Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2011, Az. VII ZR 163/10

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1866

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

Versäumnis-
und Endurteil
VII [X.]/10
Verkündet am:

27. Oktober 2011

Seelinger-Schardt,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §
4 Abs.
2 a.F.
Ein Ausnahmefall in Form enger wirtschaftlicher Beziehung kann nicht allein daraus hergeleitet werden, dass ein Ingenieur als Nachunternehmer über längere Zeit eine Vielzahl von Aufträgen zu einem unter dem Mindestsatz liegenden Pauschalhonorar ausführt.
BGB §
242
Cc
Einem Ingenieur kann es in Ausnahmefällen nach [X.] und Glauben untersagt sein, nach [X.] abzurechnen, wenn er durch sein Verhalten ein besonderes Vertrauen des Auftraggebers dahin erweckt hat, er werde sich an die unter dem [X.] liegende Pauschalvereinbarung halten.
[X.], Versäumnis-
und Endurteil vom 27.
Oktober 2011
-
VII [X.]/10

-
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
[X.], den [X.] Dr.
Kuffer, [X.], die Richterin [X.] und [X.]
Eick
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10.
Zivilsenats des [X.] vom 21.
September 2010 aufge-hoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin, eine [X.] Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Niederlassung in der [X.], verlangt von den [X.] mit der Behauptung restliches Honorar für die Erbringung von Leistungen der Tragwerksplanung, das vereinbarte Pauschalhonorar unterschreite das ihr nach den [X.] der [X.] zustehende Honorar.
Die F.

P.C.H., deren Gesellschafter die [X.] sind, schloss mit der Klägerin im Jahr 2005 einen Vertrag, wonach dieser Leistungen der Tragwerks-1
2
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-
planung/Baustatik für ein in der
[X.] gelegenes Objekt in M. zum Pauschalpreis von 35.000

Im Juli 2007 stellte die Klägerin unter Berücksichtigung einer Zahlung von 27.108,16

52.140,97

achdem sie in einem Schreiben vom 14.
Juni
2007 die [X.] zur Zahlung weiterer Abschlagsrechnungen bezüglich des Bauvorhabens auf-gefordert und unter anderem darauf hingewiesen hatte, den Anspruch auf eine Abrechnung ihrer Leistung nach der Honorarordnung für Architekten und Inge-nieure ([X.]) rechtlich zu überprüfen und gegebenenfalls geltend zu machen. Sie rechnet das Honorar auf der Grundlage der [X.] der [X.] ab.
Das [X.] hat der nach teilweiser Klagerücknahme zuletzt noch auf Zahlung von 30.879,14

t-gegeben.
Auf die Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht die [X.] unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils als Gesamtschuldner zur [X.] von noch 7.891,84

und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Kläge-rin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Beklagte zu 2 hat die Zurückweisung der Revision beantragt. Der Beklagte zu 1 hat keine
Anträge gestellt.
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4
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Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

I.
Das Berufungsgericht erkennt unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlung von 27.108,16

vertraglich vereinbarte Bruttohonorar von 35.000

Ausnahme nach §
4 Abs.
2 [X.] wirksam vereinbart worden sei und die Kläge-rin ihre Leistungen vollständig und mangelfrei erbracht habe.
Auf die Leistung der Klägerin fänden die Bestimmungen der [X.] (in der Fassung vom 21.
September
1995) Anwendung. Die Klägerin sei eine parteifä-hige [X.] Gesellschaft mit einer Niederlassung in der [X.].
Auf das Bauvorhaben im Inland sei das [X.] der [X.] an-wendbar, weil §
4 [X.] eine zwingende öffentlich-rechtliche Regelung im Sinne von Artikel
34 EGBGB darstelle.
Die Auslegung des Vertrags ergebe, dass die Auftragnehmerin die Leis-tungen habe erbringen sollen, die den Leistungsphasen 4 und 5 des §
64 [X.] entsprächen. Diese Leistungen seien vollständig und mangelfrei erbracht [X.], so dass sich hierfür ein nach [X.] berechnetes Honorar von netto
35.292,67

orar für Leistungen des Brand-, Schall-

Obwohl das vereinbarte Pauschalhonorar das nach [X.] be-rechnete Honorar unterschreite, sei die schriftliche Honorarvereinbarung wirk-7
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sam. Die [X.] könnten sich erfolgreich auf das Vorliegen einer Ausnahme gemäß §
4 Abs.
2 [X.] berufen. Es lägen erhebliche Umstände vor, die es rechtfertigten, von einer Ausnahme zugunsten der [X.] auszugehen. Un-streitig hätten die Parteien seit dem Jahre 2003 [X.] zusammengear-beitet und das Angebot auf laufende Zusammenarbeit zu 3,25

