Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.09.2014, Az. XI ZR 78/13

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 2936

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XI [X.]
Verkündet am:

16.
September 2014

Herrwerth,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
EG[X.] Art. 29 Abs. 1 (in der Fassung vom 21. September 1994)
EG[X.] Art. 37 Satz 1 Nr. 4 (in der Fassung vom 27. Juni 2000)
a)
Fällt ein Lebensversicherungsvertrag nicht in den Anwendungsbereich des Art.
29 Abs.
1 EG[X.], weil er zu den in Art.
37 Satz
1 Nr.
4 aF genannten [X.] gehört, unterliegt auch ein dessen Finanzierung dienender Darle-hensvertrag nicht Art.
29 Abs.
1 EG[X.].
b)
Die neben der Einzahlung in eine Lebensversicherung für deren Verwaltung anfal-lenden Kosten sind untergeordnete Nebenleistungen, die
für die Einordnung des [X.] im Sinne von Art.
29 Abs.
1 EG[X.] keine prägende Be-deutung besitzen.
[X.], Urteil vom 16. September 2014 -
XI [X.] -
OLG [X.]

LG [X.]

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16.
September 2014
durch [X.] Wiechers
und
die Richter Dr.
Ellenberger, [X.],
Dr.
Matthias
und die Richterin Dr.
Derstadt
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 30.
Januar 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die
Klägerin, eine in [X.] ansässige Bank, nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch, mit dem dieser eine Kapitalan-lage finanziert hat. Der Beklagte beansprucht von der Klägerin im Wege der Widerklage Zahlung von 51.000

r für den Erwerb dieser Kapitalanlage aus Eigenkapital und für Provision aufgewendet hat.
Der in [X.] wohnende Beklagte nahm mit Vertrag vom 22./29.
März 2006, den er in der [X.] unterzeichnete, bei der Kläge-rin einen Kontokorrent-Rahmenkredit von bis zu 120.000

s-urkunde heißt es u.a.:
1
2
-
3
-
"3.
Kreditzweck:

Aufbau Altersvorsorge

12.
Anwendbares Recht und Gerichtsstand:
Alle Rechtsbeziehungen des Kunden mit der Bank unterstehen dem

Der Beklagte finanzierte mit dem Darlehen den Erwerb einer Kapitalle-bensversicherung mit einer Einmalprämie von 150.000

.

AG mit Sitz in [X.] (nachfolgend: [X.]

), die [X.] durch Fusion in der Streithelferin der Klägerin aufgegangen ist. Das vom Beklagten hierfür aufgewandte Eigenkapital betrug 50.000

i-nen Versicherungsbedingungen für diese Lebensversicherung der [X.]

heißt es in §
5
Abs.
3:
"Wie Ihre Beiträge, abgestimmt auf Ihre Risikobereitschaft, angelegt werden, bestimmen Sie aufgrund der vor Versicherungsbeginn festgelegten Anlage-strategie."

Der Beklagte unterzeichnete am 13.
Dezember 2005 ein mit "Anlagestra-tegie" überschriebenes Formular, in dem es u.a. heißt:
"Die Verwaltung des Vermögens basiert auf folgender Anlagestrategie

Anlageziel:
Vermögenszuwachs
Aufteilung [X.]:

in Prozent

S.

Garantie

oder ff.
100 %

Ich erkläre [X.] ausdrücklich damit einverstanden, dass folgender Vermö-gensverwalter für die Verwaltung des [X.] eine Vollmacht erhält:
3
4
-
4
-

S.

AG

Darüber hinaus unterzeichnete der Beklagte am 22.
März 2006 ein mit "Verwaltungsvollmacht an Dritte" überschriebenes Formular der Klägerin, mit dem er als Vollmachtgeber die S.

AG mit Sitz in der [X.] (nachfolgend: S.

