Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.07.2011, Az. VII ZR 65/10

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 4296

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VII ZR 65/10
Verkündet am:

28. Juli 2011

Seelinger-Schardt,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 634 a.F.; [X.] § 15 Abs. 2 (i.d.F. vom 21. September 1995)
a)
Vereinbaren die Parteien, dass für Inhalt und Umfang der werkvertraglichen Leis-tungspflichten des Architekten das Leistungsbild des §
15 Abs.
2 [X.] entspre-chend gilt, hat der Architekt ein Bautagebuch zu führen.
b)
Kommt der Architekt dieser Verpflichtung nicht nach, ist der Besteller grundsätz-lich gemäß §
634 BGB zur Minderung des [X.] berechtigt.
[X.], Urteil vom 28. Juli 2011 -
VII ZR 65/10 -
KG Berlin

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juli
2011 durch [X.]
Dr.
[X.], [X.]
Kuffer, die Richterin [X.], [X.] und den Rich-ter Prof.
Leupertz
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7.
Zivilsenats des Kammergerichts vom 16.
März
2010 im Kostenpunkt und in-soweit aufgehoben, als die Widerklage in Höhe eines Betrags von 12.001,34

Der Kläger wird auf die Widerklage verurteilt, an den Beklagten ei-nen weiteren Betrag von 8.510,81

Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.
Juli
2006 zu zahlen.
Wegen eines weiteren Betrags von 3.490,53

die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die gesamten Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

-
3
-
Tatbestand:
Die Parteien streiten, soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung, um die Rückzahlung überzahlten [X.].
Der Kläger, ein mit Leistungen gemäß Leistungsphasen 1 bis 9 des §
15 Abs.
2 [X.] a.F. beauftragter Architekt, hat gegen den Beklagten, einen Immo-bilienkaufmann, restliches Honorar aus im Jahre 1999 für drei Bauvorhaben geschlossenen Architektenverträgen geltend gemacht. Der Beklagte hat wider-klagend Schadensersatz wegen unrichtiger Kostenberatung, hilfsweise Rück-zahlung überzahlter Vergütung in Höhe von 87.176,18

e-richt hat Klage und Widerklage abgewiesen. Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat auf die Widerklage den Kläger zur Rückzahlung überzahlten Honorars von 10.182,23

i-gen die Berufungen der Parteien zurückgewiesen. Der [X.] hat auf die Nicht-zulassungsbeschwerde des Beklagten die Revision zugelassen, soweit das Honorar des Klägers bei dem [X.], B.

, für die Leistungs-phasen
5 bis
7 des §
15 [X.] auf Basis des [X.] vom 6.
August
2002 statt desjenigen
vom 30.
November
2001 ermittelt und soweit dem Beklagten eine Minderung des [X.] wegen nicht geführter [X.] bei den drei Bauvorhaben nicht zugebilligt worden ist.
Auf dieser Grundlage macht der Beklagte in der Revision widerklagend einen Anspruch auf Rückzahlung überzahlten [X.] in Höhe von weiteren 12.001,34

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Entscheidungsgründe:
Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Dem Beklagten steht ein [X.] auf Rückzahlung weiterer 8.510,81

nebst Zinsen zu. Hinsichtlich eines weiteren Betrags in Höhe von 3.490,53

u-en Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverwei-sen.
Auf das Rechtsverhältnis der Parteien sind das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis 31.
Dezember
2001 gültigen Fassung und die Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und der Ingenieure ([X.]) in der [X.] vom 21.
September
1995 anwendbar.

I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in Grundeigentum
2010, 981 veröffentlicht ist, meint, der Kläger sei an den im Zuge der Leistungspha-se
7 des §
15 Abs.
2 [X.] erstellten Kostenanschlag vom 30.
November
2001 nicht gebunden, sondern dürfe sein Honorar auf der Grundlage des erst später erstellten [X.] vom 6.
August
2002 berechnen. Einen festge-schriebenen Kostenanschlag gebe es nicht; die Fortschreibung sei zulässig und in der Regel auch geboten. Der Kostenanschlag basiere unter anderem auf der Zusammenstellung von Auftragnehmerangeboten; diese könnten auch auf Nachträgen beruhen. Voraussetzung sei jedoch, dass es sich um solche Kos-tenfortschreibungen handele, die eine Tätigkeit des Architekten im Rahmen der Leistungsphasen
6 und 7 zur Folge hätten; Massenerhöhungen oder
-minde-rungen, die sich bei der Bauausführung ergäben, hätten allerdings keine Rele-vanz für den Kostenanschlag.
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Eine Minderung des Honorars für die Leistungsphase
8 hat das [X.] dem Beklagten im Hinblick auf das behauptete Fehlen eines Bau-tagebuchs bei den drei Bauvorhaben nicht zugestanden. Es hat dahinstehen lassen, ob der Kläger entsprechend seiner Behauptung ein Bautagebuch ge-führt hat. Denn nach den vertraglichen Vereinbarungen sei der Kläger nur ver-pflichtet gewesen, die für die jeweilige Baumaßnahme erforderlichen Grundleis-tungen zu erbringen. Dazu habe der Beklagte nichts Konkretes vorgetragen. Er habe lediglich pauschal behauptet, in den [X.]n hätten sich [X.] befinden müssen, die ihm bei der Auseinandersetzung mit Baufirmen über Zusatzvergütungen in beträchtlicher Höhe nicht zur Verfügung gestanden hätten. Zudem sei das Führen eines Bautagebuchs zur Vertragserfüllung [X.] erforderlich.