³ [X.] (=
Bruttorauminhalt)
sei von der Klägerin gekommen. Es habe keinen Wettbe-werb zwischen der Klägerin und anderen Anbietern gegeben, weil die Klägerin jeweils direkt beauftragt worden sei. Zudem hätten die [X.] ihrerseits mit ihren Auftraggebern ein Pauschalhonorar vereinbart und ein Teil der [X.] sei kostengünstig in [X.] erbracht worden. Die Zusammenar-beit zwischen den Parteien sei sehr intensiv gewesen und das Pauschalhonorar betrage ca. 77
% des Honorars nach [X.].

II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im wesentlichen Punkt nicht stand.
1. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass die Klägerin als rechtsfähige [X.] Gesellschaft mit Niederlassung in [X.] partei-fähig ist (vgl. [X.], Urteil vom 5.
November 2002 -
Rs
C-208/00, Slg.
2002,
[X.] = NJW 2002, 3614 -
Überseering; [X.], Urteil vom 30.
September 2003 -
Rs
C-167/01, Slg.
2003, [X.] = NJW 2003, 3331 -
Inspire Art; [X.], Urteil vom 14.
März 2005 -
II
ZR
5/03, NJW 2005, 1648).
2. Die Revision beanstandet mit Recht, dass das Berufungsgericht einen Ausnahmefall im Sinne des §
4 Abs.
2 [X.] a.F. annimmt.
a) Die Anwendung des §
4 Abs.
2 [X.] a.F. beurteilt das Berufungsge-richt im Ansatzpunkt zutreffend nach den Grundsätzen des [X.] vom 12
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22.
Mai
1997 (VII
ZR
290/95, [X.]Z 136, 1, 7 f.). Danach sind bei der Bestim-mung dieses Ausnahmefalls der Zweck der Norm und die berechtigten Interes-sen der Beteiligten zu berücksichtigen. Die zulässigen Ausnahmefälle dürfen einerseits nicht dazu führen, dass der Zweck der Mindestsatzregelung gefähr-det wird, einen "ruinösen Preiswettbewerb" unter Architekten und Ingenieuren zu verhindern. Andererseits können alle die Umstände eine Unterschreitung der [X.] rechtfertigen, die das Vertragsverhältnis in dem Sinn deutlich von den übrigen Vertragsverhältnissen unterscheiden, dass ein unter den Mindest-sätzen liegendes Honorar angemessen ist. Das kann der Fall sein, wenn die vom Architekten oder Ingenieur geschuldete Leistung nur einen besonders ge-ringen Aufwand erfordert, sofern dieser Umstand nicht schon bei den Bemes-sungsmerkmalen der [X.] zu berücksichtigen ist. Ein Ausnahmefall kann [X.] beispielsweise bei engen Beziehungen rechtlicher, wirtschaftlicher, [X.] oder persönlicher Art oder sonstigen besonderen Umständen gegeben sein. Solche besonderen Umstände können etwa in der mehrfachen Verwendung einer Planung liegen. Auf der Basis der Entscheidung des [X.] vom 20.
Oktober 1981 (2
BvR
201/80, [X.] 58, 283) ist ferner die gesetzgeberische Zielsetzung zu beachten sowie eine grundrechtsgeleitete [X.] der Norm vorzunehmen ([X.], [X.], 1946 = NZBau 2006, 121).
b) Auf dieser Grundlage liegt kein Ausnahmefall im Sinne von §
4 Abs.
2 [X.] a.F. vor.
Es ist nicht erkennbar, dass der Vertrag zwischen den Parteien sich sig-nifikant von den üblichen Vertragsverhältnissen unterscheidet. Die vom [X.] angeführten Umstände legen zum Teil die Prüfung nahe, ob die Klägerin gegen [X.] und Glauben verstößt, wenn sie das nach den [X.] der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure berechnete Honorar 16
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verlangt (dazu unten III.). Es sind jedoch keine Umstände, die einen [X.] belegen.
Ein solcher Ausnahmefall lässt sich nicht daraus herleiten, dass die [X.] seit 2003 bereits [X.] zusammengearbeitet und jeweils auf der Basis einer Pauschalhonorarvereinbarung abgerechnet haben. Dabei kann da-von ausgegangen werden, dass das Angebot pauschaler Abrechnung von der Klägerin kam und diese mit ihrem Angebot auf laufende Zusammenarbeit ein Honorar vorgeschlagen hat, das sich nicht an den Berechnungsparametern der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure orientierte, sondern die Mög-lichkeit, wenn nicht sogar die Wahrscheinlichkeit, einer Mindestsatzunterschrei-tung barg. Die wiederkehrende Zusammenarbeit von Ingenieuren in der Weise, dass der eine Ingenieur einen anderen als Nachunternehmer beauftragt, ist [X.] ungewöhnliche Zusammenarbeit, sondern eine übliche Vertragsgestaltung. Auch in diesen Fällen verdient der als Nachunternehmer eingesetzte Ingenieur den Schutz, den ihm die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure dadurch verschafft, dass eine Honorarvereinbarung grundsätzlich nur dann wirksam ist, wenn sie schriftlich bei Auftragserteilung im Rahmen der durch die Verordnung festgesetzten Mindest-
