Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2005, Az. I ZR 146/02

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 5274

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 27. Januar 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja
Sammelmitgliedschaft III
UWG § 8 Abs. 3 Nr. 2 (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 a.F.)

Bei der Beurteilung, ob ein Verband i.S. des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt ist, können als ihm angehörig auch solche Unternehmer zu berücksichtigen sein, die ihm nur mittelbar als Mitglieder eines ihm beigetretenen anderen [X.] angehören. Dieser andere Verband muß nicht von seinen Mitgliedern ausdrücklich ermächtigt worden sein, dem Verband, dessen Klagebefugnis in Rede steht, eine Kompetenz zum Verfolgen von [X.]verstößen zu übertragen. Es genügt, daß er mit der Wahrnehmung der gewerblichen Interes-sen seiner Mitglieder beauftragt worden ist und seinerseits den Verband, des-sen Klagebefugnis in Rede steht, durch seinen Beitritt mit der Wahrnehmung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder beauftragen durfte.

[X.], Urt. v. 27. Januar 2005 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 27. Januar 2005 durch [X.] [X.], Prof. [X.], [X.], [X.] und Dr. Schaffert für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 16. Mai 2002 wird auf Ko-sten der [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte vertreibt in [X.]Geräte [X.]. Sie führt daneben in ihrem Sortiment auch elektrische Haushaltsgeräte, Fotoapparate, EDV-Ausstat[X.]en und Uhren. In einer Zei[X.]sbeilage warb sie am 19. Juni 2000 für ein Fernsehgerät zum Preis von 977 DM mit dem Hin-weis: "unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers [X.] [X.] DM 522.-". Die tatsächliche Preisempfehlung für dieses Gerät lag zur damaligen [X.] bei 1.399 DM. - 3 - Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung den Zweck verfolgt, unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen. Er beruft sich zur [X.] darauf, daß ihm aufgrund der Mitgliedschaft verschiedener Verbände mittelbar, d.h. im Wege der vermittelten Sammelmit-gliedschaft, Unternehmer angehörten, die zwar keine Fernsehgeräte, wohl aber Küchenausstat[X.]en, Fotoapparate, Uhren sowie [X.] vertreiben. Darüber hinaus gehört dem Kläger der B. Mittelstandskreis

GmbH (im weiteren: B. Mittelstandskreis) an, bei dem in der Region [X.]tätige Elektrofachbetriebe Mitglied sind. Der Kläger hat die Werbung der [X.] vom 19. Juni 2000 als irrefüh-rend beanstandet. Nach erfolgloser Abmahnung hat er Klage erhoben und [X.], die Beklagte zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu [X.]-zwecken Waren unter Hinweis auf die "unverbindliche Preisemp-fehlung des Herstellers" zu bewerben, wenn der dem eigenen Preis als unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers ge-genübergestellte Preis nicht den Tatsachen entspricht, weil der empfohlene Preis niedriger ist, 2. an den Kläger 290 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist der Klage mit der Begründung entgegengetreten, dem Kläger fehle die Klagebefugnis.
Die Klage hatte vor dem [X.] wie auch vor dem [X.] ([X.] 2003, 78).
Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurück-weisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageab-weisung weiter. - 4 -

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat den Kläger als klagebefugt angesehen. In der Sache hat es die durch das [X.] vorgenommene und von der [X.] mit der Berufung nicht angegriffene Bewer[X.] der streitgegenständli-chen Werbung als irreführend bestätigt und den Anspruch auf Zahlung der [X.] als begründet erachtet. Die Bejahung der Verbandsklagebefugnis hat es wie folgt begründet: Der Kläger trete in wettbewerbsrechtlichen Verfahren seit vielen Jahren als ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen auf, zu dessen Satzungszweck auch die Bekämpfung des unlauteren [X.] gehöre. Er habe dabei unter Beweis gestellt, daß er über einen ausreichenden [X.] verfüge und in personeller, sachlicher und finanzieller Hin-sicht in der Lage sei, die Interessen seiner Mitglieder wahrzunehmen. Der Streitfall gebe keinen Anlaß zu einer anderen Beurteilung.
Der Kläger verfüge über eine für seine Klagebefugnis ausreichende Zahl branchenangehöriger Mitglieder. Ihm gehörten über die [X.] vermittelte [X.], über die V.

