Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.04.2019, Az. 1 StR 37/19

1. Strafsenat | REWIS RS 2019, 7804

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Gegenstand

Zueignungsabsicht bei Raub mit Ziel einer Inhaftierung


Tenor

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 31. Oktober 2018 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagte wegen „schweren Raubes“ (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete und auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten hat Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

2

1. Das [X.] hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

3

Die Angeklagte war am 12. Mai 2018 aus der Haft entlassen worden. Da sie mit dem Leben in Freiheit nicht zurecht kam und das ihr zur Verfügung stehende Übergangsgeld bereits verbraucht hatte, entschloss sie sich, mit einem - zum Zwecke der Selbstverteidigung angeschafften - Pfefferspray einen Raub zu begehen. Durch die Straftat wollte sie wieder in das „geregelte Leben der Justizvollzugsanstalt“ und zu ihrer dort nach wie vor inhaftierten Ehefrau gelangen.

4

Vor diesem Hintergrund hielt die Angeklagte am 15. Mai 2018 in der [X.] von [X.] gezielt nach einem möglichen Opfer Ausschau. Am Bahnhof erblickte sie die Geschädigte, die ein Mobiltelefon vom Typ [X.] in der Hand hielt, und entschloss sich, ihren Plan umzusetzen. Die Angeklagte ging auf die Geschädigte zu und sprühte ihr Pfefferspray ins Gesicht, um das Mobiltelefon an sich zu nehmen und es „ohne Berechtigung für sich behalten zu können“. Aufgrund der Beeinträchtigung durch das Pfefferspray und aus Angst vor weiteren Angriffen ließ die Geschädigte das Mobiltelefon nach kurzer [X.] los, so dass die Angeklagte das Gerät an sich nehmen konnte. Die Angeklagte flüchtete schnellen Schrittes einige Meter, wurde dann aber von einem Zeugen angehalten und schließlich von der Polizei festgenommen. Das entwendete Mobiltelefon wurde bei der Durchsuchung der Angeklagten in deren Hosentasche sichergestellt.

5

2. Die Annahme der Strafkammer, die Angeklagte habe zur [X.] der Wegnahme mit [X.] gehandelt, ist nicht tragfähig belegt. Sie steht im Widerspruch zu der Feststellung, die Angeklagte habe den Überfall begangen, um wieder inhaftiert zu werden.

6

Das [X.] ist gestützt auf die geständige Einlassung der Angeklagten und Angaben von Zeugen zu der Flucht der Angeklagten bis zu deren Festnahme davon ausgegangen, der Angeklagten sei es darum gegangen, festgenommen und wieder in die Justizvollzugsanstalt verbracht zu werden. Eine [X.] scheidet aber aus, wenn der Täter die fremde bewegliche Sache nur wegnimmt, um sodann gestellt zu werden und die Sache sogleich wieder an den Eigentümer zurückgelangen zu lassen (vgl. [X.], Urteile vom 1. März 2012 - 3 [X.] Rn. 13 und vom 25. Oktober 1968 - 4 StR 398/68, [X.] 1969, 306 f.). An der [X.] im [X.]punkt der Wegnahme würde es daher fehlen, wenn die Angeklagte davon ausging, dass das Mobiltelefon infolge ihrer Ergreifung in der Folgezeit wieder an die Geschädigte zurückgelangen würde. Jedenfalls läge die erforderliche Aneignungsabsicht nicht vor, wenn die Angeklagte lediglich erwogen haben sollte, das Mobiltelefon für sich zu behalten oder zu verwerten, falls sie am [X.] nicht festgenommen wird. Dass die Aneignung vom Täter nur als mögliche Folge seines Verhaltens in Kauf genommen wird, reicht nicht aus. Vielmehr muss er sie für sich oder einen [X.] mit unbedingtem Willen erstreben (vgl. [X.], Beschluss vom 22. März 2012 - 4 StR 541/11 Rn. 13 mwN). Bei dieser Sachlage käme die Annahme einer [X.] im [X.]punkt der Wegnahme nur dann in Betracht, wenn die Festnahme lediglich ein (nachrangiges) Fernziel der Angeklagten gewesen wäre.

7

3. Der Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen.

Raum     

        

Jäger     

        

Hohoff

        

Leplow     

        

Pernice     

        

Meta

1 StR 37/19

26.04.2019

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Augsburg, 31. Oktober 2018, Az: 308 Js 116976/18 - 3 KLs

§ 249 Abs 1 StGB, § 250 Abs 2 Nr 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.04.2019, Az. 1 StR 37/19 (REWIS RS 2019, 7804)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 7804

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Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 487/22

Zitiert

3 StR 434/11

4 StR 541/11

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