und Höchstsätze getroffen wird, §
4 Abs.
1 [X.] (vgl. [X.]/Koeble/Frik, [X.], 10.
Aufl., §
7 Rn.
120 a.E.). Auch der als Nachunternehmer tätige Ingenieur muss davor geschützt werden, dass er unter dem Druck des [X.] einen nicht auskömmlichen Preis anbietet. Das ist die gesetzgeberische Intention (vgl. [X.], [X.], 1946, 1948 = NZBau 2006, 121), wobei es grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob das Honorar im konkreten Fall noch auskömmlich ist oder wie hoch die Mindestsatzunterschrei-tung ist. Ob etwas anderes gilt, wenn der als Nachunternehmer eingesetzte In-genieur aufgrund eines Rahmenvertrages arbeitet, der ihm sonstige Vorteile bringt, muss nicht entschieden werden. Einen solchen Vertrag haben die [X.] nicht geschlossen.
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Zu Unrecht stellt das Berufungsgericht darauf ab, es habe kein Wettbe-werb stattgefunden. Diese Sicht verstellt den Blick darauf, dass die [X.] zwischen den Parteien auf einem von vornherein niedrigen, nicht an den Berechnungsparametern der [X.] orientierten Angebot der Klägerin beruhte. Der Wettbewerb ist an sich für jeden Auftrag eröffnet gewesen, den die F.
P.C.H. an die Klägerin erteilt hat. Er wurde nur von vornherein durch das niedri-ge Angebot der Klägerin beeinflusst und gesteuert. Ingenieure, die eine dauer-hafte Zusammenarbeit auf der Basis von zu niedrigen Honorarsätzen anbieten und sodann -
auch wenn, wie hier, kein förmlicher Rahmenvertrag geschlossen wird
-
praktizieren, setzen sich in gesteigertem Maße der Gefahr unauskömm-licher Honorierung aus. Das birgt nach Wertung des Gesetzgebers die zu un-terbindende Gefahr minderwertiger Leistung (vgl. [X.], aaO, m.w.N.). Es geht nicht an, eine Zusammenarbeit dieser Art dem Anwendungsbereich des §
4 Abs.
1 [X.] zu entziehen und die gegen die gesetzgeberische Intention gerichtete Vereinbarung von vornherein als wirksam anzusehen.
Allerdings kann eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein, wenn beson-dere Umstände vorliegen, die auch in einer engen Beziehung rechtlicher oder wirtschaftlicher Art liegen können. Solche Umstände liegen jedoch nicht vor. Die Beziehung zwischen den Parteien geht nicht über die jeweils geschlossenen Verträge hinaus. Diese stellen keine besondere, enge Beziehung zwischen den Parteien her. Der Umstand, dass die Arbeiten der Klägerin bis zu 20
% ihres Jahresumsatzes ausgemacht haben, reicht nicht, eine solche Beziehung zu bejahen. Eine enge wirtschaftliche Beziehung wird auch nicht dadurch herge-stellt, dass die Klägerin möglicherweise Leistungen teilweise kostengünstig in [X.] hat erbringen können. Eine in Teilbereichen günstige Kostenstruktur des Ingenieurbüros rechtfertigt grundsätzlich nicht die Unterschreitung der [X.]. Dieser Fall ist nicht vergleichbar mit dem vom Senat erwähnten Fall, dass die Leistung des Architekten oder Ingenieurs nur einen besonders gerin-19
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gen Aufwand erfordert (vgl. [X.], Urteil vom 22. Mai 1997 -
VII ZR 290/95, [X.]Z 136, 1, 8).
c) Eine unzulässige Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit ist mit dieser Anwendung des §
4 Abs.
2 [X.] nicht verbunden. Gegen die Regelung des §
4 Abs.
1 [X.] bestehen keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Sicherung und Verbesserung der Qualität der Planungstätigkeit stellt ein legitimes Ziel des Gesetzgebers dar. Zu seiner Herbeiführung sind verbindliche Mindesthonorarsätze geeignet, da sie den Architekten jenseits von [X.] den Freiraum schaffen, hochwertige Arbeit zu erbringen, die sich im Leistungswettbewerb der Architekten bewähren muss ([X.], [X.], 1946, 1948 = NZBau 2006, 121). Nichts anderes gilt für Ingenieure. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Verordnung auch in den Fällen, in denen ein Ingenieur einen anderen Ingenieur mit Teilleistungen als Nachunter-nehmer beauftragt, den mit ihr legitim verfolgten Zweck, die Qualität der Leis-tung zu schützen, nur dann erfüllen kann, wenn sie auch in diesem Verhältnis anwendbar ist.

