Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.08.2010, Az. XII ZR 181/08

12. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 4145

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters: Herausgabeklage für in der Zeit vor Zuschlagserteilung in der Zwangsversteigerung gezogene Nutzungen eines Gewerbegrundstücks nach Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens


Leitsatz

Wird ein Zwangsverwaltungsverfahren nicht wegen Antragsrücknahme (§§ 161 Abs. 4, 29 ZVG) oder der vollständigen Befriedigung des Gläubigers (§ 161 Abs. 2 ZVG) aufgehoben, sondern weil das Grundstück in der Zwangsversteigerung zugeschlagen wurde, ist der Zwangsverwalter auch ohne entsprechende Ermächtigung im Aufhebungsbeschluss befugt, wegen Nutzungen aus der Zeit vor der Zuschlagserteilung Klage zu erheben, sofern der die Zwangsverwaltung betreibende Gläubiger im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Zuschlagsbeschlusses noch nicht vollständig befriedigt ist .

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 21. Oktober 2008 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Mieterin eines gewerblich genutzten Grundstücks. Der Kläger wurde mit Beschluss vom 12. Oktober 2004 zum Zwangsverwalter dieses Grundbesitzes bestellt. Mit Beschluss vom 25. Januar 2007 wurde das Zwangsverwaltungsverfahren aufgehoben, weil in dem gleichzeitig durchgeführten Zwangsversteigerungsverfahren am 3. Januar 2007 der Zuschlag erteilt worden war.

2

Mit der am 10. September 2007 zugestellten Klage hat der Kläger Mietzinsrückstände für die Monate Mai 2005 bis Dezember 2006 sowie [X.] in Höhe von insgesamt 162.678,80 € nebst Zinsen geltend gemacht. Die Beklagte, die gegen diese Forderung bereits vorgerichtlich mit titulierten Ansprüchen gegen den früheren Eigentümer des Grundstücks die Aufrechnung erklärt hatte, hält den Kläger nicht für prozessführungsbefugt und hat zudem hilfsweise ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht, bis der Kläger den Nachweis erbracht habe, dass die Gläubigerin aus dem Erlös der Zwangsversteigerung und der Verwertung der sonstigen Sicherheiten noch nicht vollständig befriedigt sei.

3

Das [X.] hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, mit der sie - hilfsweise unter Wiederholung einer außergerichtlichen Aufrechnungserklärung - die vollständige Abweisung der Klage erstrebt hat. Das [X.] hat dem Kläger unter teilweiser Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung und Zurückweisung der Berufung im Übrigen 147.065,20 € nebst Zinsen zugesprochen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in [X.] 2009, 76 ff. veröffentlicht ist, hat die Berufung zurückgewiesen, soweit der Kläger Ansprüche auf Mietzins für den [X.]raum von Mai 2005 bis Dezember 2006 geltend gemacht hat. Hinsichtlich der Nebenkostenvorauszahlungen für die [X.] vom 1. Mai 2005 bis 31. Dezember 2006 hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Berufungsgericht, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, ausgeführt, dass der Kläger als ehemaliger Zwangsverwalter auch nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung Forderungen, die in der [X.] vor Erteilung des Zuschlags entstanden seien, gerichtlich geltend machen könne. Mit der Aufhebung der Zwangsverwaltung nach dem Zuschlag in einem gleichzeitig betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren ende die [X.] für das Grundstück nur zu Gunsten des [X.]. Nutzungen aus der [X.] vor der Wirksamkeit des Zuschlags blieben dagegen beschlagnahmt und seien vom Zwangsverwalter nach Maßgabe des Teilungsplans an die Gläubiger auszukehren. Daher dauere die Prozessführungsbefugnis des [X.], die aus der [X.] vor der Aufhebung der Zwangsverwaltung stammten, auch dann fort, wenn der Aufhebungsbeschluss keinen entsprechenden Vorbehalt ausspreche. Dem Zahlungsanspruch des [X.] stehe auch die gegenüber dem früheren Eigentümer des Grundstücks während des [X.] erklärte Aufrechnung nicht entgegen, weil diese gemäß §§ 392, 1125, 1192 Abs. 1, 1124 Abs. 2 BGB unwirksam sei.

II.

6

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Prozessführungsbefugnis des [X.] bejaht.

