Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2011, Az. X ZR 104/07

X. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 10655

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[X.] DES VOLKES URTEIL [X.]/07Verkündet am: 11. Januar 2011 [X.] der [X.] - 2 - [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 11. Januar 2011 durch [X.], [X.], die Richterin Mühlens und die Richter [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Berufung gegen das Urteil des 3. Senats ([X.]) des [X.] vom 22. Februar 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: Die Beklagte ist Inhaberin des am 30. Dezember 1991 unter Inanspruch-nahme der Priorität der [X.] Patentanmeldung 906 469 vom [X.] 1990 angemeldeten und mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] erteilten [X.] Patents 565 541 (Streitpatents), das ein "diagnostisches Verfahren zum Nachweis des Zerreißens von fötalen Mem-branen und Testsatz zur Ausführung des Verfahrens" betrifft und 13 [X.] umfasst. Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 8 lauten in der [X.]: 1 "1. A diagnostic method for detecting the rupture of fetal mem-branes, [X.] in a vaginal secretion sample, characterized in that the protein to be detected is a insulin-like growth factor binding protein 1, [X.], the presence of [X.] resulting from the rupture of fetal membranes being detected in the sample with the aid of at least one specific binding substance of [X.] by adjusting the test conditions so that a positive result appears only, when the concentration of [X.] in the sample is above the threshold value of [X.] deriving from other sources than the presence of amniotic fluid. 8. A test kit for the diagnosis of the rupture of fetal membranes in [X.], characterized in that the kit contains at least one reagent containing a specific binding substance of a insulin-like growth factor binding protein 1, [X.], for detecting the presence of [X.], [X.] adapted for giving a positive signal only when the concentration of [X.] in a vaginal secretion sample is above the threshold value of [X.] deriving from other sources than the presence of amniotic fluid." - 4 - In der [X.] Übersetzung der Patentschrift lauten sie: 2 "1. Diagnostisches Nachweisverfahren für die Ruptur von fötalen Membranen, wobei das Verfahren auf der Bestimmung eines Proteins basiert, das in einer [X.] vorhanden ist, dadurch gekennzeichnet, dass das nachzuweisende Protein das den [X.] Wachstumsfaktor bindende Protein 1 ([X.]) ist, wobei das Vorhandensein von [X.] aus der Ruptur von fötalen Membranen resultiert, die in der Probe mit Hilfe von mindestens einer spezifisch [X.] bindenden Sub-stanz nachgewiesen wird, indem man die Testbedingungen so einstellt, dass ein positives Ergebnis nur dann erzielt wird, wenn die [X.]-Konzentration in der Probe über dem Schwellen-wert von [X.] liegt, das aus anderen Quellen als der [X.] stammt. 8. Diagnostischer Testkit für die Ruptur von fötalen Membranen gemäß dem Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekenn-zeichnet, dass der Kit mindestens ein Reagenz mit einer spezi-fisch bindenden Substanz für das den [X.] Wachs-tumsfaktor bindende Protein 1 ([X.]) enthält, zum Nach-weis der Anwesenheit von [X.], wobei dieser Kit angepasst wurde, um nur dann ein positives Signal zu erzeugen, wenn die [X.]