Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2010, Az. 2 StR 77/10

2. Strafsenat | REWIS RS 2010, 7126

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 77/10 vom 28. April 2010 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 28. April 2010, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin am [X.] Prof. Dr. [X.], [X.]in am [X.] [X.]c, [X.] am [X.] Prof. [X.], [X.], Prof. Dr. [X.], Staatsanwältin als Vertreterin der [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - 1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 5. November 2009 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung (§ 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verur-teilt. Die auf den Strafausspruch beschränkte, auf die Sachrüge gestützte [X.] der Staatsanwaltschaft, die vom [X.] vertreten wird, hat Erfolg. 1 1. Nach den Feststellungen des [X.] lud der damals 30-jährige Angeklagte die am Tattag 14 Jahre alt gewordene Nebenklägerin und deren gleich alte Freundin, die er kurz zuvor auf der Straße angesprochen hatte, [X.] sie die Schule schwänzten, in seine Wohnung ein. Er bot den Mädchen dort zu Trinken an und unterhielt sich mit ihnen; dabei legte er auch einen Arm um die Schultern der Nebenklägerin und streichelte diese am Arm. Als ihre 2 - 4 - Freundin gegen 11.00 Uhr die Wohnung des Angeklagten verließ, blieb die Ne-benklägerin, die den Angeklagten freundlich und sympathisch fand, allein bei diesem zurück. [X.] später schob er sie - ohne dass sie zunächst spürbaren Wi-derstand leistete - in das Schlafzimmer, drückte sie auf das Bett und hielt sie dort gegen ihren ausdrücklichen Willen und gegen ihre Versuche aufzustehen fest, indem er sich auf sie legte und ihre Arme mit einer Hand festhielt. Er zog ihr Hose und Slip herunter und vollzog gegen die Bitte des Mädchens den Ge-schlechtsverkehr ohne Kondom, wobei es zur Ejakulation außerhalb der [X.] kam. 3 Hierbei war ihm der entgegenstehende Wille der Nebenklägerin bewusst; dass er auch erkannte oder in Kauf nahm, sie zu entjungfern, hat das [X.] hingegen nicht festgestellt. Die Nebenklägerin verspürte nach der Tat Schmerzen und blutete aus der Scheide. Nachdem beide die Wohnung verlas-sen hatten, gab der Angeklagte ihr fünf Euro mit der Aufforderung, sie solle sich ein Eis kaufen. 4 Die Nebenklägerin erstattete am Abend des [X.] Strafanzeige; sie litt in der Folgezeit unter Schlafstörungen und Angst und begab sich [X.] in psychotherapeutische Behandlung. 5 2. Die [X.] hat auf die zutreffend nach § 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB beurteilte Tat den Strafrahmen des § 177 Abs. 2 StGB angewandt, da hinreichende Gründe, die Regelwirkung der Vergewaltigung zu verneinen, nicht gegeben seien. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. 6 3. Gegen die Verhängung der Mindeststrafe von zwei Jahren wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft zu Recht. Der Tatrichter hat seiner 7 - 5 - Strafzumessung Erwägungen zugrunde gelegt, die nicht frei von [X.] und vom Revisionsgericht daher zu beanstanden sind. a) Die Erwägung, der Angeklagte sei als Ausländer mit "unzureichenden Sprachkenntnissen" besonders haftempfindlich, wird von den Feststellungen nicht getragen. Hiernach lebt der Angeklagte seit dem [X.] in [X.], geht seit mehreren Jahren einer regelmäßigen Arbeit nach und unterhielt sich vor der Tat mit den beiden Mädchen "unter anderem über die Arbeit des Angeklagten, die Schule und über Beziehungen" ([X.]). Er verfügt daher ersichtlich über Kenntnisse und Fähigkeiten, die ihm eine kommunikative Teil-nahme am Alltagsleben ermöglichen. Konkrete andere Anhaltspunkte, warum die Strafhaft für den Angeklagten besonders belastend sein sollte, ergeben sich aus den Urteilsgründen nicht. 8 b) Es kann dahinstehen, ob die weiteren von der Revision angeführten [X.] gegeben sind. Der [X.] muss insbesondere nicht entschei-den, ob der Tatrichter die Gewaltausübung durch den Angeklagten zutreffend als "gering" bewertet hat. Auch ob die Wertung des [X.] rechtsfehler-frei ist, das "Teilgeständnis" des Angeklagten sei strafmildernd zu berücksichti-gen, kann dahinstehen. Dagegen spräche zwar nicht der von der Revision her-vorgehobene Umstand, dass der Angeklagte die Ausführung des Geschlechts-verkehrs mit der Maßgabe eingeräumt hat, sie sei freiwillig erfolgt, dass er also "ein strafbares Verhalten" nicht gestanden habe, denn auch der Einräumung von Teilen der objektiven Tatbestandsverwirklichung kann der grundsätzlich zugunsten des Beschuldigten zu wertende Charakter eines Teilgeständnisses zukommen. Hier war aber andererseits zu berücksichtigen, dass der [X.] in seiner Einlassung über die Behauptung der Freiwilligkeit hinausgegangen ist und der Nebenklägerin wahrheitswidrig ein besonders aktives, tatursächli-ches Verhalten zugeschrieben hat. 9 - 6 - c) Der Strafausspruch erweist sich auch deshalb als rechtsfehlerhaft, weil es an einer hinreichenden abwägenden Begründung für die Verhängung der Mindeststrafe von zwei Jahren fehlt. Da sich die vom [X.] hervorgeho-benen Milderungsgründe teilweise als fehlerhaft, teilweise als jedenfalls [X.] erweisen, hätte es angesichts der durchaus gravierenden gegen den Angeklagten sprechenden Zumessungsumstände, namentlich der Ausnutzung des Vertrauens der gerade am Tattag dem Kindesalter entwachsenen, sehr kindlichen und ersichtlich selbstunsicheren Nebenklägerin sowie der [X.] Folgen der Tat für das Tatopfer, einer eingehenden Begründung dafür bedurft, warum hier die Verhängung der Mindeststrafe schuldangemessen sei. Hieran fehlt es; die zusammenfassende Würdigung beschränkt sich auf die Floskel, die Strafzumessungsgesichtspunkte seien abgewogen worden ([X.]). Das Beruhen des Strafausspruchs auf diesen [X.] kann nicht ausgeschlossen werden. 10 [X.] [X.] Fischer Appl [X.]

Meta

2 StR 77/10

28.04.2010

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2010, Az. 2 StR 77/10 (REWIS RS 2010, 7126)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7126

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