GmbH & Co. KG und den [X.]- [X.]

mbH u. Co. KG vermittelte [X.], über die Kooperation "[X.]" vermittelte [X.] sowie die über den B.
- Europaverband der S. , [X.] vermittelten Mitglieder an, die zwar keine Wettbewerber der [X.] hinsichtlich des beworbenen Fernseh-geräts, wohl aber bei Fotoapparaten, Küchengeräten, EDV-Ausstat[X.]en und - 5 - Uhren seien. Die in der [X.] eG zusammengeschlossenen Elektrofachge- schäfte seien ebenfalls zu berücksichtigen. Der Umstand, daß die [X.] eG dem Kläger untersagt habe, bei der Verfolgung von [X.]verstößen ihre Interessen und die ihrer Mitglieder wahrzunehmen, habe nur für das Innenver-hältnis Bedeu[X.].
Es komme hinzu, daß der B. Mittelstandskreis Mitglied des [X.] sei und diesem dadurch die Mitgliedschaft von 28 Unternehmern vermittle, die bei [X.] unmittelbare Wettbewerber der [X.] seien. Es komme nicht darauf an, ob sich der B. Mittelstandskreis ebenfalls die Bekämpfung unlauteren [X.] zum Ziel gesetzt habe. Dieser müsse nicht selbst kla-gebefugt sein. Es genüge, daß die in ihm zusammengeschlossenen [X.] ihn durch ihre Beitrittserklärung mit der Wahrnehmung ihrer gewerb-lichen Interessen beauftragt hätten.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision ist unbegründet.
1. Die bis zum Inkrafttreten des [X.] den unlauteren Wett-bewerb vom 3. Juli 2004 in § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. und seither in § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG enthaltene Regelung der Voraussetzungen, unter denen Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen wettbewerbsrechtliche Unter-lassungsansprüche geltend machen können, betrifft sowohl die prozessuale Klagebefugnis als auch die sachlich-rechtliche Anspruchsberechtigung. Dies hat der Senat zu § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. in ständiger Rechtsprechung an-genommen (vgl. [X.] 133, 316, 319 - Altunterwerfung I; [X.], Urt. [X.], [X.], 953, 954 = [X.], 743 - Altunterwerfung III; vgl. weiter [X.].UWG/[X.] § 13 [X.]. 15; [X.], [X.]-rechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., [X.]. 13 [X.]. 16 und 25; a.[X.], [X.], 2457, 2462). An dieser Auffassung ist auch unter der Gel-- 6 - [X.] des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG festzuhalten (vgl. dazu - mit Hinweisen auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes - Fezer/Büscher, UWG, § 8 [X.]. 195; [X.], UWG, § 8 [X.]. 261; vgl. weiter [X.]/[X.], Der [X.]prozeß, 5. Aufl., [X.]. 18 [X.]. 4; a.[X.]/[X.]/Köh-ler, [X.]recht, 23. Aufl., § 8 UWG [X.]. 3.10 f.). Dementsprechend muß die Verbandsklagebefugnis nicht nur im [X.]punkt der beanstandeten [X.]handlung gegeben gewesen sein (vgl. [X.] GRUR 1991, 692, 693; [X.]/[X.]/[X.] aaO § 8 UWG [X.]. 3.7), sondern auch noch im Revisionsverfahren bestehen (vgl. zu § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.: [X.], Urt. v. 14.12.2000 - I ZR 181/99, [X.], 846, 847 = WRP 2001, 926 - [X.], m.w.N.; zu § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG: Fezer/Büscher aaO § 8 [X.]. 214; [X.] aaO § 8 [X.]. 262; [X.]/[X.] aaO [X.]. 18 [X.]. 4).
2. Die Klagebefugnis eines Verbands nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.) setzt voraus, daß der Verband die Interessen einer [X.] Zahl von Unternehmern wahrnimmt, die auf demselben Markt tätig sind wie der Wettbewerber, gegen den sich der Anspruch richten soll. Als Un-ternehmer, deren Interessen von dem Verband wahrgenommen werden, [X.] auch solche Unternehmer zu berücksichtigen sein, die Mitglied in einem Verband sind, der seinerseits Mitglied des klagenden Verbands ist ([X.], Urt. v. 20.5.1999 - I ZR 66/97, [X.], 1116, 1118 = [X.], 1163 - Wir [X.] nicht feiern; Urt. v. 16.1.2003 - [X.], [X.], 454, 455 = [X.], 514 - Sammelmitgliedschaft I; Urt. v. 11.11.2004 - I ZR 72/02, [X.], 742, 743 - Sammelmitgliedschaft II).
3. Die Prozeßführungsbefugnis des [X.] für den geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch ergibt sich unter den vom [X.] 7 - rufungsgericht festgestellten Umständen bereits daraus, daß der B. Mit-telstandskreis Mitglied des [X.] ist.