-Konzentration in einer [X.] über einem Schwellenwert von [X.] liegt, das aus anderen Quellen als aus der Amnionflüssigkeit stammt." Die Klägerin, die im Lauf des Verfahrens ihre Firmenbezeichnung und ihre Rechtsform geändert hat, hat geltend gemacht, das Streitpatent offenbare die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fach[X.] sie ausführen könne, weiterhin, sein Gegenstand gehe über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus und es sei nicht patentfähig, weil sein Gegenstand gegenüber dem Stand der Technik jedenfalls nicht auf erfin-derischer Tätigkeit beruhe. Sie hat sich hierzu insbesondere auf die Veröffentli-chungen von Rutanen/[X.]/[X.], [X.] prote-in 12, Am. [X.]. [X.]. 144 (1982) 460-463 ([X.]), [X.]/[X.]/3 - 5 - White/[X.], [X.] [X.] Antibody Test for the Preterm Rupture of the Membranes, Obstetrics & [X.]ogy 69 (1987) 163-165 ([X.]), [X.]/[X.]/[X.], [X.]: Possible Application in the Diagnosis of Premature Rupture of the Membranes, [X.] 62 (1983), 414 ([X.]0) und [X.], Secretory endometrial and decidual pro-teins, [X.] (1986), 129-143 ([X.]2), sowie auf weitere [X.] bezogen. Das Patentgericht hat das Streitpatent mit Wirkung für die [X.] antragsgemäß in vollem Umfang für nichtig erklärt. 4 Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die das Klagepatent in seiner erteilten Fassung verteidigt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen. 5 Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr. B. , Leiter des

[X.], [X.], ein [X.] ches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Klägerin hat sachverständige Stellungnahmen von [X.]. Dr. [X.], [X.], die Beklagte eine Stellungnahme von Prof. Dr. H. , B. , eingereicht. 6 Entscheidungsgründe: Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. 7 - 6 - [X.] Das Streitpatent betrifft nach seinem Patentanspruch 1 ein [X.] Nachweisverfahren für den Blasensprung (in der [X.] Über-setzung in Anlehnung an den englischsprachigen Begriff der [premature] [X.] [[X.]] als Ruptur fötaler Membranen bezeichnet), wo-bei das Verfahren auf der Bestimmung eines bestimmten Proteins ([X.]) basiert, das im [X.] vorhanden ist. Bei vorzeitigem Reißen der Fruchtblase ist die Diagnose von hoher Bedeutung, weil mit ihm ein signifikant erhöhtes Risiko einer intrauterinen Infektion einhergeht. Dieses Risiko ist umso größer, je mehr Zeit zwischen dem Blasensprung und der Geburt verstreicht (Beschreibung [X.] 3 bis 12). Die Beschreibung des Streitpatents gibt weiter an, dass verschiedene nicht zufriedenstellende Verfahren zum Nachweis von Amnionflüssigkeit (Fruchtwasser) in der Vagina entwickelt und angewendet worden seien. 8 Durch das Streitpatent soll eine weitere Methode zur Feststellung des [X.] zur Verfügung gestellt werden, die schnell, einfach und zuverlässig durchgeführt werden kann und Schwierigkeiten, die sich bei anderen Tests er-geben, nicht aufweist (vgl. Beschreibung [X.] 40 bis 44). 9 Hierzu stellt Patentanspruch 1 des Streitpatents ein Verfahren unter Schutz, 10 (1) bei dem das (infolge des Blasensprungs) in einer Vaginalsek-retprobe vorhandene Protein [X.] bestimmt wird, (2) wobei die Bestimmung erfolgt (2.1) in der Probe - 7 - (2.2) mittels einer für [X.] spezifischen Bindungssubstanz (2.3) unter derart eingestellten Testbedingungen, dass sich ein positives Ergebnis nur dann ergibt, wenn die Konzentration von [X.] in der Probe über einem Schwellenwert von [X.] aus anderen Quellen als der Amnionflüssigkeit liegt. Die Beschreibung des Streitpatents führt hierzu aus, es seien zwar [X.] zur Bestimmung der [X.]