Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.11.2002, Az. III ZR 278/01

III. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 589

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:21. November 2002F r e i t a gJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]:ja BGB § 839 Fe; BauGB § 36Zur Amtshaftung der [X.] wegen rechtswidriger Versagung des- objektiv nicht erforderlichen - Einvernehmens.[X.], Urteil vom 21. November 2002 - [X.]/01 -OLG [X.] LG [X.]- 2 -Der III. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 21. November 2002 durch [X.] [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenatsdes Oberlandesgerichts [X.] vom 4. Oktober 2001 aufgeho-ben.Die Berufung der Beklagten gegen das Grundurteil der III. Zivil-kammer des [X.]s [X.] vom 3. März 2000 wird [X.].Die Sache wird zur Verhandlung über die Höhe des Anspruchs andas [X.] zurückverwiesen.Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.Von Rechts [X.] Klägerin beabsichtigte im Jahre 1994, im [X.] ihres inder beklagten [X.] belegenen [X.] auszustel-- 3 -len und zu verkaufen. Am 3. März 1994 stellte sie den Antrag, eine entspre-chende Nutzungsänderung des [X.] als Ausstellungs- und Verkaufs-raum zu genehmigen. Der Ausschuß Technik und Umwelt der Beklagten [X.] am 28. April 1994, ihr das gemeindliche Einvernehmen für die Nut-zungsänderung zu versagen. Daraufhin lehnte das Landratsamt [X.] alsuntere Baurechtsbehörde des streitverkündeten [X.] mit Bescheid vom31. August 1994 den Antrag auf Erteilung einer entsprechenden Genehmigungab und führte zur Begründung aus, daß die Beklagte das gemäß § 36 Abs. 1i.[X.]. § 31 Abs. 2 BauGB erforderliche Einvernehmen zu einer Ausnahmere-gelung nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 [X.] versagt habe. Der Widerspruch der Klä-gerin gegen diesen Bescheid wurde vom Regierungspräsidium [X.] [X.]. Die hiergegen erhobene verwaltungsgerichtliche Klage führtezur Aufhebung der vorgenannten Bescheide und zur Verpflichtung des durchdas Landratsamt vertretenen [X.], die beantragte Nutzung des an [X.] angebauten Teils des [X.] als Ausstellungs- und Ver-kaufsraum für Terrakotta-Waren zu genehmigen. Zur Begründung führte [X.] aus, ein Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Bauge-nehmigung bzw. einer Genehmigung zur Nutzungsänderung ergebe sich be-reits unmittelbar aus dem Bebauungsplan in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Nr. 2[X.], da auch eine Verkaufsstelle für Terrakotta-Waren unter den konkretgegebenen Umständen der Versorgung des Baugebietes im Sinne der ge-nannten Bestimmungen diene. Dieses Urteil ist rechtskräftig geworden; im [X.] Verfahren war die Beklagte beigeladen gewesen.Die Klägerin nimmt nunmehr die Beklagte nach [X.] auf Ersatz des Schadens in Anspruch, der ihr, der Klägerin, durch die Ver-sagung der Nutzungsänderungsgenehmigung entstanden sei. Ihre auf Zahlung- 4 -von [X.] DM nebst Zinsen gerichtete Klage wurde vom [X.] demGrunde nach für gerechtfertigt erklärt. Auf die Berufung der Beklagten hat [X.] das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abge-wiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, die ihre [X.].[X.] Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des landge-richtlichen [X.] der Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils stehtauch für den vorliegenden Amtshaftungsprozeß, d.h. im Verhältnis zwischender Klägerin und der seinerzeit beigeladenen Beklagten, fest, daß die [X.] rechtswidrig gewesenist ([X.]Z 146, 153, 156, [X.] Rspr.).2.Beide Baurechtsbehörden, also sowohl das Landratsamt als auch [X.], hatten die Ablehnung des Antrags der Klägerin aus-schließlich darauf gestützt, daß die Beklagte das Einvernehmen nach § 36BauGB bindend verweigert habe. In der Senatsrechtsprechung ist anerkannt,daß eine rechtswidrige Versagung des Einvernehmens unmittelbare Amtshaf-tungsansprüche des Bauherrn gegen die [X.] begründen kann ([X.]Z118, 263, 265 m.w.N.; s. zur Entwicklung dieser Rechtsprechung im einzelnen:[X.] [X.] ff). Dabei ist es - entgegen der Auf-fassung des Berufungsgerichts - unerheblich, ob das Einvernehmen der [X.] 5 -meinde objektiv überhaupt erforderlich gewesen war; es genügt vielmehr, daßdie Bauaufsichtsbehörde die [X.] am Baugenehmigungsverfahren [X.] hat, weil sie deren Einvernehmen für erforderlich hielt. Die zuständigenAmtsträger der [X.] haben auch in einem solchen Fall die Amtspflichtgegenüber einem Bauwilligen, die Erteilung der von ihm begehrten Baugeneh-migung, auf die er einen Anspruch hat, nicht durch ein Verhalten zu hindern,das die Bauaufsichtsbehörde als Verweigerung des für erforderlich [X.] nach § 36 BauGB werten muß. In diesem Zusammenhang hatder Senat insbesondere bereits entschieden, daß es nicht darauf ankommt,aus welchem Rechtsgrund das Einvernehmen der [X.] im konkretenFalle entbehrlich war (s. dazu vor allem den Senatsbeschluß vom 25. Oktober1990 - [X.] = [X.]R BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 [X.]rat 4 = [X.] Nr. 40).3.Im vorliegenden Fall haben [X.], Baurechtsbehörde und Wider-spruchsbehörde übereinstimmend das Vorhaben der Klägerin als ein solchesnach § 4 Abs. 3 Nr. 2 [X.] beurteilt und geprüft, ob es sich um einen son-stigen nicht störenden Gewerbebetrieb gehandelt hat. Deshalb haben sie [X.] der Beklagten nach § 31 BauGB für erforderlich gehalten. [X.] Verweigerung konnte daher einen Amtshaftungsanspruch (§ 839BGB i.