) als Bevollmächtigte ernannte, ihn gegenüber der Klägerin zu vertreten. Mit weiterer Erklärung vom 22.
März 2006 [X.] er seine Ansprüche aus dem mit der [X.]

geschlossenen Lebens-versicherungsvertrag sicherungshalber an die Klägerin.
Die Kapitalanlage war dem Beklagten von seiner Anlageberaterin "M.

GmbH" empfohlen und ebenso wie das Darlehen der Klägerin von der S.

vermittelt worden, die dem Beklagten
dafür eine Provision in Höhe von 1% der Kreditsumme berechnete.
Die Klägerin verlangte von dem Beklagten am 16.
Januar 2009 die Schließung einer Deckungslücke von 28.016

der verpfändeten Lebensversicherung entstanden war. Am 2.
Juli 2009 forderte die Klägerin den Beklagten "letztmalig" auf, eine Unterdeckung von nunmehr 30.077,95

Da diese Aufforderung erfolglos blieb, stellte die Klägerin, wie von ihr angekündigt, das Darlehen fällig.
Mit ihrer Klage beansprucht die Klägerin nach Verwertung der Ansprüche aus der Lebensversicherung noch 32.489,82

Widerklage die Rückzahlung des von ihm aufgewandten Eigenkapitals von 50.000

.

gezahlten Darlehensvermittlungspro-vision von 1.000

Der Beklagte hält [X.] Verbraucherschutzrecht für anwendbar und meint, danach sei er
berechtigt gewesen, seine auf Abschluss des Darlehens-5
6
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8
9
-
5
-
vertrages gerichtete Willenserklärung zu widerrufen. Zudem habe ihm die Klä-gerin
für fehlerhafte Beratung durch den Anlageberater und eigene Pflichtver-letzungen Schadenersatz zu leisten.
Das [X.] hat der Klage antragsgemäß stattgegeben und die Wi-derklage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat demgegenüber die Klage ab-gewiesen und die Klägerin auf die Widerklage hin verurteilt, an den Beklagten 51.000

e-nen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge zu Klage und Widerklage weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in [X.], 262
ff. veröffentlichten Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Die [X.] (§§
355, 495
Abs.
1 [X.] in der bis zum 10.
Juni 2010 gültigen Fassung, und §
358 [X.] in der bis zum 29.
Juli 2010 gültigen Fassung, nachfolgend jeweils aF) seien nach Art.
29
EG[X.] in der bis zum 16.
Dezember 2009 gültigen Fassung (nachfolgend: aF) anwendbar. Der streitgegenständliche Kreditvertrag sei als Vertrag zur Finan-10
11
12
13
-
6
-
zierung einer Dienstleistung anzusehen. Der Lebensversicherungsvertrag kön-ne nur
im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag und der Beteiligung an dem "S.

Garantie Fonds"
gesehen werden, da es sich um ein "geschlos-senes Anlagekonzept"
gehandelt habe. Die [X.]

sei mit versicherungs-typischen Risiken

der Leistung einer bestimmten garantierten [X.] bei Eintritt des Versicherungsfalles

nicht belastet worden. Der von ihr im Fall des Todes des Versicherungsnehmers zu leistende Betrag bemesse sich vielmehr nach dem zu diesem Zeitpunkt aktuellen Wert des [X.]. Die [X.]

habe an einem wichtigen Teilaspekt der Vermögens-verwaltung

der Regulierung der aus der Vermögensverwaltung anfallenden Kosten
-
direkt mitgewirkt, damit "gewissermaßen eigenhändig"
eine wesentli-che Dienstleistung im Rahmen der Vermögensverwaltung erbracht und sei den Kunden gegenüber faktisch wie eine Vermögensverwalterin aufgetreten.
Das "Anlagekonzept"
sei darauf angelegt gewesen, dass die eingezahl-ten Beträge in einen der S.