III.
Da kein Ausnahmefall im Sinne von §
4 Abs.
2 [X.] vorliegt, hat das Ur-teil keinen Bestand. Es ist aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhand-lung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die weitere Verhandlung gibt dem Berufungsgericht zunächst die Mög-lichkeit, sich erneut mit
der Frage zu beschäftigen, ob tatsächlich eine Mindest-satzunterschreitung vorliegt. Es wird sich dabei mit den von der Revisionserwi-derung erhobenen [X.] zu beschäftigen haben. Sollte erneut eine Mindest-21
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satzunterschreitung festgestellt werden, so wird sich das Berufungsgericht mit dem Einwand der [X.] befassen müssen, die Klägerin sei nach [X.] und Glauben, §
242 BGB, gehindert, eine Abrechnung nach [X.] vorzu-nehmen. Der Senat weist insoweit auf Folgendes hin:
1. Auszugehen ist zunächst von der ständigen Rechtsprechung des [X.], wonach sich der Auftragnehmer widersprüchlich verhält, wenn er eine Pauschalvereinbarung unterhalb der [X.] abschließt und später nach den [X.] abrechnen will. Ein [X.] der [X.] kann dann nach [X.] und Glauben ausgeschlossen sein. Das ist na-mentlich der Fall, wenn der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut und vertrauen durfte und er sich darauf in einer Weise eingerichtet hat, dass ihm die Zahlung
des Differenzbetrags zwischen dem vereinbarten Honorar und den [X.] nach [X.] und Glauben nicht zugemutet werden kann ([X.], Urteile vom 22.
April
2010 -
VII ZR
48/07, [X.], 1249 =
NZBau 2010, 443 = [X.] 2010, 568; vom 23.
Oktober
2008 -
VII
ZR
105/07, [X.], 262 = NZBau 2009, 33 = [X.] 2009, 146; vom 22.
Mai
1997 -
VII
ZR
290/95, [X.]Z 136, 1, 9). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzu-weisen, dass allein der Umstand, dass dem Auftraggeber das zwingende Preis-recht der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure bekannt ist, nicht zwingend zu der Annahme führt, er habe kein schützenswertes Vertrauen [X.] entwickeln dürfen, dass die Preisvereinbarung wirksam ist. [X.] Vertrauen in die Wirksamkeit einer Honorarvereinbarung kann ein der Hono-rarordnung kundiger Vertragspartner entwickeln, wenn er auf der Grundlage einer vertretbaren Rechtsauffassung davon ausgeht, die Preisvereinbarung sei wirksam ([X.], Urteil vom 18.
Dezember
2008 -
VII
ZR
189/06, [X.], 523, 526 = NZBau 2009, 255 = [X.] 2009, 346). Ein Rechtsirrtum über die Vo-raussetzungen des § 4 Abs. 2 [X.] zwingt nicht ohne Weiteres zu der [X.], der Vertragspartner habe kein schützenswertes Vertrauen in die [X.]
-
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keit der Honorarvereinbarung entwickeln können. Ein schützenswertes Vertrau-en kann aber auch dann entwickelt worden sein, wenn der Auftraggeber in ver-tretbarer Weise Voraussetzungen für gegeben hält, die eine Mindestsatzunter-schreitung ausschließen. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn er die vertret-bare Auffassung entwickelt hat, der erteilte Auftrag enthalte nicht alle vollstän-digen Grundleistungen, so dass eine Kürzung des Honorars gemäß §
5 Abs.
2 [X.] geboten ist.
2. Darüber hinaus ist dem Architekten und Ingenieur in Ausnahmefällen aber auch dann nach [X.] und Glauben die Abrechnung nach [X.] untersagt, wenn er durch sein Verhalten ein besonderes Vertrauen des [X.] erweckt hat, er werde sich an die Pauschalvereinbarung [X.]. Ein solches besonderes Vertrauen wird nicht allein dadurch begründet, dass ein Architekt oder Ingenieur bereit ist, einen Vertrag unterhalb der [X.] abzuschließen oder er diesen Vertrag schließlich auch nach der ge-troffenen Pauschalvereinbarung abrechnet. Es kann aber dadurch entstehen, dass der Architekt oder Ingenieur nicht nur einen, sondern in einer ständigen Geschäftsbeziehung eine Vielzahl von Verträgen mit dem Auftraggeber mit Preisvereinbarungen unter den [X.] abgeschlossen hat und ihm bei verständiger Sichtweise nicht verborgen bleiben kann, dass sich der [X.] aufgrund dieser Geschäftspraxis bei der Gestaltung seiner Verträge mit sei-nen Auftraggebern auf die Einhaltung der [X.] verlässt. Denn es macht einen Unterschied, ob ein Auftragnehmer nur gelegentlich mit dem [X.] einen Vertrag unterhalb der [X.] abschließt oder er in [X.] Geschäftsbeziehung so verfährt. Diese Beständigkeit kann einen eigenen Vertrauenstatbestand begründen, der hier in Betracht kommt. Allerdings fehlen Feststellungen dazu, dass auch in den anderen Verträgen die [X.] der [X.] unterschritten worden sind oder eine solche Unterschreitung jedenfalls in Kauf genommen worden ist, was ausreichen könnte.
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3. Für die weitere Beurteilung, ob sich die [X.] darauf eingerichtet haben, dass von ihnen die Zahlung des Differenzbetrages nicht mehr verlangt werden kann, kommt es entgegen
der Revision sowie den landgerichtlichen Feststellungen nicht darauf an, dass die Klägerin in einem Schreiben vom 14.
Juni
2007 nach Vertragsschluss gegenüber den [X.] darauf hingewie-sen hat, sie beabsichtige, den Anspruch auf Abrechnung der Leistungen nach der [X.] rechtlich überprüfen zu lassen und gegebenenfalls geltend zu ma-chen. Denn nach ihrer Behauptung hat sich die F.

