittlung des [X.] nicht hinreichend repräsentativ, da sich bei Anwendung des § 11 Abs. 1 [X.] die Gefahr von Zufallsergebnissen merklich erhöhte (vgl. [X.] [X.]/Lampe Stand 1. März 2019 [X.] § 12 Rn. 4). Das Gesetz bietet keine [X.]altspunkte dafür, dass neben der Erweiterung des Berechnungszeitraums auch die weitere Systematik des § 11 Abs. 1 [X.] modifiziert werden sollte. Es liegt deshalb nahe, dass der Berechnungszeitraum des § 12 Nr. 1 [X.] ebenso wie der des § 11 Abs. 1 [X.] - auch - einen Vergangenheitsbezug aufweist. Während § 11 Abs. 1 [X.] auf die letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs abstellt, setzt der Berechnungszeitraum des § 12 Nr. 1 [X.] am 1. Mai des Jahres vor dem Bezugszeitraum für den Urlaub an.

4. Für eine - im Wesentlichen - rückblickende Ermittlung des [X.] sprechen schließlich praktische Erwägungen. Stellt man auf einen in der Zukunft liegenden [X.]raum ab, führt dies unweigerlich zu einer Berechnung, die mit aus der schwankenden Auftragsentwicklung resultierenden Prognoseunsicherheiten belastet ist. Nach dem 30. April des dem Urlaubsjahr folgenden Jahres müsste eine Nachberechnung durchgeführt werden, die gegebenenfalls im Falle einer Überzahlung zu einer Erstattung und im Falle einer zu geringen Entgeltzahlung zu Nachzahlungen führen würde (vgl. [X.]/[X.]/[X.]/Wascher [X.] 4. Aufl. [X.]. § 19 Rn. 113).

5. Das Unionsrecht gibt kein abweichendes Ergebnis vor.

a) Das Unionsrecht ist für die Auslegung des § 12 Nr. 1 [X.] nicht maßgebend. Die Bestimmungen der [X.] 2003/88/[X.] sind nur auf Arbeitnehmer anwendbar ([X.] 20. November 2018 - [X.]/17 - [Sindicatul [X.] ua.] Rn. 40). Heimarbeiter, die nicht Arbeitnehmer im Sinne der Richtlinie [X.] 2003/88/[X.] sind, werden von deren Art. 7 nicht erfasst.

aa) Der Arbeitnehmerbegriff kann für die Zwecke der Anwendung der [X.] 2003/88/[X.] nicht nach Maßgabe der nationalen Rechtsordnungen unterschiedlich ausgelegt werden, sondern hat eine eigenständige unionsrechtliche Bedeutung. Er ist anhand objektiver Kriterien zu definieren, die das Arbeitsverhältnis unter Berücksichtigung der Rechte und Pflichten der betroffenen Personen kennzeichnet. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass eine Person während einer bestimmten [X.] für eine andere nach deren Weisungen Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Hieraus folgt, dass das Arbeitsverhältnis das Vorliegen eines Unterordnungsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und seinem Arbeitgeber voraussetzt. Ob ein solches gegeben ist, muss in jedem Einzelfall anhand aller Gesichtspunkte und aller Umstände, die die Beziehungen zwischen den Beteiligten kennzeichnen, geprüft werden ([X.] 20. November 2018 - [X.]/17 - [Sindicatul [X.] ua.] Rn. 41 f. mwN).

Die formale Einstufung als Selbständiger nach innerstaatlichem Recht steht der Annahme, ein Beschäftigter sei Arbeitnehmer, nicht entgegen, wenn die Selbständigkeit nur fiktiv ist und damit ein Arbeitsverhältnis verschleiert ([X.] 4. Dezember 2014 - [X.]/13 - [[X.] Kunsten Informatie en Media] Rn. 35; 11. November 2010 - C-232/09 - [[X.]] Rn. 41; 13. Januar 2004 - [X.]/01 - [[X.]] Rn. 71). Die Eigenschaft als „Arbeitnehmer“ iSd. Unionsrechts wird demnach nicht dadurch berührt, dass eine Person aus steuerlichen, administrativen oder verwaltungstechnischen Gründen nach innerstaatlichem Recht als selbstständiger Dienstleistungserbringer beschäftigt wird, sofern sie nach Weisung ihres Arbeitgebers handelt, insbesondere was ihre Freiheit bei der Wahl von [X.], Ort und Inhalt ihrer Arbeit angeht, nicht an den geschäftlichen Risiken dieses Arbeitgebers beteiligt ist, während der Dauer des Vertragsverhältnisses in dessen Unternehmen eingegliedert ist und daher mit ihm eine wirtschaftliche Einheit bildet ([X.] 4. Dezember 2014 - [X.]/13 - [[X.] Kunsten Informatie en Media] Rn. 36 mwN).