Garantie
Fonds investiert würden. [X.] habe der Versicherungsnehmer in Bezug auf den in den [X.] einzubringenden Vermögenswert keine Wahlfreiheit gehabt.
Dabei habe die S.

im Auftrag der [X.]

und nicht im Auftrag des Versicherungsnehmers gehandelt. Die S.

betreibe "klassische Vermö-gensverwaltung", indem sie die Kundengelder im Deckungsstock "nach dem Grundsatz der Risikostreuung in unterschiedliche alternative Investmentstrate-gien über mehrere Hedge Fonds Manager und [X.] investiere". Der Darlehensvertrag diene der Finanzierung dieser Dienstleis-tungstätigkeit, indem er "über die Kreditgewährung"
einen wesentlichen Teil der verwalteten Vermögensmasse erst schaffe und indem die Kosten der Vermö-gensverwaltung aus dem wesentlich durch die Kreditierung geschaffenen [X.] bedient würden. Dabei liege auch keine Dienstleistung von nur 14
15
-
7
-
untergeordneter Natur vor. Die Vermögensverwaltung habe ein wesentliches Element des Vertrages dargestellt, da die Kapitalanlage möglichst gewinnbrin-gend habe investiert werden sollen.
Der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 24.
November 2009 erklärte [X.] seiner auf Abschluss des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärung sei gemäß §§
495
Abs.
1, 355 [X.] wirksam gewesen. Eine Widerrufsfrist habe gemäß §
355
Abs.
3 [X.] in Ermangelung einer Widerrufsbelehrung nicht bestanden. Da es sich bei dem Darlehen und dem "Kapitalanlagevertrag"
um verbundene Verträge im
Sinne von §
358
Abs.
3 [X.] gehandelt habe, müsse der Beklagte der Klägerin weder die Darlehensvaluta noch die entstan-denen Zinsen oder Kosten erstatten. Die Klägerin sei verpflichtet, dem [X.] die von ihm eingebrachten 50.000

i-on von 1.000

II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in einem entschei-denden Punkt nicht stand.
Die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte hat der Senat geprüft und bejaht. Sie ergibt sich für die Klage aus Art.
2
Abs.
1 EuGVVO und für die Widerklage jedenfalls aus §
39 ZPO in entsprechender Anwendung.
Die Ansicht des Berufungsgerichts, die dem [X.] §§
495
Abs.
1, 355, 358 [X.] seien gemäß Art.
29
Abs.
1 EG[X.] auf den streitgegenständlichen Kreditvertrag anwendbar, ist rechtsfehlerhaft. Dem Beklagten steht nach diesen Vorschriften kein Widerrufsrecht zu.
16
17
18
19
-
8
-
1. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob der von den Parteien ge-schlossene Kreditvertrag dem in Ziffer 12 der Vertragsurkunde gewählten Recht des Fürstentums [X.] unterliegt. Das Zustandekommen und die Wirk-samkeit der Einigung der Parteien über das anzuwendende Recht beurteilen sich vorliegend gemäß Art.
27
Abs.
4 in
Verbindung
mit Art.
31
Abs.
1
EG[X.] nach dem Recht des Fürstentums [X.]. Da das [X.] dieses Recht nicht ermittelt hat, ist revisionsrechtlich zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass die zwischen den Parteien getroffene Rechtswahlvereinbarung nach liechtensteinischem Recht wirksam ist.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die gemäß Art.
27 EG[X.] eröffnete Rechtswahl vorliegend nicht nach Art.
29
Abs.
1
EG[X.] eingeschränkt, da dessen Tatbestandsvoraussetzungen nicht vor-liegen.
a) Das streitgegenständliche Darlehen stellt

