Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.11.2004, Az. I ZR 72/02

I. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 720

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[X.] DES VOLKES URTEIL I ZR 72/02 Verkündet am: 11. November 2004 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

Sammelmitgliedschaft II

UWG § 13 Abs. 2 Nr. 2 a.F.

Geht ein Hersteller, der seine Produkte über ein selektives Vertriebssystem ab-setzt, für seine Vertragshändler eine Mitgliedschaft in einem Wettbewerbsverband ein, ergibt es sich aus der Natur des Vertragshändlervertrages, daß er damit auch die gewerblichen Interessen der Vertragshändler wahrnimmt.

[X.], [X.]. v. 11. November 2004 [X.] [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2004 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] [X.], [X.], Dr. Schaffert und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 28. Februar 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger ist der [X.] im Wettbewerb mit Sitz in [X.]. Nach seiner Satzung nimmt er die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder wahr und bekämpft unlauteren Wettbewerb. Die Beklagte vertreibt in [X.] in [X.] Schmuck und Uhren. Der Kläger hat die Beklagte mit seiner im Mai 2000 eingereichten Klage we-gen eines Verstoßes gegen das [X.] auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch genommen. Er hat behauptet, die Beklagte habe am 30. November 1999 in ihrem Geschäft am [X.] in [X.] ei- - 3 - nem Kunden einen Charriol-Armreifen mit einem Preisnachlaß von 10% und am 22. Dezember 1999 in ihrem Geschäft in der [X.] in [X.] eine Her- renarmbanduhr —[X.]fi mit einem Preisnachlaß von 20% verkauft. Zur Begründung seiner Klagebefugnis hat der Kläger sich darauf berufen, daß zu seinen Mitgliedern [X.] neben der in [X.] mit einer Niederlassung ver-tretenen [X.] [X.] die [X.] Uhren und Schmuck GmbH (im folgenden: [X.] GmbH) gehöre, die dem Kläger die Mitgliedschaft ihrer über tausend Vertragshändler vermittele. Mehrere dieser Vertragshändler be-trieben Uhren- und Schmuckgeschäfte in [X.] und Umgebung. Das [X.] hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Im [X.] hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem das [X.] mit Wirkung vom 23. Juli 2001 aufgehoben worden war. Die Beklagte ist der Erledigungserklärung entgegengetreten. Das Oberlan-desgericht hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen ([X.], 312 = NJW-RR 2002, 1469). Hiergegen richtet sich die [X.] vom Berufungsgericht zugelassene [X.] Revision des [X.], mit dem dieser seinen zuletzt gestellten Antrag auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache weiterverfolgt. Die Beklagte [X.], die Revision zurückzuweisen. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat die Klage als von Anfang an unzulässig ange-sehen. Zur Begründung hat es ausgeführt: - 4 - Der Kläger habe nicht dargetan, daß ihm eine erhebliche Zahl von [X.] angehöre, die in [X.] und Umgebung Waren gleicher oder ver-wandter Art wie die Beklagte vertrieben. Da die Mitgliedschaft der [X.] nicht ausreiche, komme es darauf an, ob der Kläger auch die gewerblichen Interessen der Vertragshändler der [X.] GmbH wahrzunehmen [X.] sei. Diese Frage sei zu verneinen. Zwar könne eine Mitgliedschaft in ei-nem Verband nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. auch durch Unternehmen oder Verbände vermittelt werden, ohne daß diese selbst nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. klagebefugt seien. Voraussetzung sei dabei aber stets, daß diese die Mit-gliedschaft vermittelnden Mitglieder ihrerseits von den Gewerbetreibenden mit der Wahrnehmung ihrer gewerblichen Interessen beauftragt worden seien. Hieran feh-le es im Streitfall. Nach dem Klagevortrag habe die [X.] GmbH ihren Vertragshändlern mitgeteilt, daß sie für die Vertragshändler eine Mitgliedschaft beim Kläger eingegangen sei und die Vertragshändler sich in Zukunft zur [X.] ihrer gewerblichen Interessen an den Kläger wenden könnten. Daß die Vertragshändler die [X.] GmbH mit der Wahrnehmung ihrer Interes-sen beauftragt hätten, sei nicht vorgetragen worden. Falls die Vertragshändler aufgrund eines Vertrages zugunsten Dritter im Verhältnis zum Kläger berechtigt seien, reiche eine solche Stellung nicht aus. Das Gesetz verlange, daß eine er-hebliche Zahl von Gewerbetreibenden dem Verband angehören müsse. Dabei sei [X.] auch im Falle einer durch ein Mitglied vermittelten Mitgliedschaft [X.] stets erforder-lich, daß die Gewerbetreibenden selbst die Wahrnehmung ihrer Interessen durch den Verband begehrt hätten. Andernfalls bestünde die Gefahr, daß sich Verbände ihre Klagebefugnis über vermittelte Mitglieder verschafften, die an der Wahrneh-mung ihrer Interessen durch den Verband gar nicht interessiert seien. Auch die Mitgliedschaft des [X.] ([X.]), dem nach dem Klagevortrag über 300 Handwerksin-- 5 - nungen und Verbände sowie über 350.000 Selbständige aus allen Bereichen [X.], könne die Klagebefugnis nicht begründen, weil nicht im einzelnen [X.] sei, welche Mitglieder dieses Verbandes auf dem hier in Rede stehenden Markt tätig seien. I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben [X.]. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung. 1. Im Streitfall kommt es nicht darauf an, ob das Gesetz gegen den [X.] Wettbewerb in seiner Fassung vom 3. Juli 2004 ([X.]) hinsichtlich der Verbandsklagebefugnis (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG) sachliche Änderungen enthält. Denn die Parteien streiten nur noch darum, ob die Klage im Zeitpunkt der Aufhe-bung des [X.]es im Juli 2001 zulässig und begründet war. Hierfür ist [X.] das alte Recht maßgeblich. 2. Ob ein Verband nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. eigene wettbewerbs-rechtliche Ansprüche geltend machen kann, hängt davon ab, ob dieser Verband die Interessen einer erheblichen Zahl von Unternehmen wahrnimmt, die auf dem-selben Markt tätig sind wie der Wettbewerber, gegen den sich die Ansprüche rich-ten sollen. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß insofern auch eine vermittelte Mitgliedschaft in Betracht kommt, daß also auch Unternehmen in die Betrachtung einzubeziehen sind, die Mitglieder in einem anderen Verband sind, der wiederum Mitglied des klagenden Verbandes ist ([X.], [X.]. v. 20.5.1999 [X.] I ZR 66/97, [X.], 1116, 1118 = [X.], 1163 [X.] Wir dürfen nicht [X.]; [X.]. v. 16.1.2003 [X.] I ZR 51/02, [X.], 454, 455 = [X.], 514 [X.] Sammelmitgliedschaft I). 3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings dagegen, daß das [X.] die durch den Europaverband der [X.][X.] ([X.]) vermittelten Mitglieder außer Betracht gelassen hat. Denn der Kläger hat nicht vorgetragen, welche dieser Mitglieder auf dem fraglichen Markt tä-tig sind. Ein Verband muß die Unternehmen benennen, deren Interessen er wahr-zunehmen beansprucht, wenn streitig ist, ob er die Interessen einer erheblichen Zahl auf dem fraglichen Markt tätiger Unternehmen wahrnimmt ([X.] 131, 90, 92 ff. [X.] Anonymisierte Mitgliederliste). 4. Die Revision hat jedoch Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, daß das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung auch die namentlich bekannten, in [X.] und Umgebung tätigen Depositäre der [X.] GmbH unberück-sichtigt gelassen hat, die mit der Beklagten dort in Wettbewerb stehen. a) In den Fällen, in denen sich ein Verband auf die mittelbare Mitgliedschaft von Mitbewerbern des in Anspruch genommenen Unternehmens stützt, muß [X.] wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat [X.] feststehen, daß die [X.] das die Mitgliedschaft vermittelnde Mitglied des klagenden Verbandes mit der Wahrnehmung ihrer Interessen [X.] sei es unmittelbar oder mittelbar [X.] betraut ha-ben. Sie müssen mit der Wahrnehmung ihrer Interessen durch einen Dritten [X.] sei es ihr Verband oder ihr Vertragspartner oder sei es ein von diesem eingeschalte-ter Verband [X.] einverstanden sein. b) Das Berufungsgericht hat dieses Erfordernis im Streitfall mit der [X.] als nicht erfüllt angesehen, der Kläger habe ein entsprechendes [X.] nicht ausdrücklich vorgetragen. Dabei hat es nicht berücksichtigt, daß das Einverständnis der einzelnen Depositäre damit, daß die [X.] GmbH ihre Interessen selbst oder durch einen Wettbewerbsverband wahrnimmt, nicht ausdrücklich erklärt zu sein braucht (vgl. [X.] [X.], 454, 455 [X.] Sammelmitgliedschaft I), daß sich ein solches Einverständnis vielmehr auch aus der Natur des Vertragshändlervertrages ergeben kann. So verhält es sich im - 7 - Streitfall: Im Rahmen des [X.] trifft den Hersteller, hier die [X.] La-croix GmbH, gegenüber den Depositären im allgemeinen die Verpflichtung, die Einhaltung der Bedingungen des [X.] zu überwachen und gegebenen-falls Ansprüche gegen vertragsbrüchige Depositäre oder gegen Dritte geltend zu machen, die das Produkt, das Gegenstand des [X.] ist, in wettbe-werbswidriger Weise anbieten oder veräußern (vgl. [X.] 143, 232, 242 [X.] Au-ßenseiteranspruch II). Doch auch wenn eine Verpflichtung des Herstellers, gegen Verstöße einzuschreiten, vorliegend nicht angenommen werden könnte, entspricht es doch durchweg dem Interesse der Depositäre, daß der Hersteller (oder ein von ihm beauftragter Verband) derartige Verstöße verfolgt. Unter diesen Umständen ist dem [X.] jedenfalls das Einverständnis der einzelnen Depositäre [X.] zu entnehmen, daß der Hersteller (oder ein von ihm beauftragter Verband) durch die Geltendmachung solcher Ansprüche auch ihre gewerblichen Interessen wahrnimmt. - 8 - II[X.] Das angefochtene [X.]eil kann danach keinen Bestand haben. Dem [X.] ist eine abschließende Entscheidung verwehrt, weil das Berufungsgericht [X.] aus seiner Sicht folgerichtig [X.] zu dem behaupteten Verstoß gegen das [X.] noch keine Feststellungen getroffen hat. Die Sache ist daher zur neuen [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das [X.] zurückzuverweisen.

[X.] Büscher

Schaffert Bergmann

Meta

I ZR 72/02

11.11.2004

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.11.2004, Az. I ZR 72/02 (REWIS RS 2004, 720)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 720

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