bb) Nach diesen Grundsätzen sind Heimarbeiter iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] keine Arbeitnehmer iSd. Unionsrechts. Es handelt sich nicht um „Scheinselbstständige“ iSd. Rechtsprechung des Gerichtshofs, sondern um Selbstständige, auch wenn sie die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem Auftraggeber überlassen. Sie können die [X.], die Durchführung sowie den Ort ihrer Arbeitsleistung frei bestimmen, Hilfspersonen hinzuziehen und die Werkzeuge sowie die Arbeitsmethode selbstständig wählen. Sie sind - anders als Arbeitnehmer - nicht in das Unternehmen des Auftraggebers eingegliedert. Dass dies auch auf die Person des [X.] zutrifft, hat der [X.] in seiner Entscheidung vom 14. Juni 2016 (- 9 [X.] - Rn. 21 ff., [X.]E 155, 264) festgestellt.

cc) Eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es nicht. Mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die unionsrechtlichen Grundsätze, die für den Anwendungsbereich der [X.] 2003/88/[X.] und den hierfür maßgebenden Arbeitnehmerbegriff maßgebend sind, als geklärt anzusehen ([X.] 20. November 2018 - [X.]/17 - [Sindicatul [X.] ua.] Rn. 40 ff. mwN).

b) Im Übrigen gestaltet § 12 Nr. 1 [X.] den Urlaubsanspruch eines Heimarbeiters unionsrechtskonform aus. Mit dem in Art. 7 [X.] 2003/88/[X.] geregelten Anspruch eines Arbeitnehmers auf einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen korrespondiert die Verpflichtung des Arbeitgebers, das Arbeitsentgelt für die Dauer des Jahresurlaubs im Sinne dieser Richtlinie weiter zu gewähren. Der Arbeitnehmer muss für diese Ruhezeit das gewöhnliche Arbeitsentgelt erhalten. Dadurch soll der Arbeitnehmer während des Jahresurlaubs in eine Lage versetzt werden, die in Bezug auf das Entgelt mit [X.]en geleisteter Arbeit vergleichbar ist (vgl. [X.] 13. Dezember 2018 - C-385/17 - [[X.]] Rn. 32 f. mwN). Diese Vorgaben des Unionsrechts hat der Gesetzgeber in § 12 Nr. 1 [X.] umgesetzt. Durch den Rückgriff auf einen einjährigen Referenzzeitraum ist sichergestellt, dass der Heimarbeiter ein Urlaubsentgelt erhält, das dem Entgelt vergleichbar ist, das er erzielt hätte, wenn er im [X.] tatsächlich gearbeitet hätte.

III. [X.] stellt sich insoweit weder aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO) noch ist dem [X.] eine eigene Sachentscheidung möglich (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das [X.] hat - unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung konsequent - keine Feststellungen über die Höhe des vom Kläger im [X.]raum vom 1. Mai 2013 bis zum 30. April 2014 erzielten Entgelts getroffen. Diese wird es nach der Zurückverweisung der Sache nachzuholen haben.

B. Das [X.] hat die Klage hinsichtlich des auf die Abgeltung des Urlaubs aus dem [X.] gerichteten Antrags zu Unrecht insgesamt abgewiesen. Der [X.] kann insoweit nach § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden. Der Leistungsantrag ist teilweise begründet.

I. Der dem Kläger nach § 12 Nr. 1 [X.] für das [X.] zustehende Urlaub ist mit einem Betrag iHv. 1.103,12 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Mai 2017 abzugelten. Nach der insoweit rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts betrug das Entgelt, das der Kläger im maßgebenden Berechnungszeitraum vom 1. Mai 2014 bis zum 30. April 2015 erzielte, insgesamt 12.122,24 Euro brutto (im Mai und im Juni 2014 jeweils 6.061,12 Euro brutto). Hieraus errechnet sich ein [X.] iHv. 1.103,12 Euro brutto (9,1 vH von 12.122,24 Euro brutto).