anders als das Berufungs-gericht meint

keinen Vertrag zur Finanzierung einer Dienstleistung im Sinne des Art.
29
Abs.
1 EG[X.] dar.
Ein Kredit-
oder Darlehensvertrag ist als Finanzierungsvertrag im Sinne des Art.
29 EG[X.] einzustufen, wenn zwischen ihm und einem Vertrag über die Lieferung beweglicher Sachen oder über die Erbringung von Dienst-leistungen eine Zweckbindung besteht, er mithin der Finanzierung eines sol-chen Liefer-
oder Dienstleistungsvertrages dient ([X.]/[X.], [X.], Bearb. 2002, Art.
29 EG[X.] Rn.
55; MünchKomm[X.]/[X.]y, 4. Aufl., Art.
29 EG[X.] Rn.
21; Soergel/von [X.], [X.], 12. Aufl., Art.
29 EG[X.] Rn.
11). Dabei ist der Begriff der "Erbringung von Dienstleistungen"
in Art.
29
Abs.
1 EG[X.] nach dessen Schutzzweck weit auszulegen. Er umfasst tätigkeits-bezogene Leistungen aufgrund von Dienst-, Werk-, Werklieferungs-
und Ge-20
21
22
23
-
9
-
schäftsbesorgungsverträgen (Senatsurteile vom 26.
Oktober 1993

XI
ZR
42/93, [X.]Z
123, 380, 385 und vom 13.
Dezember 2005

XI
ZR
82/05, [X.]Z
165, 248, 253; [X.], Urteil vom 19.
März 1997

VIII
ZR
316/96, [X.]Z
135, 124, 130 f.). Maßgebend ist, dass die geschuldete tätigkeitsbezo-gene Leistung für den Vertrag prägende Bedeutung hat (vgl. [X.], Urteil vom 19.
März 1997

VIII
ZR
316/96, [X.]Z
135, 124, 131; [X.]/[X.], aaO, Art.
29 EG[X.] Rn.
61). Handelt es sich hingegen bei der geschuldeten tätig-keitsbezogenen Leistung nur um eine untergeordnete Nebenleistung, liegt kein Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne des Art.
29
Abs.
1 EG[X.] vor (vgl. Senatsurteil vom 13.
Dezember 2005

XI
ZR
82/05, [X.]Z
165, 248, 253; [X.], Urteil vom 19.
März 1997

VIII
ZR
316/96, [X.]Z
135, 124,
131; [X.], [X.], 255, 259; Münch-Komm[X.]/[X.]y, aaO, Art.
29 EG[X.] Rn.
20).
aa) Gemessen daran stuft das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft Verwal-tungsleistungen der [X.]

bzw. der S.

als wesentliche Dienstleis-tungen im Rahmen des zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen [X.] ein.
(1) Das Darlehen diente ausweislich der vertraglich vereinbarten Zweck-bestimmung dem Aufbau der Altersvorsorge. Gegenüber der [X.]

gab der Beklagte als Anlageziel "Vermögenszuwachs"
an. Zur Erreichung dieses Ziels investierte der Beklagte nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts den Darlehensbetrag sowie das eingesetzte Eigenkapital in die Beteiligung an einem "S.

Garantie Fonds". Das bei der Klägerin aufgenommene Darlehen diente somit der Finanzierung des Erwerbs dieser Kapitalanlage.

24
25
-
10
-

(2) Dem steht nicht entgegen, dass

nach Auffassung des Berufungsge-richts

der Beklagte im Zusammenhang mit seiner Investition

mittelbar

auch für die Verwaltung anfallende Kosten zu tragen hatte.
Solche Gebühren betreffen untergeordnete Nebenleistungen (vgl. [X.], [X.], 255, 257; [X.], Beschluss vom 15.
November 2012

[X.], S.
8, n.v.), die typischer Weise mit einer Be-teiligung an einem Investmentfonds verbunden sind. Diese Leistungen besitzen schon angesichts des Verhältnisses der hierfür üblicherweise vereinbarten Ent-lohnung von zwischen 0,3 und 2,0% des [X.] (vgl. Förster/
Hertrampf, [X.], 3.
Aufl., Rn.
136) zur Investitions-summe für den [X.] keine prägende Bedeutung.
Darüber hinaus ist die gemäß Art.
29 EG[X.] erforderliche Zweck-bindung zwischen dem streitgegenständlichen Darlehen und Verwaltungsleis-tungen der [X.]