7

1. Bei der Prozessführungsbefugnis handelt es sich um eine Prozessvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen ist. Das Revisionsgericht ist dabei weder an die Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden, noch beschränkt sich seine Prüfung auf die Tatsachen und Beweismittel, die das Berufungsgericht verwertet hat. Vielmehr hat es selbständig festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Prozessführungsbefugnis im [X.]punkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorgelegen haben (Senatsurteil vom 21. Oktober 1992 - [X.] - NJW-RR 1993, 442 [X.]). Für erforderliche Ermittlungen gelten dabei nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] die Grundsätze des Freibeweises ([X.] Beschlüsse vom 9. Juli 1987 - [X.] - NJW 1987, 2875, 2876 und vom 16. Mai 1991 - [X.] - NJW 1992, 627, 628).

8

2. Nach allgemeiner Ansicht gewährt § 152 [X.] dem Zwangsverwalter im Wege einer gesetzlichen Prozessstandschaft das aktive und passive Prozessführungsrecht für alle Streitigkeiten, die ihren Ursprung in dem ihm durch diese Vorschrift zugewiesenen Aufgabenkreis haben ([X.] Urteil vom 14. Mai 1992 - [X.] - NJW 1992, 2487; [X.] [X.] 4. Aufl. § 152 [X.]. 55). Ob und in welchem Umfang die [X.] im Falle der Aufhebung der Zwangsverwaltung fortdauert, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (vgl. die umfassenden Nachweise bei [X.]/Wutzke/Förster/Hintzen [X.] 4. Aufl. § 7 [X.] [X.]. 5).

9

a) Teilweise wird die Auffassung vertreten, der Zwangsverwalter verliere mit dem Wirksamwerden des [X.] alle materiellrechtlichen und prozessualen Befugnisse ([X.] Rpfleger 2000, 30; dem zustimmend [X.] Rpfleger 2000, 30 ff.; vgl. auch [X.]/Wutzke/Förster/Hintzen [X.] 4. Aufl. § 7 [X.] [X.]. 9; offen gelassen von [X.] Urteil vom 25. Mai 2005 - [X.] - NJW-RR 2006, 138, 139). Der Zwangsverwalter könne daher weder die zum [X.]punkt der Zustellung des [X.] anhängigen Verfahren weiterführen noch neue Prozesse anstrengen. Zur Begründung wird im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der Zwangsverwalter mit der Aufhebung der Zwangsverwaltung keine ihm kraft hoheitlichen Aktes übertragenen Befugnisse mehr habe, die ihn zum Handeln gegenüber dem Vollstreckungsschuldner ermächtigten. Die Beschlagnahme der Forderungen und damit auch das Zugriffsrecht der Gläubiger erlösche ([X.] Rpfleger 2000, 30). Außerdem gebiete die Rechtssicherheit einen klaren [X.]punkt für die Beendigung der [X.] ([X.] 1995, 19, 36). Deshalb könne der Zwangsverwalter nach der Aufhebung des [X.] nur weiter tätig werden, wenn er nach § 2 Abs. 2 [X.] vom Gericht zur Fortführung des Verfahrens ermächtigt werde ([X.]/Wutzke/Förster/Hintzen [X.] 4. Aufl. § 7 [X.] [X.]. 9).

b) Nach anderer Ansicht soll die [X.] grundsätzlich nach der Erteilung des Zuschlags in einem parallel verlaufenden Zwangsversteigerungsverfahren fortbestehen, so dass der Zwangsverwalter auch nach der Zustellung des [X.] neue Prozesse anstrengen könne ([X.] Rpfleger 1990, 381 f.; [X.] NJW 1975, 265; Stöber [X.] 19. Aufl. § 161 [X.]. 7.2).

c) Schließlich wird die Meinung vertreten, die [X.] ende zwar grundsätzlich mit der Zustellung des [X.]. Ein zu diesem [X.]punkt bereits laufendes Verfahren dürfe der Zwangsverwalter jedoch weiterführen. Neue Prozesse könne der Zwangsverwalter nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung nicht anstrengen, auch wenn es sich dabei um die Geltendmachung von Forderungen handele, die während der [X.] der Beschlagnahme entstanden seien ([X.] Rpfleger 2002, 415, 418; [X.] [X.] 4. Aufl. § 161 [X.]. 36).