II. Die Zinsentscheidung beruht auf § 291, § 288 Abs. 1 BGB. Der Zinsanspruch besteht allerdings nicht bereits ab dem 1. Mai 2016, sondern erst ab dem 25. Mai 2017.

1. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung entsteht mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wird grundsätzlich zu diesem [X.]punkt fällig (vgl. [X.] 22. Januar 2019 - 9 [X.] - Rn. 30 mwN). Für die Leistung der Abgeltung ist jedoch nicht eine [X.] nach dem Kalender bestimmt, wie dies § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB verlangt (vgl. [X.] 7. August 2012 - 9 [X.] - Rn. 44 f., [X.]E 142, 371).

2. Mangels vorheriger Mahnung stehen dem Kläger lediglich Prozesszinsen nach § 291 iVm. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Ein auf die Abgeltung von Urlaub bezogenes Prozessrechtsverhältnis ist zwischen den Parteien erst am 24. Mai 2017 begründet worden, als der Beklagten der Schriftsatz des [X.] vom 18. Mai 2017 zugestellt worden ist. Der Zinsanspruch des [X.] besteht ab dem Tag nach der Zustellung (vgl. [X.] 19. Juni 2018 - 9 [X.] - Rn. 69 mwN, [X.]E 163, 72).

C. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

I. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vergütung für den [X.]raum vom 1. Juli 2014 bis zum 30. April 2016.

1. Die gebotene Auslegung der Revisionsanträge (vgl. hierzu [X.] 8. Mai 2018 - 9 [X.] - Rn. 14) ergibt, dass der Kläger die Beklagte in der Revisionsinstanz ua. auf die Zahlung weiterer Vergütung iHv. 130.460,00 Euro brutto in Anspruch nimmt. Soweit der Kläger mit dem Revisionsantrag zu 1 „zusätzlich zu dem in Ziffer 2 des Tenors ausgeurteilten Betrag“ weitere 48.440,96 Euro brutto geltend macht, bezieht er sich auf den Bruttobetrag, den das Arbeitsgericht ihm unter Ziffer 2 des Urteils zugesprochen hat. Nachdem das [X.] die Klage insoweit abgewiesen hat, begehrt der Kläger mit der Revision die Zahlung dieses Betrags (82.019,04 Euro brutto) zuzüglich des im Revisionsantrag zu 1 bezifferten Betrags (48.440,96 Euro brutto). Diesen Anspruch verfolgt er primär unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs (§ 615 Satz 1 BGB) und des Schadensersatzes bei Pflichtverletzungen des Schuldners (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Hilfsweise stützt der Kläger sein Klageverlangen in Höhe eines Teilbetrags (115.550,00 Euro brutto) auf die Bestimmungen über die Entgeltsicherung im Heimarbeitsverhältnis (§ 29 Abs. 7 und 8 [X.]).

2. Die von dem Kläger begehrte Vergütung aus Annahmeverzug (§ 615 Satz 1 BGB) steht ihm nicht zu. Hierbei bedarf es keiner Entscheidung, ob mit dem [X.] davon auszugehen ist, dass [X.] dem Anwendungsbereich des § 615 BGB entzogen sind, weil § 29 Abs. 7 und Abs. 8 [X.] abschließende, den Besonderheiten des [X.]s angepasste Regelungen zur Entgeltsicherung enthalten. Die Beklagte befand sich nicht im Verzug mit der Annahme von Diensten, die der Kläger schuldete.