nicht gegeben. Die laufenden Verwaltungskosten soll-ten nach dem Vertragszweck, einen Vermögenszuwachs zu erzielen, nicht aus dem streitgegenständlichen Darlehen finanziert werden, sondern aus den mit der Investition erwirtschafteten Erträgen. Zu einem Vermögenszuwachs beim Beklagten konnte die Investition erwartungsgemäß nämlich nur dann führen, wenn die mit ihr erzielten Erträge mindestens die [X.] sowie die laufenden Verwaltungskosten decken. Besondere Verwaltungskosten sollten

wie das Berufungsgericht unangegriffen festgestellt hat

ohnehin vom [X.] später an die [X.]

nachgeschossen werden.
bb) Zu Unrecht macht die Revisionserwiderung geltend, Art.
29
Abs.
1 EG[X.] sei auf den streitgegenständlichen Kreditvertrag anzuwenden, weil 26
27
28
29
-
11
-
dieser der Finanzierung eines Kapitallebensversicherungsvertrages und damit einer Dienstleistung gedient habe.
Zwar trifft es zu, dass die Gewährung von Versicherungsschutz als Dienstleistung anzusehen ist (vgl. [X.], NJW 1987, 572, 573; Münch-Komm[X.]/[X.]y, 4. Aufl., Art.
29 EG[X.] Rn.
18; Soergel/von [X.], [X.], 12. Aufl., Art.
29 EG[X.] Rn.
7; [X.], Internationales Versicherungs-vertragsrecht, 1997, Art.
15 EG[X.] Rn.
5) und Versicherungsverträge dement-sprechend als Dienstleistungsverträge im Sinne des Art.
29
Abs.
1 EG[X.]
aF eingestuft werden können (vgl. Armbrüster in [X.]/[X.], [X.], 28.
Aufl., Vor Art.
7 EG[X.] Rn.
23). Soweit Versicherungsverträge aber gemäß Art.
37 Satz
1
Nr.
4 EG[X.] nicht den Regelungen der Art. 27 bis 36 EG[X.], sondern den Art. 7 bis 15 EG[X.] in der bis zum 16.
Dezember 2009 geltenden Fassung (nachfolgend: aF) unterworfen sind, beansprucht Art.
29
Abs.
1
EG[X.] keine Geltung (vgl. [X.]/[X.], [X.], Bearb. 2002, Art.
29 EG[X.] Rn.
30 und 53; MünchKomm[X.]/[X.]y, aaO, Art.
29 EG[X.] Rn.
18; [X.], Internationales Versicherungsvertragsrecht, 1997, [X.]. Art.
7 EG[X.] Rn.
17).
So liegen die Dinge hier. Der Versicherungsschutz, der dem in [X.] wohnhaften Beklagten für den Fall seines Todes gewährt wurde, deckte nach Art.
37 Satz
1
Nr.
4 EG[X.] in Verbindung
mit Art.
7
Abs.
2
Nr.
4
Buchst.
a EG[X.] aF ein in der Bundesrepublik
Deutschland
belegenes Risiko. [X.] schon der Lebensversicherungsvertrag nicht in den Anwendungsbereich des Art.
29 EG[X.], gilt dies

entgegen der Ansicht der Revisionserwide-rung

erst recht nicht für den hier streitgegenständlichen Darlehensvertrag, mit dem der Beklagte diesen Lebensversicherungsvertrag finanziert hat.