-Konzentration und [X.] gegen dieses Protein entwickelt worden, die Untersuchungen hätten [X.] nicht zu klinischen Anwendungen geführt. Auch gebe es keinen Vergleich zwischen den Konzentrationen von [X.] in Amnionflüssigkeit und in ande-ren in der Vagina vorhandenen Sekreten. Eine Untersuchung habe ergeben, dass die Konzentration von [X.] in der Amnionflüssigkeit in allen Fällen mehr als hundertfach höher sei als im mütterlichen Serum. Es handle sich um den größten Unterschied zwischen einem Protein im Blut und in der [X.], der der Erfinderin bekannt sei. Aus diesem Grund eigne sich [X.] ausgezeichnet zum Nachweis der Anwesenheit von Amnionflüssigkeit auch dann, wenn diese mit Blut vermischt sei (Beschreibung [X.] 34 bis [X.]). 11 [X.] kann mit unterschiedlichen biochemischen Verfahren geführt werden, insbesondere immunologisch mit bestimmten Binde-proteinen wie monoklonalen Antikörpern; dies ist Gegenstand der [X.] 2 und 3. Die Beschreibung des Streitpatents führt weiter aus, die Nach-weisgrenze könne auf einen geeigneten Wert eingestellt werden, so dass eine niedrige [X.]-Konzentration, die bereits durch Blut oder ein anderes Sekret in der Probe hervorgerufen werde, kein als positiv zu interpretierendes Signal 12 - 8 - ergebe (Beschreibung [X.] bis [X.]). Die Anzeige des [X.] kann durch eine radioaktive Markierung erfolgen, bei der die Antikörper ei-nen Isotopenmarker tragen (Beschreibung [X.] 34 bis 39); Patentanspruch 1 überlässt es jedoch dem Fach[X.], das Testergebnis in geeigneter Weise er-kennbar zu machen. I[X.] Einige Begriffe bedürfen dabei der näheren Erläuterung. 13 [X.] bezeichnet das Protein "Insulin-like Growth Factor Binding Prote-in 1" (das [X.] Wachstumsfaktor bindende Protein), das in der Lite-ratur auch als 1-PEG bezeichnet wird, insbesondere im Serum schwangerer Frauen nachweisbar ist und in Amnionflüssigkeit hundert- bis tausendfach ver-mehrt gegenüber mütterlichem Serum vorkommt. Es handelt sich dabei um ein Protein der Uterusschleimhaut. 14 Amnionflüssigkeit (amniotic fluid) ist das Fruchtwasser, eine in der Frucht-blase gebildete klare, wässrige Körperflüssigkeit. 15 Die vorzeitige Ruptur von fötalen Membranen ([X.]) ist die spontane Ruptur der Membran mindestens 24 Stunden vor dem Einsetzen von Wehen zum errechneten Termin oder bei einer Fehlgeburt (Blasensprung). Sie tritt bei etwa 5 bis 10 % der Geburten auf und ist die Ursache von etwa 10 % perinata-ler Todesfälle. Etwa 30 bis 50 % der vorzeitigen [X.] treten ein, wenn die [X.] weniger als 37 Wochen beträgt und das [X.] der Schwangerschaft somit noch nicht termingerecht ist. 16 II[X.] Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt, weil es dessen Gegenstand nicht als patentfähig angesehen hat. Es werde dem [X.] - 9 - [X.], einem mit der Entwicklung von diagnostischen Tests befassten und ver-trauten Biochemiker, Chemiker oder Mediziner mit Ausbildungsschwerpunkt in klinischer Chemie, jedenfalls durch die Entgegenhaltung [X.] nahegelegt, wobei es sich von der Lehre der [X.] in der Wahl von [X.] als dem in einer Probe von [X.] anstelle von -Fetoprotein ([X.]) zu bestimmenden Protein unterscheide. Darin sei indessen kein erfinderisches Zutun zu erkennen, weil dem Fach[X.] bereits vor dem [X.] aus der [X.] bekannt gewesen war, dass [X.] in sehr viel höherer Konzentration in Amnionflüssigkeit als in an-deren Körperflüssigkeiten vorkomme. Der Fach[X.] werde bei der Suche nach einer Substanz, deren Bestimmung in Amnionflüssigkeit eine rasche und siche-re Diagnose eines vorzeitigen Blasensprungs zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Schwangerschaft ermöglichen könne, auf die [X.] stoßen. Eine besondere Anregung zur Verwendung von [X.] als diagnostischem [X.] zur Fest-stellung eines vorzeitigen Blasensprungs ergebe sich für den Fach[X.] aus der [X.] bereits unmittelbar wegen der gegenüber Serum drastisch erhöhten