a) § 615 Satz 1 BGB gewährt keinen eigenständigen Anspruch, sondern perpetuiert unter den dort genannten Voraussetzungen den ursprünglichen Erfüllungsanspruch. Die gesetzliche Vergütungspflicht knüpft nach § 611 Abs. 1 BGB an die Leistung der „versprochenen“ Dienste an. In Annahmeverzug kann der Auftraggeber nur geraten, wenn zum [X.]punkt des Angebots der Leistung ein erfüllbares Dienstverhältnis besteht, aufgrund dessen der Dienstnehmer berechtigt ist, die Dienstleistung zu erbringen, und es dem Auftraggeber obliegt, die Dienstleistung anzunehmen (vgl. [X.] 27. Januar 2016 - 5 [X.] - Rn. 16 mwN, [X.]E 154, 100). Fehlt es an einer Leistungspflicht des Schuldners, kann der Gläubiger folgerichtig nicht in Annahmeverzug geraten (vgl. [X.]/[X.][X.] [2016] § 615 BGB Rn. 46; [X.]/[X.] 7. Aufl. § 615 BGB Rn. 13; [X.]/Preis 19. Aufl. BGB § 615 Rn. 10).

b) In der [X.] vom 1. Juli 2014 bis zum 30. April 2016 bestand weder eine Verpflichtung der Beklagten, Heimarbeit an den Kläger auszugeben, noch eine Verpflichtung, Leistungen des [X.] anzunehmen.

aa) Ein Heimarbeitsverhältnis ist durch Merkmale des Arbeitsrechts wie auch des Werkvertragsrechts gekennzeichnet. Es unterscheidet sich von einem Arbeitsverhältnis maßgeblich durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit. Der Heimarbeiter kann seinen Arbeitsplatz sowie [X.]punkt und [X.]dauer seiner Tätigkeit frei bestimmen, dabei Hilfspersonen hinzuziehen und seine Werkzeuge und Geräte sowie seine Arbeitsmethode selbständig wählen. Er gestaltet damit seine Tätigkeit im Wesentlichen frei. Anders als ein Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis wird ein Heimarbeiter mit der Begründung des [X.]s nicht ohne weiteres „zur Leistung der versprochenen Dienste“ und der Auftraggeber nicht unmittelbar „zur Gewährung der vereinbarten Vergütung“ (§ 611 Abs. 1 BGB) verpflichtet. Vorbehaltlich besonderer Absprachen folgt aus der bloßen Begründung eines [X.]s auch nicht, dass der Heimarbeiter einen Anspruch auf die Ausgabe einer bestimmten Arbeitsmenge und der Auftraggeber einen Anspruch auf Erledigung eines bestimmten Arbeitspensums hat (vgl. [X.] 11. Juli 2006 - 9 [X.] - Rn. 20, [X.]E 119, 31). Vielmehr werden die Leistungspflichten erst mit der Ausgabe und Entgegennahme der Heimarbeit begründet (vgl. [X.] NZA 1995, 289, 290 f.).

bb) Das [X.] hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Beklagte dem Kläger nicht zugesagt hat, ihm monatlich eine bestimmte Arbeitsmenge anzudienen.

(1) Die Auslegung des Verhaltens der Parteien durch das [X.] unterliegt ebenso wie die Auslegung einer ausdrücklichen nichttypischen Willenserklärung einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle. [X.] ist sie nur dahin zu überprüfen, ob die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB verletzt worden sind, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder Umstände, die für die Auslegung von Bedeutung sein können, außer Betracht gelassen worden sind (vgl. [X.] 24. Oktober 2018 - 10 [X.] - Rn. 15).

(2) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Auslegung des [X.]s stand.

(a) Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt des [X.]s, dem zufolge sich durch die jahrelange Ausgabe einer bestimmten Arbeitsmenge und hinzutretende Begleitumstände die Rechte und Pflichten der Parteien eines [X.] dahin konkretisieren können, dass eine bestimmte Menge vom Auftraggeber auszugeben und vom Heimarbeiter zu bearbeiten ist ([X.] 13. September 1983 - 3 [X.] - zu I 3 b der Gründe, [X.]E 44, 124). Dass der Auftraggeber an einen Heimarbeiter für einen bestimmten [X.]raum in bestimmtem Umfang Heimarbeit ausgibt, reicht für sich genommen nicht aus, um eine Vertragsänderung anzunehmen. Bei der Ausgabe von Heimarbeit handelt es sich um ein tatsächliches Verhalten, dem nicht notwendig ein bestimmter rechtsgeschäftlicher Erklärungswert in Bezug auf den Vertragsinhalt zukommt. Stattdessen ist auf die ausdrücklichen oder konkludenten Absprachen abzustellen, die der Ausgabe von Heimarbeit zugrunde liegen (vgl. [X.] 26. September 2012 - 10 [X.] - Rn. 14). Im Rahmen der rechtlichen Bewertung der Vertragsdurchführung kann ua. von Bedeutung sein, auf wessen Initiative die Ausgabe von Heimarbeit zurückgeht und wie die Arbeitsmenge zwischen den Parteien des [X.] festgelegt wird.