II.
Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. [X.] ist die Annahme des Berufungsgerichts, der [X.] habe fortgeschrieben werden können.
Der [X.] hat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 5.
August
2010 (VII
ZR
14/09, [X.], 1957 =
NZBau 2010, 706 =
[X.] 2010, 820) entschieden, dass Nachträge, die
nach der Vergabe einer Bauleis-tung an einen Unternehmer entstehen, bei dem der Honorarermittlung zugrunde zu legenden Kostenanschlag nicht berücksichtigt werden dürfen. Auf dieser Grundlage, die von den Parteien nicht mehr in Frage gestellt wird, kann das
Berufungsurteil keinen Bestand haben.
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2. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Überprüfung auch nicht stand, soweit es dem Beklagten bei allen drei Bauvorhaben eine Minderung des [X.] für die Leistungsphase
8 des §
15 Abs.
2 [X.] im Hinblick auf
die als [X.] behaupteten [X.] versagt hat. Diese Entscheidung wird von der dafür gegebenen Begründung nicht getragen.
a) Das Berufungsgericht hat dahinstehen lassen, ob der Kläger jeweils ein Bautagebuch geführt hat. Im Revisionsverfahren ist daher zugunsten des Beklagten davon auszugehen, dass entsprechend dessen Behauptung Bauta-gebücher nicht geführt worden sind.
b) Der Kläger war nach den vertraglichen Vereinbarungen, die das [X.] nur unvollständig ausgelegt hat, verpflichtet, ein Bautagebuch zu führen.
aa) Die Parteien haben vereinbart, dass für Inhalt und Umfang der werk-vertraglichen Leistungspflichten das Leistungsbild des §
15 Abs.
2 [X.] ent-sprechend gilt, soweit sie keine abweichenden Vereinbarungen treffen. Sie ha-ben zudem geregelt, dass aus diesem Leistungsbild der Kläger diejenigen Grundleistungen zu erbringen hat, die die Baumaßnahme erfordert. Als Bau-maßnahme waren im Wesentlichen die Modernisierung, Instandsetzung und der Ausbau von Gebäuden vorgesehen.
bb) Danach schuldete der Kläger das Führen eines Bautagebuchs. Denn dies gehört zum Leistungsbild der Objektüberwachung (Leistungsphase
8 des §
15 Abs.
2 [X.]). Die Parteien haben ausdrücklich vereinbart, dass für den Inhalt der Leistungspflichten das Leistungsbild des §
15 Abs.
2 [X.] entspre-chend gilt. Der Auffassung des Berufungsgerichts, das Führen des Bautage-buchs gehöre nicht zu den Leistungspflichten, der Architekt könne sich allenfalls 11
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schadensersatzpflichtig machen, wenn er seine Überwachungspflichten nicht dokumentieren könne, fehlt danach jede Grundlage.
[X.]) Aus der Regelung, dass der Architekt nur diejenigen Grundleistungen zu erbringen hat, die die Baumaßnahme erfordert, ergibt sich nichts anderes. Das Berufungsgericht hat diese Regelung nicht ausgelegt, sondern sein Urteil lediglich darauf gestützt, der Beklagte habe zur Erforderlichkeit eines Bautage-buchs nichts Konkretes vorgetragen. Das ist fehlerhaft. Der Beklagte war nicht gehalten, konkret zur Erforderlichkeit des Bautagebuches für die einzelnen Baumaßnahmen vorzutragen. Insbesondere musste er nicht darlegen, welche Angaben er den [X.]n hat entnehmen wollen. Denn die Erforderlich-keit des Führens eines Bautagebuchs für die jeweiligen Baumaßnahmen ergibt sich ohne weiteres aus dem Sinn und Zweck des Bautagebuches. Das Bauta-gebuch hat den Zweck, das Baugeschehen mit allen wesentlichen Einzelheiten zuverlässig und beweiskräftig festzuhalten. Diese Dokumentation kann insbe-sondere bei Störungen des [X.] oder Auseinandersetzungen mit
ande-ren Baubeteiligten von großer Bedeutung sein
[X.]/Koeble/Frik, [X.], 10.
Aufl., §
33 Rn.
222; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 9.
Aufl., §
33 Rn.
106; [X.]/Fleischmann, Architektenrecht, 5.
Aufl., Rn.
548). Dieses [X.] besteht nicht nur bei Neubauten, sondern auch bei Bauten im Bestand, also bei Modernisierungsmaßnahmen, Instandsetzung und Ausbau. Gerade bei diesen Maßnahmen kann es von großer Wichtigkeit sein, Abwei-chungen vom vorausgesetzten Bestand und sich daraus ergebende Probleme zu dokumentieren, weil sie erfahrungsgemäß Grundlage von [X.] der Bauunternehmer sein können.
c) Hat der Kläger den geschuldeten Teilerfolg nicht erbracht, indem er kein Bautagebuch geführt hat, ist sein Werk mangelhaft ([X.], Urteil vom 24.
Juni
2004 -
VII
ZR
259/02, [X.]Z 159, 376, 382). Der Beklagte kann dann 16
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unter den Voraussetzungen des §
634 BGB das Honorar für die Leistungspha-se
8 des §
15 Abs.
2 [X.] mindern. Eine Fristsetzung mit Ablehnungsandro-hung ist jedoch entbehrlich, weil ein Bautagebuch nachträglich nicht mehr zu-verlässig erstellt werden kann ([X.], [X.], 1770, 1772).