d) In der Rechtsprechung des [X.] ist die Frage der Fortwirkung der [X.] nach Aufhebung der Zwangsverwaltung bislang nur in Teilbereichen geklärt. Für den Fall der Antragsrücknahme durch den [X.] hat der [X.] entschieden, dass der Zwangsverwalter ohne eine entsprechende Ermächtigung im Aufhebungsbeschluss von ihm eingeleitete [X.] wegen beschlagnahmter Ansprüche nicht mehr fortführen könne ([X.]Z 155, 38 ff. = NJW-RR 2003, 1419, 1420; ähnlich auch [X.] Beschluss vom 10. Januar 2008 - [X.] - NJW-RR 2008, 892, [X.]. 8 und Urteil vom 25. Mai 2005 - [X.] - NJW-RR 2006, 138, 139). Nach der Rechtsprechung des Senats kann der Zwangsverwalter nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung infolge eines Zuschlags im Zwangsversteigerungsverfahren ein bereits zu diesem [X.]punkt anhängiges Verfahren fortführen (Senatsurteile vom 12. Oktober 1992 - [X.] - NJW-RR 1993, 442, 443 und vom 23. Juli 2003 - [X.] [X.], 871, 872). Über die im Streitfall entscheidungserhebliche Frage, ob ein Zwangsverwalter nach Aufhebung der Zwangsverwaltung wegen der Zwangsversteigerung des Grundstücks neue Rechtsstreitigkeiten für in seiner Amtszeit entstandene Mietrückstände anhängig machen kann, hat der [X.] bisher noch nicht entschieden (offen gelassen von [X.] Urteil vom 25. Mai 2005 - [X.] - NJW-RR 2006, 138, 139 und [X.]Z 155, 38, 44 = NJW-RR 2003, 1419, 1420).

e) Der Senat bejaht eine Fortwirkung der [X.] jedenfalls für solche Fälle, in denen das Zwangsverwaltungsverfahren nicht wegen Antragsrücknahme (§§ 161 Abs. 4, 29 [X.]) oder der vollständigen Befriedigung des Gläubigers (§ 161 Abs. 2 [X.]) aufgehoben wurde, sondern weil das Grundstück in der Zwangsversteigerung zugeschlagen worden und der die Zwangsverwaltung betreibende Gläubiger zu diesem [X.]punkt noch nicht vollständig befriedigt ist (Abgrenzung zu [X.] Urteile vom 19. Mai 2009 - [X.] - NJW-RR 2010, 214, 215 und [X.]Z 155, 38 ff. = NJW-RR 2003, 1419 ff.; Beschlüsse vom 10. Januar 2008 - [X.] - NJW-RR 2008, 892 f. und vom 10. Juli 2007 - [X.]/07 - NJW 2008, 3067 f.).

aa) Das Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung vom 24. März 1897 ([X.]) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898 ([X.]. S. 713) enthält keine Regelung über die Auswirkungen des Zuschlags in einem zeitgleich betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren auf das Zwangsverwaltungsverfahren. Einigkeit besteht darüber, dass das Zwangsverwaltungsverfahren spätestens mit Wirksamwerden des [X.] sein Ende findet und das Vollstreckungsgericht das Zwangsverwaltungsverfahren formell durch einen Aufhebungsbeschluss beenden muss (Stöber [X.] 19. Aufl. § 161 [X.]. 3.11 [X.]). Daraus kann jedoch nicht zwingend geschlossen werden, dass mit dem Wirksamwerden des [X.] die [X.] erlischt.