(b) Das [X.] hat im Einklang mit diesen Grundsätzen angenommen, eine konkludente Vertragsänderung sei im Streitfall nicht anzunehmen, da keine Umstände ersichtlich seien, die ein schutzwürdiges Vertrauen des [X.] auf die Beibehaltung des bisherigen Leistungsumfangs begründeten. Bei seiner Auslegung hat das [X.] die maßgeblichen tatsächlichen Umstände des Streitfalls berücksichtigt. Es hat in seine Überlegung einbezogen, dass die Beklagte dem Kläger in der Vergangenheit regelmäßig nach Fertigstellung eines Projektes ein neues zugewiesen hat. Allerdings stand es dem Kläger frei, die ihm angebotenen Projekte zu bearbeiten. Er erledigte die ihm angedienten Aufgaben nach eigener Vorstellung in dem zeitlichen Rahmen, den er selbst für erforderlich und angemessen hielt. Sonstige Begleitumstände, die über den bloßen Vollzug des [X.]s hinaus für eine vertragliche Festlegung einer bestimmten Arbeitsmenge sprechen, ergeben sich weder aus den weiteren Feststellungen des [X.]s noch aus dem Vorbringen der Parteien.

3. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB zu leisten. Der Tatbestand, an den das Gesetz für den Fall, dass eine Vertragspartei eine ihr obliegende Pflicht verletzt, eine Haftung knüpft, ist im Streitfall nicht erfüllt. Haben die Parteien des [X.] ausdrücklich oder konkludent vereinbart, dass eine bestimmte Auftragsmenge vom Auftraggeber auszugeben und vom Heimarbeiter zu bearbeiten ist, kann dem Heimarbeiter ein Schadensersatzanspruch zustehen, wenn der Auftraggeber die Auftragsmenge vertragswidrig kürzt (vgl. [X.] 13. September 1983 - 3 [X.] - zu I 3 b der Gründe, [X.]E 44, 124). Diese Voraussetzungen liegen im Verhältnis der Parteien zueinander nicht vor. Zwischen den Parteien bestand weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Abrede, der zufolge die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger eine bestimmte Menge an Heimarbeit zuzuweisen.

4. Der für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag gestellte Hilfsantrag fällt damit dem [X.] zur Entscheidung an. Der Hilfsantrag ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht gemäß § 29 Abs. 7 und Abs. 8 Satz 1 [X.] verpflichtet, an den Kläger für den [X.]raum vom 1. Juli 2014 bis zum 30. April 2016 Entgeltsicherung iHv. 115.550,00 Euro brutto zu zahlen. Gibt der Auftraggeber - wie im Streitfall die Beklagte - im fortbestehenden Heimarbeitsverhältnis keine Heimarbeit aus oder verringert er sie iSd. § 29 Abs. 8 Satz 1 [X.], schuldet er die Zahlung des durchschnittlichen Entgelts der zurückliegenden 24 Wochen für die Dauer der Kündigungsfrist. Der [X.] des Heimarbeiters nach § 29 Abs. 7 und Abs. 8 Satz 1 [X.] reicht zeitlich nicht weiter als die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 29 Abs. 2 bis Abs. 5 [X.]. Dies bedeutet im Ergebnis, dass dem Heimarbeiter der gesetzliche [X.] nur einmal zusteht. Kündigt der Auftraggeber das Heimarbeitsverhältnis, nachdem der [X.]raum, für den er nach § 29 Abs. 8 Satz 1 [X.] Entgeltsicherung schuldet, verstrichen ist, besteht kein Entgeltanspruch des Heimarbeiters nach § 29 Abs. 7 [X.] für einen weiteren [X.]raum. Dies hat das [X.] zutreffend erkannt.