III.
Das Berufungsurteil war daher aufzuheben. Der [X.] kann in der Sache nur teilweise entscheiden; im Übrigen war die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
1. Dem Beklagten steht ein Anspruch auf Rückzahlung weiterer 8.510,81

a) Der Beklagte hat im Revisionsverfahren auf der Grundlage des [X.] vom 30.
November
2001 ein dem Kläger für die Leistungsphasen 5 bis 7 des §
15 Abs.
2 [X.] zustehendes unstreitiges Honorar von 184.372,89
DM ermittelt. Das Berufungsgericht hat dem Kläger insoweit ein Honorar von 203.169,99
DM zuerkannt. Daraus ergibt sich eine Differenz von
18.797,10
DM bzw. 9.610,80

b) Der [X.] kann dem Beklagten insoweit nur einen Betrag von 8.510,81

s-tungsphasen 5 bis 7 des §
15 Abs.
2 [X.] ein weiterer Honoraranspruch in Höhe von 2.151,40
DM bzw. 1.099,99

. Mit diesem Vorbringen ist der Klä-ger nicht ausgeschlossen. Denn aus dem von ihm dargelegten Sachverhalt kann sich eine Forderung ergeben, weil ihm ein Auftrag zur Umplanung erteilt worden ist (vgl.
[X.], Urteil vom 5.
August
2010 -
VII
ZR
14/09, [X.], 1957, 1959 = NZBau 2010, 706 =
[X.] 2010, 820; Urteil vom 26.
Juli
2007 18
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VII
ZR
42/05, [X.]Z 173, 314 Rn. 26). Das hätte das Berufungsgericht prüfen müssen. Der [X.] kann insoweit nicht selbst entscheiden, weil hinreichende Feststellungen fehlen.
2. Soweit es um die Pflicht geht, ein Bautagebuch zu führen, ist weitere Aufklärung erforderlich. Entgegen der Auffassung der Revision muss die Minde-rung nicht schon deshalb vorgenommen werden, weil der Kläger das angeblich vorhandene Bautagebuch nicht an den
Beklagten übergeben hat. Zur Erfüllung der Pflicht des Architekten, ein Bautagebuch zu führen, ist die Aushändigung an den Besteller grundsätzlich nicht erforderlich ([X.]/Fleischmann, Archi-tektenrecht, 5.
Aufl., Rn.
551; [X.]/Koeble/Frik, [X.], 10.
Aufl., §
33 Rn.
223). Der Architekt hat ein berechtigtes Interesse daran, dass das Bauta-gebuch bei ihm verbleibt, da es auch dazu dient, gegenüber dem Besteller eine ordnungsgemäße Bauüberwachung zu dokumentieren.

[X.]
Kuffer
[X.]

[X.]

Leupertz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.02.2008 -
8 O 116/06 -

KG Berlin, Entscheidung vom 16.03.2010 -
7 U 53/08 -

22

Meta

VII ZR 65/10

28.07.2011

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.07.2011, Az. VII ZR 65/10 (REWIS RS 2011, 4296)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4296

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 65/10

7 U 53/08

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