Konzentration von [X.] in Amnionflüssigkeit und weiterhin dadurch, dass in dieser Veröffentlichung auf die besondere Eignung der Messwerte dieser [X.] Verlauf der Schwangerschaft, der, wie ihm bekannt sei, in den meisten Fällen mit einer vorzeitigen Ruptur fötaler Membranen einhergehe, ausdrücklich hingewiesen werde ([X.] S. 460; Zusammenfassung letzter Satz). Seinen Blick werde der Fach[X.] aber auch schon deshalb nicht von [X.] als [X.]substanz abwenden können, weil die Empfindlichkeit und damit die Störanfälligkeit eines entsprechenden Tests beispielsweise durch die [X.] in [X.] gerade wegen der gegenüber anderen Körper-flüssigkeiten wie Blut etwa hundert- bis tausendfach höheren Konzentration in Amnionflüssigkeit und der damit einhergehenden hohen Verdünnbarkeit deut-lich geringer sei. - 10 - IV. Dies hält der Überprüfung stand. Der Gegenstand des [X.] des Streitpatents ergab sich für den Fach[X.] am [X.] in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik (Art. 54 EPÜ). Dies füllt den [X.] des Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.], Art. 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ aus. 18 Die Parteien stimmen darin überein und auch der gerichtliche Sachver-ständige sieht dies nicht anders, dass die Leistung, die der vom Patentgericht zutreffend bestimmte Fach[X.] vollbringen musste, sowohl hinsichtlich des Verfahrensanspruchs als auch hinsichtlich des Sachanspruchs allein darin liegt, -Fetoprotein ([X.]), wie es bei dem Testverfahren nach der [X.] verwendet wird, durch [X.] als weitere in der Amnionflüssigkeit vorhandene und damit bei einem vorzeitigen Blasensprung mittels eines [X.]s nachweisba-re Bindungssubstanz ([X.]) zu ersetzen. Dies war dem Fach[X.] indessen durch den Stand der Technik nahegelegt. 19 Mit dem [X.]-Test stand bereits ein Test zur Verfügung, der nach Art ei-nes Schnelltests eingesetzt werden konnte. Die [X.] beschreibt einen Schnelltest ("a rapid monoclonal antibody test"), bei dem ein steriles Wattestäbchen in das hintere Scheidengewölbe geführt, dann in die Lösung eines konjugierten, [X.]-spezifischen monoklonalen Maus-Immunoglobulins eingeführt, anschließend entfernt und gewaschen, für zehn Minuten in einer Substratlösung platziert und nach erneutem Waschen auf eine Blaufärbung abgelesen wird. Weitere [X.] sind dabei nicht erforderlich. 20 Ob der Stand der Technik hierbei eine Anregung zu Änderungen bot, hängt nicht notwendigerweise davon ab, ob der [X.]-Test Schwächen oder 21 - 11 - Nachteile aufwies, die es sinnvoll oder gar geboten erscheinen ließen, sich [X.] über einen anderen [X.] zu machen. Jedoch werden vom Fach[X.] umso stärkere Bemühungen um Alternativen erwarten sein, desto größer die Defizite der im Stand der Technik bekannten Lösungen sind und desto eher er erwarten kann, diese Defizite durch bestimmte Maßnahmen zu beseitigen oder zumindest zu verringern. Insoweit erschien der [X.]-Test noch nicht als optimale Lösung. [X.] bestätigt dies selbst in seinem Leserbrief an die Herausgeber des British Journal of Obstetrics and [X.]ogy (ebd. 1985, 427, E27). Auch die [X.] bringt dies zum Ausdruck. Die [X.] wird beschränkt auf Patientinnen in der 36. oder einer früheren Schwangerschaftswoche. Es wird bemerkt, dass weitere Variablen praktisch keinen verfälschenden Einfluss ausübten - erwartungsgemäß mit Ausnahme von Blut. Zur Überwindung dieser Schwie-rigkeit wird eine Referenzmessung in Gestalt eines gleichzeitigen Tests von peripherem Blut angeboten. Im Übrigen wird der Test auf einen etwas höheren Schwellenwert eingestellt, um falsch-positive Ergebnisse bei leichter Blutverun-reinigung auszuschließen. Dabei wird in Kauf genommen, dass sich der Test bei späterem Gestationsalter nicht mehr eignet oder jedenfalls nicht mehr hin-reichend zuverlässig ist. [X.] hat der gerichtliche Sachverständige in der erforderlichen Referenzmessung, die bedeute, dass es für den [X.]