a) Kündigt der Auftraggeber das Heimarbeitsverhältnis, hat der Heimarbeiter gemäß § 29 Abs. 7 [X.] für die Dauer der Kündigungsfrist nach den Absätzen 2 bis Abs. 5 auch bei Ausgabe einer geringeren Arbeitsmenge Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts, das er im Durchschnitt der letzten 24 Wochen vor der Kündigung aus der Heimarbeit erzielt hat. Die Höhe des Entgelts bemisst sich nach [X.] und beträgt in Abhängigkeit zur Länge der Kündigungsfrist zwischen einem Zwölftel und sechs [X.] des im Berechnungszeitraum erzielten Gesamtbetrags. Sinn und Zweck der Bestimmung ist es, dem Heimarbeiter für die Dauer der Kündigungsfrist auch bei einer Verringerung der Auftragsmenge die Vergütung in der bisherigen Höhe zu erhalten. Dadurch wird der Schutzzweck der Kündigungsfristen des § 29 Abs. 2 bis Abs. 5 [X.] verwirklicht. Auch wenn der Heimarbeiter grundsätzlich keinen Anspruch auf die Ausgabe einer bestimmten Auftragsmenge hat, so ist er doch im Regelfall wirtschaftlich auf die Aufträge des Auftraggebers angewiesen. Mit der Einräumung eines Anspruchs auf Arbeitsentgelt für die Dauer der Kündigungsfrist stellt das Gesetz sicher, dass der Auftraggeber die aus [X.] Gründen eingeräumte Kündigungsfrist nicht dadurch unterläuft, dass er an den Heimarbeiter eine geringere Menge an Arbeit aushändigt als in der Vergangenheit (vgl. [X.] 11. Juli 2006 - 9 [X.] - Rn. 20, [X.]E 119, 31).

b) Neben § 29 Abs. 7 [X.] enthält das Gesetz mit § 29 Abs. 8 [X.] eine weitere Vorschrift, die sicherstellt, dass der Kündigungsschutz, den ein Heimarbeiter nach § 29 Abs. 2 bis Abs. 5 [X.] genießt, nicht durch den Auftraggeber wirtschaftlich entwertet wird. Nach dieser Bestimmung gilt § 29 Abs. 7 [X.] entsprechend, wenn der Auftraggeber die Arbeitsmenge, die er mindestens ein Jahr regelmäßig an einen Beschäftigten, auf den die Voraussetzungen der Absätze 2, 3, 4 oder 5 des § 29 [X.] zutreffen, ausgegeben hat, um mindestens ein Viertel verringert. Die Vorschrift garantiert dem Heimarbeiter für die Dauer der für ihn geltenden ordentlichen Kündigungsfrist das bisherige Einkommen auch dann, wenn der Auftraggeber die Auftragsmenge erheblich verringert, ohne zugleich eine Kündigung auszusprechen. Der Auftraggeber muss sich in diesen Fällen so behandeln lassen, als hätte er das Heimarbeitsverhältnis gekündigt (vgl. [X.] 13. September 1983 - 3 [X.] - zu I 2 der Gründe, [X.]E 44, 124).

c) § 29 Abs. 7 und Abs. 8 [X.] enthalten eine in sich geschlossene, einheitliche Regelung. Nach Ausspruch der Kündigung räumt § 29 Abs. 7 [X.] dem Heimarbeiter eine Entgeltgarantie für die Dauer der Kündigungsfrist ein. § 29 Abs. 8 [X.] erhält dem Heimarbeiter das Einkommen bei einer erheblichen Verringerung der Arbeitsmenge, ohne dass der Auftraggeber zuvor eine Kündigung ausgesprochen hat. Beide Vorschriften schaffen einen Ausgleich dafür, dass der Heimarbeiter keinen Anspruch auf Ausgabe einer bestimmten Arbeitsmenge hat und der Auftraggeber grundsätzlich berechtigt ist, die Auftragsmenge herabzusetzen. Ein Heimarbeiter soll für den [X.]raum, in dem der Auftraggeber keine Arbeit ausgibt oder diese erheblich verringert, so gestellt sein, als wäre ihm die volle Arbeitsmenge zugeteilt worden und als hätte er die Arbeitsleistung erbracht. Die Entgeltsicherung, die der Heimarbeiter genießt, ist jedoch zeitlich befristet. Das bisherige Einkommen wird - unabhängig vom Ausspruch einer Kündigung - insgesamt nur für die Dauer der Kündigungsfrist garantiert (vgl. [X.] 13. September 1983 - 3 [X.] - zu I 3 a der Gründe, [X.]E 44, 124).