a) [X.] ist auch dann, wenn er nicht eine Gesell- schaft mit beschränkter Haf[X.], sondern nur eine Gesellschaft des bürgerli-chen Rechts sein sollte, rechts- und parteifähig (vgl. [X.] 146, 341, 347; 151, 204, 206; 154, 88, 94); auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann [X.] eines Vereins sein (vgl. [X.] 116, 86; 146, 341).
b) Unerheblich ist, ob der B. Mittelstandskreis als ein Verband, der dem Kläger Wettbewerber der [X.] als (mittelbare) Mitglieder vermittelt, selbst nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.) klagebefugt ist. Entgegen der Ansicht der Revision ist es auch nicht erforderlich, daß sich der B. Mittelstandskreis von seinen Mitgliedern ausdrücklich hat ermächtigen lassen, dem Kläger eine Kompetenz zum Verfolgen von [X.]verstößen zu übertragen (vgl. [X.] [X.], 1116, 1118 - Wir dürfen nicht feiern; [X.] [X.], 454, 455 - Sammelmitgliedschaft I; [X.]/[X.][X.] aaO § 8 UWG [X.]. 3.43; [X.] aaO § 8 [X.]. 284). Es genügt, daß er mit der Wahrnehmung der gewerblichen Interes-sen seiner Mitglieder beauftragt worden ist und seinerseits den Kläger durch seinen Beitritt mit der Wahrnehmung der gewerblichen Interessen seiner [X.]er beauftragen durfte (vgl. dazu [X.] [X.], 454, 455 - [X.]; vgl. auch [X.]/[X.]/[X.] aaO § 8 UWG [X.]. 3.43).
c) Entgegen der Ansicht der Revision kommt es für die Verbandsklage-befugnis des [X.] auch nicht darauf an, ob der B. Mittelstandskreis ihn ausdrücklich mit der Verfolgung von [X.]verstößen beauftragt hat. Ob ein Verband i.S. von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.) der Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen dient, ist al-- 8 - lein anhand seiner Zielsetzung, d.h. seiner Satzung und seiner tatsächlichen Betätigung, zu ermitteln. Nicht erforderlich ist es, daß seine unmittelbaren [X.]er ihn jeweils noch ausdrücklich zur Verfolgung von [X.]verstö-ßen ermächtigt haben. d) Nach den getroffenen Feststellungen kann weiterhin nicht angenom-men werden, daß die Mitgliedschaft des B. [X.] nicht dazu dienen sollte, gemeinsame Interessen am Schutz des lauteren [X.] zu bündeln, sondern künstlich die Voraussetzungen für die Verbandsklagebefugnis des [X.] nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zu schaffen (vgl. [X.] [X.], 454, 455 - Sammelmitgliedschaft I, m.w.N.). Dem [X.], daß der Kläger die Höhe der Jahresbeiträge für Sammelmitglieder nicht offenlegt, kann - entgegen der Ansicht der Revision - nichts anderes entnom-men werden. Es ist durchaus möglich und nicht ohne weiteres bedenklich, daß ein Verband die Verfolgung von [X.]verstößen in erheblichem Umfang anders als durch kostendeckende Mitgliederbeiträge finanziert, etwa durch [X.], Vertragsstrafen oder Zusagen im Einzelfall, die Prozeßkosten zu übernehmen (vgl. [X.] [X.], 1116, 1117 f. - Wir dürfen nicht feiern, m.w.N.). Da es somit auch dann, wenn keine kostendeckenden [X.] erhoben werden, unbedenkliche Finanzierungsmöglichkeiten für einen [X.] von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.) gibt, kann von ihm nicht ohne näher dargelegten Anlaß verlangt werden, zum Nachweis seiner Prozeßführungsbefugnis seine Finanzierungsstruktur offenzulegen. Der Umstand, daß ein einzelner Mitgliedsverband des [X.] diesem im Jahr 1994 offenbar nur 2.000 DM als Mitgliedsbeitrag gezahlt hat, reicht dafür nicht aus.
4. Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG (§ 3 UWG a.F.) sind gegeben. Das Berufungsgericht hat [X.] angenommen, daß die angegriffene Werbung mit einer falsch [X.] - benen unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers irreführend war und eine Werbung dieser Art geeignet ist, den Wettbewerb auf dem betroffenen Markt wesentlich zu beeinträchtigen. Dies zieht auch die Revision nicht in [X.].
II[X.] Danach war die Revision der [X.] mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

[X.] Bornkamm [X.]

Büscher Schaffert

Meta

I ZR 146/02

27.01.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2005, Az. I ZR 146/02 (REWIS RS 2005, 5274)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5274

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