Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2017, Az. V ZB 123/16

V. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 17486

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[X.]:[X.]:BGH:2017:120117BVZB123.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 123/16
vom

12. Januar 2017

in der Rücküberstellungshaftsache

-
2
-

Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 12. Januar 2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
[X.], die Richterinnen Prof.
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr.
Brückner, [X.]
Göbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde
des Betroffenen wird der Beschluss des [X.] -
2.
Zivilkammer
-
vom 18.
August 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 5.000

Gründe:
I.
Der Betroffene, ein [X.] Staatsangehöriger, reiste am 12.
Februar 2015 erstmalig in das [X.] ein und stellte einen
Antrag auf Gewährung von Asyl. Mit Bescheid des [X.] und Flücht-linge vom 23.
November 2015 wurde der Asylantrag als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage der Regelungen der [X.] die Rücküberstellung nach [X.] angeordnet. Mit Schreiben vom 17.
Juni 2016 hat die beteiligte Be-hörde beantragt,
gegen den Betroffenen die Haft zur Sicherung der [X.]
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3
-

bung anzuordnen. Dabei ist
für den Fall, dass über den Antrag nicht sofort ent-schieden werden könne, beantragt
worden, die [X.] im Wege der einstweiligen Anordnung für die Dauer von sechs Wochen, beginnend mit dem Aufgreifen, anzuordnen. Das Amtsgericht hat zunächst durch Beschluss vom selben Tag gemäß § 427 FamFG, § 62 Abs. 3 [X.]

die Freiheitsentzie-hung des Betroffenen angeordnet, die spätestens sechs Wochen nach dessen Festnahme enden sollte. Nachdem der Betroffene am 20.
Juli 2016 polizeilich festgenommen und durch das Amtsgericht angehört worden war, hat es durch Beschluss vom selben Tag

FamFG, § 62 Abs. 3 [X.]dem
Betroffenen die Freiheit entzogen und bestimmt, dass die Freiheitsentziehung spätestens am 31.
August 2016 enden sollte. Die hiergegen gerichtete Be-schwerde hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die beteiligte Behörde beantragt,
erstrebt der Betroffene die Aufhebung des Beschlusses des [X.]s und die Zurückverweisung der Sache an das [X.].
II.
Das Beschwerdegericht meint, die Voraussetzungen für die Anordnung der Freiheitsentziehung des Betroffenen gemäß §
63 Abs.
3 Nr.
5 [X.] seien gegeben. Der erforderliche Haftantrag sei von der zuständigen Behörde gestellt worden. Zudem lägen Gründe vor,
die auf den in §
2 Abs.
14 [X.] festgelegten Anhaltspunkten beruhten und aus denen sich der begründete [X.] ergebe, dass der Betroffene sich seiner Abschiebung durch Flucht ent-ziehen wolle. Die Anordnung der [X.] sei auch verhältnismäßig.

2
-
4
-

III.
1. [X.] ist gemäß §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
3, Satz
2 FamFG ohne Zulassung statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Vorschrift des §
70 Abs.
4 FamFG, wonach gegen einen
Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung die Rechtsbeschwerde nicht stattfindet, ist hier nicht einschlägig.
a) Allerdings hat das Amtsgericht entgegen der von der beteiligten Be-hörde in der Beschwerdeerwiderung vertretenen Auffassung eine einstweilige Anordnung i.S.d.
§
427 FamFG erlassen. Dies ergibt sich aus dem Anführen dieser Vorschrift in dem Beschluss unter Wiedergabe ihres wesentlichen Wort-lauts und wird dadurch bestätigt, dass die Haft auf die für einstweilige Anord-nungen gemäß §
427 Abs.
1 Satz
2
FamFG zu beachtende Höchstdauer von sechs Wochen beschränkt worden ist. In der Begründung des Beschlusses heißt es zudem, es sei
[X.] Beschluss vom 17. Juni 2016 eine einstweilige Anordnung enthielt, ergibt sich aus dieser
Formulierung des
Beschlusses
vom 20. Juli 2016 nicht. [X.] ist
in den
Rechtsmittelbelehrungen
beider Beschlüsse die für [X.] gegen einstweilige Anordnungen
geltende Beschwerdefrist von zwei Wochen (§
63 Abs.
2 Nr.
1 FamFG) angegeben worden und nicht die bei der
Einlegung einer Beschwerde gegen eine Hauptsacheentscheidung zu beach-tende Frist von einem Monat (§
63 Abs.
1 FamFG).

b) Das Beschwerdegericht hat demgegenüber eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen, weil es offenbar -
rechtsirrtümlich -
davon ausgegangen ist, dass nur der Beschluss des Amtsgerichts vom 17. Juni 2016 im Wege der einstweiligen Anordnung erlassen worden sei, während es sich bei dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss vom 20. Juli 2016 um eine Hauptsache-3
4
5
-
5
-

entscheidung handele. In der Schilderung des [X.] bezeichnet das Beschwerdegericht nämlich nur den Beschluss vom 17. Juni 2016 als einstweilige Anordnung nach § 62 Abs.
2 [X.] i.V.m. § 427 FamFG, wäh-rend eine solche Qualifizierung des Beschlusses vom 20.
Juli 2016 unterbleibt. Folgerichtig hält das Beschwerdegericht gegen seine Entscheidung ausweislich der dem Beschluss beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde
nach §§ 70 ff. FamFG für statthaft. Hätte es im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens entscheiden wollen, hätte es von einer solchen Rechtsbehelfsbelehrung wegen des Ausschlusses der Rechtsbe-schwerde in solchen Verfahren (§ 70 Abs. 4 FamFG) abgesehen.
2. [X.] ist auch in der Sache begründet.
a) Das Beschwerdegericht war nicht befugt, eine Entscheidung in der Hauptsache zu treffen, obwohl Gegenstand des Beschwerdeverfahrens aus-schließlich ein im Wege der einstweiligen Anordnung ergangener Beschluss des Amtsgerichts war (vgl. hierzu im Einzelnen: Senat, Beschluss vom 16.
September 2015 -
V
ZB 40/15, [X.] 2016, 55
Rn.
7
ff.). Die Sache ist daher unter Aufhebung der Beschwerdeentscheidung nach §
74 Abs. 6 Satz
2 FamFG an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Eine eigene Entschei-dung des Senats ist bereits deshalb ausgeschlossen, weil es um die Rechtmä-ßigkeit einer im einstweiligen Anordnungsverfahren ergangenen Entscheidung des Amtsgerichts
geht und in diesem Verfahren eine Rechtsbeschwerde gemäß §
70 Abs.
4 FamFG nicht vorgesehen ist.
b) Dass der in der Haftanordnung vorgesehene Haftzeitraum (bis längs-tens 31.
August 2016) zwischenzeitlich abgelaufen ist, macht die Beschwerde nicht unzulässig. Vielmehr ist dem Betroffenen die Möglichkeit zu geben, im wiedereröffneten Beschwerdeverfahren einen
Antrag auf Feststellung der 6
7
8
-
6
-

Rechtswidrigkeit der im Wege der einstweiligen Anordnung angeordneten Haft (§
62 FamFG) zu stellen.
[X.]
Schmidt-Räntsch
Brückner

Göbel
Haberkamp
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.07.2016 -
2 [X.] (B) -

LG Coburg, Entscheidung vom 18.08.2016 -
22 [X.] -

Meta

V ZB 123/16

12.01.2017

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2017, Az. V ZB 123/16 (REWIS RS 2017, 17486)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17486

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