[X.]. Art. 34 GG) der Klägerin gegen die Beklagte begründen. Zwar wardas Vorhaben in Wirklichkeit ein der Versorgung des Gebiets dienender Ladenim Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 [X.], dessen planungsrechtliche Zulässigkeitsich unmittelbar aus § 30 BauGB ergab und bei dem es deshalb des gemeind-lichen Einvernehmens nicht bedurfte. Deswegen war die [X.] die Versagung nicht gebunden und hätte sich darüber hinwegsetzen [X.] müssen. Indem sie dies unterlassen hat, hat sie möglicherweise eine eige-- 6 -ne, Amtspflichtverletzung gegenüber der Klägerin begangen. An der [X.] Beklagten im Außenverhältnis zur Klägerin ändert dies jedoch nichts; viel-mehr kommt insoweit eine deliktsrechtliche Gesamtschuldnerschaft zwischender Beklagten und der Bauaufsichtsbehörde in Betracht (§ 840 BGB; Senats-urteil [X.]Z 118, 263, 265 ff).4.Die Hilfserwägungen, mit denen das Berufungsgericht ein Verschuldender für die Beklagten handelnden Amtsträger verneint, sind ebenfalls nichttragfähig. Insbesondere trifft es nicht zu, daß sich aus dem rechtskräftigen Ur-teil des [X.] keine Hinweise auf ein derartiges Verschulden [X.] der Beklagten ergäben. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Ur-teil unter umfassender Auswertung der Rechtsprechung und der einschlägigenFachliteratur im einzelnen dargelegt, daß und aus welchen Gründen das [X.] der Klägerin nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 und gerade nicht nach Abs. 3 Nr. 2[X.] zu beurteilen war. Aus dem Ausschußprotokoll der Beklagten vom28. April 1994 ist nicht erkennbar, daß diese eine entsprechende Prüfung [X.] auch nur ansatzweise vorgenommen hat. Nach dem vom [X.] an sich zutreffend wiedergegebenen objektiven Sorgfaltsmaßstabwürde es die Beklagte auch nicht entlasten, wenn ihr die rechtliche Beurteilungdurch die Anfrage des Landratsamts nahegelegt worden sein sollte. Denn dieAmtsträger der [X.] mußten die für eine so weittragende [X.] die Versagung des Einvernehmens erforderlichen Rechts- und Verwal-tungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen. In diesem Bereich nahm [X.] gegenüber der [X.] nicht etwa die Stellung einer spezia-lisierten Fachbehörde (vgl. dazu Senatsurteile [X.]Z 139, 200, 214 und 146,365, 370) ein, auf deren Rechtsauffassung die Beklagte hätte unbesehen ver-trauen dürfen. Die Planungshoheit der [X.] hat insoweit ihren haftungs-- 7 -rechtlichen Preis ([X.], [X.], 61, 106). Deshalb kann die [X.] haftungsrechtliche Verantwortlichkeit für ein Fehlverhalten, das in [X.] ihrer Selbstverwaltungskompetenz fällt, nicht auf das Landratsamtabwälzen.5.Im übrigen könnte auch die Ablehnung eines (verschuldensunabhängi-gen) [X.] aus enteignungsgleichem Eingriff mit der [X.] gegebenen Begründung keinen Bestand haben. [X.] Auffassung des Berufungsgerichts kann die Beklagte diesem [X.] nicht entgegenhalten, sie sei nicht "begünstigt". Liegt ein ent-schädigungspflichtiger Eingriff in der Versagung des erforderlichen Einverneh-mens (Senatsurteil [X.]Z 134, 316, 322 f), so kann für einen Eingriff, der darinbesteht, daß die [X.] ein Bauvorhaben durch Versagung des [X.] erforderlichen Einvernehmens verhindert oder verzögert, nichts anderesgelten. Die Opferlage des Geschädigten ist unter dem Blickwinkel des Eigen-tumsschutzes in beiden Fällen dieselbe. Ebenso dient auch aus der Sicht der[X.] die Versagung den Zielen der gemeindlichen [X.] den tatrichterlichen Feststellungen ist der Sachverhalt, soweit erden [X.] betrifft, hinreichend geklärt. Die Sache ist daher im Sinne- 8 -einer Bestätigung des landgerichtlichen Grundurteils entscheidungsreif. [X.] § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a.F. war die Sache zur Entscheidung über die An-spruchshöhe an das [X.] zurückzuverweisen.RinneWurm[X.][X.] Galke

Meta

III ZR 278/01

21.11.2002

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.11.2002, Az. III ZR 278/01 (REWIS RS 2002, 589)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 589

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZR 234/04 (Bundesgerichtshof)


AN 17 K 19.00432 (VG Ansbach)

Bauaufsichtliche Genehmigung zur Errichtung einer Plakatanschlagstafel


III ZR 29/10 (Bundesgerichtshof)

Amtspflichtverletzung: Drittgerichtetheit der Amtspflichten der Gemeinde im Rahmen der Verweigerung des Einvernehmens im Baugenehmigungsverfahren bei …


III ZR 29/12 (Bundesgerichtshof)

Amtshaftung einer bayrischen Gemeinde wegen Verweigerung des Einvernehmens mit einem Baugenehmigungsantrag


III ZR 29/10 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.