-Test keinen absoluten Schwellenwert geben könne, einen Nachteil dieses Tests ge-sehen; dies wird aus klinischer Sicht durch die Stellungnahme des Parteigut-achters Dr. [X.] unterstrichen. Der Fach[X.] hatte somit Anlass, sich Gedanken über einen weiteren, zudem möglicherweise überlegenen oder auch nur bei fortgeschrittenem Gestationsalter besser geeigneten Test zu machen. 22 - 12 - Wenn der [X.]-Test insbesondere in der Verfälschung des Ergebnisses durch Blutbestandteile des [X.]s unzureichend war, musste die [X.] Frage für den Fach[X.] dahin gehen, ob ein anderer [X.] gegenüber Blutverunreinigungen der Probe weniger empfindlich ist (ohne deswegen not-wendigerweise auch im Ergebnis der bessere [X.] zu sein). 23 Schon diese Überlegung spricht gegen das Vorbringen der Beklagten, der Fach[X.] hätte, wenn er über eine Alternative zum [X.]-Test nachgedacht hätte, nach einem anderen fötalen Antigen gesucht, d.h. nach einem solchen, das aus dem Fötus oder der Plazenta stammt und nicht oder nicht in signifikan-ten Mengen im Serum, Plasma oder Harn der Mutter vorhanden ist, aber keinen Anlass gehabt, ein maternales Antigen in Erwägung zu ziehen, wie es das vor-wiegend im Endometrium (Gebärmutterschleimhaut) exprimierte [X.] dar-stellt. Zwar mag eine bessere Unterscheidbarkeit gegenüber anderen Proben-bestandteilen grundsätzlich eher von einer fötalen als von einer maternalen Bindungssubstanz zu erwarten gewesen sein, obwohl auch Proteine fötalen Ursprungs in maternales Gewebe und Körperflüssigkeiten wandern können (wie das [X.] beim [X.]-Test zeigt). Wenn aber die Unterscheidbarkeit ge-genüber Blut zunächst im Vordergrund des Interesses stand, gab es keinen Grund, warum nicht auch ein in der Amnionflüssigkeit in signifikanter Menge zur Verfügung stehender maternaler [X.] in Betracht gezogen werden sollte. Zudem stellt auch das Antigen Prolaktin, das bereits als [X.] vorgeschlagen worden war und von [X.] et al. (in [X.] prolactin: a reliable marker for the diagnosis of prematurely ruptured membranes, European Journal of Obstetrics & [X.]ogy and Reproductive Biology 1989, 133, [X.]8) [X.] vor-gezogen wird, in diesem Sinn ein maternales Antigen dar, da es überwiegend von der [X.] und der [X.] produziert wird, wie die Klägerin unwider-sprochen vorgetragen hat. Mit der Klägerin ist daher davon auszugehen, dass 24 - 13 - die Klassifikation als maternales oder als fötales Antigen aus fachmännischer Sicht keinen Grund darstellte, bestimmte [X.] von vorneherein auszuschlie-ßen. Damit musste sich die Aufmerksamkeit des Fach[X.]s jedenfalls auch dem [X.]-Protein zuwenden. Denn er konnte der [X.] entnehmen, dass die-ses - dort als Plazentaprotein 12 ([X.]) bezeichnete - Protein im Fruchtwasser mit einem Spiegel vorlag, der hundert- bis tausendfach höher war als im mater-nalen Serum. Die in Figur 2 und in Tabelle I wiedergegebenen Werte für die [X.] bis 40 weisen zwar gewisse Schwankungen auf, die höchste Konzentration im Serum liegt jedoch bei 169 ± 126 ng/ml (Mittelwert ± Standardabweichung) in der 22. und 23. Woche, während die niedrigste Kon-zentration in Amnionflüssigkeit bei 13.178 ± 3.587 ng/ml in der 36. Woche lag. [X.] war damit ein plausibler Kandidat für weitere Untersuchungen, da von diesem Protein mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, dass sein Nachweis durch Blutbestandteile in der Probe nicht in relevanter Weise gestört werde. 