Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2003, Az. I ZB 29/01

I. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 3809

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[X.] ZB 29/01vom20. März 2003in der [X.] die Geschmacksmusteranmeldung Nr. 499 05 456.3Nachschlagewerk:[X.]:nein[X.]R: ja[X.][X.] § 7 Abs. 2Dem Schutz eines Musters oder Modells, das die dekorative Abbildung gesetz-licher Zahlungsmittel zum Gegenstand hat (hier: Abbildung einer Ein-Euro-Münze in einer Phantasiefigur und einem Schlüsselanhänger), stehen weder§ 7 Abs. 2 [X.] noch die Vorschriften der Medaillenverordnung entge-gen.[X.], [X.]. v. 20. März 2003 - [X.] 29/01 - [X.]- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 20. März 2003 durchden Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und [X.], Prof.[X.], [X.] und [X.]:Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uß des 10. Senats ([X.]) des [X.] vom [X.] wird auf Kosten des Präsidenten des [X.] zurückgewiesen.Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 [X.]:[X.] Der Anmelder begehrt mit seiner am 9. Juni 1999 eingereichten [X.] die Eintragung von zwei Mustern mit der Bezeichnung "[X.]" in das [X.]. Gegenstand der Anmeldung sind Phantasiefiguren,in deren Korpus, wie nachfolgend wiedergegeben, die Abbildung der Vorder-seite einer Ein-Euro-Münze eingefügt [X.] -Das [X.] ([X.]) hat festgestellt,daß Schutz für die angemeldeten Muster nicht erlangt worden sei, und hat [X.] versagt. Es hat angenommen, die Veröffentlichung der Muster unddie Verbreitung einer Nachbildung würden gegen die öffentliche Ordnung ver-stoßen.- 5 -Im Beschwerdeverfahren ist der Präsident des [X.] dem Verfahren auf eine entsprechende Anheimgabe des [X.] (§ 10a Abs. 1 [X.] i.V. mit § 77 [X.]) beigetreten [X.] beantragt, die Beschwerde des Anmelders zurückzuweisen.Das [X.] hat den [X.]uß des [X.] ([X.]) aufgehoben.Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde begehrt der Präsident [X.] Patent- und Markenamts die Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und die Zurückverweisung der Sache an das [X.].I[X.] Das [X.] hat die angemeldeten Muster für eintra-gungsfähig gehalten und ein Schutzhindernis i.S. des § 7 Abs. 2 [X.] fürnicht gegeben erachtet. Dazu hat es ausgeführt:Weder die Veröffentlichung der Muster im Geschmacksmusterblatt nochdie Verbreitung von Nachbildungen verstoße gegen die öffentliche Ordnung.Abzustellen sei nur auf die Muster in ihrer konkret angemeldeten Form.Nur wenn deren Gestaltung gesetz- oder sittenwidrig sei, komme eine Eintra-gungsversagung in Betracht. Die Gefahr einer künftigen ungerechtfertigtenGeltendmachung von [X.] aus einzelnen Musterelementen [X.] einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung nicht begründen. Gegen [X.] und Anbieten eines Gegenstandes mit den in Rede stehendenAbbildungen von Ein-Euro-Münzen bestünden keine Bedenken.- 6 -Das im [X.] vorgesehene absolute Schutzhindernis für staatli-che Hoheitszeichen (§ 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.]) sei kein für Muster entspre-chend geltender Fall eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung. Die Vor-schrift des § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] sei eine eigenständige Regelung, wie [X.] mit § 8 Abs. 2 Nr. 5 [X.] zeige, der die Eintragung einer Markewegen eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung gesondert regele. [X.] verbiete § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] nur die Verwendung staatlicher Ho-heitszeichen in einer Marke, d.h. einer Kennzeichnung, die der [X.] von denjenigen andererUnternehmen diene. Da damit nicht jede Ausnutzung staatlicher Hoheitszeichenfür geschäftliche Zwecke verboten sei, lasse sich das markenrechtliche Verboteiner Monopolisierung staatlicher Hoheitszeichen nicht als allgemeiner Rechts-grundsatz auf Muster übertragen.Ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung könne nur bei einer ersichtlichmißbräuchlichen gesetzwidrigen Verwendung eines staatlichen Hoheitszei-chens in einem Muster angenommen werden. Bei den hier zu beurteilendengesetzlichen Zahlungsmitteln sei schon zweifelhaft, ob sie überhaupt staatlicheHoheitszeichen seien. Jedenfalls stelle die Einbringung der Ein-Euro-Münze ineinen Gebrauchsgegenstand für Werbezwecke keine mißbräuchliche gesetz-widrige Verwendung dar.Die Verordnung über die Herstellung und den Vertrieb von Medaillen [X.] vom 13. Dezember 1974 ([X.] I S. 3520), geändert durch Art. 4 Nr. 1des [X.], sei nicht einschlägig.II[X.] Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. DieBeurteilung des [X.], der Eintragung des angemeldeten [X.] 7 -schmacksmusters stehe ein Schutzhindernis nach § 7 Abs. 2 [X.] nichtentgegen, hält der rechtlichen Nachprüfung stand.1. Nach der Bestimmung des § 7 Abs. 2 [X.] wird der Schutz ge-gen Nachbildung durch die Anmeldung nicht erlangt, wenn die [X.] oder Modells oder die Verbreitung einer Nachbildung gegen dieöffentliche Ordnung verstoßen würde. Das setzt voraus, daß durch das [X.] Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens oder die tragendenGrundsätze der Rechtsordnung in Frage gestellt werden (vgl. [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 7 [X.]. 72; [X.]/[X.],[X.], 2. Aufl., § 7 [X.]. 15; vgl. auch zu § 2 Nr. 1 [X.]:[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 2 [X.]. 5; Busse/Keuken-schrijver, [X.], 5. Aufl., § 2 [X.]. 13; zu § 8 Abs. 2 Nr. 5 [X.]: [X.], Markenrecht, 3. Aufl., § 8 [X.]. 346; [X.]/[X.], [X.],6. Aufl., § 8 [X.]. 246; a.A. [X.]/[X.], [X.], § 8 [X.]. 112). [X.] bei einer Einfügung gesetzlicher Zahlungsmittel in [X.] für Werbezwecke (hier: in eine Phantasiefigur und in einen Schlüsselanhän-ger) nicht die Rede sein. Es fehlen besondere, einen Verstoß gegen die öffent-liche Ordnung erst begründende Umstände.2. Ein allgemeines Verbot, gesetzliche Zahlungsmittel auf Produkten [X.] und diese Produkte zu vertreiben, gibt es nicht. Ein derartiges grund-sätzliches Verbot ist, anders als die Rechtsbeschwerde meint, nicht § 8 Abs. 2Nr. 6 [X.] zu entnehmen, wonach Marken mit staatlichen Hoheitszeichenvon der Eintragung als Marke ausgenommen sind. Schon wegen der unter-schiedlichen Schutzrichtung und wirtschaftlichen Bedeutung des Markengeset-zes und des [X.]es ist das Verbot des § 8 Abs. 2 Nr. 6[X.] nicht auf Geschmacksmuster übertragbar.- 8 -a) Zu den Hoheitszeichen i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] werden [X.] auch gesetzliche Zahlungsmittel gerechnet (vgl. [X.] aaO § 8[X.]. 360; [X.]/[X.] aaO § 8 [X.]. 118; [X.]/[X.] aaO § 8[X.]. 283). Zu den gesetzlichen Zahlungsmitteln zählt auch die Ein-Euro-Münze(vgl. Art. 2 § 1 des Gesetzes über die Änderung währungsrechtlicher Vorschrif-ten infolge der Einführung des [X.], [X.] I 1999 S. 2402).b) Das Verbot der Eintragung staatlicher Hoheitszeichen als Marke [X.] keinen Rückschluß darauf zu, ein Muster oder Modell mit einem Ho-heitszeichen verstoße stets auch gegen die öffentliche Ordnung i.S. von § 7Abs. 2 [X.].§ 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] schließt die Eintragung staatlicher Hoheitszei-chen als Marke aus. Die Vorschrift dient der Umsetzung des Art. 3 Abs. 1 lit. [X.], der wiederum Art. 6ter [X.] Rechnung trägt. [X.]. 6ter Abs. 1 [X.] sind die [X.] unter anderem verpflichtet, [X.] ihrer staatlichen Hoheitszeichen als Fabrik- und Handelsmarkenzurückzuweisen, sofern die zuständigen Stellen den Gebrauch nicht erlaubthaben. Die Vorschrift bezweckt den Ausschluß der Eintragung und Benutzungstaatlicher Hoheitszeichen, weil ihre Registrierung oder Benutzung als Markedie Rechte eines Staates auf Kontrolle seiner [X.] verletzenund die Öffentlichkeit über die Herkunft der mit solchen Marken gekennzeich-neten Waren täuschen könnte (vgl. [X.], [X.] zum Schutz des gewerblichen Eigentums, [X.]). Dagegen enthält Art. [X.]. 