Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2003, Az. 5 StR 224/02

5. Strafsenat | REWIS RS 2003, 4166

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5 [X.]/02BUNDESGERICHTSHOFIM [X.] DES VOLKESURTEILvom 27. Februar 2003in der Strafsachegegenwegen Beihilfe zur [X.] des [X.] hat in der Sitzung vom27. Februar 2003, an der teilgenommen haben:Vorsitzende Richterin [X.],[X.],Richter Dr. Raum,Richter Dr. Brause,Richter [X.] beisitzende Richter,[X.] Vertreter der [X.],Rechtsanwalt [X.] Verteidiger,[X.] Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,- 3 -für Recht erkannt:Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil [X.] vom 9. August 2001 aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andereStrafkammer des [X.] zurückverwiesen.[X.] Von Rechts wegen [X.]G r ü n d eI.Der Angeklagte ist Rechtsanwalt und Notar in [X.]. [X.] Eigenschaft wurde er durch den bereits verurteilten [X.]beauftragt,als Treuhänder mehrere Darlehensverträge abzuwickeln. Der Verurteilte [X.], der Geschäftsführer des [X.]fi war, hatte aus dem Vermögen des [X.] 1993 und Januar 1994 in fünf Einzelverträgen dem anderweitigverfolgten [X.] insgesamt 25 Millionen DM (in Teilbeträgen [X.] Million DM, 3 Millionen DM, 8 Millionen DM, 3 Millionen [X.] Millionen DM) als Darlehen ausgereicht.Diese Darlehen wurden jeweils durch Grundschulden gesichert. [X.]erteilte dem Angeklagten vorher einen schriftlichen Treuhandauftrag. [X.] er den Angeklagten, den auf dessen Anderkonto überwiesenenBetrag auszuzahlen, wenn bestimmte Sicherheiten durch den [X.] -nehmer gestellt wurden. Diese Sicherheiten waren regelmäßig von [X.] Grundschulden. Auf Drängen des Angeklagten wurde in [X.] der Passus aufgenommen, wonach —die Echtheit der vorge-nannten Urkunden und die Werthaltigkeit der Grundschuldenfi nicht vom [X.] zu prüfen waren. Die Gelder zahlte der Angeklagte gegen [X.] der Urkunden bar an den Darlehensnehmer [X.]aus, der siesogleich an [X.]übergab. Während zwei zunächst ausgereichte Darle-hen über 1 Million DM bzw. 2 Millionen DM zurückgeführt wurden, erfolgtekeine Rückzahlung der späteren Darlehen, die auch den Gegenstand [X.] bilden. Die fälligen Zinsen wurden zunächst bis Juni 1994 bedient.Aus den gestellten Sicherheiten konnten noch etwa 1,2 Millionen DM erlöstwerden. Der Verbleib des Geldes war nicht mehr zu ermitteln.Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten zur Last, Beihilfe zu die-sen Taten geleistet zu haben. Das [X.] hat den Angeklagten aus tat-sächlichen Gründen vom Vorwurf der Beihilfe zur Untreue in fünf Fällen frei-gesprochen. Es hat sich nicht davon überzeugen können, daß der Ange-klagte in das Gesamtsystem eingebunden gewesen sei und von den Hinter-gründen Kenntnis erlangt habe. Gegen diesen Freispruch richtet sich die Re-vision der Staatsanwaltschaft, die die Verletzung sachlichen Rechts rügt. [X.] hat Erfolg.II.Der Freispruch hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.1. Die Aufgabe, sich auf der Grundlage der vorhandenen Beweismitteleine Überzeugung vom tatsächlichen Geschehen zu verschaffen, obliegtgrundsätzlich allein dem Tatrichter. Seine Beweiswürdigung hat das Revisi-onsgericht regelmäßig hinzunehmen. Es ist ihm verwehrt, sie durch eine ei-gene zu ersetzen oder sie etwa nur deshalb zu beanstanden, weil aus [X.] eine andere Bewertung der Beweise nähergelegen hätte. Kann der Tat-- 5 -richter vorhandene, wenn auch nur geringe Zweifel nicht überwinden, sokann das Revisionsgericht eine solche Entscheidung nur im Hinblick [X.] überprüfen, insbesondere darauf, ob die Beweiswürdigung insich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, die Beweismittel nicht aus-schöpft, Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze aufweist oderob der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für eine [X.] erforderliche Gewißheit gestellt hat (ständige Rechtsprechung: vgl.BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 13 und Überzeugungsbildung 33; [X.] 2000, 48; [X.], 260, 261). Aus den Urteilsgründen mußsich auch ergeben, daß die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliertgewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt [X.] (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 11, 24).2. Einen derartigen durchgreifenden Rechtsfehler weist das ange-fochtene Urteil auf. Das [X.] hat zwar eine sorgfältige und eingehen-de Prüfung der einzelnen belastenden Indizien vorgenommen, es hat [X.] belastenden Umstände nur unzureichend in ihrer Gesamtheit gewürdigt.Es hat sich dabei auf die mehr floskelhafte Bemerkung beschränkt, daß we-der aus den [X.] einzeln und insgesamt [X.] noch aus derzeitlichen Abfolge der Vertragsschlüsse unmißverständliche Anzeichen [X.] des [X.]sich für den Angeklagten aufdrängten([X.] 81 [X.]) Der vorliegende Fall ist gekennzeichnet durch eine Reihe unge-wöhnlicher Umstände, die möglicherweise erst in der Zusammenschau [X.] der für eine Verurteilung erforderlichen richterlichen [X.] können. Bei der hier gegebenen Sachverhaltsgestaltung wirkt sichnämlich die Kombination von der Art des Geschäftes, den näheren [X.] seiner Abwicklung, der Absicherung der Risiken und schließlich [X.], die in diesem Zusammenhang ein Rechtsanwalt und Notar hätte [X.] sollen, zusätzlich als verdachtsbegründend aus und ist deshalb geeig-net, mögliche weitere Rückschlüsse auf das Vorstellungsbild des [X.] 6 -ten zuzulassen.aa) Ausgesprochen ungewöhnlich ist schon das Grundgeschäft. [X.] als Körperschaft des öffentlichen Rechts vergibtderartige Darlehen regelmäßig nicht. Abgesehen davon, daß solche [X.] nicht zu dem satzungsmäßigen Aufgabenbereich einesAbwasserzweckverbandes gehören, ist auch mittelbar kein Zusammenhangmit der dort üblicherweise anfallenden Geschäftstätigkeit ersichtlich. Die Be-sonderheit des Geschäfts legt wiederum eine Prüfung der [X.] nahe. Je außergewöhnlicher und riskanter ein [X.], umso mehr Anlaß besteht grundsätzlich zu einer Prüfung der [X.]. Nach § 4 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 der [X.] sich die Geschäftsleitung aus dem Geschäftsführer und seinem [X.] benennenden [X.] Stellvertreter zusammen. Damit liegt grundsätzlich eineGesamtvertretung vor. Das [X.] verhält sich nicht dazu, daß der [X.] geprüft hat, ob ein Stellvertreter benannt wurde und mithin nur eineGesamtvertretungsberechtigung bestanden hätte. Weiterhin war aufgrundder Größenordnung des Geschäfts offensichtlich, daß im Innenverhältnis nurdie Verbandsversammlung ein solches Geschäft beschließen konnte. [X.] Angeklagte von den rechtlichen [X.] nach eigenenAngaben Kenntnis gehabt haben will, hätte sich ihm unter Umständen auchdie Genehmigungsbedürftigkeit der Geschäfte im Innenverhältnis erschlos-sen.bb) Zusätzlich verdachtsbegründend waren weiterhin auch die Um-stände der [X.] der Darlehen. Der Angeklagte hat diese Beträge [X.]. Ohne daß ein sachlich gerechtfertigter Grund für eine auch unterSicherheitsgesichtspunkten gefährliche Barauszahlung erkennbar war, istdiese Form der Geldhingabe wirtschaftlich besonders risikobehaftet, weil sichdie Geldflüsse wesentlich schwieriger nachvollziehen lassen und damit einzusätzliches [X.] geschaffen wurde, das einen [X.] auf das Geld bzw. auf damit erworbene Wirtschaftsgüter [X.] 7 -cc) Auch die Art der Sicherung ist ungewöhnlich. Es fällt auf, daß [X.] durch eine ganze Reihe von Drittpersonen gestellt wurden. [X.] zwar rechtlich möglich, in der tatsächlichen Praxis werden aber Dritte [X.] weiteres bereit sein, jedenfalls werthaltige Grundschulden zu bestellen.Auch wenn der Angeklagte nicht verpflichtet war, die Werthaltigkeit der [X.] zu prüfen, könnte ihm mit der fortschreitenden Zahl der [X.] die eigentümliche Struktur der Sicherungsgeschäfte deutlichgeworden sein.dd) Schließlich macht die Einschaltung des Angeklagten wenig Sinn.Entgegen der Auffassung des [X.] ist er hier nur anwalt-lich tätig geworden, weil eine irgendwie geartete Pflicht auch die [X.] zu wahren, nach dem Auftragsverhältnis nicht ersicht-lich ist. Gemessen an der Höhe der entstandenen Honoraransprüche, diedas [X.] rechtsfehlerfrei mit 70.000,00 DM netto beziffert hat, [X.] wirtschaftlich sinnvolles Motiv für die Beauftragung des Angeklagten [X.] darin zu sehen sein, daß die Abwicklung gesichert werden sollte. [X.] der Angeklagte kaum über eine sachliche Prüfungskompetenz verfügte,war der Wert einer anwaltlichen Betreuung der Geschäfte denkbar gering.Dies war auch dem Angeklagten klar. Vielmehr lag nahe, daß der mit [X.] eines Anwalts verbundene Schein von Legitimation durch [X.] und seine Mittäter gesucht [X.] 8 -b) Der neue Tatrichter wird deshalb zu prüfen haben, ob der Ange-klagte, der als Rechtsanwalt und Notar über eine gesteigerte Erfahrung mitgrundbuchrechtlich abgesicherten Darlehensgeschäften verfügte, aufgrundder Häufung verdachtsbegründender Umstände [X.] unter Umständen aucherst bei späteren Darlehensverträgen [X.] das kriminelle Gesamtsystem [X.] erkannt hat. Wenn er dieses System erkannt habensollte, wird dann zu prüfen sein, ob er sich die Förderung eines erkennbartatgeneigten Täters hat angelegen sein lassen (vgl. BGHSt 46, 107; [X.] § 27 Abs. 1 [X.] 20; StGB § 266 Abs. 1 Beihilfe 3).[X.] Häger [X.]

Meta

5 StR 224/02

27.02.2003

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2003, Az. 5 StR 224/02 (REWIS RS 2003, 4166)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4166

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