30
31
-
12
-
cc) Anders als die Revisionserwiderung annimmt, rechtfertigt vorliegend auch nicht die Verweisung in Art.
15 EG[X.] aF auf die Art.
27 bis 36
EG[X.] eine Anwendung des Art.
29
Abs.
1 EG[X.] zugunsten des [X.]. Denn Art.
15 EG[X.] aF findet auf Kreditverträge keine Anwendung. Der sachliche Anwendungsbereich der Art. 8 bis 15 EG[X.] aF wird durch Art.
7
Abs.
1 EG[X.] aF bestimmt ([X.], Internationales Versicherungsver-tragsrecht, 1997, Art.
7 EG[X.] Rn.
1; Bruck/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., Einf.
Int. VersR Rn.
23 f.). Danach knüpfen diese Vorschriften an die in Art.
7
Abs.
1 EG[X.] aF genannten Versicherungsverträge an, sodass sich die Art.
8 ff. EG[X.] aF und damit auch Art.
15 EG[X.] aF nicht auf Kreditverträge bezie-hen. Von der Rückverweisung nach Art.
15 EG[X.] aF auf die allgemeinen ver-tragsrechtlichen Kollisionsregeln der Art.
27 bis 36 EG[X.] wird daher der hier in Streit stehende Kreditvertrag nicht erfasst.
b) Entgegen der weiter von der Revisionserwiderung vertretenen [X.] ist der
streitgegenständliche Kreditvertrag auch für sich genommen nicht als Dienstleistungsvertrag im Sinne des Art.
29
Abs.
1 EG[X.] anzusehen. [X.] fallen nämlich nicht allgemein unter Art.
29
Abs.
1 EG[X.] ([X.]/[X.], [X.], Bearb. 2002, Art.
29 EG[X.] Rn.
56 mwN; MünchKomm[X.]/[X.]y, 4.
Aufl., Art.
29 EG[X.] Rn.
22 mwN;
Soergel/von [X.], [X.], 12. Aufl., Art.
29 EG[X.] Rn.
11). Nach Systema-tik und Wortlaut erfasst Art.
29
Abs.
1 EG[X.] Kreditverträge nur dann, wenn sie der Finanzierung einer Dienstleistung oder der Lieferung einer beweg-lichen Sache dienen (vgl. zutreffend [X.], [X.], 255, 259; [X.]/[X.], aaO, Art.
29 EG[X.] Rn.
54).
Dem steht nicht entgegen, dass der Senat in anderem Zusammenhang die Vergabe von Bankkrediten als "Erbringung von Dienstleistungen"
eingeord-net hat (vgl. Senatsurteil vom 28.
Februar 2012

XI
ZR
9/11, [X.], 747 32
33
34
-
13
-
Rn.
21). Ob die Gewährung eines Darlehens eine Dienstleistung im Sinne des im dort entschiedenen Fall auszulegenden Art.
5
Nr.
1
Buchst.
b 2. Spiegel-strich EuGVVO ist, war nach dem [X.] autonom auszule-genden Wortlaut dieser Norm zu entscheiden (vgl. Senatsurteil vom 28.
Februar 2012

XI
ZR
9/11, [X.], 747 Rn.
16), der nicht mit dem des Art.
29
Abs.
1 EG[X.] übereinstimmt. Da in Art.
29
Abs.
1 EG[X.] ausdrücklich nur bestimmte Finanzierungsverträge genannt werden, kann bei dessen Auslegung insoweit nicht Rechtsprechung übernommen werden, die zu Regelungen er-gangen ist, die diese Präzisierung nicht enthalten.
III.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus ande-ren Gründen als richtig dar (§
561 ZPO). Nach den in der Rechtsprechung an-erkannten Grundsätzen kommt weder eine entsprechende Anwendung des Art.
29 Abs.
1
EG[X.] in Betracht (vgl. [X.], Urteile vom 13.
Dezember 2005

XI
ZR 82/05, [X.]Z 165, 248, 254 f. und vom 19. März 1997

VIII
ZR 316/96, [X.]Z 135, 124, 133 ff.) noch eine Anwendung der [X.] Vor-schriften über den Widerruf von Verbraucherkrediten nach Art. 34 EG[X.] (vgl. [X.], Urteile vom 13.
Dezember 2005