1 [X.] keinen allgemeinen Grundsatz, daß staatliche Hoheitszeichen [X.] gewerblichen Nutzung ausgeschlossen sind. Denn über die markenmäßi-ge Verwendung hinaus sieht Art. 6ter Abs. 9 [X.] nur ein Verbot im Falle eines- 9 -unbefugten Gebrauchs von Staatswappen im Handel vor, wenn dieser [X.] über den Ursprung der Erzeugnisse geeignet ist (vgl.auch [X.] aaO S. 87). § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] kann daher ebenfallsnicht entnommen werden, staatliche Hoheitszeichen seien generell jeder ge-werblichen Verwertung entzogen.Die grundlegend unterschiedlichen Schutzrichtungen des Markenrechtsund Geschmacksmusterrechts lassen auch keinen Schluß von dem Verbot derEintragung staatlicher Hoheitszeichen als Marke gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 6[X.] darauf zu, die Verwendung der Hoheitszeichen in Mustern und [X.] verstoße gegen die öffentliche Ordnung i.S. des § 7 Abs. 2 [X.].Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] betrifft die [X.] Hoheitszeichen als Marke. Deren Hauptfunktion besteht in der Ge-währleistung der Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienst-leistungen (vgl. [X.], [X.]. v. 17.2.2000 - [X.] 33/97, [X.], 882 =[X.], 1140 - Bücher für eine bessere Welt; [X.]. v. 21.9.2000- [X.] 35/98, [X.], 240, 241 = [X.], 157 - [X.]). [X.] des § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] wird verhindert, daßStatussymbole des Staates und andere Hoheitszeichen als Hinweis auf ein be-stimmtes Unternehmen registriert werden. Das Verbot einer musterrechtlichgeschützten, ästhetischen Verwendung, wie sie dem [X.]eigen ist, kann daraus nicht abgeleitet werden. Das eingetragene Ge-schmacksmuster dient nicht als Hinweis auf den Inhaber des Modells, sonderngewährt vorrangig ein Schutzrecht für eine ästhetische Gestaltung des [X.] Modells (vgl. [X.], Urt. v. 27.1.1983 - I ZR 177/80, GRUR 1983, 377, 378= WRP 1983, 484 - [X.]; [X.]/[X.] aaO Einf. [X.]. 41; [X.]/[X.] aaO Allgemeines [X.]. 26).- 10 -3. Die Rechtsbeschwerde macht weiter geltend, das Bundespatentge-richt habe keine Feststellungen getroffen, ob nicht die Verbindung zwischenstaatlichen Hoheitszeichen und einem alltäglichen Gebrauchsgegenstand einenVerstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten begründe. Die [X.] staatlicher Hoheitszeichen, zu denen die gesetzlichen [X.], verstoße auf einem Muster oder Modell regelmäßig gegen die öf-fentliche Ordnung i.S. von § 7 Abs. 2 [X.], weil staatliche Hoheitszei-chen wegen der Aushöhlung ihres ideellen Wertes von jeder gewerblichen [X.] ausgeschlossen sein sollen. Auch diese Rüge greift nicht durch. Das[X.] ist zu Recht davon ausgegangen, daß ohne Hinzutretenweiterer Umstände die Verwendung staatlicher Hoheitszeichen in Mustern [X.] keinen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung zur Folge hat und [X.], den Verstoß gegen die öffentliche Ordnung erst begründende Umständevorliegend nicht gegeben sind. Im Streitfall ergeben sich aus der Art der staatli-chen Hoheitszeichen, den Schutzgegenständen und ihrer konkreten Gestaltung(Einfügung einer Abbildung einer Ein-Euro-Münze in [X.] Werbezwecke) keine besonderen Umstände, die die Annahme eines Ver-stoßes gegen die öffentliche Ordnung rechtfertigen könnten.4. Soweit die Rechtsbeschwerde sich gegen die Ausführungen des [X.] zu einem Verstoß gegen die Verordnung über die [X.] den Vertrieb von Medaillen und Marken vom 13. Dezember 1974 ([X.] [X.]. 3520, zuletzt geändert durch die Zweite Verordnung zur Änderung der [X.], [X.] I S. 2286) wendet, hat sie damit ebenfalls keinenErfolg.- 11 -Die Vorschriften dieser Verordnung stehen der Schutzfähigkeit der [X.] nicht entgegen, weil vorliegend nicht der Schutz für eine Medaille bean-sprucht wird. Zudem sind Gestaltungen denkbar, die den [X.] genügen (vgl. insoweit [X.]/[X.] aaO § 7 [X.]. 17; vgl. auch [X.],Urt. v. 19.10.1971 - [X.], [X.], 704, 707 - Wasser-Aufbereitung).Die Modelle können entsprechend § 4 Abs. 3 i.V. mit § 2, § 3 MedVO gestaltetwerden und verstoßen dann nicht gegen die Bestimmungen dieser Verordnung.[X.] Danach war die Rechtsbeschwerde auf Kosten des Präsidenten [X.] Patent- und Markenamts (§ 10a Abs. 2 Satz 2 [X.] i.V. mit§ 109 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 [X.]) zurückzuweisen.Ullmann[X.]BornkammBüscherSchaffert

Meta

I ZB 29/01

20.03.2003

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2003, Az. I ZB 29/01 (REWIS RS 2003, 3809)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3809

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