bb) Nach § 56 Satz 2 [X.] gebühren dem Ersteher nur die nach dem Zuschlag aus dem Grundstück gezogenen Nutzungen. Daher ist das Hindernis für die Fortsetzung der Zwangsverwaltung wegen Zuschlags in der Zwangsversteigerung ausschließlich in dem Recht des [X.] auf die künftig anfallenden Nutzungen zu sehen (Senatsurteil vom 21. Oktober 1992 - [X.] - NJW-RR 1993, 442, 443). Für die Nutzungen aus der [X.] vor der Wirksamkeit des Zuschlags dauern die Wirkungen der Beschlagnahme an und werden von der Aufhebung der Zwangsverwaltung nicht berührt (Stöber [X.] 19. Aufl. § 161 [X.]. 3.11; [X.]/[X.] [X.] 5. Aufl. [X.]. 655; [X.] Die Einstandspflicht des [X.] für Ansprüche des Mieters aus dem Mietverhältnis (2008) S. 78; a.A. [X.] Rpfleger 2000, 30). Denn der Aufhebungsbeschluss ergeht in diesem Fall ausschließlich im Hinblick auf die Schutzbedürftigkeit des [X.] (ausführlich hierzu [X.] 2003, 1021, 1026). Die Nutzungen aus der [X.] vor der Wirksamkeit des Zuschlags bleiben Teil der [X.], die zur Befriedung des [X.]s zur Verfügung steht ([X.]/Wutzke/Förster/Hintzen [X.] § 161 [X.]. 19). Da der Zwangsverwalter nach § 152 Abs. 1 [X.] die Pflicht hat, sämtliche Ansprüche, auf welche sich die Beschlagnahme erstreckt, geltend zu machen, muss er, soweit es noch nicht geschehen ist, diese Forderungen auch nach Aufhebung der Zwangsverwaltung einziehen, und Überschüsse nach Maßgabe des [X.] auskehren können (Senatsurteil vom 21. Oktober 1992 - [X.] - NJW-RR 1993, 442, 443; [X.] Urteil vom 19. Mai 2009 - [X.] - NJW-RR 2010, 214 [X.]. 7; [X.] NJW 1975, 265, 266). Außerdem obliegt dem Zwangsverwalter die Aufgabe, die Verwaltung der [X.], zu der die Nutzungen aus der [X.] vor der Wirksamkeit des Zuschlags gehören, ordnungsgemäß abzuwickeln ([X.] Urteile vom 19. Mai 2009 - [X.] - NJW-RR 2010, 214 [X.]. 8 und vom 29. Juni 2006 - [X.]/04 - NJW-RR 2007, 265 [X.]. 17). Die Befugnisse, die dem Zwangsverwalter zur Erfüllung dieser Aufgaben zustehen, können nicht davon abhängig sein, ob eine beschlagnahmte Forderung im [X.]punkt des Zuschlags bereits von ihm im Klagewege geltend gemacht worden ist oder nicht. Seine Pflichten aus § 152 Abs. 1 [X.] wären unvollständig ausgestattet, wenn ihm nicht die Möglichkeit zustünde, auch nach der formellen Aufhebung des [X.] Forderungen aus der [X.] vor dem Zuschlag gerichtlich beizutreiben (so schon [X.] NJW 1975, 265, 266).

Zwangsverwaltungs- und Zwangsversteigerungsverfahren werden grundsätzlich unabhängig voneinander betrieben. Der Zwangsverwalter hat keinen Einfluss darauf, wann im Zwangsversteigerungsverfahren der Zuschlag erteilt wird und das Grundstück für die Befriedigung des Gläubigers, der das Zwangsverwaltungsverfahren angestrengt hat, nicht mehr zur Verfügung steht. Da alle von der Beschlagnahme erfassten Forderungen des Vollstreckungsschuldners zur [X.] gehören und damit wirtschaftlich dem [X.] zustehen (Stöber [X.] 19. Aufl. § 161 [X.]. 3.11), kann der [X.]punkt, zu dem der Zwangsverwalter beschlagnahmte Forderungen beitreibt, für die Befriedigungsmöglichkeit des [X.]s nicht entscheidend sein. Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt nicht nur, dass der Zwangsverwalter die zum [X.]punkt des Zuschlags anhängigen Prozesse weiterführen kann, sondern auch dessen Befugnis, hinsichtlich der Forderungen aus der [X.] vor der Erteilung des Zuschlags neue Prozesse anstrengen zu können. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der [X.] zum [X.]punkt des Zuschlags noch nicht vollständig befriedigt ist.

cc) Würde man eine Fortwirkung der [X.] ablehnen, stellte sich die Frage, wer Forderungen, die von der Anordnung der Zwangsverwaltung erfasst waren, gerichtlich geltend machen kann. Der im Schrifttum vertretene Vorschlag, zur Durchsetzung dieser Forderungen müsse nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung der Vollstreckungsschuldner Klage erheben ([X.] [X.] 4. Aufl. § 161 [X.]. 36), berücksichtigt nicht ausreichend, dass Forderungen aus der [X.] der Zwangsverwaltung mit dem Zuschlag nicht beschlagnahmefrei an den Vollstreckungsschuldner zurückfallen (Stöber [X.] 19. Aufl. § 161 [X.]. 7.2) und deshalb die Beschränkungen der §§ 20, 21, 146 Abs. 1, 148 Abs. 1 [X.] für diese Forderungen andauern. Zudem dürften dem Vollstreckungsschuldner in vielen Fällen die finanziellen Mittel zur Prozessführung fehlen. Dem weiteren Vorschlag, Forderungen aus der [X.] vor Erteilung des Zuschlags seien vom Zwangsverwalter an den [X.] abzutreten und notfalls von diesem gerichtlich geltend zu machen ([X.] Rpfleger 2002, 415, 419), ist entgegenzuhalten, dass diese Forderungen nicht ausschließlich dem [X.] zustehen, sondern der [X.], aus der möglicherweise noch andere Ansprüche vorrangig zu befriedigen sind (§ 155 [X.]).