d) Sowohl die Bezugnahme in § 29 Abs. 8 [X.] auf die Entgeltgarantie bei der Kündigung nach § 29 Abs. 7 [X.] als auch das einheitliche Regelungsziel bedingen ein Konkurrenzverhältnis zwischen den Absätzen 7 und 8 des § 29 [X.], das eine Anwendung beider Vorschriften nebeneinander ausschließt. Der Anspruch nach § 29 Abs. 8 [X.] knüpft an die Entgeltgarantie für die Dauer der gesetzlichen Kündigungsfristen an. Der Schutz des Heimarbeiters besteht darin, dass sein Entgelt für die Dauer der Kündigungsfrist gesichert ist. Ob diese Frist tatsächlich durch die Kündigung in Gang gesetzt wird oder nur fiktiv anzuwenden ist, weil die Arbeitsausgabe wesentlich reduziert oder ganz eingestellt wurde, hat keine rechtliche Bedeutung ([X.] 13. September 1983 - 3 [X.] - zu I 2 der Gründe, [X.]E 44, 124). Verringert der Auftraggeber die Ausgabe von Heimarbeit dauerhaft auf null, bleibt dem Heimarbeiter das Arbeitsentgelt in der bisherigen Höhe nur einmalig für die Dauer der Kündigungsfrist erhalten. Die Kündigung des ausgesetzten [X.]s stellt keinen neuen Tatbestand dar, der einen weiteren Anspruch auf Entgeltsicherung auslöst. Denn durch die vorausgegangene Nichtausgabe von Heimarbeit war das Heimarbeitsverhältnis bereits gegenstandslos; hieran ändert die nachfolgende Kündigung nichts.

e) Nach diesen Grundsätzen kann der Kläger ab dem 1. Juli 2014 die Gewährung einer weiteren Entgeltsicherung weder nach § 29 Abs. 8 [X.] noch nach § 29 Abs. 7 [X.] verlangen. Das [X.] hat dem Kläger bereits für den [X.]raum vom 1. Dezember 2013 bis zum 30. Juni 2014, der der für ihn geltenden Kündigungsfrist nach § 29 Abs. 4 Nr. 7 [X.] entspricht, rechtskräftig eine Entgeltsicherung nach § 29 Abs. 8 [X.] zugesprochen. Für eine weitere Entgeltsicherung bleibt daher kein Raum.

II. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den im Jahr 2015 entstandenen Urlaub mit einem 1.103,12 Euro übersteigenden Bruttobetrag abzugelten. Auf der Grundlage eines im [X.]raum vom 1. Mai 2014 bis zum 30. April 2015 erzielten Entgelts iHv. insgesamt 12.122,24 Euro beläuft sich der [X.] des [X.] auf einen Bruttobetrag iHv. 1.103,12 Euro brutto (9,1 vH von 12.122,24 Euro brutto). Ein darüber hinausgehender Betrag steht ihm nicht zu.

        

    Kiel    

        

    Pessinger    

        

    Suckow    

        

        

        

    Starke    

        

    Lücke    

                 

Meta

9 AZR 41/19

20.08.2019

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hannover, 16. November 2017, Az: 2 Ca 355/16, Urteil

§ 615 S 1 BGB, § 611 Abs 1 BGB, § 29 Abs 7 HAG, § 29 Abs 8 S 1 HAG, § 2 Abs 1 S 1 HAG, § 12 Nr 1 BUrlG, § 7 Abs 4 BUrlG, § 210 Abs 3 SGB 9 2018, § 208 SGB 9 2018, § 12 Nr 3 BUrlG, Art 7 EGRL 88/2003, § 280 Abs 1 S 1 BGB, § 29 Abs 2 HAG, § 29 Abs 3 HAG, § 29 Abs 4 HAG, § 29 Abs 5 HAG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.08.2019, Az. 9 AZR 41/19 (REWIS RS 2019, 4334)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 4334

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