P.C.H.
bereits zuvor bei der Vertragsgestaltung mit ihrem Auftraggeber darauf verlassen, nicht mehr zahlen zu müssen.
4. Für die Beurteilung, ob für die [X.] eine zusätzliche, unter Be-rücksichtigung aller Umstände nicht mehr zumutbare Belastung entsteht, kann dem vom Berufungsgericht -
allerdings in anderem Zusammenhang
-
festge-stellten Umstand Bedeutung beigemessen werden, dass die [X.], die ihre wirtschaftliche Dispositionen auf die in einer Vielzahl von Fällen vereinbarten Honorare aufbauten, befürchten müssen, bei einer (schlagartigen) Geltendma-chung der [X.] durch die Klägerin wirtschaftlich unzumutbar hart ge-troffen zu werden. Da die Parteien in einer Vielzahl von Projekten zusammen-26
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gearbeitet haben und die Klägerin bereits eine weitere Klage gleicher Art erho-ben hat, kann in der nachträglichen Geltendmachung der Mindesthonorare für die in Anspruch genommenen [X.] eine besondere Härte liegen.

[X.]
Kuffer
[X.]

[X.]

Eick

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.12.2009 -
21 [X.]/07 -

O[X.], Entscheidung vom 21.09.2010 -
10 [X.] -

Meta

VII ZR 163/10

27.10.2011

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2011, Az. VII ZR 163/10 (REWIS RS 2011, 1866)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1866

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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5 U 222/19 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


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VII ZR 163/10

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