25 Bezüglich weiterer Störfaktoren erlaubte die [X.] keine sicheren Schlüsse. Immerhin enthält sie aber den Hinweis, immunohistochemische Studien zeig-ten, dass [X.] im Synzitiotrophoblasten und in [X.] des Chorions (der äußeren Fruchthülle), des Amnions und der [X.] (der [X.]) sowie in Zellen des intervillösen Raums (zwischen den Zotten der Plazenta) und fötaler Kapillaren vorkomme. Es wird ferner angege-ben, dass [X.]-ähnliche Immunreaktivität auch bei 24 von 34 anscheinend ge-sunden Männern und bei allen nicht-schwangeren Frauen einer Vergleichs-gruppe festgestellt worden sei, wobei die Konzentration, soweit nachweisbar, bei 8 bis 21 ng/ml bei Männern und bei 9 bis 47 ng/ml bei Frauen gelegen habe. 26 - 14 - Dies ergab zumindest keine Anhaltspunkte dafür, dass andere Bestandteile des [X.]s als Störfaktoren in Betracht kamen. Entgegen der Auffassung der Beklagten bewegte sich das Denken des Fach[X.]s nicht auf der Linie, lediglich die Verwendung bereits [X.] und erprobter [X.] (wie [X.] oder das aus der [X.]8 bekannte Prolaktin) zu optimieren. Die Beklagte kann sich dabei nicht darauf berufen, dass die Schwierigkeiten, die bei den Verfahren nach dem Stand der Technik bestanden, bereits vollständig beseitigt gewesen wären. Das gilt insbesondere für den Test nach der [X.]8, der anders als der [X.]-Test nach der [X.] nicht als Schnelltest durchgeführt werden konnte, sondern einen erheblich höheren apparativen Aufwand erforderte (Zentrifugieren bei 0°C und Vergleich mit [X.]). Der Austausch des [X.]s stellt sich damit gegen-über der [X.]8 nicht als Rückschritt, sondern im Gegenteil als Bewahren der bei der [X.] bereits erreichten Stufe des Schnelltests dar, die die [X.]8 verlassen [X.]. 27 Danach kommt es nicht mehr darauf an, ob der Fach[X.] außerdem durch die [X.]2 einen direkten Hinweis erhielt, dass [X.] für die Diagnose eines vorzeitigen Blasensprungs von Bedeutung sein könne. 28 Soweit sich, worauf die Beklagte hinweist, aus der veröffentlichten europä-ischen Patentanmeldung 316 919 (berichtigte [X.] Übersetzung der [X.] Patentschrift als [X.]1 vorgelegt) Vorbehalte gegen die Verwen-dung eines maternalen Antigens ergeben konnten, ist nicht ersichtlich, dass sich diese zu einer eingefahrenen Fehlvorstellung verdichtet hätten, die den Fach[X.] davon abgehalten hätten, sich mit [X.] als [X.] zu beschäfti-gen (vgl. Senat, Urteil vom 12. Mai 1998 - [X.], [X.], 145, 148 29 - 15 - - Stoßwellen-Lithotripter; Urteil vom 25. Februar 2010 - [X.] Rn. 86; Urteil vom 13. April 2010 - [X.] Rn. 36). Dies geht zu Lasten der Beklag-ten (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl. Rn. 58; Busse/[X.], [X.], 6. Aufl. Rn. 191, jeweils zu § 4 [X.]; [X.], [X.], 4. Aufl. Rn. 222). Dass die Bestimmung patentgemäß in der Probe (Merkmal 2.1) erfolgt, stellt eine Verfahrensführung dar, die sich bei einem Schnelltest in Verbindung mit der Vorgabe eines Schwellwerts geradezu aufdrängte, da, wie auch der ge-richtliche Sachverständige angegeben hat, hier aufwändige Referenzmessun-gen nach Möglichkeit zu vermeiden sind. 30 V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO. 31 Meier-Beck [X.] Mühlens

[X.] Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom [X.] - 3 Ni 44/05 ([X.]) -

Meta

X ZR 104/07

11.01.2011

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2011, Az. X ZR 104/07 (REWIS RS 2011, 10655)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10655

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