XI
ZR 82/05, [X.]Z 165, 248, 255
ff. und vom 19.
März 1997

VIII
ZR 316/96, [X.]Z 135, 124, 135 f.).
IV.
1. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563
Abs.
1 Satz
1,
Abs.
4 ZPO).
35
36
-
14
-
Der Senat ist zwar befugt, das maßgebliche ausländische Recht selbst festzustellen, da das Berufungsgericht entsprechende Feststellungen nicht ge-troffen hat ([X.], Urteile vom 21.
Februar 1962

V
ZR
144/60, [X.]Z
36, 348, 356, vom 29.
Februar 1968

VII
ZR
102/65, [X.]Z
49, 384, 387 und vom 27.
Mai 1993

IX
ZR
254/92, [X.]Z
122, 373, 378; [X.]/[X.], 4.
Aufl., §
563 Rn.
27; [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
563 Rn.
31). Er macht vorliegend aber von der ihm nach §
563
Abs.
4 ZPO gegebenen Mög-lichkeit Gebrauch, das Berufungsurteil aufzuheben (§
562
Abs.
1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zu-rückzuverweisen, da eingehende Ermittlungen des liechtensteinischen Rechts (vgl. [X.], Urteil vom 30.
April 1992

IX
ZR
233/90, [X.]Z
118, 151, 168) und ggf. eine weitere Aufklärung des Sachverhalts erforderlich sind.
2. Das Berufungsgericht wird unter Beachtung der nach §
293 ZPO be-stehenden Anforderungen (vgl. [X.], Urteil vom 30.
April 1992 -
IX
ZR
233/90, [X.]Z
118, 151, 163 f.) gemäß Art.
27
Abs.
4 EG[X.] in
Verbindung
mit Art.
31
Abs.
1 EG[X.] zu klären haben, ob sich die Parteien in Ziffer 12 des streitgegenständlichen Kreditvertrages nach dem Recht des [X.] wirksam auf die Anwendung von liechtensteinischem Recht geeinigt haben. Soweit das Berufungsgericht danach die Anwendbarkeit von liechten-steinischem Recht auf den Kreditvertrag bejahen sollte, wird weiter zu ermitteln sein, ob dem Beklagten nach liechtensteinischem Recht ein Widerrufsrecht
oder ein vergleichbares Recht zusteht, sich von dem Kreditvertrag zu lösen. [X.] sind die Rechtsfolgen einer solchen Rechtsausübung nach liechtensteinischem Recht zu klären. Soweit nicht schon die Rechtsfolgen eines Widerrufs den [X.] entfallen lassen und sich die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche nicht aus einer etwaigen Rückabwicklung des Kreditverhältnisses nach liechtensteinischem Recht rechtfertigen, wird sich das 37
38
-
15
-
Berufungsgericht damit zu befassen haben, ob dem Beklagten gegen die Klä-gerin Schadenersatzansprüche nach liechtensteinischem Recht zustehen.
Im Rahmen des nach §
293 ZPO bei der Ermittlung des ausländischen Rechts auszuübenden Ermessens wird zu bedenken sein, dass zur [X.] gemäß §
411a ZPO ein bereits erstelltes Sachverständi-gengutachten ohne Zustimmung beider Parteien dann verwertet werden
kann, wenn es in einem Gerichtsverfahren oder von der Staatsanwaltschaft eingeholt worden ist.

Wiechers

Ellenberger

[X.]

Matthias

Derstadt

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 13.10.2011 -
330 [X.] -
OLG [X.], Entscheidung vom 30.01.2013 -
13 [X.] -
39

Meta

XI ZR 78/13

16.09.2014

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.09.2014, Az. XI ZR 78/13 (REWIS RS 2014, 2936)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2936

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XI ZR 82/05 (Bundesgerichtshof)


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XI ZR 78/13

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