dd) Soweit im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, die aus § 152 [X.] abgeleitete [X.] müsse schon aus Gründen der Rechtssicherheit mit dem Wirksamwerden des [X.] enden ([X.]/Wutzke/Förster/Hintzen [X.] § 12 [X.] [X.]. 13; [X.] 1995, 19, 36; für den Fall der Antragsrücknahme auch [X.]Z 155, 38, 44 = NJW-RR 2003, 1419, 1420), teilt der Senat die dort geäußerten Bedenken für den Fall einer Verfahrensbeendigung aufgrund eines [X.] nicht. Zwar hat das Vollstreckungsgericht die Möglichkeit, im Aufhebungsbeschluss durch eine entsprechende Anordnung nach § 12 Abs. 2 [X.] ausdrücklich festzulegen, ob und in welchem Umfang der Zwangsverwalter in der Folgezeit noch tätig werden kann. Auf diese Weise kann eine verlässliche, der Rechtssicherheit dienende Grundlage für dessen weiteres Tätigwerden geschaffen werden. Ob in Fällen, in denen das Zwangsverwaltungsverfahren nach einer unbeschränkten Antragsrücknahme beendet wird, eine ausdrückliche Anordnung des Vollstreckungsgerichts nach § 12 Abs. 2 [X.] notwendige Voraussetzung für ein weiteres Tätigwerden des [X.] ist, weil es dann einer fortdauernden Tätigkeit des [X.] im Außenverhältnis nicht mehr bedarf (so [X.]Z 155, 38, 44 = NJW-RR 2003, 1419, 1420), kann hier dahinstehen. Jedenfalls bei einer Verfahrensbeendigung aufgrund eines [X.] besteht, wenn der [X.] noch nicht vollständig befriedigt ist, ein rechtlich anerkennenswertes Bedürfnis für ein weiteres Tätigwerden des [X.] (offen gelassen von [X.]Z 155, 38, 44 = NJW-RR 2003, 1419, 1420). Wie bereits ausgeführt, gehört es, solange der [X.] noch nicht vollständig befriedigt ist, zu den Aufgaben des [X.] nach § 152 [X.], diese Forderungen beizutreiben und der [X.] zuzuführen. Diese ihm gesetzlich zugewiesene Aufgabe muss der Zwangsverwalter unabhängig davon erfüllen können, ob im Aufhebungsbeschluss eine entsprechende Ermächtigung nach § 12 Abs. 2 [X.] enthalten ist. Der Zwangsverwalter ist dann auch ohne eine entsprechende Anordnung im Aufhebungsbeschluss befugt, Nutzungen aus der [X.] vor der Zuschlagserteilung gerichtlich geltend zu machen.

3. Auf dieser rechtlichen Grundlage hat das Berufungsgericht die Prozessführungsbefugnis des [X.] zutreffend bejaht. Der Kläger macht im Streitfall ausschließlich Mietzinsforderungen aus der [X.] vor der Aufhebung der Zwangsverwaltung geltend. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die von der Revision nicht beanstandet werden, hat die [X.]in durch Vorlage des [X.] nachgewiesen, dass ihr gegen den Vollstreckungsschuldner noch eine Forderung mindestens in Höhe der geltend gemachten Klageforderung zusteht. Das Berufungsurteil ist daher auch insoweit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

4. Schließlich hat das Berufungsgericht zu Recht die vom Beklagten erklärte Aufrechnung für unwirksam gehalten. Da die Beschlagnahme der Mietzinsforderungen aus der [X.] bis zum Zuschlag fortbesteht, ist eine Aufrechnung mit den titulierten Forderungen gegen den ehemaligen Eigentümer des Grundstücks gem. §§ 392, 1125, 1124 Abs. 2, 1192 Abs. 1 BGB nicht möglich.

[X.]

                   Schilling                                                     [X.]

Meta

XII ZR 181/08

11.08.2010

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Koblenz, 21. Oktober 2008, Az: 11 U 362/08, Urteil

§ 29 ZVG, § 152 Abs 1 ZVG, § 161 Abs 2 ZVG, § 161 Abs 4 ZVG, § 51 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.08.2010, Az. XII ZR 181/08 (REWIS RS 2010, 4145)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4145

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZR 181/08 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 304/19 (Bundesgerichtshof)

Passive Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters nach Rücknahme des Antrags auf Zwangsverwaltung


30 U 6/04 (Oberlandesgericht Hamm)


V ZB 130/07 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 289/14 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzanfechtung: Verpflichtung des Vollstreckungsgläubigers zur Rückgewähr von anfechtbaren Zahlungen des späteren Insolvenzschuldners an den Zwangsverwalter


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.